DelfinTeam (2). Der Sog des Bermudadreiecks - Katja Brandis - E-Book

DelfinTeam (2). Der Sog des Bermudadreiecks E-Book

Katja Brandis

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Beschreibung

Delfinabenteuer ab 12: In Band 2 der spannenden DelfinTeam-Reihe "Im Sog des Bermudadreiecks" riskiert Sandy mit ihren Freunden alles, um einen weiteren gefährlichen Unterwasser-Auftrag zu lösen. Sandy ist glücklich: Die Arbeit mit ihrem Delfin Caruso läuft gut und der Ex-Navy-Soldat Ramón hat seine Probezeit bei der Delfinstation The Deep begonnen, um bei ihr sein zu können. Doch dann bekommt The Deep einen neuen Auftrag und zusammen mit ihren menschlichen und tierischen Freunden macht sich Sandy auf zum Bermudadreieck. Dort verschwinden immer wieder Schiffe auf mysteriöse Weise. Während ihren Recherchen unter Wasser und auf dem Boot geraten Ramón und Sandys bester Freund Sharky immer wieder aneinander. Dabei ist allen klar: Nur zusammen kann es ihnen gelingen, die Gefahren im Meer und an Land zu bezwingen und das Rätsel zu lösen. Bestsellerautorin Katja Brandis erzählt packend und leidenschaftlich von der ganz besonderen Verbindung zwischen Mensch und Tier. Das DelfinTeam ist die realistische Analogie zu der erfolgreichen Seawalkers-Reihe. Gedruckt auf Umweltpapier und zertifiziert mit dem Blauen Engel. Weitere Bücher von Katja Brandis bei Arena: Woodwalkers (1-6) Seawalkers (1-6) Die Jaguargöttin Koalaträume Gepardensommer DelfinTeam (1). Abtauchen ins Abenteuer

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DelfinTeam (1). Abtauchen ins Abenteuer

Katja Brandis,

Jahrgang 1970, hat Amerikanistik, Anglistik und Germanistik studiert und als Journalistin gearbeitet. Schon in der Schule liehen sich viele Mitschüler ihre Manuskripte aus, wenn sie neuen Lesestoff brauchten. Inzwischen hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche veröffentlicht, unter anderem Ruf der Tiefe, Gepardensommer und Khyona. Mit ihren Bestsellerreihen Woodwalkers und Seawalkers begeistert sie Jungen und Mädchen gleichermaßen. Sie lebt mit Mann, Sohn und drei Katzen in der Nähe von München.

www.arena-verlag.de/katja-brandis

Ein Verlag in der Westermann Gruppe

1. Auflage als Arena-Taschenbuch 2022

© 2022 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Straße 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

Dieser Roman erschien erstmals in anderer Ausstattung

2005 im Verlag Carl Ueberreuter, Wien.

Dieses Projekt wurde vermittelt durch die Autoren- und Projektagentur Gerd F. Rumler (München)

Caro Liepins unter Verwendung von Bildern von Shutterstock (© Kichigin, © Wonderful Nature, © yeshaya dinerstein, © Irina Markova)

Vignetten im Innenteil unter Verwendung von Bildern von Shutterstock (© Milos Kontic und DianaFinch, Sergiy Zavgorodny)

Gedruckt in Deutschland

ISSN 0518-4002

E-Book ISBN 978-3-401-81026-3

Besuche den Arena-Verlag im Netz unter:

www.arena-verlag.de

@arena_verlag

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Für Nadja

Teil 1

EINE VERRUFENE GEGEND

Zurück in Key West

Yuriko war zierlich und hübsch; ihre schrägen Augen verrieten sofort, woher ihre Vorfahren stammten. Doch unter der japanischen Oberfläche war sie Amerikanerin. Es war nicht ihre Art, höflich zu lächeln, wenn sie etwas ankotzte. Und Sandy wusste längst, dass man bei ihr auf alles gefasst sein musste. Erst recht, wenn sie – wie jetzt gerade – dieses übermütige Blitzen in den Augen hatte, das an einen Kobold erinnerte.

»Lass mich raten«, sagte Sandra Weidner, bei The Deep besser bekannt als »Sandy«. »Du hast mal wieder eine Idee, wie man den hart arbeitenden DelfinTeams die Arbeit durch einen kleinen Ausflug versüßen kann?«

»Sagen wir’s mal so – ich glaube, ich hätte einen Fall für den Freiwasser-Club«, sagte Yuriko.

Sandy winkte Janine zu, die gerade mit ihrem Partner in der Lagune Holen und Bringen trainierte. Faul hielt Janine sich an Thorins Rückenflosse fest und ließ sich zum Fluthaus zurückziehen. »Was gibt’s?«, fragte sie, streifte die Tauchermaske vom Kopf und band sich die nassen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz. Wie so oft beneidete Sandy sie um ihre sportliche Figur. Doch um so auszusehen, musste man eben auch wie Janine Marathons laufen – das war Sandy deutlich zu anstrengend.

»Ich war gestern im Jachthafen und heute wieder«, begann Yuriko. »Da sitzt ein Junge schon seit zwei geschlagenen Tagen auf dem Steg und angelt. Und soweit ich gesehen habe, hat er immer noch nichts gefangen.«

»Hm, ich glaube, ich weiß, worauf du hinauswillst«, meinte Sandy verschmitzt. Sie und Yuriko hatten ihren Delfinen in letzter Zeit beizubringen versucht, wie man auf Kommando Fischschwärme zusammentreibt. Es klappte schon ganz gut.

»Praktisch, dass Greg gerade auf einem Einsatz ist«, sagte Janine. Der Chef von The Deep sah es nicht gerne, wenn sie mit den Delfinen im Jachthafen waren. Wenn er gewusst hätte, wo der Freiwasser-Club noch überall vorbeischaute, hätte er wahrscheinlich einen Herzinfarkt bekommen.

