Das Vermächtnis - Vaith & Nekro - Akandor Andor - kostenlos E-Book

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Akandor Andor

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Beschreibung

„Gottes Wege sind unergründlich“ – Am Arsch!
Wie ein herzenstreuer Engel zum gebrochenen Rebell wurde
 
 
Die Engelsbrüder Vaith und Nekro dienen während der Apokalypse als Krieger. Das Problem ist, nichts läuft so wirklich, wie Gottes Plan es aussagt, und als es zum Äußersten kommt, geht Vaith eigenen (Rache)Plänen nach.
 
Die Vorgeschichte, wie Vaith und Nekro zu dem wurden, was sie in der Vermächtnisreihe sind.
 
Dieses Buch kann ohne Vorkenntnisse über die Vermächtnisreihe als eigenständige Geschichte gelesen werden.

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Akandor Andor

Das Vermächtnis - Vaith & Nekro

Das Schicksal zweier Engelsbrüder

Meine dankenden Worte gelten wie bei der Vermächtnisreihe üblich meinen Stamm-Testlesern Akisius und Cecile.BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Charaktervorstellung

Vaith

 

Ein Hitzkopf mit großer Klappe, aber ebenso großem Herz. Auf seiner Stirn fehlt eigentlich nur noch der Schriftzug: "Ich bin dagegen!", um ihn zu charakterisieren.

Trotzdessen ist er ein geborener Kämpfer (Wortspiel) und seine Loyalität geht über das Leben hinaus. Einzig seine Rachsucht ist ein nicht zu unterschätzender Makel.

Überraschend ist, dass er als innerer und äußerer Rebell fest davon überzeugt ist, der erste Erzengel der neuen Zeitrechnung zu werden.

 

 

Nekro

 

Sieht man sich Nekro an, hat man den Inbegriff von Loyalität und Demut vor sich. Ohne Vaith an seiner Seite, würde er mutmaßlich im Haufen der Engel untergehen, aber da die Beiden unzertrennlich sind, wächst er über sich hinaus und wird zu einem Krieger mit Köpfchen.

 

 

 

 

 

 

Leutnant Shekinah

 

"Meine geliebte, dumme Kuh" würde Vaith sie wohl beschreiben. Sie gehört zur altgedienten Engelsriege und führt die Brüder in den Krieg mit den Dämonen.

Trotz ihrer rauhen Distanz lässt sie sich unmerklich vom jungen Vaith beeindrucken.

In der Stunde der Not, lässt sie erkennen, wer sie wirklich ist.

 

 

 

 

 

Achel

 

Zunächst hat er nur ganz am Rande mit dem Team zu tun, nach Shekinahs Verlust übernimmt er unfreiwillig das Kommando. Er gilt als potenzieller Kandidat für den Posten des ersten Erzengels der neuen Ordnung. Er und Vaith haben von Beginn an einen unterschwelligen Zwist miteinander, da Achel grundsätzlich seine Nase etwas höher trägt und Vaith das sehr stark aufstößt.

Entsprechend ungemütlich wird es für beide, als Achel zum Anführer des Teams ernannt wird.

 

 

 

Lamal

 

Dafür, dass dieser Engel stellvertretend für den verschwundenen Metatron steht und damit Gottes Sprachrohr ist, kann man sagen er wirkt sehr zwielichtig. Niemand weiß so wirklich, was ihn antreibt oder warum er um Metatrons Abwesenheit ein solches Geheimnis macht. Selbst dem Erzengel Michael zeigt er die kalte Schulter, was diesen in nicht nur eine Konfrontation mit ihm treibt.

Kapitel 1 - Die Erschaffung der neuen Ordnung

Eine Lichtkugel, strahlendhell, aus Gottes eigener Herrlichkeit entsprungen, schwebte als kleine Sonne über der himmlischen Stadt der Engel. Sie war ein Symbol, ein Ruf an all seine geflügelten Diener – und sie kamen, alle – sogar die Erzengel.

 

Michael blickte voller Stolz und Neugier hinauf zum Lichte seines Vaters. Euphorisch grinste er, eingenommen von der majestätischen Pracht über ihm. Er wusste, dieses Ereignis war bedeutsam. Gott, ihr Vater, eröffnete die erste Phase der nahenden Apokalypse. Bald schon sollten sie ausgesandt werden, die Seelen der Menschen vor jenen dunklen Geistgeschöpfen zu bewahren, die ihnen seit jeher in den Schatten auflauerten und sie in ihr geschenktes Paradies zu führen. Noch war davon für die Menschheit nichts zu spüren, nur die Engel und Dämonen bemerkten die Welle der Veränderung innerhalb ihrer Sphären.

 

Doch zuvor, sollten sie - die ewiglich treuen Dienerschaften – das größte aller Wunder miterleben dürfen. Die Geburt einer neuen Generation Engel. Michael freute sich sehr darauf, seinen frischen Geschwistern das Dasein unter ihrem Herrn näher zu führen. Die Legionen sollten sich vergrößern und gemeinsam, die Brut des Teufels endgültig und für die Ewigkeit fortjagen.

 

Eine Erschütterung, durch alle Schichten des Himmels spürbar, kündigte die Geburt der Engel an. Die große Lichtsonne sprenkelte Funken wie eine Wunderkerze von sich. Jeder der luftig tanzenden Funken schwirrte an eine freie Stelle auf den wolkigen Boden der Himmelsstadt und gab die Form eines Engels zu erkennen. So gebar die immer kleiner werdende Lichtkugel abertausende Engel.

 

Darunter waren zwei besonders verspielte Funken, die sich losgelöst von der ursprünglichen Gesamtheit des Lichts in einem gemeinsamen Spiel verloren. Sie umkreisten sich, stoben voneinander – um neckisch aufeinander zuzufliegen. Ihre Lichter verwoben sich in der Luft augenscheinlich zu einem losen Netz der Einheit. In diesem Augenblick, wurde ein übermächtiges Band der Freundschaft zwischen den zwei Engeln geschaffen. Kein Schicksal dieser Welt, sollte jemals fähig sein, den Bund zwischen ihnen zu lösen.

 

Endlich gesinnten auch sie sich, zu ihren Geschwistern auf den Boden. Ihre Körper nahmen wenige Meter voneinander entfernt die endgültige Form an.

 

Silbrige Äste drangen aus dem sich noch festigendem Rücken hervor. Wie ein Blatt spross Feder für Feder daraus hervor. Dem Einen wuchsen milchig-weiße Haare.

