Denken wie ein Shaolin - Bernhard Moestl - E-Book + Hörbuch

Denken wie ein Shaolin Hörbuch

Bernhard Moestl

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Beschreibung

Gefühle durchschauen und Kontrolle erlangen: Erfolgreiche Denkstrategien für Alltagsleben und Business vom Bestseller-Autor und Business-Coach Bernhard Moestl: Anhand von sieben Schritten weist Bernhard Moestl in seinem Erfolgsbuch "Denken wie ein Shaolin" all jenen einen Weg zu emotionaler Selbstbestimmung, die gern Kontrolle über ihr Leben hätten, die Gefühle wie Angst oder Frust aus ihrem Alltag verbannen möchten und darüber hinaus emotionale Manipulationen erkennen und angemessen reagieren wollen. Denn in unserem Leben sind Auseinandersetzungen an der Tagesordnung. Wir nennen sie nicht mehr Kampf, aber auch wir sind gezwungen, uns durchzusetzen und unsere Position klar zu vertreten. Dazu brauchen wir eine eigene Meinung, müssen unsere innere Haltung zeigen. Gleichzeitig sehnen wir uns nach Ruhe von der Anspannung. Dabei stehen uns Gefühle im Weg und alte Gewohnheiten. Oder wir werden durch Dritte beeinflusst und manipuliert. Dann versuchen wir oft, einfach auszuweichen. Bernhard Moestl kennt die sieben Schritte, die uns herausführen aus gefühlsmäßigen Verstrickungen und uns ein ruhiges Denken ermöglichen. Durch einfach nachvollziehbare Beispiel und Lernschritte zeigt er auf, wie fernöstliche Weisheit auch uns Klarheit schafft in unserem modernen Alltag. Ein Buch fürs Selbstcoaching: Gut nachvollziehbare Lernschritte führen zu Selbstfindung und ermöglichen eine erfolgreiche Lebensführung für jeden - im häuslichen Alltag wie im Business. THINK LIKE AN ASIAN - Die sieben Prinzipien emotionaler Selbstbestimmung gelten auch im heutigen Alltag: Der Bestsellerautor Bernhard Moestl zeigt in diesem attraktiv zweifarbig gestalteten Buch, wie wir unser Denken von emotionalem Druck befreien und auch in unserer Zeit siegen lernen – mit den Mitteln der Shaolin. Im unabhängig lesbaren Folgeband "Handeln wie ein Shaolin" führt er aus, wie Handlungsmodelle der Shaolin auch heute Alltagsblockaden auflösen und Veränderungen ermöglichen für ein angstfreies und selbstbestimmtes Leben, denn es gilt genauso die Formel: DO IT THE ASIAN WAY.

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Zeit:4 Std. 2 min

Sprecher:Karsten Kramer
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Bernhard Moestl

Denken wie ein Shaolin

Die sieben Prinzipien emotionaler Selbstbestimmung

Knaur e-books

Über dieses Buch

Das Denken befreien, Kontrolle erlangen

Wie gern hätten wir unser Leben im Griff und fühlen uns doch beherrscht von unseren Gefühlen. Wir sind ängstlich, wo wir gerne mutig wären oder für uns einstehen könnten – im beruflichen Alltag wie auch in der Familie.

Wie aber reagiert man richtig auf Manipulationen? Wie löst man sich aus der Verstrickung in Gefühle?

Inhaltsübersicht

WidmungEinleitungWie dieses Buch funktioniert, und wie Sie daraus den größten Nutzen ziehen1 Das Prinzip der AusgeglichenheitLerne zu verhindern, dass dein Gegner dich mit deiner eigenen Kraft besiegtÜbungen2 Das Prinzip der AbgrenzungLerne, deine Handlungen von denen deiner Gegner zu trennenÜbungen3 Das Prinzip der ErwartungslosigkeitLerne, dein Tun von Erwartungen zu befreienÜbungen4 Das Prinzip des Nicht-TunsLerne, dass Nicht-Tun Angriff und Verteidigung in einem istÜbungen5 Das Prinzip der StandhaftigkeitLerne, ausschließlich nach deinen Überzeugungen zu handelnÜbungen6 Das Prinzip der GegenwehrLerne, Kämpfe zu beenden, bevor sie begonnen habenÜbungen7 Das Prinzip der SelbstbeherrschungLerne, deine Gefühle nur selbst zu kontrollierenÜbungenEpilogDanksagungWem ich danke sagen möchte
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Für Irene,

die mich gelehrt hat, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden

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Wenn du es verstehst, sind die Dinge so, wie sie sind.

