Das Zuchtbuch - Philip Alsen - E-Book

Das Zuchtbuch E-Book

Philip Alsen

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Beschreibung

Dieser Ratgeber bietet allen Interessierten den idealen Einstieg ins Abenteuer Hundezucht: Von den notwendigen medizinischen Untersuchungen bis zum richtigen Deckzeitpunkt über Trächtigkeit und Geburt bis hin zur Welpenentwicklung und der Auswahl der richtigen Käufer. Praxisnahe Infos machen Lust auf die eigene Hundezucht.

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ZUCHT – MEHR ALS EIN HOBBY

Schottland im Winter 1867. Mit versonnenem Blick steht Dudley Coutts, der Baron Tweedmouth of Eddington, am Rand eines moorigen Teichs seiner schottischen Ländereien. Gerade hat er mit einem gekonnten Flintenschuss eine Ente erlegt, nun sieht er seinem Retriever Nous zu, wie der zunächst das Ufer absucht, im Schilf Witterung bekommt, und sich dann freudig ins Wasser stürzt, um die Ente von einer im Teich gelegenen Insel zu bergen. „Guter Hund!“, denkt Tweetmouth. „Schade nur, dass er so klobig ist.“ Wieso, fragt er sich, kann ein so guter Hund nicht auch elegant sein?

Diese Idee, dieser eine im Grunde kurze Gedanke, ließ Tweedmouth nicht mehr los: Drei Jahre später bekam er von seinem Neffen eine wunderhübsche Waterspaniel-Hündin namens Belle geschenkt, verpaarte die Hunde, kreuzte weitere Rassen ein …  – und als er 1894 starb, vermachte er seinen Erben die Ländereien und das Vermögen, der Hundewelt hinterließ er die Golden Retriever. Sanftmütige Apportierhunde mit einem für die Jagd zwar vollkommen unnützen, aber sehr schönen Fell.

Szenenwechsel und Zeitsprung ins Jahr 1945. Mit einem lauten „Lassen Sie sofort den Hund los!“ stürmte die Siegener Anwaltsgattin Ilse Schleifenbaum auf zwei Männer zu, die offenbar gerade einen streunenden Hund erschlagen wollten. Ob aus reiner Mordlust oder weil sie ihn essen wollten? Man weiß es nicht. Die Zeiten waren hart, es fehlte an allem. Doch Ilse Schleifenbaum hatte noch einen Platz in ihrem Herzen, entriss den Männern den strubbeligen Hund, nahm ihn mit nach Hause und nannte ihn Peter.

Woher Peter kam, wurde nie geklärt. Er sah angeblich aus wie ein französischer Griffon und man nimmt an, dass eine Gruppe GIs, amerikanische Soldaten, ihn als Maskottchen aus Frankreich mitgebracht hatten. Irgendwann aber hat er in der Nähe von Siegen wohl den Anschluss an seine Truppe verloren, streunte wochenlang herum, bis die resolute Frau ihn rettete.

Ilse Schleifenbaum liebte ihren Peter, und zu dieser Liebe kam (nach anfänglichem Ärger) Stolz, nachdem der an der läufigen Nachbarshündin Fiffi interessierte Rüde in einem unbeobachteten Moment über den Zaun sprang, Fiffi bestieg und elegant in die Zielgerade einbog.

Ein „Unfall“, der Ilse Schleifenbaums Leben in dieser so arm an Liebe und Perspektive scheinenden Nachkriegswelt eine neue Richtung gab. Denn aus dieser im Grunde ungewollten Liebe fiel ein Wurf von sehr gleichmäßigen braun-weißen Welpen, die allesamt so entzückend waren, dass Ilse Schleifenbaum, bestärkt durch Nachbarin Schneider und einen Tierarzt, beschloss, aus Peter, Fiffi und ihren Nachkommen die Stammeltern einer neuen Rasse zu machen: Kromfohrländer.

© Anna Auerbach

Züchten ist Teamarbeit mit zwei Hunden.