Störrisch stellten sie sich stolz auf. Nur eine einzelne Strähne sonderte sich ab und baumelte lässig an seiner Stirn. Die zuckenden Augenlider, öffneten sich langsam. Wie aus einem tiefen Schlaf erwachend, gaben sie stechend graue Augen frei, die konstraststark wachsam waren. Dieser Engel trug eine weiße, offene Weste. Dort, wo die Weste ihn nicht bedeckte, waren Furchen eines gut gebauten Himmelskriegers zu erkennen. Die schlabbrige Hose darunter, fiel dagegen durch ihre flapsige Beinfreiheit auf. Weniger auffällig, war der Gurt um seine Taille, der an seiner rechten Seite das Schwert in der Scheide hielt.

 

Der andere Engel hatte etwas längere Haare, sie reichten ihm bis zu den Ohren. Sie hatten einen dunkelblauen Ton, waren füllig und besaßen den Charme eines verlassenen Vogelnests. Eine abschätzende Distanz wurde von seinen schwarzen Augen ausgestrahlt. Ein bleicher Teint umspielte seine Nasenspitze.

Entgegen seinem Geburtskumpanen, war er in voller Montur; Von den Schultern an abwärts war er eingehüllt in einer Panzerung, die ihm Schutz, aber auch Bewegungsfreiheit bot. Das beige Blau der Rüstung wurde von goldenen Ranken am Rand der Panzerung vollendet. Auch sein Schwert hang ihm recht unauffällig an der Seite, dessen Scheide war in einem edlen Silberton und ergänzte sich perfekt mit dem Rest zu einem vollkommenem Set eines himmlischen Soldaten.

 

 

Ein Feld voller Lichtrosen, die zu Dienern Gottes heranblüten, so sah es aus, betrachtete man die Geburt der Engel von weiter oben. Das Wissen und Bewusstsein um ihr Sein und dem Sinn ihres gottgegebenem Lebens war fest in ihrem Kollektiv verwurzelt. Sie waren die erste Saat einer neuen Welt, gesprossen aus der Liebe ihres Vaters, gewachsen im Willen dem innerlichen Ruf zu folgen.

 

Der Engel mit der offenen Weste trabte zielstrebig zu seinem schwergepanzertem Bruder herüber. Ihre Blicke trafen sich, als sie sich gegenüber standen. Gehässig sprach der Weißhaarige: "Nettes Tänzchen hast du mir da geliefert. Ein gebührender Empfang für den zukünftigen Erzengel der neuen Welt! Hat Spaß gemacht!" Er reichte ihm die Hand.

Die Pupillen des Angesprochenen zogen sich kurz verblüfft über den Heißsporn zusammen, dann fing er sich aber wieder und willigte in den Handschlag ein.

Mit einem zaghaften Lächeln stellte er sich vor: "Nekro, angenehm." Sein Gegenüber winkelte einen Arm an und zeigte mit dem Daumen auf sich selbst: "Vaith! Aufsteigender Stern am Firmament und schon sehr bald DER Aufsteiger, den man das Erzengelwunder nennen wird! - Da guckst du, ne? So frisch dabei und schon so eine Berühmheit kennen!"

Tatsächlich blickte ihn Nekro mit offenem Mund an. Was aber mehr der Verwunderung entsprang, wie ein Engel mit solchem Selbstvertrauen ausgestattet sein konnte, waren die meisten Engel doch in der Grundeinstellung bescheidene Diener. Er konnte nicht umhin, aufzulachen, bar dieses ungewöhnlichen Charakters. Vaith zürnte direkt: "Hey! Verspottest du mich etwa! Du wirst schon sehen – bald wird mir der Titel Erzengel verliehen und dann..." Nekro gebar mit der flachen Hand sich erklären zu dürfen: "Entschuldige, Vaith. Ich wollte dir keineswegs in deine Zukunftspläne hineinpfuschen. Ich denke, du bist ein ambitionierter, junger Engel.

Das Potenzial zu deinem Wunsch, alsbald aufzusteigen ist grundsätzlich gegeben. Ich bin bloß über die Selbstverständlichkeit deines Auftretens überrascht. Ich für meinen Teil, möchte dem Herrn Vater meine Kraft, meinen Glauben und mein von ihm geschenktes Leben in die Hände legen, um meiner Bestimmung gerecht zu werden. Wenn du wünscht, mehr zu sein und in die Riege nahe unseres Herrn aufzusteigen, ist das natürlich dein gutes Recht."

 

Vaith war von so viel Gottesfurcht regelrecht ausgebremst in seiner übersteuerten Motivation. Die grauen Augen wechselten vom jugendlichen Hochmut in einen beeindruckten, nachdenklichen Ausdruck. Ja, wäre er weniger eigen gewesen – so wäre Nekro soeben zu seinem Vorbild geworden. Da dies aber gegen Vaiths grundlegender Überzeugung von sich selbst ging, wandelte der Respekt sich in ein Gefühl der freundschaftlichen Verbundenheit.

 

Eine laute Stimme, unterbrach das Wechselspiel zwischen den beiden Engeln:

„Hört her! Ihr, die ihr aus dem lichten Schoße des Herrn neu geboren worden seid!

Ich bin Michael, euer großer Bruder, der seit jeher mit euren älteren Geschwistern an Vaters Seite diente. Wir gelobten ihm stets zu folgen und uns in Gehorsam zu üben. Auch ihr, seid diesem Gebot unterlegen. Unsere gemeinsame Pflicht ist es nun, die Stärke des Himmels, die in unseren Adern fließt in seinem Namen für das Richtige – das Gerechte zu nutzen.

Um dies zu tun, ist es unabdingbar, die geschädigte Beziehung zu den Menschen wieder aufzubauen. Doch bevor das geschehen kann, müssen sie von dem Schatten über ihnen befreit werden. Jenem Schatten, der seit Urzeiten nach ihren Seelen trachtet. Gut verborgen vor den Augen der Sterblichen, warten sie in dem Schatten. Die Dämonen des Teufels trachten nach dem Licht in ihnen, welches unser Herr ihnen ausgeschenkt hat.

Wir aber, lassen das nicht zu! Wir sind stark durch unseren Glauben und der Liebe in unseren Herzen zum allmächtigen Vater!

Darum liegt es an uns, werte Brüder und Schwestern, hinab zu steigen und das Licht der Menschheit vor den Mäulern der Dunklen zu bewahren.