Wenn du es nicht verstehst, sind die Dinge so, wie sie sind.

(Aus China)

Einleitung

Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft.

(Sunzi)

Wie dieses Buch funktioniert, und wie Sie daraus den größten Nutzen ziehen

Herzlich willkommen. Schön, dass Sie da sind. Schön auch, dass Sie lernen möchten zu denken wie jene Menschen, die mein Leben in den letzten zwanzig Jahren sehr nachhaltig beeinflusst haben: die Mönche des legendären Klosters Shaolin. Erlauben Sie mir bitte zu Beginn ein offenes Wort. Mir geht es in diesem Buch nicht darum, Ihnen die tieferen, für einen westlich erzogenen Menschen durchaus komplexen Zusammenhänge des Zen-Buddhismus nahezubringen. Dafür gibt es erstens Berufenere, und zweitens würden Ihnen diese Erkenntnisse in einem Alltag außerhalb der Klostermauern relativ wenig helfen. Ich möchte mit Ihnen vielmehr über ein Thema nachdenken, das den Verlauf unseres Lebens mehr bestimmt als irgendetwas sonst: unsere Emotionen. Wer in Shaolin die Künste des Kampfes und des kampflosen Sieges erlernen möchte, muss zuvor seinen Meister davon überzeugen, dass er auch lernen möchte, selbstbestimmt mit seinen Gefühlen umzugehen.

Schon vor langer Zeit hat man in Shaolin erkannt, dass derjenige, der seine Emotionen nicht kontrollieren kann, bereits verloren hat, bevor er noch verstanden hat, worum es in einem Kampf überhaupt geht. Sobald wir nämlich nicht mehr Herr unserer Sinne sind, sind wir nicht in der Lage, nach unseren eigenen Vorstellungen zu handeln, sondern reagieren nur noch auf die Aktionen unseres Gegners, der uns dann häufig dazu bringt, in seinem Sinn zu agieren.

Über die Frage, in welcher Weise Emotionen uns zu unserem Nachteil beeinflussen und was wir dagegen tun können, werden wir im Laufe der folgenden Kapitel ebenso sprechen wie über die Tatsache, dass sie uns oft gegen unser besseres Wissen handeln lassen. Das ist ganz nebenbei bemerkt auch der Grund, warum ich immer wieder betone, dass Emotion und Intuition sich nicht wie oft angenommen bedingen, sondern ganz im Gegenteil gegenseitig ausschließen. Entweder hören wir auf das, was unser Bauch uns empfiehlt, oder wir befolgen blind und uneinsichtig die Befehle unserer Emotion. Sobald wir gefühlsmäßig in eine Situation verstrickt sind, verlieren wir die Fähigkeit, frei zu entscheiden.

Dieser Umstand ist mir das erste Mal so richtig bewusst geworden, als immer mehr Verkäufer von Obdachlosenzeitschriften ihren Standort vor die Eingänge von Supermärkten verlegten. Ob zu Recht oder zu Unrecht – ich hatte immer irgendwie das Gefühl, man wollte mir ein schlechtes Gewissen machen, indem man mir zeigte, dass ich mir all die Einkäufe leisten konnte, der Obdachlose hingegen nicht. Obwohl ich Bettlern, die mich freundlich fragen, durchaus immer etwas gebe, hielt mich in diesem Fall mein Ärger davon ab. Falls Sie wissen möchten, wo hier das Problem liegt: Ich entschied mich nicht aus freiem Willen dazu, nichts zu geben, sondern alleine als Reaktion auf das Verhalten eines anderen Menschen! Auch wenn dieser sich im konkreten Fall damit selbst schadete, war es ihm doch gelungen, über meine Gefühle mein Verhalten zu beeinflussen!

Leider greift dieser Mechanismus, wie wir noch sehen werden, häufiger, als den meisten bewusst ist.

Gefühle schöpfen ihre große zerstörerische Kraft aus der Tatsache, dass sie uns zu Handlungen verleiten, die wir bereits im Moment der Ausführung als falsch erkennen. Haben Sie sich beispielsweise schon einmal überlegt, wie sehr es uns schwächt, wenn wir mit etwas leben müssen, das wir in einem emotionalen Zustand gesagt oder getan haben? Wenn Sie auf Ihr Leben zurückschauen: Über wie viele Momente sind Sie heute noch glücklich, in denen Sie aus einer Emotion heraus gehandelt haben?

