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Die Ameisenlöwen, die Larven einer Gruppe der planipennen Neuropteren, haben schon seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der Naturbeobachter auf sich gelenkt. Die alten Naturforscher haben zahlreiche Schilderungen ihrer eigenartigen Lebensweise gegeben, welche fast stets als Musterbeispiel planmäßigen, intelligenten Handelns beschrieben wurde. Ameisenlöwen im eigentlichen Sinn des Wortes sind nur die Larven gewisser Arten und Gattungen der Gruppe — bei uns in Deutschland die Larven von Arten der Gattung Myrmeleo, während z. B. die nahe verwandten Arten der in Süddeutschland an vielen Orten vorkommenden Gattung Ascalaphus frei umherschweifend sich meist von Blattläusen ernähren, wie das ja auch viele andere Neuropterenlarven tun. Die echten Ameisenlöwen trifft man aber nur selten frei umherwandernd. In der Regel findet man sie in der Tiefe eines in feiner Erde oder Sand eingesenkten Trichters bis zu den Mandibeln eingewühlt. Die Mandibel strecken sie aus dem Sand weit klaffend hervor, bereit, jedes Insekt zwischen ihnen zu erfassen, welches den steilen Hang des Trichters mit seinem weichenden Boden herabgeglitten ist. Der Sturz der Ameisen wird häufig herbeigeführt oder befördert dadurch, daß der Ameisenlöwe Sand und Steinchen in die Höhe schleudert, welche das Opfer treffen oder es beim Herabrollen mitreißen, oft auch Partien der Trichterwand zum Herabgleiten bringen.
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Seitenzahl: 212
Veröffentlichungsjahr: 2025
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EINE BIOLOGISCHE, TIERPSYCHOLOGISCHE UND REFLEXBIOLOGISCHE UNTERSUCHUNG
VON
DR. FRANZ DOFLEIN,O. PROFESSOR DER ZOOLOGIE AN DER UNIVERSITÄT FREIBURG I./BR.
Die vorliegende Arbeit wurde schon vor einer Reihe von Jahren begonnen. Erst während der Kriegszeit kam ich dazu, sie zum vorläufigen Abschluß zu bringen. Es war nicht immer leicht, beim Donner der Geschütze der nahen Front die Beobachtungen im Freien und im Laboratorium in Ruhe durchzuführen. Um so unvergeßlicher werden mir die Zeit dieser Arbeit und die Eindrücke bleiben, die sie brachte. Meinem Verleger bin ich sehr zu Dank verpflichtet für die Bereitwilligkeit, die Arbeit in der jetzigen Zeit herauszugeben und so liberal auszustatten.
Die Durchführung der experimentellen Untersuchungen wurde mir sehr erleichtert durch neue Einrichtungen meines Instituts, welche ursprünglich zu anderen Zwecken aus einer Zuwendung der Freiburger Wissenschaftlichen Gesellschaft beschafft worden waren. Ihr sei hiermit auch öffentlich gedankt.
Freiburg i./Br. im März 1916.
Franz Doflein.
DER AMEISENLÖWE
Vorwort.
Inhaltsverzeichnis.
I. Vorkommen des Ameisenlöwen.
II. Bau des Ameisenlöwen.
a) Aeußere Morphologie.
b) Färbung und Zeichnung.
III. Das Verhalten des Ameisenlöwen in freier Natur.
IV. Das Verhalten des Ameisenlöwen unter experimentellen Bedingungen.
1. Das Totstellen.
2. Die Bereitschaftsstellung.
3. Die Umdrehreaktion.
4. Die Wanderbewegungen.
5. Das Einbohren in den Sand.
6. Der Bau der Sandtrichter.
7. Der Ameisenfang.
V. Sinnesorgane und Sinnesreaktionen des Ameisenlöwen.
1. Bau und Funktion der Augen.
2. Die Lichtsinnesreaktionen.
3. Temperatursinn und Thermotaxis.
4. Interferenz von Phototaxis und Thermotaxis.
5. Der Tastsinn und seine Organe.
6. Thigmotaxis.
7. Chemische Sinne.
VI. Die wichtigsten Reflexe des Ameisenlöwen.
VII. Die Reizbarkeit des Ameisenlöwen.
VIII. Abriß der Lebensgeschichte des Ameisenlöwen.
IX. Abschluß und Ergebnisse.
Einleitung
Die Ameisenlöwen, die Larven einer Gruppe der planipennen Neuropteren, haben schon seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der Naturbeobachter auf sich gelenkt. Die alten Naturforscher haben zahlreiche Schilderungen ihrer eigenartigen Lebensweise gegeben, welche fast stets als Musterbeispiel planmäßigen, intelligenten Handelns beschrieben wurde.