Um dies zu tun, hat Gott vor sehr langer Zeit einen Phasenplan hinterlegt. Von diesem wissen selbst die Menschen – aber in ihrer naiven Denkweise, haben sie die Schriften natürlich wie immer tausendfach inhaltlich verändert – somit ist es kein Wunder, dass davon nur noch unverständliche Fetzen übrig sind...‟, einige Engel der nunmehr „alten‟ Ordnung lachten auf. Michael setzte fort: „Anders als seine Schäfchen da unten, können wir uns an den exakten Plan halten – und nun kommt die erste gute Nachricht – eure Geburt ist die erste Phase gewesen. Ihr dürft euch selbst auf die Schulter klopfen.‟

 

Erste, kleinere Gespräche unter den frisch geborenen Engeln wurden laut. Vaith strahlte mit blitzenden Zähnen zu Nekro herüber und packte sich tatsächlich auf die Schulter. Nekro grinste bloß verhalten.

 

 

Ein Räuspern ließ das Gemurmel auf der Stelle wieder verstummen: „Als nächste Phase, wird es schon etwas praktischer in der Ausführung. Derzeit sind Engel wie Dämonen - ‟, er spuckte nach dem letzten Wort, als wolle er den Geschmack dessen aus dem Mund bekommen, „rein geistiger Natur. Wir können sie nicht töten – aber sie uns auch nicht. Was wir aber tun können, ist sie in ihr Reich zurückbefördern. Solange das so ist, werden wir die menschlichen Seelen auf Erden einsammeln. Keine Panik, jede Einsatzgruppe bekommt einen erfahrenen Engel an die Seite gestellt, der weiß wie man das Tor zum Paradies öffnet. Sobald alle Seelen im vorgesehenem Ziel angekommen sind, wird die finale Phase gestartet. Sie und auch wir, werden einen realen, festen Körper erhalten. Ich bitte jeden Einzelnen von euch, sich darüber im Klaren zu sein, dass die letzte damit verbundene Aufgabe allen Mut und alle Kraft in uns abverlangen wird. Dies wird die Stunde sein, in der das Ausrotten der dämonischen Brut beginnt. Wir sind mächtig und unser reines Licht, wird sie erblinden lassen – trotzdem denkt immer daran – zu diesem Zeitpunkt, seid auch ihr sterblich.‟

 

Einen Augenblick huschten Nekros Augen zu Vaith herüber, der aber, war breit lächelnd mit den Händen auf die Seiten gestemmt, der Rede lauschend. Es beruhigte Nekro, dass sein neuer Freund und Bruder so furchtlos bei der Sache war.

 

Mit einem letzten, ernsten Blick, setzte Michael an: „Damit dieser Plan, mit dem Endresultat eines Neustarts für Gottes Schöpfung so reibungslos wie möglich abläuft, ist es unabdingbar, dass wir der einen Personen immer folgeleisten, die schon so lange an seiner rechten Seite verweilt – Meta...‟ Ein anderer Engel in einer weißen Kutte gelassen auf ihn zulaufend, unterbrach ihn: „ - das werde von jetzt an, ich sein.‟

Irritiert starrte Michael ihn an: „Wie bitte, Bruder? Wer bist du? Was meintest du gerade?‟

Der Unbekannte hob seinen kapuzenverdeckten Kopf zu ihm und sprach: „Metatron ist fort. Der neue Verwalter des Himmels und Gottes neue rechte Hand, steht vor dir.‟ Mehr durch ihn hindurchschielend als ihn wirklich ansehend, fragte Michael: „Was...? Metatron ist... Warum? Wohin? Man hätte mir doch gesagt, wenn...‟ Wieder sprach ihm der Unbekannte dazwischen: „Richtig, ICH sage dir das. Hier und jetzt. Das muss dir reichen. Lamal mein Name, Erster der neuen Ordnung, Organisator der Apokalypse und Gottes neuer Verwalter. Angenehm.‟ Er streckte dem Erzengel seine Hand entgegen.

 

Ein Zucken zwischen Schwertscheide und Hand geben, entschied Michael, sich durch das unerwartete Geschehnis nicht aus der Fassung bringen zu lassen – und gab Lamal die Hand.

 

Nochmals hakte Michael verdutzt nach: „Aber wo ist Metatron denn hin? Wann ist er zurück? Wir können ohne seine führende Hand die Apokalypse nicht in Gang setzen.‟ Lamal aber schüttelte den Kopf: „Rechne nicht mit ihm. Gott hatte seine Gründe, mich an Metatrons Stelle zu setzen. Ich bin ebenso fähig und befugt, die Abläufe der Phasen zu beobachten und zu lenken.‟ Michael grämte sich offenkundig über diese Umstände, musste sich aber damit arrangieren. Der neue Organisator verweigerte ihm schließlich jede Auskunft – und es blieb kaum Zeit. Die apokalyptischen Phasen waren mit der Erschaffung der neuen Ordnung in Kraft getreten, es gab weder eine Pause, noch eine Möglichkeit sie aufzuhalten.

Nach einem tiefen Seufzer, gab Michael schließlich nach: „Also gut. Dann führe uns mal, neue rechte Hand...‟ Unmerkliches Nicken kam von Lamal als Antwort, bevor er sich der Engelsmasse zuwandte: „Der Herr hat mich beauftragt, die nachfolgenden Vorgänge zu überwachen und euch allen beizustehen. Was da vor euch liegt, mag eine harte Prüfung werden, aber ich versichere jedem Einzelnen Gotteskrieger hier, dass die Strapazen sich lohnen. Lasst uns den Nährboden bereiten, auf dem das Reich Gottes erneut im Lichte seiner Gnade erstrahlen wird!‟

 

Nekro schaute skeptisch zu der Erhöhung über ihrer Geschwisteransammlung, dort wo Michael, Lamal und einige Engel der alten Ordnung standen. Diesmal sprach ihn Vaith darauf an: „Hey, Brüderchen, was siehst du denn so streng drein? Wir reißen bald Dämonen den Arsch auf und können uns damit einen Schritt zum Erzengelpodest erkämpfen, ist das nicht klasse?!‟ Der Angesprochene sprach mehr für sich: „Etwas geht in der oberen Herarchie vor. Der vorderste Kämpfer Gottes wird über so wichtige Personalveränderungen erst so spät und zu so einem heiklen Zeitpunkt aufgeklärt? Das passt nicht ins Detail eines Jahrtausende alten Planes.‟ Vaith dagegen ließ diese Bedenken links liegen: „Ach was. Erzengel können wir trotzdem werden. Dieser...La...Lamm...äh - ‟, Nekro sprang ein: „...Lamal...‟, „Genau DER! Der scheint ja jetzt die Aufgaben Metatrons übernommen zu haben. Der Mann wirkt mir sympathisch – ich könnte wetten, der ist anfällig für ein bisschen Einschmeicheln, was denkst du?‟

Doch Nekros Blick war fest auf Lamal fixiert und gab nur ein: „..Hm...‟ von sich.