In Shaolin sagt man: Aus einer Emotion heraus handeln ist, wie wenn man sich auf einem rutschigen Boden gegen jemanden verteidigen muss, der selbst auf dem Trockenen steht.

Auch wenn es nun in vielen Fällen nicht möglich ist, das Entstehen von Emotionen zu unterdrücken, können wir mit etwas Übung dennoch verhindern, dass diese die Kontrolle über unser Handeln und unser Wohlbefinden übernehmen. Das geht natürlich nicht von einem Moment auf den anderen und erledigt sich auch nicht alleine durch die Lektüre eines Buches. Vielmehr benötigt jede Veränderung Ihre aktive Mithilfe, um die ich Sie an dieser Stelle ersuche.

 

Bitte besorgen Sie sich ein kleines Heft und beschriften es groß mit Ihrem Namen. Vielleicht finden Sie auch einen schönen Umschlag, oder es gefällt Ihnen genau so, wie es ist. Gerne können Sie auch das Schriftzeichen vom Buchumschlag daruntermalen, das die Verbindung zwischen Gedanken und Gefühlen in der Vorstellung der Chinesen sehr schön verdeutlicht. Das »xiang« gesprochene Wort bedeutet einerseits »denken«, gleichzeitig aber auch »glauben«, »wünschen« oder »wollen«. Wichtig ist mir, dass möglichst niemand außer Ihnen Zugriff auf das Heft hat, das bald sehr persönliche Dinge von Ihnen wissen wird. Immer wieder werde ich Sie nämlich von nun an auffordern, Ihre Gedanken, Gefühle sowie die Antworten auf meine Fragen dort einzutragen.

Möglicherweise überlegen Sie gerade, dass auch moderne Mobiltelefone heute eine wunderbare Notizfunktion mitbringen. Kaufen Sie bitte trotzdem ein Heft, und gönnen Sie sich die Zeit, einmal wieder etwas mit der Hand zu schreiben. Wann immer Sie sehen möchten, wie die Arbeit mit diesem Buch Ihre Ansichten verändert hat, öffnen Sie Ihr Heft und lesen nach. Neben den sehr bald veränderten Reaktionen Ihrer Umwelt wird es Ihnen immer eine erfreuliche Dokumentation Ihres Fortschritts sein!

Im Laufe des Buches werde ich Sie an verschiedenen Stellen bitten, sich vor dem Weiterlesen Zeit für die Beantwortung einiger Fragen zu nehmen. In Ihrem eigenen Interesse ersuche ich Sie, das Lesen jeweils an der entsprechenden Stelle zu unterbrechen, bis Sie eine Antwort gefunden und, wo gefordert, auch festgehalten haben. Mein Ziel ist es, Sie ein Gefühl dafür entwickeln zu lassen, wie Sie in der einen oder anderen Situation tatsächlich reagieren. Andernfalls bringen Sie sich um den Überraschungseffekt und die Möglichkeit, Ihr eigenes Verhalten ehrlich gespiegelt zu bekommen.

Beantworten Sie die Fragen und auch die Übungen am Ende jedes Kapitels bitte ehrlich, und geben Sie nicht gleich die Antworten, die Sie vielleicht selbst gerne hören wollen.

Wie auch in meinen anderen Büchern habe ich die Überschriften der Kapitel und auch sonst bewusst plakativ formuliert, damit keine Missverständnisse aufkommen können. Verstehen Sie aber bitte weder diese Sätze noch sonst irgendetwas, was ich in diesem Buch schreibe, als festgefügte Regeln, sondern betrachten Sie es vielmehr als Anregungen, sich mit Ihrem ganz persönlichen Umgang mit Ihren Gefühlen auseinanderzusetzen.

Ich lade Sie nun ein, mit mir auf eine Reise zu gehen, die Sie sehr nahe an Ihre Emotionen sowie deren Verursacher und Auslöser heranbringen wird. Am Ende werden nicht mehr andere, sondern alleine Sie selbst über Ihre Gefühle und Ihr persönliches Wohlbefinden gebieten.

Sind Sie bereit? Dann lassen Sie uns gehen.

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Wo dein Geist ist, dorthin wird dein Körper folgen.