Sandy suchte die Lagune ab. Anscheinend war ihre Partnerin Caruso gerade im Meer; über die Schleuse hatten die Delfine die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wann sie wollten. Sandy tauchte das Handgelenk mit ihrem Dolcom ins Wasser. Das Gerät sah aus wie eine große Armbanduhr, hatte Signaltasten und ein Display. Sandy drückte den Rufknopf, der auf Carusos Kennpfiff eingestellt war. Es dauerte nur fünf Minuten, bis die unverwechselbare eingekerbte Rückenflosse in der Lagune erschien und auf sie zuraste. »He, das war ja schnell!«, lachte Sandy, begrüßte ihre Partnerin und fragte in Dolslan-Gesten: Spielen draußen?1

Caruso reckte den glänzenden grauen Kopf aus dem Wasser und pfiff begeistert. Ja. Spielen draußen jetzt, jetzt, übersetzte das Dolcom. Caruso war erst sieben Jahre alt, umgerechnet auf Menschenjahre ein Teenager. Sie war wie die meisten Großen Tümmler für jeden Unsinn zu haben und lernte geradezu erschreckend schnell – wenn sie Lust dazu hatte.

»Okay, sie macht mit. Wir können los«, sagte Sandy. Sie war froh über Yurikos Ideen. Die Ausflüge lenkten sie und Caruso von den Erinnerungen an ihren katastrophalen Einsatz auf dem Bergungsschiff Antares ab, der sie beinahe das Leben gekostet hätte. Und davon, dass sie jetzt schon seit drei Wochen zurück war in Key West und immer noch kein neuer Auftrag für sie in Sicht war. Zurzeit schienen die Kunden nicht gerade darauf zu brennen, das jüngste DelfinTeam von The Deep anzuheuern.

Sie holten einen Kescher aus der Ausrüstungskammer und nahmen das Schlauchboot mit Außenbordmotor, um zum Hafen von Key West zu kommen. Das Meer war glatt wie blaue Seide und eine salzige Brise wirbelte Sandys dunkle Locken durcheinander. Folge Boot, signalisierte Sandy Caruso, aber das wäre gar nicht nötig gewesen. Ihr Delfin hatte schon begriffen, was los war. Er glitt zusammen mit Thorin und Yurikos Partnerin Kiara mühelos vor dem Bug her, tauchte, kam prustend zum Atmen hoch. Übermütig katapultierte sich Kiara aus dem Wasser und tauchte fast ohne einen Spritzer wieder ein.

Tatsächlich, der Junge war noch da und hielt eine selbst gebastelte Angel ins Wasser. Sandy schätzte ihn auf etwa zehn Jahre. Sie und Janine schlenderten auf den Bootssteg hinaus und taten so, als bewunderten sie die Aussicht. Unauffällig warf Sandy einen Blick in den Eimer, der neben dem Jungen stand. Es waren nur ein paar Zentimeter Wasser drin und sonst nichts.

»Weißt du, wie man todsicher Fische anlocken kann?«, fragte Janine und hockte sich neben das Kind.

»Nee, wie denn?« Der Junge blickte zu ihnen hoch. Er hatte kurze blonde Stoppelhaare, trug grüne Badeshorts und war schon sehr braun gebrannt.

»Man muss nur ein Zauberwort sagen. Es lautet …«

»… Yongodongdong«, improvisierte Sandy, tat so, als verscheuche sie einen Moskito und gab Caruso dabei das Zeichen für Zusammentreiben. Sie war zwar ein ganzes Stück entfernt, aber Delfine hatten gute Augen und sahen über Wasser genauso gut wie im Meer. Yuriko, die hinter einer Jacht hervorlugte, gab Kiara das gleiche Signal. Jetzt hoffen wir mal, es ist auch wirklich ein Fischschwarm in der Nähe, dachte Sandy. Sie beobachtete, wie die Delfine unter der Wasseroberfläche umherflitzten. Zufrieden sah Sandy, dass es gut klappte heute. Anscheinend hatten sie einen Schwarm gefunden und nahmen ihn jetzt von zwei Seiten in die Zange. Genau auf diese Art jagten auch wilde Delfine.

Sandy wartete den richtigen Moment ab, dann tauchte sie den Kescher vom Anlegesteg aus ins Wasser. Bingo! Voll mit zappelnden Fischchen holte sie das Netz wieder hoch. Yuriko, die Meeresbiologin war, hätte ihr bestimmt sagen können, was für eine Art das war. »Willst du’s auch mal probieren?« Sie drückte dem Jungen das Netz in die Hand.

»Wollt ihr mich verarschen?«, sagte der Junge. »Ihr seid von The Deep, oder? Kann ich mal mit euren Delfinen schwimmen?«

Sandy und Janine sahen sich an und mussten lachen. Offenbar war der Junge ein »Einheimischer« und hatte sie irgendwo schon mal gesehen. »Na ja, war eine gute Übung für Caruso«, meinte Sandy und spähte ins Wasser. Ihre Partnerin schlug sich gerade den Bauch voll – sie hatte im Gegensatz zu der in Gefangenschaft geborenen Kiara kein Problem mit lebenden Fischen.

Als der Junge mit Thorin, Caruso und Kiara im Wasser planschte, sah sich Sandy seine Angel genauer an. »He, das Ding hat ja gar keinen Haken – und Köder hat er auch keine dabei … kein Wunder, dass er nichts gefangen hat!«

Inzwischen hatten sich ein paar Touristen eingefunden, um die Delfine zu bestaunen, und auch ein Kellner aus einem der Cafés gegenüber schlenderte über den Steg zu ihnen herüber. »Na, seid ihr auch auf Lonnie reingefallen? Der wartet hier immer, bis ihm einer von den Touristen aus Mitleid ein Eis spendiert«, grinste er. »Sobald er drei oder vier Eis gefuttert hat, haut er wieder ab …«

Als sie wieder zurück auf dem Gelände von The Deep waren, holten Sandy, Yuriko und Janine eiskalten Orangensaft für sich und für ihre Partner ein paar Fische. Sie setzten sich auf die Terrasse des Fluthauses, die wie der Rest des Erdgeschosses knietief unter Wasser stand. Das Fluthaus war direkt in die Lagune hineingebaut worden, damit Menschen und Delfine es gemeinsam bewohnen konnten.