Zwei Geschichten, die zeigen, wie eine Rasse auch entstehen kann. Denn egal ob Arbeits-, Gesellschafts-, Schutz- oder Jagdhunde, am Anfang steht immer eine Idee. Dann fängt ein Mensch mit einer Vision an, gewinnt andere, gemeinsam macht man sich auf den Weg, sucht Hundematerial, baut Zuchtlinien auf, zieht Welpen groß, wirbt Mitstreiter, gründet Vereine, stellt Anträge, besucht Ausstellungen, erntet Beifall und Missgunst, erleidet Rückschläge, freut sich über jedes Vorankommen, macht sich über jede Verpaarung Gedanken, prüft die Hunde auf Anlagen und Wesen, diskutiert und überzeugt Verbandsfunktionäre … – und erlebt, wenn alles gut läuft, nach durchschnittlich 30 Jahren, die offizielle Anerkennung der Rasse durch die internationale Hundewelt.

Und auch wenn man heute beginnt, eine schon bestehende Rasse zu züchten, ist es nicht viel anders: Natürlich, der Standard ist definiert, das Zucht- und Ausstellungswesen organisiert und es gibt schon jede Menge Erfahrung. Aber Rassen verändern sich: Phänotyp, Wesen, Anlagen, Verwendung … alles unterliegt Moden und gesellschaftlichen Entwicklungen. Schärfe, die früher gewollt war, will heute keiner mehr haben. Arbeitsrassen werden zu Familienhunden, Kleinstrassen durch falschen Ehrgeiz weiter verzwergt, Erbkrankheiten schleichen sich ein. Gesundheit ist ein großes Thema, denn viele Rassen sind, vor allem durch schlechte Zucht, krank – und mitunter stellt ein Züchter oder eine Züchterin fest, dass eine Rasse am Ende ist, zieht die Notbremse und schlägt eine andere Richtung ein.

So wie die Schweizerin Imelda Angehrn. 1966 begann sie mit der Zucht von English Bulldogs, beobachtete über die Jahre, dass die Hunde kränker wurden und durch Zeitgeschmack, unbedachte Züchter, einem zu kleinen Genpool und vielen anderen Gründen nicht mehr dem Standard entsprachen. Sie mahnte zu einer Kehrtwende, galt in der Züchterszene bald als Nestbeschmutzerin, machte sich Feinde, verlor Freunde, fand bei führenden Kynologen aber Rückendeckung und Hilfe. Heute gilt sie als Begründerin der Continental Bulldogs. Das Interview mit ihr lesen Sie hier.

Wer züchtet bewahrt Geschichte. Denn Hunderassen sind immer auch eine Kulturleistung: Lundehunde, Island-Hunde, die heute so beliebten Magyar Vizsla und noch etliche andere Rassen – sie alle standen, aus den verschiedensten Gründen, irgendwann vor dem Aus, und hätten sich damals nicht Menschen gefunden, die sich für ihren Erhalt eingesetzt hätten, wären viele der fast 380 bei der FCI registrierten Rassen heute schon nicht mehr da. Oft waren es zunächst Einzelpersonen, später dann immer Gruppen. Sie alle haben viel Zeit, Geld und Mühe investiert, um die wenigen noch von einer Rasse existierenden Hunde zu suchen, ein Zuchtprogramm zu erstellen und so für ihren Erhalt zu sorgen.

© Anna Auerbach

Das Fell ist bei Welpen kurz, die lange Behaarung kommt mit dem Wechsel zum erwachsen Haarkleid..

Am schwersten aber wiegt die Verantwortung für die Welpen. Man schafft Leben, und keinem guten Züchter ist es egal, was aus diesem Leben wird. Im Gegenteil: Viele Züchter halten jahrelang Kontakt mit ihren Welpenkäufern, sind Ansprechpartner bei Problemen und freuen sich mit den Erfolgen. Zucht ist deshalb auch mehr als ein Hobby. Es ist ein Lebensstil, die Entscheidung für ein Leben mit Hunden. Fast undenkbar, dass ein Leben ohne Hunde überhaupt möglich ist. Und jeder dieser Züchter hat an der Welpenbox viele seiner glücklichsten, aber auch traurigsten Augenblicke erlebt. Denn „ja!“, wenn die Geburt ohne Komplikationen verläuft, alle Welpen fit sind und die Mutter gut beieinander ist, dann ist die Aufzucht der Welpen ein zwar anstrengender, aber von vielen glücklichen Momenten begleiteter Spaß. Wenn’s allerdings nicht so gut läuft – und die Liste möglicher Probleme ist lang! – ist man mit den Nerven schnell am Ende und verzweifelt.