 

Auch Michaels Bauchgefühl war durcheinander. Er war der festen Überzeugung, Metatrons Anwesenheit wäre von entscheidender Bedeutung für das Unterfangen. Gleichzeitig registrierte er nun, wo er sich auf den Neuen einließ, eine seltsame Vertrautheit ihm gegenüber. Er war verwirrt, aber riss sich äußerlich weit genug zusammen, um Gottes Willen in die Tat umzusetzen.

Lamal sprach erneut laut zur Masse: „Um euch nicht schutzlos und desorientiert in die Welt zu entlassen, werdet ihr in Gruppen losziehen, die jeweils mindestens einen altvorderen Engel als Anführer dabei hat. Dem Wort der älteren Engel ist vorbehaltslos zu folgen. Ihr denkt vielleicht, dass euer frisches Blut sich allen Herausforderungen gewachsen fühlt, aber seid auf der Hut... auf Erden wäre es nicht das erste Mal, dass wir überrascht werden. Nun sputet euch! Findet euch in harmonischen Gruppierungen zusammen und zieht los! Die Seelen der Menschen warten auf uns!‟

 

Lamal zog sich zurück. Die Engel begannen sich ihre Truppen zusammen zu suchen. Anders als bei Menschen, waren die Engel fähig ihre Harmonie untereinander spielend leicht zu erkennen und sich entsprechend zu finden. Besonders Nekro und Vaith hatten es einfach, ihre Auren waren beispiellos synchron miteinander. Es brauchte nur noch eine fähige Führung.

 

Anders als der Rest seiner Geschwister, wandte sich Michael dem Suchen und Finden ab. Sein perfekter Gegenpart hatte dem Himmel vor langer, langer Zeit den Rücken gekehrt. Ihre Begegnung, stellte das Ende der Apokalypse dar.

Es schmerzte ihn schon jetzt, daran zu denken, wie seine Schwertspitze sich bald in die Brust seines geliebten Bruders rammen würde.

 

Stattdessen eilte er Lamal hinterher, der auf dem Weg zur Beobachterlinse war.

Kapitel 2 - Wer bist du, Lamal?

Lamal spürte die Präsenz des Erzengels hinter sich und lugte zu ihm, während seines steilen Aufstieges zur Beobachterlinse: „Michael, solltest du nicht bei deinen jüngeren Geschwistern sein und aushelfen?‟ Dieser aber blickte ihn mit todernster Miene an: „Die kommen auch ohne mich zurecht. Es stehen zu viele Fragen noch offen, deren Beantwortung entscheidend sind. Ehe ich nicht weiß, was hier los ist, werde ich dir nicht von der Seite weichen!‟ Lamal zuckte ein Schmunzeln über die Wange, dann ging er weiter: „Wenn das so ist, werden wir gemeinsam zur Beobachterlinse aufsteigen. Dort, wirst du wie von selbst, deine Antworten erhalten.‟

 

Die Beobachterlinse war ein riesiges Konstrukt aus zusammengesteckten Lupen, die an bewegbaren, gelenkigen Stangen befestigt waren. Sie befand sich innerhalb einer Art Sternwarte, auf einem Berg, der über die ganze Engelsstadt emporragte. Dorthin waren die zwei Engel nun unterwegs. Mit der Beobachterlinse war es möglich, in alle Bereiche auf Erden und im Himmel einzusehen. Wie eine weltumfassende Überwachungskamera.

Lamal als Verwalter Gottes, war diese Übersicht mehr als recht. Es galt, von dort aus, alles zu koordinieren, was für die Apokalypse von Bedeutung war.

 

Sie waren auf halbem Weg, als Lamal kurz innehielt. Er besah sich dem fernem, gigantischem Bau zu ihrer Rechten, weitab der Engelsstadt, sah man die Zahnräder des Schicksals sich drehen. Sie waren sein ganzer Stolz. Trotz der kilometerweiten Entfernung, war die unermüdliche Technik der ineinander übergehenden Räder zu erkennen. Solange sie intakt waren, war Gottes Reich gesichert und die Früchte ihrer aller Arbeit reiften heran. Nachdenklich, verschwamm Lamals sonst so klarer Blick, in unergründliche Erinnerungen.

 

Keinem sterblichen Wesen waren jene Bilder bekannt, die ihm in diesem Moment durch den Kopf gingen. Die Geheimnisse in seinem Geiste, hallten wie ein Echo in ihm wider. Kopfschüttelnd, riss er sich los. Keine Zeit, zu träumen. Sie waren dabei, die Welt neu zu ordnen.

 

Bedeutungsschwer setzte Lamal ein paar Minuten später seinen ersten Schritt auf die Treppe, die ihn und Michael zum Plateau der Beobachterlinse führte.

Sein Begleiter hatte geduldig gschwiegen, während ihm die gerechte Wut zur Ergründung des Geschehens in den Flügelspitzen brannte.

Sie betraten beide das offene Gebäude, welches von Marmorsäulen gehalten wurde. Die Kuppel war rechts und links überdacht, dort aber, wo die monströs große Beobachterlinse stand, war der Himmel frei einsehbar. Dies spielte für ihren Gebrauch aber keine Rolle, es war lediglich eine Designfrage.

 

Lamal setzte sich auf den Sessel, der vor einer Apparatur stand, mit der man regulieren konnte, welche Linse aktiv wurde und was sie anzeigte. Michael stellte sich mit verschränkten Armen zu ihm. Mürrisch, sah er mit an, wie Lamal einige Knöpfe und Hebel bediente und die Linsen allmählich unter Zischeln und Rauschen ein farbenreiches Bild des Weltgeschehens wiedergaben. Ein Ton war auch einstellbar, aber nur bei Fokussierung auf eine Linse, um akkustisches Chaos zu verhindern.