Kiara, Yurikos Partnerin, schwamm um ihre Beine herum und prustete Luft aus dem Blasloch. Ihre Neugier war berüchtigt und sie wollte immer überall dabei sein. Sandy legte ihr die Hand auf den Rücken. Die Haut des Delfins fühlte sich glatt an, wie nasses Gummi. Aber kein bisschen fischartig. Niemand, der einmal einen Delfin angefasst hatte, konnte ihn je wieder mit einem Fisch verwechseln – zu deutlich spürte man, dass man es mit einem warmblütigen Säugetier zu tun hatte.

»Wieso habt ihr eigentlich nur mich in den Freiwasser-Club aufgenommen?«, fragte Sandy und zog die Basecap tiefer in die Stirn, damit die tropische Sonne sie nicht so blendete. Entspannt beobachtete sie Caruso, die mit Thorin in der Lagune herumtobte und dann nach draußen schwamm. Thorin war der geborene Akrobat, er nahm nie die Schleuse, sondern segelte immer mit einem gewaltigen Sprung über den Dammweg ins Meer. »Wieso darf keiner von den anderen mitmachen?«

»Ja, das würde mich auch interessieren«, sagte eine vertraute Stimme mit australischem Akzent. Sharky lehnte lässig am Eingang des Fluthauses. Anstelle von Badeshorts trug er wie immer eine Cargohose; seine blonden Dreadlocks hatte er hinten zusammengebunden. Neben ihm ließ sich Nelson, sein Partner, im Wasser treiben und sondierte mit einer Serie von schnellen Sonar-Klicks seine Umgebung.

Sandy, Yuriko und Janine warfen sich einen schnellen Blick zu. Hatte Sharky etwa gelauscht? Dann war der Freiwasser-Club die längste Zeit ihr Geheimnis gewesen.

Yuriko ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie legte den Kopf in den Nacken, sodass ihre nachtschwarzen Haare über die Stuhllehne fluteten, und blickte frech zu Sharky hinauf. »Nicht weil wir dich und Nelson nicht mögen würden … aber bisher war der Club girls only.«

»Wartet nur, bis Thorin das hört!« Sharky grinste. »Ich glaube, er würde es übel nehmen, dass ihr ihn unter Girls einordnet.«

»Also ich bin dafür, dass Sharky mitmachen darf«, sagte Sandy. So gut sie sich mit den anderen verstand – Sharky war ihr bester Freund bei The Deep. Sie hatte ihm nicht vergessen, dass er sie mit seinen ungewöhnlichen Tipps durch die schwierige Anfangszeit mit Caruso gebracht hatte. Mehr durch Zufall hatte sie vor ein paar Wochen erfahren, dass er sie auch mochte – und mehr als das. Sie hatte es ausgerechnet erfahren, als sie sich gerade Knall auf Fall in jemand anderen verliebt hatte.

»Hm«, sagte Janine. »Vielleicht könnten wir eine Ausnahme machen, wenn er eine Aufnahmeprüfung besteht.«

»Aufnahmeprüfung?« Sharky zog die Augenbrauen hoch. Nelson klatschte ungeduldig mit der Schwanzflosse aufs Wasser – wahrscheinlich wartete er darauf, dass sein Partner endlich mit ihm schwamm. Mit ein paar schnellen Gesten machte Sharky ihm klar, dass er gleich mitkommen würde.

»Ein Streich mit den Delfinen«, sagte Janine. »Irgendwas, was beweist, dass du ein würdiges Mitglied des Clubs wärst.«

»Wie, ihr seid alle würdig? Wie tief soll ich mich vor euch verbeugen?«, fragte Sharky sarkastisch und streifte sich Tauchermaske und Flossen über. Dann stieß er sich vom Boden ab und kraulte neben seinem Delfin her in die Lagune. Nelson war ein ausgewachsenes Männchen, fast drei Meter lang. Er war sehr intelligent, neue Aufgaben lernte er spielend. Er und Sharky galten als das beste Team von The Deep.

Drinnen im Fluthaus lief der Fernseher. Das war eine Angewohnheit der Amerikaner, die Sandy ein bisschen nervte – immer war dieses verdammte Ding an, auch wenn niemand hinschaute. Nicht mal die Delfine, die, wie Sandy inzwischen wusste, imstande waren, einfache Fernsehbilder zu interpretieren.

Erst als Nachrichten kamen, wandten Sandy, Yuriko und Janine ihre Aufmerksamkeit dem Bildschirm zu. Doch das Schwappen der Wellen an den Wänden, als Sharky wieder aus dem Wasser stieg, und Nelsons Pfeifen hallten so laut im großen Raum des Fluthauses, dass es den Ansager übertönte. »Könntet ihr vielleicht ein bisschen leiser sein?«, beschwerte sich Janine.