(Aus Shaolin)

1Das Prinzip der Ausgeglichenheit

Die höchste Stufe menschlicher Bildung ist die vollkommene Ausgeglichenheit der Seele. (Konfuzius)

Lerne zu verhindern, dass dein Gegner dich mit deiner eigenen Kraft besiegt

Bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts bewahrten die Kampfmönche des chinesischen Klosters Shaolin eine alte Tradition. Wer die etwa 15-jährige Ausbildungszeit beendet hatte, musste sich noch einer Abschlussprüfung unterziehen, um den Titel eines Meisters zu erlangen. Doch anders als man erwarten würde, begann diese Prüfung keineswegs mit einer Demonstration von kämpferischen Fähigkeiten. Am Beginn des Examens stand vielmehr eine Prüfung, die den bezeichnenden Namen »Kammer der Freude und der Trauer« trug. Der Prüfling musste sich vor dem Vorsteher des Klosters und mehreren besonders ehrwürdigen Mönchen aufstellen und erhielt kurz Zeit, um die eigene Mitte zu finden. Dann erzählten ihm die Kommissionsmitglieder nacheinander verschiedene lustige und traurige Geschichten. Zeigte der Kandidat dabei irgendeine Emotion, war er durchgefallen, und die Prüfung galt als beendet. Nur wer durch alle Anekdoten und herzzerreißenden Erzählungen hinweg ungerührt geblieben war, hatte das Recht, die »Kammer der Macht« zu betreten, wo nun die körperlichen Möglichkeiten geprüft wurden.

Als ich das erste Mal von dieser Prüfung hörte, fand ich vor allem interessant, dass man auch in Shaolin der Kontrolle über die eigenen Emotionen einen viel höheren Stellenwert einräumte als der noch so perfekten Beherrschung der Kampfkunst. Ich fühlte mich bestätigt. Doch wo immer ich davon erzähle, werde ich gefragt, ob ich Emotionen denn aus Prinzip ablehne. Nun scheint mir »ablehnen« in diesem Zusammenhang kein geeignetes Wort zu sein. Zu sehr steckt in diesem »ablehnen« etwas von »innerlich bekämpfen«, was ja wiederum nichts anderes bedeutet als Emotion. Außerdem macht es meiner Ansicht nach grundsätzlich nicht viel Sinn, etwas abzulehnen, das ohnehin existiert. Dennoch bin ich sehr wohl der Meinung, dass zu heftige Emotionen uns schaden können. Oder wundern Sie sich ernsthaft, wenn Sie erfahren, dass ein für seine gewaltigen Zornausbrüche gefürchteter Bekannter bereits in jungen Jahren einem Herzinfarkt erlegen ist? Nehmen Sie bitte Ihr Heft zur Hand, und schreiben Sie groß auf die erste Seite die fünf wichtigsten Vorteile, die Ihrer Meinung nach die Herrschaft über die eigenen Gefühle bringt.

Durchaus interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Natur mit Emotionen etwas geschaffen hat, das eigentlich ihrem ständigen Bestreben nach Ausgleich widerspricht. Diesen versucht sie dadurch herbeizuführen, dass sie auf jedes Extrem umgehend mit dem unmittelbaren Gegenteil reagiert. So folgt jedem Hoch, das wir in einer Emotion durchaus empfinden mögen, auch ein ausgleichendes Tief. So gut es also auch tun mag, sich endlich einmal seinen Ärger von der Seele zu schreien, so groß ist der Jammer, wenn man beginnt zu begreifen, was man damit angerichtet hat.

Ich vergleiche Emotionen gerne mit Alkohol. Auch dieser ist an sich weder gut noch schlecht. In vernünftigen Dosen genossen, ist er sogar durchaus in der Lage, einen gesunden Körper noch länger gesund zu erhalten. Dennoch gibt es Situationen, in denen er nichts zu suchen hat.

Denken Sie nur an einen Shaolin-Mönch, der vor einem schwierigen Kampf steht. Von seiner Fähigkeit, jederzeit klar und unbeeinflusst Entscheidungen treffen zu können, hängt womöglich sein Leben ab. Würden Sie ihm tatsächlich empfehlen, sich vor dieser Auseinandersetzung Mut anzutrinken?