 

Als Lamal endlich mit der Feinjustierung von drei Linsen, die er direkt vor die Apparatur navigiert hatte, fertig war, ergriff Michael das Wort: „Entgegen Metatron, bist du eine sehr verschwiegene Person, Neuer. Das soll keine Anfeindung von mir sein, aber in diesen Zeiten und gerade mir gegenüber, solltest du ehrlich und offen agieren. Davon hängt eine ganze Menge ab.‟ Der sitzende Engel tüfftelte weiter an den Linsen herum. Die linke zeigte die Schicksalsräder in elegantem Takt ihr Werk verrichten. In der Mitte sah man die Organisation der Engelstruppen für den baldigen Einsatz und rechts, war die Erde. Die Eindrücke dieser Linse wechselte alle paar Sekunden und zeigte die Menschheit in ihren verschiedenen Lebensräumen. Endlich sprach Lamal: „Deine Neugierde ist lobenswert, du willst den himmlischen Plan makellos ausführen. Darum schätzt der Herr dich auch so und lässt dich seine Heere führen. Umso erstaunlicher, dass du deine Geschwister nun alleine lässt und lieber mir folgst, der weg von der Masse, im Stillen die passive Aufgabe der Beobachtung und Koordinierung übernimmt. Du wirst mir zustimmen, dass dieses Verhalten ebenso eine Abweichung darstellt, wie du sie mir unterstellst?‟

 

Sein Gesprächspartner stand empört offenstehenden Mundes da, seine Arme sanken an den Seiten herab. Wagte dieser ominöse neue Verwalter es wirklich, Michaels Vorgehen zu kritisieren?

Die bloße, flache Hand Michaels knallte auf die empfindliche Armatur. Einzelne Lichter und Knöpfe flackerten bedrohlich instabil auf. Er blaffte den erschrockenen Lamal an: „DU bist derjenige, der sich vehement weigert, mir die neue Sachlage vernünftig zu schildern! Walze dieses Vergehen nicht auf mich ab! ICH bin ein treuer Diener unseres Herrn und ich sage dir, hör auf, dein eigenes Spiel fortzuführen. Was ist mit Metatron?!‟

Lamals Gesichtsausdruck wurde auf einmal eiskalt, doch das sah man unter der Kapuze nicht. Dennoch war die Strenge seiner Stimme klar zu vernehmen: „Metatron ist fort! Zusammen mit Gott. Der Herr ist mit ihm untergetaucht. Es schmerzte ihn tief im Herzen, wie das Gefühl der Erhabenheit seine Engel überkam und sie von den Menschen trennte.

Nie wünschte er sich mehr, als seine Kinder wie im Himmel so auf Erden gemeinsam und friedlich vereint zu sehen. Da dies durch eure Nähe zu ihm aber scheiterte, beschloss er sich dazu, mit seiner rechten Hand Metatron, inkognito zu gehen. Sie werden sich erst wieder offenbaren, wenn seine Kinder den gleichgestellten Frieden gefunden haben. Ist dir diese Antwort genug?‟

 

Michael durchblickte Lamal als sei dieser durchsichtig: „Metatron hat mich im Stich gelassen. Erst Lucifer, nun auch er.‟ Lamal widersprach überraschend energisch: „Wag es nicht, die beiden zu vergleichen! Mein Vorgänger ist aus Treue zum Herrn gegangen, anders als der Rebell. Lucifer hat sich dazu entschieden, seinen Namen eigens in den Dreck zu ziehen. Er - ‟, der Engel brach ab. Die Spitze kalten, länglichem Stahls berührte seinen Hals. Michael stand mit gezücktem Schwert vor ihm, sichtlich mit sich kämpfend.

Ruhig sprach der Bedrohte auf ihn ein: „Das Band zwischen dem Gefallenem und dir ist wahrlich eng, dass du deinem jüngeren Bruder so offenkundig Gewalt androhst um sein letztes bisschen Ehre rein zu halten. Es zeugt von Loyalität. Leider am falschen Ende.‟ Bestimmend schob er die Schwertspitze mit dem Zeigefinger von sich weg.

 

Nach einem Moment des Schweigens, fragte Michael, steif und unbeweglich auf der Stelle verharrend: „Könntest du es? Einen der Unsrigen bekämpfen, vielleicht sogar sein Leben beenden?‟ Sanft antwortete Lamal: „Lucifer gehört schon lange nicht mehr zu uns. Er war einst ein strahlender Engel, aber sein jetziges Licht ist nur noch zur Blendung da. Wenn es heißt, er oder meine Familie, ja, ich erhöbe das Schwert gegen ihn – wäre ich denn ein Krieger.‟ Ein zuckendes Lächeln überkam Michael. Seufzend steckte er seine Waffe wieder ein: „Sehr einfach so etwas zu sagen, wenn man aus seinem Schicksal heraus weiß, für immer in der Theorie zu bleiben. Anders als ich, der dazu bestimmt ist, ihm... Einhalt zu gebieten.‟ Tatsächlich kam Mitgefühl in Lamal auf: „Eine harte Prüfung, die dir obliegt. Zum Wohle der gesamten Schöpfung. Dein Sieg ist das Ende des Chaos und der Beginn der wahren Ordnung. Die Vollstreckung besiegelt das Urteil. Du kannst und solltest neben all der Wehmut auch den Stolz in dein Herz lassen. So, wie sie es tun.‟

 

Lamals Finger wies auf die mittige Linse. Die Gruppenformationen nahmen Gestalt an. Schon sehr bald, waren sie bereit, die Himmelstore zu durchschreiten. Grinsend meinte Lamal: „Deine Geschwister verlassen sich auf dich. Jeder und Jede von ihnen ist in Herz und Verstand voller Elan, sie werden alles geben, ein Zeichen zu setzen an das wir uns noch in Jahrhunderten erinnern werden. Engel und Menschen, eine Zukunft. So soll es sein.‟ Michael schielte argwöhnisch zu ihm: „Große Worte. Was trägst du dazu bei? Außer hier zu sitzen und abzusehen, wie diese Vorstellung umgesetzt wird?‟ Geduldig erklärte dieser: „Gottes Anweisungen sind klar und unumstößlich. Ich bin kein Krieger. Betrachte mich eher als Wächter des Himmels, wissend wie Metatron, von dem du so viel hälst. Mein Name wird in der neuen Geschichtserzählung als Schrifthalter erwähnt sein. Wo Blut vergossen wird, braucht es auch immer Jemanden, der festhält, wessen Blut das ist.