Auf dem Fernsehschirm wurde gerade das Standbild eines Schiffs gezeigt. »Seit gestern wird die Princess vermisst, ein Frachter mit Ziel Mexiko – sie ist ohne Spur verschwunden«, berichtete der Nachrichtensprecher. »Das Wetter war, wie die Küstenwache erklärt, nicht einmal besonders rau. Trotz der Suchflüge gibt es bisher keinen Hinweis darauf, was mit dem Schiff geschehen ist. Es scheint, als hätte das berüchtigte Bermudadreieck – schon viele Male Schauplatz von mysteriösen Schiffs- und Flugzeug-Unglücken – wieder ein Opfer gefordert. Die Suche dauert an.«

»Dieses verdammte Bermudadreieck«, sagte Sharky und rubbelte sich die Haare mit einem Handtuch trocken. »Mir ist manchmal gar nicht wohl dabei, dass das Ding hier ganz in der Nähe ist.«

Sandy bekam eine Gänsehaut. Das hatte sie nicht gewusst. »Wo liegt es denn genau?«

»Seine Eckpunkte sind die Bermudainseln, Miami und der Westen von Puerto Rico«, erklärte Sharky. »Diese Gegend ist schon seit Jahrhunderten bei Seefahrern verrufen. Und seit dem Zweiten Weltkrieg sind dort mehr als hundertfünfzig Jachten, Kutter, Kriegsschiffe, Flugzeuge, sogar eine ganze Bomberstaffel spurlos verschwunden.«

»Oje!«

»Und das Komische ist: Manche Schiffe haben per Funk vorher Routinemeldungen durchgegeben und waren dann einfach weg. Andere haben von seltsamen Phänomenen berichtet – ihre Bordelektronik hat plötzlich gesponnen, sie haben leuchtende Nebel gesehen …«

»He, Sharky, bleib auf dem Teppich«, lachte Janine. »Als Nächstes behauptest du noch, die Leute sind von irgendwelchen Außerirdischen gekidnappt worden.«

Sandy musste lächeln. Bei The Deep wusste jeder, dass Sharky eine Schwäche für übernatürliche Phänomene und Astrologie hatte. Außerdem liebäugelte er schon seit Jahren damit, zum Zen-Buddhismus überzutreten. Sandy hatte ihn einmal dabei ertappt, wie er bei Vollmond draußen auf dem Anlegesteg meditierte.

»Ich würde schon gerne wissen, warum man von diesen Schiffen nie Wrackteile gefunden hat, keine Toten oder Überlebenden«, schoss Sharky zurück. »Hältst du das etwa für normal?«

»Gibt es nicht irgendeine wissenschaftliche Erklärung dafür?« Yuriko runzelte die Stirn. »Ich meine, ich hätte mal was darüber gelesen …«

»Methangasblasen, die plötzlich vom Meeresboden hochsteigen und die Schiffe runterziehen«, sagte Sharky. »Aber das ist Bullshit. Wie soll so was denn ein Flugzeug vom Himmel holen? Und es gibt einige Piloten, die erzählt haben, dass ihr Kompass in diesem Gebiet verrücktgespielt hat. Das kann nichts mit Gas zu tun haben.«

Sandy wusste nicht so recht, was sie von der ganzen Sache halten sollte. Aber sie vergaß das Bermudadreieck sowieso schnell wieder, weil Yuriko jetzt mit einem charmanten Lächeln einen anderen Ton anschlug: »Kann es sein, dass du ablenken willst, Sharky? Was ist jetzt mit der Prüfung?«

»Geht klar. Morgen Mittag im Hafen«, sagte Sharky und watete mit Nelson davon.

Wiedersehen mit Ramón

Normalerweise war Sharky nicht gerade pünktlich. Doch heute überraschte er sie. »Da ist er!«, sagte Yuriko und schaute auf die Uhr. »Wow, genau zwölf.« Tatsächlich, Sharky tuckerte mit einem der schwarz-grünen motorisierten Schlauchboote von The Deep durchs Wasser und betrachtete die im Hafen vertäuten Schiffe kritisch. Sein Partner Nelson war nirgends in Sicht.

Schließlich hatte Sharky ein Schiff ausgewählt, das ihm zusagte. Es war ein gutes Stück größer als die Jachten, die Bordwand ragte mehrere Meter hoch über dem Pier auf. An der Reling des Hecks lehnte ein junger Mann mit Sonnenbrille und trank aus einer Colabüchse.

»Hallo!«, rief Sharky zu ihm hoch, während Sandy und die anderen unauffällig heranschlenderten.

»Ist was?« Der junge Mann schaute zu ihm herunter.

»Lust auf eine Wette?«

Dem Matrosen schien langweilig zu sein. Er dachte einen Moment nach, trank seine Coladose leer und sagte dann: »Worum geht’s?«

»Ich wette mit dir um zehn Dollar, dass ich innerhalb von einer Minute deine Sonnenbrille in der Hand habe. Ohne dass ich an Bord komme.«

Der Mann lachte. »Okay, leg los. Wenn du unbedingt deine Kohle loswerden willst.«

»Gut. Ich würde dir allerdings empfehlen, die Brille abzunehmen … und dich jetzt nicht zu bewegen …«

Kaum hielt der Matrose seine Sonnenbrille in der Hand, da schoss ein grauer Blitz auf das Schiff zu. Wassertropfen strömten vom Körper des Delfins, als er sich hoch in die Luft katapultierte. Sandy hielt den Atem an. Der Matrose war so verblüfft, dass er sich tatsächlich nicht bewegte. Präzise und behutsam, schlossen sich Nelsons Kiefer um die Sonnenbrille. Mit einem Platsch ließ er sich zurückfallen, brachte Sharky die Beute und holte sich dafür sein verdientes Lob.

Sandy, Janine und Yuriko applaudierten. »Nicht schlecht, das waren mindestens fünf Meter«, sagte Yuriko beeindruckt.

»Wenn die Brille kaputt ist, kannst du dich auf was gefasst machen«, schrie der Matrose. Sharky drehte die Brille in der Hand. »Kein Kratzer. Kannst sie dir zurückholen – und bring gleich die zehn Dollar mit!«

Sie schlenderten zu Sharky hinüber, um ihm zu gratulieren.