Ameisenlöwen im eigentlichen Sinn des Wortes sind nur die Larven gewisser Arten und Gattungen der Gruppe — bei uns in Deutschland die Larven von Arten der Gattung Myrmeleo, während z. B. die nahe verwandten Arten der in Süddeutschland an vielen Orten vorkommenden Gattung Ascalaphus frei umherschweifend sich meist von Blattläusen ernähren, wie das ja auch viele andere Neuropterenlarven tun.
Die echten Ameisenlöwen trifft man aber nur selten frei umherwandernd. In der Regel findet man sie in der Tiefe eines in feiner Erde oder Sand eingesenkten Trichters bis zu den Mandibeln eingewühlt. Die Mandibel strecken sie aus dem Sand weit klaffend hervor, bereit, jedes Insekt zwischen ihnen zu erfassen, welches den steilen Hang des Trichters mit seinem weichenden Boden herabgeglitten ist. Der Sturz der Ameisen wird häufig herbeigeführt oder befördert dadurch, daß der Ameisenlöwe Sand und Steinchen in die Höhe schleudert, welche das Opfer treffen oder es beim Herabrollen mitreißen, oft auch Partien der Trichterwand zum Herabgleiten bringen.
Die herabstürzende Ameise wird sofort von den zusammenklappenden Mandibeln der räuberischen Larve erfaßt und in einer eigenartigen Weise ausgesaugt, auf die wir später noch eingehen werden.
Der Bau der seltsamen Tierfalle, das Schießen nach den Opfern — das ganze Benehmen des Ameisenlöwen — macht den Eindruck einer ganz besonderen tierischen Leistung, und man glaubt, einem raffinierten Räuber gegenüberzustehen.
So ist das Tier auch meist beurteilt worden, und die zahlreichen Schilderungen in der Literatur laufen fast stets auf eine Hervorhebung der Tierintelligenz hinaus. Es ist aber sehr verwunderlich, daß ein so leicht erreichbares Objekt niemals einer genauen analytischen Untersuchung und gewissenhafter Beobachtung unterzogen wurde. Ja, unter den zahlreichen Schilderungen der Lebensweise des Ameisenlöwen scheint immer eine sich auf die andere zu stützen, und es wurde im Laufe der Zeit nicht allzuviel an kritisch beobachteten Tatsachen den alten Beschreibungen hinzugefügt.
Wie bei so vielen einheimischen Tieren, gehen die Schilderungen der Lebensweise des Ameisenlöwen meist auf die Beschreibung Rösels von Rosenhof zurück. Diese Beschreibung enthält aber neben sehr richtigen Beobachtungen einige auffällige Irrtümer; es berührt einen ganz seltsam, daß man den gewissenhaften Rösel von Rosenhof auch einmal in einigen Dingen richtigstellen muß, während er sonst so oft späteren Beobachtern gegenüber recht behalten hat.
Rösels Schilderung ist ohne weitere Kritik in die meisten Lehrbücher und in Schilderungen des Insektenlebens übergegangen; so steht sie noch in der letzten (3.) Auflage von Brehms Tierleben, wo sie ohne weiteres als richtig hingenommen wird. „Ausdauer und Schlauheit“ werden da als die wesentlichen Eigenschaften hervorgehoben, welche den Ameisenlöwen zu seinen eigenartigen Leistungen befähigen; sie sollen ihm ersetzen, was ihm „durch den Mangel anderer Naturanlagen versagt worden ist“ (Brehm).