Du siehst, mein Platz ist hier.‟

Der Erzengel beugte sich vor, betrachtete die anderen Engel: „Gottes Platz ist auch hier. Trotzdem ist er seit kurz vor Erschaffung der neuen Ordnung verschwunden. Von einem Moment zum Anderen war seine komplette Aura verschwunden. Einfach weg. Dabei wollte ich ihm noch einmal ins Gesicht sehen, ehe ich für ihn den Brudermord begehe...‟

Lamal warf ein: „Sei nicht so hart zu ihm – und auch nicht zu dir. Es gibt klare Gesetze, ganz wie bei den Menschen. Wer sie bricht und damit die Gemeinschaft stört, muss mit Konsequenzen rechnen. Das wusste Lucifer und tat trotzdem, was er tat. Ich habe keine Bedenken bei seiner Bestrafung und die solltest du auch nicht haben. Schließlich hängen die Zukunft von Himmel, Hölle und Erde von dir ab. Gut, eigentlich von euch beiden, aber du als Sieger bist besonders entscheidend.‟ Er schaute Michael direkt an: „Gott vertraut dir voll und ganz, nur darum zieht er sich so sorglos zurück.

 

Er weiß über deinen Glauben an ihn und wartet nun ab, bis er dich als Überwältiger des Lichtbringers als Teil seiner so lange gepredigten Gleichheitseinheit empfangen kann.‟

 

Dieses Gerede war Michael ein schwacher Trost. Gott war nicht einmal so frei, ihm dies selbst zu sagen, nein, er ließ seinen Stellvertreter vertreten um es ihm über ihn sagen zu lassen. In der tiefsten Tiefe seines Herzens pochte es unangenehm auf. Er war unzufrieden. Ausgerechnet ihm war Gott so verschlossen geblieben. Ihm, der seinen geliebten Bruder im Kampf niederzustrecken gelobte. In seinem Namen. Nie waren Michael Fragen zu seiner heiligen Mission in den Sinn gekommen. Jetzt aber, stand er vor der Erfüllung der bittersten Pflicht. Dem aussetzigen Bruder ins Herz zu stoßen, der selbst einen großen Platz in seinem Herzen einnahm.

Zögerlich fragte er: „Lamal, was wenn... was wäre wenn, Lucifer und ich uns versöhnen täten? Wenn Lucifer sich schuldig bekennt? Keiner übt sich mehr in Vergebung als der Herr.‟ Erschrocken wurde er angeharscht: „Diese Idee ist des Teufels! Vergiss das augenblicklich! Das ist ein Befehl!‟ Michael setzte nach: „Aber warum denn?! Lucifer ist genauso im Usprung ein Kind des Lichts wie wir alle. Es macht keinen Sinn, ihm die Absolution zu verwehren! Gott vergibt!‟ Zischend kam: „Sei still. Die Räder des Schicksales verlangen nach dieser Konfrontation, es MUSS geschehen! Bei allem Zweifel Michael, dieser Gedankengang gehört verboten! ICH verbiete dir hiermit, auch nur den Samen dieser Idee in deinem Geiste anreifen zu lassen!‟

Da wurde Michael zornig: „Niemand außer Gott befehligt mich. Du bist nicht Gott. Sag noch einmal etwas Derartiges – und ICH bin Derjenige, der DICH wegen Gotteslästerung aus dem Himmel schmeißt. Wie du dann wohl zu dem Gesagten stehst?‟

Lamal wurde ruhiger. Seine Lippen flüsterten: „...Bürschchen...Sei auf der Hut. Gottes Augen sehen weit mehr als du glaubst und er ist auch weit entfernt davon, taub zu sein.

Deine Nächstenliebe zu Lucifer ist beachtlich, aber vergiss nicht, dass die himmlische Ordnung weit mehr ausmacht als euch zwei. Ihr seid ein Teil eines ineinandergreifenden Schicksalswerkes. Deine fixe Idee, so hoffungsvoll sie ist, ließe die Welt in den Schoße des Teufels fallen. Das kann auch dein Bestreben nicht sein. Sonst müsste ich hinter deinen hochgelobten Werten noch Selbstsucht vermuten. Einen Bruder über die gesamte Familie stellen...das mag unter Menschen Gründe haben, hier im Himmel wird das nicht passieren. Schon gar nicht, unter meiner Aufsicht.‟

 

Und damit wandte er sich wieder den Linsen zu, justierte etwas an ihnen herum und dachte im Stillen, wie erhaben sich die alte Ordnung doch fühlte und hoffte, dass sie und auch Michael alsbald den großen Sinn dahinter höher stellten, als die Echos einer Vergangenheit, die in diesen Stunden ihre gänzliche Bedeutung verlor.

Kapitel 3 - Das vergessene Trio

Das Gewusel auf der Geburtsfläche der neuen Engel war etwas übersichtlicher geworden. Das zunächst vorherrschende Chaos, bildete nun harmonische Muster. Es gab nur noch wenige Gruppen, denen ein älterer Engel fehlte. Gerade darum, schaute Shekinah besonders gründlich prüfend durch die Menge. Angestrengt suchte sie mit angezogener Stirn nach ihren Schützlingen.

Von Außen betrachtet, war sie sicher ein seltsamer Anblick – ein gestandener Engel, goldene Rüstung elegant ihre Kurven betonend mit einem silbernem Gurt auf der Schulter und quer über den Rücken. Der Gurt hielt einen Stab mit Klingen an beiden Enden, umsäumt von zusammengefalteten und dennoch leicht abstehenden Flügeln. Die bräunlichen Haare mit einem Stich blond darin, über Nacken und Hals zu beiden Seiten lange herunterbaumelnd. Die spiralförmigen Spitzen deuteten Locken an, die aber nicht mehr als Interpretation waren. Ihre Handschuhe waren schwarz mit einer diamantenen Handoberfläche. Ihr Unterkörper war in eine hautenge Lederhose gezwängt, die im Kontrast zur goldenen Rüstung stand. Die dunkelbraunen Stiefel führten sie standfest durch das Treiben.

Und dieser Engel flankierte Gruppe um Gruppe, die sich bereits komplettiert hatte, gar hilflos die ihr Zugehörigen ausfindig machen wollend.

 

Endlich fanden die türkisen Augen, was sie suchten. Zielstrebig riss sie die beiden Neulinge aus dem Gespräch: „Hey, ihr zwei Pappnasen! Statt euer Pläuschen zu halten, hättet ihr mal nach eurer neuen Vorgesetzten suchen sollen. Wo bleibt denn da der Eifer, Jungs?‟ Die Engel sahen sie jeweils auf ihre eigene Art perplex an. Der leicht Kleinere rechts von ihr, fixierte sie augenblicklich mit einem pflichtbewussten und tiefergehendem Blick. Ein ganzer Stratege, sollte besser in der zweiten Reihe stehen, wenn es wirklich zur Sache ging, dachte sie sich sofort. Shekinahs geschulte Wahrnehmung gelang eine Einstufung ihrer Männer ohne ein Wimpernzucken. Als Befreierin und Friedensbringerin unter den Menschen, war das schon bald eine nötige Fähigkeit gewesen.