»Wann hast du Nelson den Trick beigebracht?«, fragte Sandy. »In der Lagune hast du ihn nie Sprünge machen lassen!«

»Bei meinem letzten Einsatz, immer mal wieder zwischendurch«, erklärte Sharky vergnügt. »Eigentlich habe ich ihn darauf trainiert, mir die Brille abzunehmen. Aber ab drei Meter Höhe wurde mir das zu riskant – ich hatte keine Lust, ein Auge zu verlieren, nur weil Nelson mal einen schlechten Tag hat.«

»Jedenfalls bist du hiermit einstimmig in den Freiwasser-Club aufgenommen«, verkündete Yuriko und klopfte ihm auf die Schulter. Sandy freute sich für ihren Freund. Sie grinste ihm zu und Sharky grinste zurück. Seine blauen Augen konnten ganz warm schauen, wie gerade jetzt. Verlegen sah Sandy weg.

Schon waren mal wieder Schaulustige auf den Delfin aufmerksam geworden und strömten neugierig zusammen. Die Leute von The Deep machten sich aus dem Staub – auf Menschenmassen hatten sie keine Lust.

Vor dem Nachmittagstraining hatte Sandy gemeinsam mit Sharky Fisch-Dienst. Die Heringe für die Delfine waren inzwischen aufgetaut, nun mussten sie kontrolliert und zum Verfüttern bereit gemacht werden. Schon nach ein paar Minuten waren ihre Hände von winzigen, durchsichtigen Fischschuppen verklebt.

»Wahrscheinlich ist es blöd, aber manchmal habe ich immer noch Angst, dass Caruso einfach ins Meer schwimmt und nicht mehr wiederkommt«, gestand Sandy, während sie die einzelnen Portionen abwog und in Eimer füllte. Ein ausgewachsener Großer Tümmler fraß sieben bis acht Kilo pro Tag; Caruso bekam etwas weniger, damit sie nicht verlernte selbst zu jagen.

»Die Angst musst du loswerden – sonst spürt Caruso, dass du bei der Arbeit im Meer verkrampft bist«, sagte Sharky. »Du weißt ja, wie stark die Delfine Stimmungen von uns aufnehmen.«

Sandy nickte. »Wie lange hast du gebraucht, bis du das mit der Angst in den Griff bekommen hast?«

»Verdammt lange. Ein Jahr, mindestens. Vor allem, weil ich mitbekommen habe, wie Domino abgehauen ist, Alans damaliger Partner. Aber inzwischen sind Nelson und ich so gut befreundet, ich kann’s mir nicht mehr vorstellen, dass er einfach verschwindet.« Geschickt schob Sharky einem der Heringe eine Vitamintablette hinter die Kiemen. »Vor einem Jahr haben wir diskutiert, ob wir die Delfine irgendwie markieren sollen, es gibt inzwischen ja sogar Chips, mit denen man sie orten kann. Aber wir haben uns dagegen entschieden.«

»Wieso?«

»Wie fändest du es, wenn man dir einen Chip unter die Haut schießen würde?«

»Ziemlich uncool.«

»Eben.«

Ein schneller Blick auf die Uhr: Es war Zeit fürs Training. Diesmal brauchte Sandy den Rufknopf des Dolcoms nicht – Caruso wartete schon in der Lagune auf sie. Sandy vergaß die Welt um sich herum, als sie auf ihre Partnerin zuschwamm und Seite an Seite mit ihr abtauchte. Caruso O. k.? fragte Sandy mit den Händen. Caruso ruckte kurz mit dem Kopf und blickte sie aus dunklen Augen aufmerksam an. Sie war guter Laune heute und wartete nach jeder Übung eifrig auf die nächste Aufgabe. Den Fisch bekam sie erst zum Schluss, während des Trainings gab es als Belohnung nur Lob.

Am Abend kehrte Ruhe in der Lagune ein, die Delfine zogen still und entspannt durchs Wasser. »Ich glaube, ich gehe mal meine E-Mails checken«, sagte Sandy und watete auf die Treppe zum ersten Stock zu. Sie mochte es lieber, an dem großen Bildschirm im The-Deep-Büro zu arbeiten … Nachrichten ließen sich einfach schneller auf einer Computertastatur schreiben.

»Gute Idee«, meinte Yuriko. »Bin dabei.«

»Ich komme auch mit, ich muss noch eine Kleinigkeit programmieren«, sagte Sharky. Er war nebenbei der Computerspezialist von The Deep und sowieso oft an einem der Terminals zu finden.

Im ersten Stock des Fluthauses waren die Büros. Sandy sah, dass Janine im Akustiklabor nebenan arbeitete und Aufzeichnungen der Laute, die die Delfine in den Becken und der Lagune von sich gaben, analysierte. Greg und Sharky waren fast täglich im Labor, weil sie an dem neuen, akustischen Dolslan arbeiteten, das Caruso zurzeit lernte und das die Handzeichen ergänzte.

Sandy öffnete ihr Postfach. Drei Spams, die konnten gleich in den Papierkorb. Eine lange Nachricht von Nadja, ihrer besten Freundin, die gerade in Berlin studierte. Ein Rundbrief von einem Bekannten aus Deutschland. Und eine Mail, die ihr Herz schneller schlagen ließ.

Liebe Sandy,

hat doch etwas länger gedauert, bis sie mich aus diesem

Krankenhaus rausgelassen haben. Und die Befragungen der

Polizei haben sich auch in die Länge gezogen.

Aber jetzt bin ich zurück in Miami. Wann sehen wir uns

wieder? Hast du nächstes Wochenende Zeit?

Take care,

Ramón

Plötzlich strahlte Sandy über das ganze Gesicht. Schnell tippte sie eine Antwort.

»Na, gute Nachrichten?« Neugierig spähte Yuriko über den Rand ihres Bildschirms. »Du siehst ja aus, als hätte dir Greg gerade das Gehalt um hundert Prozent erhöht!«

»Ramón hat sich gemeldet.«

»Ahaaaa! Der Typ, den du in der Karibik aus dem Wasser gezogen hast?«

»Genau der.« Sandy hatte Ramón bei einem Auftrag mit Caruso kennengelernt – und ihm das Leben gerettet, als die Antares sie beide im offenen Meer im Stich ließ. Wenn man so etwas zusammen erlebte, dann verband einen das tiefer als Freundschaft. Vielleicht hatte es deshalb zwischen ihnen gefunkt.