© Anna Auerbach

Körperkontakt zu Frauchen vermittelt Sicherheit.

Dieses Buch ist ein Sach- und ein Fachbuch. Geschrieben von erfahrenen Züchtern für angehende Züchter und Züchterinnen. Außerdem haben wir ausgesuchte Experten gebeten, etwas aus ihren Fachgebieten beizusteuern bzw. uns Zeit für ein Interview einzuräumen. Alles zusammen eine ganze Menge Know-How: von der Vorbereitung, über die Verpaarung, bis hin zur Geburt und einem ausführlichen Kapitel zum Thema „Troubleshooting an der Wurfkiste“ bis hin zur Abgabe.

Denn darauf kommt es einem guten Züchter an: Dem neuen Besitzer einen Welpen in den Arm zu legen, der gesund an Kopf und Körper, mit vier Pfoten selbstbewusst auf dem Boden steht und von dem man mit voller Überzeugung sagen kann: „Der macht seinen Weg!“

© Anna Auerbach

Ein Hundesenior ist eine prima Erziehungshilfe für den Nachwuchs.

VORBEREITUNG ZUR ZUCHT

© Anna Auerbach

BEVOR SIE SICH INS ABENTEUER ZUCHT STÜRZEN

Zucht, richtig betrieben, ist immer Teamwork. Züchter brauchen andere Züchter, weshalb es so wichtig ist, sich einem Verein anzuschließen. Aber das Ausfüllen eines Mitgliedsantrages ist nur ein Schritt auf dem Weg zum Züchter. Viel wichtiger ist, dass Sie sich schon lange vorher Gedanken darüber machen, warum Sie züchten wollen. Denn wenn der Zug einmal abgefahren ist, sitzt man drin, und nichts ist schlimmer, als mittendrin festzustellen, dass man das Projekt unterschätzt hat. Vor allem sollte Ihre Familie geschlossen hinter dem Projekt stehen, denn Sie werden Sie brauchen.

© Anna Auerbach

Viele Hürden sind zu überwinden, bis ein Hund „zuchttauglich“ ist.

VORÜBERLEGUNGEN

„WARUM WILL ICH EIGENTLICH ZÜCHTEN?“

Gleich vorweg: „Geld durch Welpenverkauf“ ist kein guter Grund, um sich in die Zucht zu stürzen. Denn wenn man es richtig macht, dann geht ein guter Teil des Verkaufserlöses für Deckgebühren, Papiere und Tierärzte drauf. Und das, was übrig bleibt, ist in der Regel hart verdientes Geld. Denn nicht wenige Züchterinnen und Züchter begeben sich mit dem Wurftag auch in eine Art Klausur, in der sie beinahe rund um die Uhr für die Welpen und die Mutter da sind. Acht Stunden Büro geht da nicht, und selbst Home-Office ist eine nur schwer zu meisternde Herausforderung.

Was für Gründe könnte es also geben? Nun, erfolgreiche Hundesportler werden im Laufe der Jahre oft zu Züchtern. Ihnen geht es – genau wie Jägern – um Anlagen und Leistung. Durch den Aufbau einer eigenen Linie mit einer besonders guten Hündin möchten sie zur Verbesserung der Rasse beitragen.

In vielen Hundebesitzern wächst das echte Interesse an einer Rasse und die „Hundewelt“ auch erst durch ihren Hund. Sie beginnen Ausstellungen zu besuchen, machen erste Erfahrungen in der Hundeszene, haben Erfolge und stellen nach und nach fest, dass sie eine „Doggie-Person“, ein echter Hundemensch sind. Wenn dann noch jemand fragt, ob sie mit ihrer Hündin eventuell mal einen Wurf machen würden … – na ja, dann fehlt nicht mehr viel.

Auch schlechte Erfahrungen können ein Grund sein in die Zucht einzusteigen. Nicht wenige Hundebesitzer, die heute züchten, hatten mal einen zuchtbedingt kranken oder schwierigen Hund – und werden davon angetrieben, es besser zu machen.