Der Bau des Trichters wird im Anschluß an Rösel folgendermaßen geschildert: Das Tier baut unter ruckweisen, rückwärts gerichteten Bewegungen. „Es beginnt den Bau mit einem kreisförmigen Graben, dessen Größe durch seine eigene bedingt wird, und dessen Außenrand gleichzeitig den der zukünftigen Wohnung absteckt. In der Mitte steht demnach ein stumpfer Sandkegel, welchen er auf eine ebenso fördernde, wie sinnreiche Weise zu beseitigen versteht. Er wühlt sich da, wo er den ersten Kreis eben vollendete, mit dem Hinterleib in den Sand, und in einer immer enger werdenden Schraubenlinie zurückweichend, bringt er mit dem nach innen liegenden Vorderfuß den Sand auf seinen breiten, schaufelartigen Kopf und wirft ihn mit demselben so gewandt und mit solcher Gewalt über den Außenrand des ersten Grabens, daß er mindestens 5 cm weit wegfliegt. Dann und wann ruht er aus; ist er aber bei der Arbeit, so erzeugen die flinken Bewegungen einen ununterbrochenen Sandregen. Der innere Kegel nimmt mit jedem Umgang immer mehr ab, wie sich von selbst versteht, und schwindet vollständig mit der Ankunft des kleinen Minengräbers im Mittelpunkt, wo er sich mit Ausschluß der Zangen einwühlt und Platz greift. Um sich die Arbeit, welche eine bedeutende Muskelkraft in Anspruch nimmt, zu erleichtern, geht er nicht von Anfang bis zu Ende in derselben Richtung, sondern dreht sich von Zeit zu Zeit um, damit einmal das linke Bein Handlangerdienste verrichte, wenn es bisher das rechte getan hatte. Kommen gröbere Sandkörner in den Weg, was nicht ausbleibt, so werden sie einzeln aufgeladen, noch größere, welche sich nicht werfen lassen, wohl gar auf dem Rücken hinausgetragen. Man hat beobachtet, daß in dieser Hinsicht mißlungene Versuche öfter wiederholt werden, und daß erst dann, wenn sich alle Bemühungen erfolglos zeigten, ein anderer Platz in der Nachbarschaft ausgesucht wurde, um hier die Arbeit in Erwartung eines glücklicheren Erfolgs von vorn zu beginnen.“
In fast allen zusammenfassenden Darstellungen findet sich diese Schilderung nach Rösel wiederholt; neue Originaluntersuchungen des interessanten Vorgangs finden sich kaum. Nur eine Beschreibung von Redtenbacher fand ich, welche auf eigenen Beobachtungen fußt.
Redtenbachers Beobachtungen stimmen in vielen Punkten mit den meinigen überein, doch weichen sie auch in einigen nicht unwesentlichen Einzelheiten von ihnen ab. Dies ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß er die nahe verwandte Art Myrmeleo europaeus M’L. untersuchte, während mir M. formicarius L. wohl in all meinen Versuchen vorlag. In späteren Abschnitten, so besonders in demjenigen über Trichterbau, wird auf die verschiedenen Abweichungen unserer Beobachtungen im einzelnen hingewiesen werden.
Welch seltsam durcheinandergehende Anschauungen über die Handlungen des Ameisenlöwen von den verschiedenen Autoren geäußert werden, lehrt jeder Blick in die Literatur, welche allerdings mehr von Dilettanten als von sorgfältig und kritisch beobachtenden Fachleuten herrührt. Man beachte nur, wie schwer den Beobachtern einzelner Vorgänge, wenn sie ohne größeren Zusammenhang, ohne planmäßige Arbeit registriert werden, ihre Beurteilung fällt. So als Beispiel die kurzen Notizen von Chapman und Lucas in des letzteren Arbeit (1906).
Meine Beobachtungen am Ameisenlöwen weichen von der Mehrzahl der vorhandenen Beschreibungen so sehr ab, ihre Analyse ergibt zudem eine so von der herrschenden sich unterscheidende theoretische Beurteilung der physiologischen Grundlagen der Handlungen des Tieres, daß eine ausführliche Darstellung gerechtfertigt erscheint.
Seit einer Reihe von Jahren (seit 1910) beobachte ich Ameisenlöwen, experimentiere mit ihnen und beachte ihr Vorkommen. Ich habe sie auf der oberbayrischen Hochebene, in der weiteren Umgebung von München, beobachtet, erhielt sie aus Landshut a. d. Isar zugeschickt, fand sie in den bayrischen Alpen bei Garmisch. In großer Menge kommen sie an der Salzach in der Nachbarschaft von Burghausen vor. Mein wichtigstes Beobachtungs- und Versuchsmaterial stammt aber aus der Umgebung von Freiburg i. Br., wo Ameisenlöwen sowohl auf den Schwarzwaldausläufern in der Nähe der Stadt, als auch im eigentlichen Schwarzwald, wie in Kaiserstuhl und Vogesen sehr häufig sind.
Meist fand ich die Trichter der Larven an Waldrändern, auf Lichtungen, an Wegböschungen, am Rand von Hecken und Buschwerk, auch an heidekrautbewachsenen offenen Stellen. Wo Kiefernwälder gedeihen, pflegen auch für Ameisenlöwen die geeigneten Existenzbedingungen vorzuliegen.
Nie fand ich sie im tiefen Schatten des Waldes, immer ist Sonnenschein eine der notwendigen Bedingungen für ihr Vorkommen. Doch beobachtete ich sie bei uns in Deutschland nie in ganz offenem Gelände, wo sie wohl im Mittelmeergebiet und in südlichen, regenarmen Gebieten leben. Schutz vor Regen, der die Trichter zusammenschwemmen, die Erd- und Sandkörner zusammenbacken würde, ist eine notwendige Vorbedingung für ihr Vorkommen.