»Was ist er so für ein Typ?« Yuriko konnte genauso neugierig sein wie ihr Delfin. Besonders wenn es um romantische Verwicklungen ging. »So ein echter Latin Lover?«

»Und wann seht ihr euch wieder?« Jetzt war auch noch Janine aufgetaucht.

Langsam bereute Sandy es, dass sie das mit Ramón nicht für sich behalten hatte. Sie fühlte sich wie die Hauptperson einer Daily Soap – und alle Mitarbeiter von The Deep warteten gespannt auf die nächste Folge! »Weiß ich noch nicht«, sagte sie, schaltete den Computer aus und stand auf. »Wahrscheinlich nächstes Wochenende.«

Sie wollte Sharky fragen, ob er sich in dieser Zeit um Caruso kümmern konnte, und sah sich suchend im Raum um. Doch er war weg. Er musste ohne ein Wort gegangen sein, als sie angefangen hatten, über Ramón zu reden.

Stattdessen steckte Gregory Arrowsmith, ehemaliger Professor der Meeresbiologe und Gründer von The Deep, den Kopf ins Büro. Er trug ein Hemd, auf dem schwarze Palmen und ein kitschiger Sonnenuntergang prangten. »Redet ihr von diesem Kampfschwimmer, der am Silberraub der Antares beteiligt war?«, fragte er mit gerunzelter Stirn. »Der mit den Verbrechern gemeinsame Sache gemacht hat?«

»Ja, genau der«, sagte Sandy kämpferisch. Janine und Greg sahen sich an und zogen die Augenbrauen hoch.

Greg ging zu seinem Büro zurück. Aber Sandy hörte ihn noch eine Weile mit Janine im Flur reden; die Wände des Fluthauses waren nicht allzu dick. Mit halbem Ohr hörte sie zu. »Wieso nehmen wir im Moment eigentlich nur kurze Einsätze an?«, fragte Janine. »Ich finde das ehrlich gesagt nicht sehr klug. Gerade Sandy ist ganz wild darauf, mehr Erfahrung zu sammeln – es wäre an der Zeit, sie mal wieder einen Monat lang rauszuschicken.«

Sandy horchte auf, als ihr Name fiel. Sie ließ die Finger untätig auf der Tastatur liegen und begann mit schlechtem Gewissen zu lauschen.

»Ich weiß«, sagte Greg. »Aber es könnte sein, dass wir einen großen Auftrag bekommen. Einen sehr großen. Es könnte sein, dass ich alle Teams dafür brauchen werde. Bitte sag den anderen noch nichts davon.«

»Hm, in welcher Gegend denn?«

»Alles noch topsecret. Tut mir leid, Jan.«

Sandy runzelte die Stirn. Was konnte das denn für ein seltsamer Auftrag sein? Normalerweise war nichts bei The Deep geheim. Eine Firma rief an, buchte ein Team und bekam es schnellstmöglich. Das war’s.

Doch über den Gedanken an Ramón vergaß sie die seltsame Unterhaltung schnell wieder. In dieser Nacht lag Sandy noch lange wach und starrte in die Dunkelheit. Sie hatte das Fenster offen gelassen und die frische, nach Meer und tropischen Pflanzen riechende Luft strich über ihre Arme. In der Ferne konnte Sandy das Zischeln der Wellen auf dem Strand hören, überlagert vom leisen Summen der Pumpen, die das Wasser des Nord-Beckens sauber hielten.

Wie es wohl sein würde, Ramón wiederzusehen? Wahrscheinlich erst einmal ziemlich seltsam. Sie hatten nur wenige Stunden miteinander verbracht, sich nur flüchtig kennengelernt. Und das war Wochen her. Vielleicht merke ich, dass die Verliebtheit schon wieder weg ist, wenn ich ihn wiedertreffe, dachte Sandy mit gemischten Gefühlen. Vielleicht stellen wir fest, dass wir uns gar nichts zu sagen haben. Schließlich fand ich ihn unsympathisch, als ich ihm das erste Mal begegnet bin …

Doch dann beschloss Sandy, es einfach auf sich zukommen zu lassen, und schaffte es schließlich, einzuschlafen.

Als Sandy am Samstagmorgen im Fluthaus beim Frühstück saß, trabte Janine völlig durchgeschwitzt von ihrem morgendlichen Jogging herein. Sie war in düsterer Stimmung. »Wir müssen zusammen trainieren. In der Nähe von Philadelphia ist ein Flugzeug ins Meer gestürzt, gerade hat die Luftfahrtbehörde mich und Thorin angefordert. Wir fliegen am frühen Nachmittag los, aber vorher will ich mit Thorin noch mal üben, wie man Flugzeugtrümmer sucht.«

»Klar, ich helfe dir«, versicherte Sandy. Caruso war auf Suche und Bergung spezialisiert, so wie Thorin, und zu zweit war das Training leichter. Eigentlich hatte Sandy sich in Ruhe auf den Weg nach Miami machen wollen. Aber Unterstützung abzulehnen, kam in so einem Fall natürlich nicht infrage.

Janine schien zu ahnen, was sie dachte. »Keine Panik, nach Miami schaffst du es locker in drei Stunden.«

Im Meer vor dem Gelände von The Deep hatten sie zum Üben alle möglichen Gegenstände versenkt. Darunter auch Teile einer alten Boeing. Caruso hatte schnell gelernt, mithilfe ihres Sonars – ihres Organs für Echoortung – Flugzeugteile von anderem Schrott zu unterscheiden, und war inzwischen so gut wie Thorin.