Und natürlich gibt es auch jede Menge Züchter, die einfach nur Spaß an der Sache haben und bereit sind, für ihr Hobby jede Menge Arbeit auf sich zu nehmen. Was auch immer die Gründe sind, wichtig ist, dass Sie sich vorher vollkommen klar darüber sind, warum Sie in dieses Abenteuer starten wollen.

Die Frage „Warum will ich einen Wurf machen?“ sollte sich – auch in der Familie – jeder für sich beantworten. Schließlich gibt’s keine Garantie dafür, dass auch alles schön wird.

© Anna Auerbach

Mehrere Generationen einer Hundefamilie findet man beim Züchter.

LAST UND LUST: ZUCHTVEREINE

Mögen Sie Vereinsmeierei? Wenn Sie diese Frage mit einem spontan aus Ihnen herausbrechenden, sehr energischen „NEIN!“ beantworten, dann sollten Sie überlegen, ob der Zuchtbetrieb tatsächlich etwas für Sie ist. Denn Tatsache ist: Züchter brauchen andere Züchter: um sich auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen, vor allem aber, damit die Zucht kontrolliert, das heißt geordnet, ablaufen kann. Denn tatsächlich ist erfolgreiche Zucht immer Teamarbeit: Ein gemeinsames Ziel, zur Zucht geeignete und vor allem gesunde Tiere und ein Zugang für die Züchter zu einem kontrollierten Genpool.

Noch ein paar Worte zu Vereinen. In Vereinen treffen Charaktere zusammen, die sich außerhalb dieser Interessengemeinschaft oft niemals miteinander beschäftigen würden. Die Folge: Es „menschelt“ zuweilen, und wer lange in einem Zuchtverein ist, kann oft ein Lied davon singen, wie ärgerlich das mitunter sein kann. Springen Sie dennoch über Ihren Schatten und werden Sie Mitglied in einem der großen Zuchtvereine. Das Kriterium bei der Auswahl des für Sie richtigen Vereines oder Verbandes darf übrigens niemals sein, wie einfach man es Ihnen macht, dort Mitglied zu werden. Weil sich Hunde „mit Papieren“ nämlich besser verkaufen lassen, gibt es in Deutschland heute etwa 60 Vereine, die nur dafür da sind, Züchtern Papiere auszustellen, die ihr Geld nicht wert sind.

© Anna Auerbach

Prägung und Sozialisation der Welpen beginnen beim Züchter. Die Geschwister lernen mit- und voneinander.

HOLEN SIE IHRE FAMILIE INS BOOT

So wie Zucht „extern“ nur mit der Zusammenarbeit und Hilfe anderer Züchter funktioniert, klappt es „intern“ nur, wenn die ganze Familie dabei ist. Denn die Aufzucht der Welpen, die Auswahl der künftigen Welpenbesitzer, die Prägung und Sozialisation der Welpen … – all das verlangt eine Menge Zeit, Raum und macht auch Mühe. Alleine schafft man das kaum, und „so nebenbei“ geht es auch nicht.

BEANTRAGEN SIE EINEN ZWINGERNAMEN

Wer nicht nur mal einen Wurf machen, sondern organisiert züchten möchte, sollte in einen Zuchtverein eintreten, und sich dort mit seinem Hund einer Kör-Schau stellen, um eine Zuchtzulassung zu bekommen – und dann müssen sie einen „Zwinger“ gründen. Und damit es jetzt nicht zu Missverständnissen kommt. Ein Zwinger ist ursprünglich mal der Raum zwischen zwei Festungsmauern gewesen. Warum man den Begriff für die Hundezucht übernommen hat, weiß niemand, hier aber bedeutet er schlicht „Zuchtstätte“.

© Anna Auerbach

Der künftige Besitzer freut sich an einem Hund, der neugierig die Welt erkundet und wenig Ängstlichkeit zeigt.

