Das Recht auf Faulheit - Paul Lafargue - E-Book

Das Recht auf Faulheit E-Book

Paul Lafargue

4,3

Beschreibung

Manche Texte wollen nicht so sehr klare Gedanken als vielmehr eine vitale Reaktion auslösen. Es reicht, wenn sich der Leser am nächsten Morgen gegen alle Verpflichtungen dazu entscheidet, im Bett zu bleiben. Ein Klassiker dieser Gattung ist 'Das Recht auf Faulheit', eine vehemente, schwungvolle, satirische Attacke gegen die Arbeitsmoral, die an die Zeitgenossen gerichtet ist und ihre Schärfe dennoch aus zeitlosen Motiven zieht, allen voran das Bild der verkehrten Welt: Auf einmal steht alles auf dem Kopf, die heilige Faulheit wird als neuer Kult zelebriert, die Reichen und Mächtigen werden Schauspieler zur Belustigung der feiernden Massen. Doch wie ratsam es ist, im Lachen innezuhalten und den Reichtum und die unheimliche Aktualität der hinter so viel Witz verborgenen Gedanken aufzuspüren, zeigt Guillaume Paoli in seinem brillanten Essay 'Wider den Ernst des Lebens', der von einem Recht und eben nicht einem Lob der Faulheit spricht - wirklich von Faulheit und nicht von Muße. Diese Neuübersetzung versprüht auch heute noch explosive Funken.

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Das Recht auf Faulheit

Paul Lafargue

Das Recht auf Faulheit

Widerlegung des»Rechts auf Arbeit« von 1848

Aus dem Französischen undmit Anmerkungen versehen vonEduard Bernstein und Ulrich Kunzmann

INHALT

Vorwort

Kapitel IEin unheilvolles Dogma

Kapitel IISegnungen der Arbeit

Kapitel IIIWas auf die Überproduktion folgt

Kapitel IVEin neues Lied, ein besseres Lied

Kapitel VAnhang

Anmerkungen der Herausgeber

VORWORT

Im Jahre 1849 sagte Herr Thiers1 vor der Kommission für den Grundschulunterricht: »Ich will den Einfluss der Geistlichen umfassend durchsetzen, weil ich mich auf sie verlasse, wenn es darum geht, diese gute Philosophie zu verbreiten, die den Menschen lehrt, dass er auf der Erde ist, um zu leiden, und nicht jene andere Philosophie, die dem Menschen im Gegenteil sagt: ›Genieße!‹ « Herr Thiers drückte damit die Moral der bürgerlichen Klasse aus, deren grausamen Egoismus und engherzige Denkart er verkörperte.

Als die Bourgeoisie noch gegen den von der Kirche unterstützten Adel kämpfte, befürwortete sie freie Forschung und Atheismus; kaum aber hatte sie ihr Ziel erreicht, so änderte sie Ton und Haltung. Und heute will sie ihre wirtschaftliche und politische Herrschaft mit der Religion absichern. Im 15. und 16. Jahrhundert hatte sie die heidnische Tradition unbekümmert aufgegriffen und das Fleisch und seine Leidenschaften, die dem Christentum ein Gräuel waren, verherrlicht; heute hingegen, da sie mit Gütern und Genüssen übersättigt ist, verleugnet sie die Lehren ihrer Denker, der Rabelais und Diderot, und predigt den Lohnarbeitern Enthaltsamkeit. Die kapitalistische Moral, eine jämmerliche Parodie der christlichen Moral, belegt das Fleisch des Arbeiters mit einem Bannfluch; ihr Ideal besteht darin, die Bedürfnisse des Produzenten auf ein Minimum zu drücken, seine Freuden und Leidenschaften zu ersticken und ihn zur Rolle einer Maschine zu verurteilen, die rast- und ruhelos Arbeit leisten soll.

Die revolutionären Sozialisten müssen den Kampf wieder aufnehmen, den die Philosophen und Pamphletisten der Bourgeoisie geführt hatten; sie müssen gegen die Moral und die Gesellschaftstheorien des Kapitalismus vorgehen; sie müssen in den Köpfen der zum Handeln berufenen Klasse die von der herrschenden Klasse verbreiteten Vorurteile ausrotten; sie müssen allen heuchlerischen Moralpredigern gegenüber verkünden, dass die Erde nicht länger das Jammertal des Arbeiters sein wird; dass in der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft, die wir »friedlich, wenn es geht, sonst gewaltsam« begründen werden, die menschlichen Leidenschaften sich selbst überlassen bleiben, »denn wir sehen, dass sie von Natur alle gut sind und dass wir nur ihren schlechten Gebrauch oder ihr Übermaß vermeiden müssen«.2 Und vermeiden lassen sie sich nur durch ihren gegenseitigen Ausgleich, durch die harmonische Entwicklung des menschlichen Körpers, denn, sagt Dr. Beddoe, »erst wenn eine Rasse ihre höchste körperliche Entwicklung erreicht, erreicht sie auch ihren höchsten Grad an Energie und moralischer Kraft«. Das war ebenfalls die Meinung des großen Naturforschers Charles Darwin.3

Die Widerlegung des »Rechts auf Arbeit«, die ich mit einigen zusätzlichen Anmerkungen neu herausgebe, erschien in der zweiten Folge der Wochenzeitschrift L’Égalité von 1880.

P. L.

Gefängnis Sainte-Pélagie, 1883.

KAPITEL I

Ein unheilvolles Dogma

Lass uns faul in allen Sachen,Nur nicht faul zu Lieb’ und Wein,Nur nicht faul zur Faulheit sein.

LESSING

Ein sonderbarer Wahnsinn überwältigt die Arbeiterklassen der Länder, in denen die kapitalistische Zivilisation herrscht. Dieser Wahnsinn beschwört Einzel- und Massenelend herauf, das die traurige Menschheit seit zwei Jahrhunderten peinigt. Dieser Wahnsinn ist die Arbeitsliebe, die morbide, leidenschaftliche Arbeitssucht, die bis zur Erschöpfung der Lebenskräfte des Einzelnen und seiner Nachkommen getrieben wird. Statt gegen diese geistige Verirrung anzukämpfen, haben die Priester, Ökonomen und Moralisten die Arbeit heiliggesprochen. Sie, diese blinden und beschränkten Menschen, haben weiser sein wollen als ihr Gott; sie, diese schwachen und erbärmlichen Geschöpfe, wollten das, was ihr Gott verflucht hatte, wieder zu Ehren bringen. Ich, der ich nicht behaupte, Christ, Ökonom oder Moralist zu sein, lege Berufung gegen ihr Urteil ein, indem ich mich auf jenes ihres Gottes stütze; ich wende mich gegen die Predigten ihrer religiösen, wirtschaftlichen und freidenkerischen Moral, indem ich an die entsetzlichen Folgen der Arbeit in der kapitalistischen Gesellschaft erinnere.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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