Janine und Sandy fuhren mit dem Boot raus und gaben Thorin und Caruso dann beide die Anweisung: Such Gegenstand Flugzeug. Diesmal führte Thorin sie auf Anhieb zu einem der vorbereiteten Trümmer und Janine lobte ihn überschwänglich. Caruso dagegen droppte die Signalboje an einer anderen Stelle weiter draußen.

»Hilft nichts, ich muss nachsehen gehen, was sie gefunden hat«, sagte Sandy und legte ihre Tauchausrüstung an. Sie blubberte amüsiert, als sie feststellte, dass Caruso außerhalb des Übungsfelds Reste eines echten Absturzes entdeckt hatte, der sich vor vielen Jahren ereignet haben musste. Die Metallteile waren von Korallen überwachsen.

»Wahnsinn! Wieso hat Thorin das Ding nicht gefunden?« Janine wirkte schwer beeindruckt. »Ich werde ihnen empfehlen, nächstes Mal auch Caruso anzuheuern.« Sie schaute auf die Uhr. »Verdammt, ich muss los!«

Sie brausten ans Ufer zurück. Sandy wünschte Janine viel Glück, schaute zu, wie Thorin auf Janines Signal hin auf eine Spezial-Tragbahre schwamm, und half, Bahre und Delfin in den Hubschrauber von The Deep zu verfrachten. Mark, der schlaksige, rothaarige Pilot von The Deep, dessen Partner Skipper auf Personenrettung spezialisiert war, saß schon im Cockpit. Janine kletterte ebenfalls an Bord und wenige Sekunden später begann sich der Rotor zu drehen.

Als Sandy ebenfalls auf die Uhr sah, verzog sie das Gesicht. Schon so spät! Sie gab Caruso ihre Fischration und verabschiedete sich von ihr. Caruso war anschmiegsam heute und versuchte hartnäckig, in ihre Arme zu schwimmen. Sandy lachte, legte den Arm um den prallen Körper ihres Delfins und streichelte Caruso noch ein paar Minuten den weiß-rosa Bauch. Zart geriffelt, fühlte sich die Haut dort an. »Sorry, meine Kleine. Aber ich fürchte, dieses Wochenende bin ich nicht für dich da … diesmal ist ein Mensch dran …«

Caruso pfiff und klackte enttäuscht hinter ihr her, als sie in Richtung ihres Bungalows davonging. Schnell sprang Sandy unter die Dusche und wusch sich das Salz aus den Haaren. Sie schminkte sich hastig und wühlte dabei mit dem Zeh im Berg ihrer auf dem Boden verstreuten Klamotten herum. Mist, wieso hatte sie sich nicht vorher Gedanken gemacht, was sie anziehen würde? Sie entschied sich für eine weiße Jeans und ihr Lieblings-T-Shirt, auf dem vorne in Blau und Orange ein abstraktes Design mit zwei springenden Delfinen aufgedruckt war. So, jetzt nichts wie ab!

Zum Glück hatte sie inzwischen ein eigenes Auto. Einen zehn Jahre alten roten Toyota, dessen Lack schon sehr verwittert war, der aber noch prima funktionierte. Sandy verstaute ihre Reisetasche auf dem Rücksitz, bog auf den Highway ein und suchte sich eine Radiostation, die Rockmusik spielte. Draußen zogen Hotels, Tauchschulen und Restaurants vorbei, die Wipfel der Palmen wippten im schwülwarmen Wind. Immer wieder verlief der Highway über Brücken, rechts und links erstreckte sich das türkisblaue Meer. Allmählich entspannte sich Sandy und Erinnerungen begannen, durch ihren Kopf zu wandern … Ramón im schwarzen Overall auf dem Deck der Antares … Ramón bewusstlos und blutend im Wasser, in ihrem Rettungsgriff … sein Lächeln, als sie ihn in Jamaika im Krankenhaus besucht hatte …

Auf halber Strecke ging es auf dem Highway nicht mehr weiter. Stau! Sandy trommelte mit den Fingern aufs Lenkrad. Als sie schließlich in der Gegend von Miami angekommen war, zeigte ihre Uhr schon halb sieben – um sieben hatten sie sich verabredet. Im »Reef Club« in Miami Beach, den sie erst einmal finden musste. Und ein Zimmer hatte sie auch noch nicht. Ramón hatte ihr zwar geschrieben, dass in seiner Wohnung genug Platz sei, aber Sandy war es lieber, sich am ersten Wochenende nicht zu sehr festzulegen.

Wenigstens fand sie schnell ein Zimmer. Sie buchte eins in einem der vielen Motels, die den Highway säumten, warf ihre Tasche aufs Bett und düste gleich wieder los.

Nach den Monaten im überschaubaren Key West war das Verkehrsgewühl in der Innenstadt von Miami fast zu viel für Sandy. Sie manövrierte sich mithilfe ihres Navis durch, so gut sie konnte. Scheiße, schon sieben Uhr!

Als sie um halb acht am »Reef Club« ankam und in die elegante Auffahrt einbog, lief ihr unter dem T-Shirt der Schweiß am Körper herunter. Es wurde gerade dunkel und die Palmen und tropischen Büsche vor dem Gebäude wurden von Scheinwerfern wunderschön beleuchtet. Nicht weit vom Restaurant rauschte das Meer. Als Sandy ausstieg, kam sofort ein junger Angestellter auf sie zu. »Darf ich Ihren Wagen für Sie parken?«

Verblüfft blickte Sandy ihn an. Sie hatte schon von diesem Service des »Valet Parking« gehört, aber noch in keinem Restaurant gegessen, in dem so etwas dazugehörte. »Äh, ja«, sagte Sandy und ließ ihren Autoschlüssel in seine Hand fallen. Billig wird der Abend jedenfalls nicht, dachte sie, als sie die Stufen hinaufhastete.