Beispiel VDH. Wenn Sie sich für eine Zucht im Verband für das Deutsche Hundewesen entscheiden, im entsprechenden Rasseclub eingetreten sind, ihre Hündin gekört wurde, Sie ein Züchterseminar besucht und anschließend die Zuchtzulassung bekommen haben, reichen Sie drei Namensvorschläge ein. Auf der Internetseite der „Fédération Cynologique Internationale“ (FCI), dem Welthundeverband, finden Sie eine Datenbank, auf der Sie prüfen können, ob der jeweilige Name bereits besetzt und damit auch international geschützt ist. Die von Ihnen gewählten Namen reichen Sie beim VDH ein – und in der Regel dauert es dann nur noch ein paar Wochen, bis Sie eine grüne Zwingerkarte bekommen und damit offiziell ein Züchter sind. Glückwunsch, jetzt kann’s losgehen!

KANN ICH MIR DIE ZUCHT FINANZIELL LEISTEN?

Die Rechnung von Nicht-Züchtern lautet oft: „Zehn Welpen à 1.500 Euro sind 15.000 Euro“. Und ein Atemzug später kommt dann meist der Nachsatz: „Für so nebenbei, ganz guter Verdienst!“ Was diese Neider nicht wissen: So ist es nicht! Denn Zucht kostet Geld – und viele dieser Kosten fallen an, bevor die Welpen verkauft sind: Reisekosten, Decktaxe, Ultraschall, Ausstattung, die Nachuntersuchung der Hündin, Welpenfutter, Ahnentafeln, Chippen und Impfen der Welpen … All diese Kosten müssen Sie in der Regel im Voraus bezahlen. Und vergessen Sie bitte nicht: Die Aufzucht und die Vermittlung der Welpen benötigen einiges an Zeit. Für viele Züchter sind das zwei Monate, in denen sie ihren eigentlichen Berufen nicht nachgehen können. Fazit: Von den ursprünglich mal genannten 15.000 Euro bleibt nach zwei Monaten natürlich etwas übrig, tatsächlich ist dieser Rest aber schwer verdient!

BAUEN SIE EINE INTERNETSEITE FÜR IHREN ZWINGER

Bei einer guten Internetseite geht es nicht nur um den Verkauf Ihrer Welpen. Sie erleichtert zum einen die Kommunikation, vor allem aber dient sie dazu, Sie aus der Masse der bereits etablierten Züchter hervorzuheben. Denn nicht jeder A-Wurf stößt gleich auf soviel Interesse, dass es auch eine Auswahl an künftigen Besitzerinnen und Besitzern gibt.

Außerdem geht es darum, Ihr Profil als Züchter so herauszuarbeiten, dass Sie auch die „richtigen“ Welpeninteressenten finden, nämlich die, die Sie sich für Ihre Welpen wünschen.

Beispiel Bolonka Zwetna, eine russische Gesellschaftshund-Rasse. Kleine, sehr intelligente, fröhliche und lebendige Hunde, die trotz aller Beliebtheit noch immer den Ruf eines „Handtaschen-Fiffis“ haben. Keine Rasse, für die man sich als junge, unternehmungslustige Familie ad hoc interessieren würde. Und das ist schade, weil die Zwerge, wenn man ihnen den richtigen Rahmen und die Möglichkeit zur Entfaltung bietet, nämlich ganz fantastische Familienhunde sind, die mit ihren Menschen größere Ausflüge mitlaufen. Wenn Sie als Züchter jetzt aber genau solche Familien ansprechen, und später alle Telefonate mit alleinstehenden alten Damen vermeiden bzw. kurz halten möchten – gestalten Sie eine entsprechende Website: Fotos, Filme, Abenteuer, Möglichkeiten gibt es viele.

© Adobe Stock

Zwei Bolonka Zwetnas, eine Rasse, die man nicht sehr häufig antrifft.

Anderes Beispiel: Wenn Sie eine jagdliche Leistungszucht haben, suchen Sie Welpeninteressenten, die die Hunde nicht nur zur Jagd einsetzen, sondern auch die für Sie als Züchter interessanten Anlage- und Verbandsprüfungen laufen. Wenn Sie das bereits auf Ihrer Website klar machen, wissen Ihre Bewerber schon mal, dass sie als Nichtjäger chancenlos sind bzw. Sie von Ihren Bewerbern mehr erwarten als „nur Brauchbarkeit“.

© Anna Auerbach

Der Dackel ist für die Jagd gezüchtet, kann sich aber auch als Familienhund bewähren, wenn man ihm genug Beschäftigung bietet.