Wohl kaum. Aber warum raten Sie ihm ab? Ich nehme an, Sie tun es, weil augenfällig ist, dass Alkohol in gefährlicher Weise den Verstand und damit das Urteilsvermögen benebelt. Denken Sie jetzt an sich selbst. Würden Sie sich wirklich betrinken, wenn Sie gleich darauf eine Entscheidung treffen müssten, die Ihr gesamtes weiteres Leben beeinflusste? Oder wenn Sie festlegen sollten, wem Sie alle Ihre Ersparnisse anvertrauen?

Ganz allgemein lässt sich Folgendes sagen:

Emotionen sind wie Alkohol immer dort fehl am Platz, wo sie unsere Entscheidungsfähigkeit beeinflussen.

Wo diese gefragt ist, tritt man am besten an wie ein Kandidat zur Shaolin-Abschlussprüfung: ruhig, ausgeglichen und in der eigenen Mitte.

Nun haben wir gegenüber den alten Kampfmönchen einen gewissen Nachteil. Wir leben nicht mehr abgeschieden hinter schützenden Klostermauern, die wir ab und an ausgeruht für einen Kampf verlassen. Vielmehr umgibt uns ständig eine Welt voller Unruhe, Hektik und täglicher Herausforderungen, deren einziger Zweck darin zu bestehen scheint, uns das Leben schwer zu machen. Ereignisse, die uns emotional aus der Fassung bringen, scheinen schon fast an der Tagesordnung.

Gleichzeitig hängt aber die Frage, wie schnell wir in einen emotionalen Ausnahmezustand kommen, sehr stark davon ab, in welcher gefühlsmäßigen Ausgangslage wir uns befinden.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie stellen einen Topf mit Wasser auf den Herd. Wie lange wird es dauern, bis das Wasser siedet? Kam es bereits heiß genug aus der Wasserleitung, so reichen durchaus wenige Sekunden, um es zum Kochen zu bringen! Das Gleiche gilt für Ihren Kopf. So braucht es einerseits eine durchaus große Kraftanstrengung, um einen in sich ruhenden Menschen zornig zu machen. Doch je höher das vorhandene Stresslevel, desto rascher verliert der andere die Kontrolle. Und umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er Fehler machen wird.

Besonders deutlich zu sehen ist das überall dort, wo ein Angreifer gezielt versucht, Sie in seinem Sinn unter Druck zu setzen. Denken Sie beispielsweise an den Kassenbereich in vielen Supermärkten. Sicher haben Sie schon bemerkt, dass die Verhältnisse dort stets beengt sind und nur wenig Platz zum Einpacken bieten. Das wird von den Betreibern gezielt so angelegt, mit der Absicht, Sie schnellstmöglich wieder aus diesem Bereich zu vertreiben. Schließlich können in der Zeit, die Sie zum Einpacken benötigen, schon drei weitere Kunden »abkassiert« werden! Und dadurch kann wiederum der Arbeitsplatz mindestens einer Kassiererin eingespart werden.

Versetzen Sie sich nun bitte in die folgende Situation: Sie stehen nach einem Großeinkauf an der Kasse. Die Waren, die mindestens drei Einkaufstüten füllen werden, liegen bezahlt auf dem Band und warten darauf, von Ihnen eingeräumt zu werden. Die Kassiererin hat sich bereits demonstrativ dem nächsten Kunden in der langen Schlange zugewendet und schiebt latent aggressiv Ihre Sachen weiter.

 

Schreiben Sie bitte auf, wie Sie sich in dieser Situation verhalten. Packen Sie mit der Ruhe des zahlenden Kunden Ihre Einkäufe in die mitgebrachten Taschen und ignorieren Sie den Stress um Sie herum einfach? Dann darf ich Ihnen gratulieren, denn dann sind Sie tatsächlich in Ihrer Mitte. Oder aber weichen Sie vielmehr vor dem geschickt aufgebauten Druck und versuchen den Kassenbereich zur Not mit unter den Arm geklemmten Waren schnellstmöglich zu verlassen?

 

Schreiben Sie bitte auch auf, warum Sie sich auf die eine oder andere Art verhalten.

Zum Schluss stellen Sie sich jetzt vor, Sie betreten nach dem Supermarkt noch ein anderes Geschäft. Dort stellen Sie beim Bezahlen fest, dass Sie in der Hektik Ihre Geldbörse an der Supermarktkasse haben liegen lassen. Ganz spontan: Welcher Gedanke geht Ihnen als erster durch den Kopf? Wem geben Sie die Schuld an der Misere? Schreiben Sie beides auf.