Wie in Amerika üblich, blieb sie am Eingang stehen, damit eine Bedienung sie an ihren Platz führen konnte. Beunruhigt spähte sie in den Innenraum des »Reef Club« und ließ den Blick über Kristallgläser, sorgfältig gefaltete Servietten, Männer in dunklen Anzügen und Damen in Abendgarderobe gleiten. Oje, dachte Sandy und blickte an sich hinab.

Ein Kellner glitt heran. Sandy kam es vor, als würde er sie mit herablassendem Blick mustern. »Kann ich Ihnen helfen, Miss?«

»Jemand wartet hier auf mich … ein Mr Cimero …«

»Bitte kommen Sie.« Der Kellner führte Sandy nach draußen, auf die große Terrasse mit Blick übers Meer. Fast jeder Tisch war besetzt und viele Augen folgten ihr, als sie sich ihren Weg quer über die Terrasse bahnte.

Sie erkannte Ramón erst, als sie direkt neben ihm stand. Er trug ein schwarzes T-Shirt und darüber ein sandfarbenes Leinenjackett. Seine glatten dunklen Haare sahen aus, als käme er direkt vom Friseur. Als er sie bemerkte, stand er auf und blickte ihr lächelnd entgegen. Sandys Herz schlug schneller.

»Da bist du ja«, sagte Ramón und sah auf sie herunter; er war einen halben Kopf größer als sie. »Ich dachte schon, du hättest mich versetzt …«

Verlegen standen sie voreinander, wussten nicht, wie sie sich begrüßen sollten. Schließlich umarmten sie sich einen Moment lang.

»Du hättest mich warnen können, dass der Reef Club so ein Nobelschuppen ist«, sagte Sandy und ließ sich auf den Stuhl ihm gegenüber gleiten.

Ramón lächelte. »Na ja, immerhin hast du mir das Leben gerettet. Es war doch klar, dass ich dich nicht gerade zu McDonald’s einladen würde.«

Sandy nahm sich einen Moment Zeit, sein klares, eigenwilliges Gesicht zu mustern. Im Schein der Kerzen sah er gut aus – und sehr fremd. Wie ein Geschäftsmann, dachte Sandy und fühlte sich plötzlich noch unsicherer. Dabei war er Profitaucher und ein ehemaliges Mitglied der Navy SEALs, einer Eliteeinheit der amerikanischen Marine.

»Äh, und, geht’s dir gut?«, fragte Sandy. »Seit wann bist du wieder hier?«

»Seit letzter Woche«, sagte Ramón und nahm einen Schluck von seinem Whisky. »Meine Schulter ist prima verheilt, gestern war ich schon wieder beim Basketballtraining. Und du? Wie läuft’s bei dir?«

»Ach, ganz gut – im Moment ist es bei uns recht ruhig. Alan und sein Partner sind zurzeit weg und heute ist Janine für ein paar Tage abgedüst. Aber alle anderen sind gerade in Key West.«

»Wie macht sich Caruso?«

Sandy erzählte von ihrem Training heute und dem Flugzeugwrack. Dann redeten sie noch eine Weile über Miami. Doch Sandy schaffte es nicht, sich zu entspannen. Als der Kellner eine goldgeprägte Speisekarte brachte, konnte sie sich kaum darauf konzentrieren. Schade – ich glaube, der Zauber ist weg, ging es ihr durch den Kopf. Das funktioniert nicht mit uns …

Doch dann blickte sie auf und sah, dass Ramón sie beobachtete. Ganz ruhig sah er sie an und in seinen Augenwinkeln war ein winziges Lächeln. Ihre Blicke trafen sich und hielten sich fest.

»Lass uns gehen«, sagte Sandy spontan. »Irgendwo anders hin.«

Ramón fragte nicht. Er nickte nur. Er legte die Speisekarte wieder hin, ließ einen Zehn-Dollar-Schein auf dem Tisch und stand auf. »Von hier aus können wir runter zum Strand.«

Sie zogen sich die Schuhe aus, krempelten ihre Hosen hoch und schlenderten in der Dunkelheit über den Sand. Ab und zu spülte eine Welle über Sandys Zehen. Schweigend gingen sie nebeneinanderher, aber es war kein gespanntes Schweigen, sondern eins, in dem Sandy langsam zur Ruhe kam.

»Ich hätte Jack mitnehmen sollen«, sagte Ramón schließlich. »Das hier hätte ihm gefallen.«

Sandy lachte. »Wer ist Jack?«

»Eine sehr eigenwillige Mischung aus Neufundländer und irgendeiner Art von Terrier. Ich habe ihn vor zwei Jahren aus dem Tierheim geholt.«

»Einfach so?«

»Ich glaube, ich brauchte ein bisschen Gesellschaft. Damals hatte ich eine schwierige Phase – ich hatte gerade bei den SEALs aufgehört und mit meiner Freundin war auch Schluss.«

»Solche Phasen kenne ich«, sagte Sandy und seufzte. »Vor einem Dreivierteljahr musste ich mich entscheiden, ob ich meine Banklehre in Deutschland abbreche und meinen Freund aufgebe, um bei The Deep anzufangen … das war übel. Zum Glück haben mich die Delfine abgelenkt.«

»Klingt mutig. Gefällt dir dein Leben, wie es jetzt ist?«

»Ja«, sagte Sandy und sie meinte es aus ganzem Herzen. »Und was ist mit dir?« Sie wusste, dass er als Taucher und Berater für schwierige und gefährliche Aufträge arbeitete, aber nicht viel mehr.

»Geht so. Bisher habe ich es nicht geschafft, ein neues Ziel zu finden. Deshalb lebe ich im Moment einfach von Auftrag zu Auftrag. Was nicht immer gut ist. Ich glaube, die Antares war eine Warnung, von Sachen die Finger zu lassen, die einfach nicht gut ausgehen können.«

Sandy nickte. Sie hatte verstanden, was er ihr damit sagen wollte – dass er in Zukunft keine illegalen Jobs mehr übernehmen würde. »Was war denn vorher dein Ziel?«