INTERVIEW: Ein langer Weg

EIN LANGER WEG

— Interview mit Imelda Angehrn

Wer züchtet, trägt Verantwortung. Doch wer ihr nachkommen will, hat es mitunter nicht leicht. Die Schweizerin Imelda Angehrn ist die Begründerin der Continental Bulldogs. Die noch junge Rasse ist ihre züchterische Antwort auf kritische Fragen betreffend der Zucht von English Bulldogs.

Frau Angehrn, wie sind Sie eigentlich auf die Rasse English Bulldog gekommen?

Ich bin als Tochter eines Tierarztes auf einem großen Bauernhof in der Schweiz aufgewachsen. Mein Mann Peter ist als junger Mann mit seinem Boxer bei uns vorbei gewandert. Dabei hatte der Boxer unseren Hahn gejagt und verletzt; ich habe den Hahn gesund gepflegt. In der Folge kam Peter mehrmals mit drei Freunden im Schlepptau vorbei, um „nach dem Hahn zu sehen“. Ein Jahr später haben wir geheiratet. Peter hat in England studiert und in der dortigen Gastfamilie die Rasse English Bulldog kennengelernt. Er wollte unbedingt ein solch faltiges Hundetier haben, seine Eltern haben aber „nur“ einen Boxer gestattet.

Bei Ihnen aber hat’s geklappt?

Ich hatte Neufundländer und später noch einen Spitz. Aber Peter liebte die Bulldoggen und ich liebte Peter … Und ich glaube, Peter war sogar glücklicher als bei der Hochzeit, als wir den ersten Bulldog Welpen, einen Rüden, in Baden-Baden abholten. Bald kam ein zweiter English Bulldog dazu, diesmal eine Hündin. Und so begann es.

Mit Ihrer 1966 gegründeten Zucht „Pickwick Bulldogs“ gehörten Sie 30 Jahre zu den feinsten Adressen der europäischen English-Bulldog-Family. Allein 47 internationale Champions wurden von Ihnen gezogen. Wieso kehrt eine so passionierte Züchterin ihrer Rasse nach so vielen Jahren den Rücken?

Im Jahr 1966 wagte ich mich auf unbekanntes Terrain. Nach vielen Jahren ist es mir gelungen, rassetypische, schöne Hunde zu züchten. Auf Ausstellungen wurden jedoch zusehends nur noch die schweren kopflastigen und breitschultrigen Hunde prämiert, die sich kaum noch bewegen konnten. Die Hunde litten zunehmend unter gesundheitlichen Problemen, die Kaiserschnittrate stieg, weil die großen Köpfe der Welpen mit den überbreiten Schultergürteln schlicht nicht mehr durch die Becken der Mütter passten …

Als Tierarzt-Tochter beschäftigte mich, welch anatomische Mängel dem Hund in Befolgung fragwürdiger Schönheitsideale oder aus bloßer Freude am Skurrilen angezüchtet wurden. Zwar hätte ich mich auf meinen Erfolgen ausruhen und weiterzüchten können wie bisher, stattdessen fühlte ich mich jedoch verpflichtet, die gängigen Extremzüchtungen und -bewertungen offen anzusprechen. In Rückbesinnung auf die gesunde, agile Englische Bulldogge des alten Schlags, wie man sie aus den zahlreichen Abbildungen des frühen 19. Jahrhunderts kennt, entschloss ich mich, die Tiergesundheit künftig in den Vordergrund zu stellen.

© Adobe Stock

Schwer, kopflastig, häufig mit gesundheitlichen Problemen belastet: Die English Bulldog.

Was haben Sie getan?

Ich habe begonnen, leichtere und vitalere English Bulldogs in meiner Zucht zu bevorzugen. Dieser weniger kurzatmige, weniger krankheitsanfällige und leichtfüßigere Typ entsprach zudem geradezu vollständig dem ursprünglichen Rassestandard. Mir wurde klar: Wir brauchen keinen neuen Bulldog, sondern nur den gemäß Standard richtigen. Und für diesen richtigen Typ müsste nicht der Standard geändert werden, wohl aber dessen Auslegung. Alles in allem erhoffte ich mir, dieser Wandel würde gelingen.