So Sie sich selbst als den Schuldigen sehen, da ja Sie den Fehler gemacht haben, sollte Ihnen jetzt klar sein, wie ein emotionaler Angriff funktioniert. Denn auch wenn Sie tatsächlich falsch gehandelt haben, war der Auslöser dafür das Verhalten eines anderen Menschen, der genau dies bewusst in Kauf genommen hat.

Es geht aber noch weiter. Versetzen Sie sich bitte einfach einmal in die umgekehrte Situation. Sie stehen an der zwanzigsten Stelle in der Kassenschlange und sehen, wie ganz vorne jemand völlig entspannt seine Einkäufe einsortiert. Gegen wen richtet sich nun Ihr Zorn? Gegen den Supermarktbetreiber, der die unangenehme Situation durch die bauliche Gestaltung absichtlich verursacht hat, oder gegen jenen Menschen, der diese in völliger Ruhe einfach ignoriert? Schreiben Sie es in Ihr Heft, und notieren Sie auch dazu, warum das so ist.

Ich muss jetzt wohl nicht extra ausführen, dass Ihr Ärger in der Schlange umso größer ist, je gereizter Sie ohnehin schon sind. Denn die Frage, wie leicht Sie angreifbar sind, hängt weniger von Ihrem Gegner ab als vielmehr davon, in welchem emotionalen Ausgangszustand Sie sich befinden.

Auch der stärkste Gegner wird zum leichten Opfer, wenn er die Nacht vor dem Kampf bis in den Morgen durchgezecht hat.

Emotionen haben aber noch eine weitere, oft sehr unangenehme Eigenschaft: Sie verändern unsere Wahrnehmung derart, dass sie sich gleichsam selbst verstärken.

Lassen Sie mich das zuerst einmal an einem Beispiel erklären. Auf meiner allerersten Reise nach Indien waren meine Partnerin und ich gegen Schluss der Tour schon ziemlich am Ende unserer Kräfte. Wir hatten bereits einige Reisewochen hinter uns, viele Nächte schlecht oder gar nicht geschlafen, fühlten uns von der ständigen Reizüberflutung in der damals noch unbekannten Kultur überfordert und mussten obendrein aufmerksam sein, um nicht irgendwelchen Betrügern zum Opfer zu fallen. In diesem Zustand gingen wir nun eines Abends vom Busbahnhof durch dunkle Gassen auf die Suche nach einem Hotel. Wir waren alleine auf der Straße, doch plötzlich überkam mich das unangenehme Gefühl, wir würden verfolgt. Ich drehte mich um und sah, dass hinter uns tatsächlich ein Inder ging, der immer näher zu kommen schien. Ich beschleunigte den Schritt in der stillen Hoffnung, eine Unterkunft zu finden, bevor der andere uns erreichen würde. Doch auch der ging schneller und verringerte den Abstand weiter. Innerlich bereits auf die unvermeidliche Schlägerei eingestellt, verlangsamte ich meinen Schritt. Als der Inder auf meiner Höhe war, sah ich auf einmal aus dem Augenwinkel eine Armbewegung, die auf mich wirkte, als wollte er mich attackieren. Ich zuckte zusammen und hätte um ein Haar dem armen Mann, der freundlich grüßend an uns vorbeieilte, ins Gesicht geschlagen. Und das nur, weil meine Übermüdung meine latente Angst bis zu Unkontrollierbarkeit gesteigert hatte! Wie jeder Mensch, der sich in einer emotionalen Situation befindet, hatte auch ich nur gesehen, was ich sehen wollte, und damit meine eigenen negativen Vorstellungen verstärkt.

Wie sieht das bei Ihnen aus? Nehmen auch Sie Dinge anders wahr, wenn Sie müde oder überfordert sind? Schreiben Sie bitte in Ihr Heft, wann so etwas das letzte Mal zu einer für Sie nachteiligen Situation geführt hat. Notieren Sie bitte darunter, was noch dazu beiträgt, Ihre objektive Wahrnehmung zu beeinträchtigen und Sie vom rationalen in den emotionalen Entscheidungsbereich zu führen.

Interessanterweise scheinen die gefährlichen Auswirkungen emotionaler Verstrickung ja durchaus bekannt zu sein. Woher sonst käme die durchaus ernstzunehmende Aufforderung, über schwierige Entscheidungen oder Urteile »erst einmal eine Nacht zu schlafen«?