Sie musterte auch den Zweiten, links von ihr. Sein Ausdruck war ein völlig anderer. Die Pupillen dieses jungen Engelsburschens waren überquellend mit Tatendrang, dem Ruf der Herausforderung. Sehnsucht, nach Anerkennung. Sie kannte Soldaten wie ihn. Perfekt für eine Schlacht bis auf den letzten Mann, in der Aussicht auf Heldentum. Gleichzeitig mischte sich ihr Bauchgefühl mit einem gehauchten Stich ein. Bei solcher Polarität, war ein Umschwung in andere Extreme ebenfalls möglich. Auf den musste sie wohl ein genaueres Auge werfen.

 

Vaith wollte gerade zu einem kecken Spruch ansetzen, als Nekro ihm noch in der ersten Lippenbewegung das Wort abschnitt: „Jawohl, Ma´am. Verzeihung. Mein Freund hier, war lediglich äußerst erfreut über unseren baldigen Einsatz an der Front. In dem angeregten Austausch darüber, muss uns das Primärziel, unsere Gruppe zu vervollständigen entronnen sein. Ich – wir – bitten vielmals um Vergebung.‟

 

Shekinah verengte kaum merklich die Augen. Die Arme verschränkend, sagte sie: „Nun gut, diese kleine verpasste Chance, euren guten Willen zu zeigen, verbuche ich mal als optional verpasst. Doch von jetzt an, wird jeder erteilte Befehl, der meine Lungen verlässt und den meine Lippen formen, beachtet und ausgeführt. Verstanden?‟

Diesmal war Vaith schneller, als sein Bruder: „Und wenn die eigene Vorgehensweise effektiver ist? Wer bist du überhaupt, Schnecke? Nach einem Erzengel siehst du mir nicht gerade aus.‟ Nekros Augen huschten schattenhaft zu Vaith und zurück zu ihr. Er schluckte, ahnend, was jetzt kam.

Luft sog sich in die Lungen der Frau und ihre vollen Lippen öffneten sich zu einem Donnerwetter: „Ich bin Shekinah, meinen engeren Freunden auch als Miranlaya bekannt – aber DU wirst mich Leutnant Shekinah nennen! Ich habe viele Jahre lang den Menschen beigestanden, um die Weltgeschehnisse im Großen wie im Kleinen gerecht und fair zu gestalten. Meine Heilungskräfte sind enorm und haben - und werden – noch vielen solcher Hitzköpfen wie DIR das Leben retten. Also schluck deinen Stolz herunter oder ich lasse dich aus Versehen nach der Materalisierung mit ein paar Dämonen unbeaufsichtigt herumspielen. Der Papierkram danach wird sich in diesen Tagen verhältnismäßig in Grenzen halten.‟

Vaith fletschte dezent die Zähne. Nekro dagegen, verbeugte sich unterwürfig.

Am liebsten hätte ihm Vaith dafür in den Hintern getreten, dass er vorne über kippte – sich dieser Frau unterzuordnen. Vorlaut, fuhr er ihre Standpauke ignorierend mit den Händen demonstrativ in die Hüfte stemmend, den Kopf weggedreht und Augen geschlossen fort: „Ich verweigere den Dienst, ehe mir nicht ein Anführer mindestens direkt unter dem Grad eines Erzengels zugeteilt wurde! - Aua!‟ Der noch immer vorgebeugte Nekro, stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. Er zischte: „Hast du ihre Randbemerkung nicht verstanden? Das ist Miranlaya – zusammen mit Metatron ist sie der höchste Engel im Himmel! Ein Seraph, über den Erzengeln stehend!‟

 

Augenblicklich kippte Vaiths trotziges Gesicht in sich zusammen. Sein linkes Auge öffnete sich und lugte glasig und ungläubig zu ihr hin. Schweigen. Ein unendlich peinlich berührter Vaith, der sich mit allem mobilisierbarem Willen davon abhielt, rot anzulaufen.

Schließlich lösten sich Shekinahs bis dahin verschränkte Arme unter einem Seufzer ihrerseits. Sie schloss die Augen und drehte ihnen den Rücken zu: „Also gut. Es muss ja irgendeinen Grund geben, dass ausgerechnet unsere Kräfte miteinander harmonieren und ich zu euch navigiert bin. Also kommt. Die ersten Truppen werden das Himmelstor bald passieren und ich will, dass ihr euch vorbildlich mit als die Ersten hinunter ins irdische Sein stürzt!‟ Das wiederum, war genau, was Vaiths Backen grinsen ließ. Innerlich ähnlich schwer wie ihre Anführerin stöhnend, war es dennoch Nekro, der sich als erstes in Bewegung setzte und ihr folgte.

 

Er ahnte bereits, dass sein brüderlicher Heißsporn sich kein Wortgefecht mit dem Leutnant entgehen lassen würde.

Da stand Shekinah nun vor dem Himmelstor und wartete auf ihre Schüler, die im Vergleich zu ihr, im Schritttempo eines gemütlichen Spaziergangs unterwegs waren. Es schien ihr, dass sie hier noch weit mehr zu investieren hatte, als Taktiktraining oder Morallehren. Sie hatte hier junge, unerfahrene Seelen an ihrer Seite, die noch nie das Schwert in einen verfeindeten Körper treiben mussten – nie mitangesehen hatten, wie geliebte Seelen verschlungen wurden. Zumindest zu Zweiterem hoffte sie für die Engel der neuen Ordnung, unerfahren zu bleiben.

Sie wandte sich den Brüdern zu, die sich auch zum Tor gesellt hatten: „Hört mir jetzt gut zu; Was immer dort unten geschehen mag, bleibt an meiner Seite. Wir können ebenso wenig sterben, wie die Dämonen es können. Dennoch wäre es eine große Blamage für das gesamte Team, wenn sich Einer von euch abstechen lässt und in den Himmel zurücktransferiert wird! Denkt dran, jedes geistige Wesen wird lediglich in sein Reich teleportiert, wenn es stirbt. Spielt also nicht übermäßig den Helden, um Dämonen in ihr Zuhause zu schicken. Die Kämpfe sind zum jetzigen Zeitpunkt lediglich dazu da, die Dämonen von der Störung unserer Seelenernte abzuhalten. Kein Heldentod, verstanden?‟

Beide nickten, Einer überzeugender als der Andere. Sie wusste, Nekro war hier der Vernunftbetonte. Es war bloß zu hoffen, dass er fähig war, ein wenig dieser Vernunft zur Zügelung Vaiths zu gebrauchen.

„Nochmal zur Erinnerung – unser Auftrag ist es, in den Menschensiedlungen, Dörfern, Städten und so, Portale zum Paradies zu öffnen und die Menschen – die weder uns, noch das Portal wahrnehmen können – über unsere Magie zu den Toren hinzulocken. Sind sie nah genug dran, werden ihre Seelen wie von selbst durch den Ruf der Portale aus ihren Körpern gelockt und werden losgelöst vom Körper in die Paradiesebene übergehen. Vorraussichtlich wird diese Aktivität reichlich Seelenfresser anlocken, die nur darauf aus sein werden, uns der Seelen zu berauben. Dies gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Sollte eine Diskrepanz zwischen meinen Anweisungen und der Sicherheit der Seelen entstehen, dann – und nur dann! - seid ihr auch befugt, euch meinen Befehlen zu widersetzen‟, erklärte sie das weitere Geschehen. Es war ihnen von dem Moment an, in dem sie aus dem göttlichen Licht geformt wurden bereits in ihre Bestimmung, in ihren Instinkt gelegt worden – aber es konnte ja nicht schaden, es zu verdeutlichen.

 

Eine neue, männliche Stimme mischte sich ein: „Na, deine Erzengel von Morgen einweisen? Sehen mir taff aus, die Jungs!‟ Shekinah begrüßte ihren Bruder, Ismael. Er gehörte zur jetzt sogenannten „alten Ordnung‟ der Engel, wie auch Shekinah es tat. Alle Engel, vor der Geburt der Neulinge wurden dem zugeordnet. Es hatte einen Beigeschmack von Trennung, einem Hauch von... als „alt‟, überholt zu sein. Doch sie sahen es eher so, als ältere Geschwister zu agieren. Schützend, lehrend, erfahren.

Shekinah grinste: „Noch! Du solltest sie dir bei der Rückkehr ansehen, werden bestimmt voll mit blauen Flecken und Krallenwunden sein. Apropo Erzengel, ich hörte, du hast einen vielversprechenden Kandidaten zugeordnet bekommen?‟ Ein müdes Lächeln erwidernd, meinte Ismael: „So sagt man. Er ist extrem diszipliniert, folgt einer harten Linie. Ich glaube, er ist strenger, als wir selbst es sind. Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich wohler, sobald ich ihn nach einem aktiven Einsatz befördern kann. Seine zukünftige Truppe wird nicht zu beneiden sein. Ah – da kommt mein Team ja!‟

 

Vaith schaute gebannt auf die zu ihnen stoßenden Engel. Er war fasziniert von dem Gedanken, einen Bruder zu sehen, der schon jetzt als Anwärter zum Erzengel gehandelt wurde. Ismaels Team bestand aus einem hochgewachsenem Mann mit strubbeligem, braunem Haar und einer schwarzen Rüstung, die an den Rändern mit Flammen bemalt war, die mit ihren Spitzen in den Brustbereich hineinschlugen. Außerdem einer Frau, die statt einer Rüstung ein Kettenhemd mit vielen darum gewickelten Tüchern in einem sanften Blau trug. Der letzte Engel gefiel Vaith vom ersten Anblick an überhaupt nicht. Als wolle er alle auf Anhieb von seiner Reinheit überzeugen, stand der Mann mit langen, schwarzen Haaren in einem beißend weißen Gewand da und besaß einen Blick, als sei er höchst selbst der oberste Richter des Himmels.

Ausgerechnet diesen, winkte Ismael herbei: „Kommst du mal eben zu mir, Achel? Hier will dich jemand kennenlernen.‟ Elegant, wie auf Wolken laufend – was er ironischerweise ja auch tat – trat er heran. Sein Anführer verkündete mit ausschweifender Hand zu ihm: „Darf ich vorstellen, Achel. Das hinter uns sind Marya und Kazaan. Bis auf Marya benehmen sich alle schon, als seien sie so alt wie ich.‟ Die Frau räusperte sich verlegen.

 

Vaith war enttäuscht, Keines der Mitglieder des anderen Teams erweckte bei ihm den Eindruck, den er sich für einen Erzengel vorgestellt hatte. Keine strahlende Rüstung, kein überwältigendes Charisma. Er schätzte, er musste sich diese Vorstellung selbst verwiklichen. Höflich, aber kurz angebunden, stellte Shekinah sie mit angewinkeltem Arm und Daumen hinzeigend vor: „Das hier sind Nekro und Vaith. Bei Zweiterem garantiere ich nicht dafür, dass er bei Annäherung nicht zubeißt.‟ Vaith und Ismael sahen sie beide irritiert an, dann lachte Ismael: „Ein bezauberndes Team! Ich denke, von euch werden wir noch so einige Geschichten zu hören bekommen. Die müssen aber erst noch geschrieben werden – und damit das passiert...‟ Sein Blick schweifte zum Tor.

Seine Schwester stimmte ein: „...Müssen die Katastrophen erst geschehen sein. Auf gehts in die Schlacht. Wir sehen uns später.‟

 

Ismael schob die linke Türhälfte auf, Shekinah die Rechte. Sie gab einen letzten Hinweis an ihre Gruppe: „Bleibt dicht hinter mir!‟ Dann stürzte sie sich als Erste hinaus aus dem Himmel, hinein ins Wolkenmeer der irdischen Sphären.

 

Erstaunlich gehorsam, waren die Brüder ihr direkt auf den Fersen.

Der Wind peitschte ihr durchs Gesicht, das Haar wehte wild im entgegengesetztem Luftstrom. Auch als Geistwesen, waren sie für die Natur und ihre Elemente anfällig. Kein Wesen, war von ihnen losgesagt. Shekinah liebte es. Nicht des Spaßes wegen, sondern die Geradlinigkeit der Naturgesetze. Weder die menschliche Welt, noch ihre waren von ihnen befreit. Ein Dogma der Existenz. Klar und prägnant. Wie ihre himmlische Botschaft es war.

Ein Jubelruf riss sie aus den Gedanken.

 

Vaith war wie von Sinnen. Begeistert stürzte er durch Wolke für Wolke. Das Gefühl der endlosen Freiheit im Fall überkam ihn. Er war der König der Welt für diesen Augenblick. Mochten die Herzöge der Hölle sich gegen ihn zusammen tun, er war bereit.