So finden wir denn die Trichter meist an überdachten Stellen, wo Wurzeln eines Baumes, Rasenpolster, Felsen und Steine etwas unterwühlt und beständigen atmosphärischen Einflüssen unterworfen sind. Unter solchen vorstehenden Böschungen, also vor allem an Wald- und Straßenrändern gibt es immer Stellen, welche in der Regel dem Regen unzugänglich sind und nur bei ganz schweren Regengüssen naß werden. Der Wind und das langsam durchrieselnde Wasser haben aber eine verarbeitende Wirkung auf deren Material. Es wird in feine Körner und Staub zerlegt, welche an der Böschung herabrieseln und sich da der Schwere nach anordnen, so daß oben das feinste Material liegen bleibt, während die größeren und schwereren Stücke die Böschung hinabrollen. Besonders da, wo unter dem schützenden Dach eine der Wagrechten sich annähernde Ebene feinsten Materials sich bildet und wo dessen Schicht eine gewisse Dicke erreicht, siedeln sich die Ameisenlöwen mit Vorliebe an (Abb. 1).
Abb. 1. Typischer Fundort von Ameisenlöwen: Böschung an einem sandigen Hang, von Wurzeln überdacht. Photographische Aufnahme bei Freiburg i./Br.
Dabei machen sie keinen großen Unterschied in dem Material, aus welchem ihr „Sand“ besteht. Ich fand sie ebenso im Quarzsand, wie in dem aus Tuff und Löß stammenden Staubsand des Kaiserstuhls. Auch in Humus bauen sie ihre Trichter. Es muß das Material nur hinreichend trocken sein, und aus Gründen, die wir später kennen lernen werden, müssen die einzelnen Partikel ein gewisses Gewicht besitzen. So kommen sie nicht leicht in dem feinen Kalkstaub der bayrischen Hochebene vor, wohl aber in dem grobkörnigen Kalksand des Gebirgsrandes, bevorzugen aber den aus Buntsandstein, Granit, Gneis usw. sich bildenden schweren, feinkörnigen Sand.
Nach heftigen Regengüssen findet man die Ameisenlöwen bewegungslos unter den eingestürzten Trichtern im nassen Sand. Erst wenn dieser wieder ziemlich trocken geworden ist, wird der Trichter neu gebaut.
Das Vorkommen an den charakteristischen Fundorten ist wohl zum Teil dadurch bedingt, daß die Muttertiere die Eier gleich an geeigneten Stellen ablegen werden. Meine Experimente weisen aber auch darauf hin, daß die Larven zum Trichterbau geeignete Stellen durch aktive Wanderung aufsuchen können.
Zum Verständnis der Bewegungen und der Reizreaktionen des Ameisenlöwen ist — wie aus den späteren Abschnitten dieser Untersuchung klar werden wird — eine genaue Kenntnis des Baues dieses merkwürdigen Tieres unbedingt notwendig. Die bisher vorliegenden Beschreibungen berücksichtigen die für uns wichtigen Einzelheiten kaum. Daher habe ich im Verlauf meiner Forschungen — wie es jeweils die Experimente und Beobachtungen am lebenden Tier nötig machten — viele Einzelheiten seines Baues untersucht, welche ich im nachfolgenden gemeinsam mit dem früher schon von dem Tier Bekannten darstellen will.
Abb. 2. Myrmeleo formicarius L. Ameisenlöwe, vom Rücken gesehen, in typischer Haltung, nur 2 Beinpaare sichtbar. Vergr. 10mal.Abb. 3. Kopf des Ameisenlöwen, von oben gesehen. Vergr. 60mal. A Auge. F Fühler. Md Oberkiefer. E.H dessen Endhaken. Rb Randborsten. Ä.Br Aeußere Borstenreihen. J.Br Innere Borstenreihen. Stb Stirnborsten. Bb Obere Reihe von Gelenkhaaren am Kiefergelenk. Z1–Z3 Innenzähne des Oberkiefers. Abb. 4. Kopf des Ameisenlöwen, von unten gesehen. Vergr. 60mal. A Auge. Unterkiefer (Mx) aus der Rinne (Ri) des Oberkiefers (Md) herausgeklappt. F Fühler. W Wimperreihe unter dem Auge. M Mittelstück der Unterlippe. Gl deren „Glossa“. Lt Lippentaster. L Lippenborsten. E unteres Ende der Kieferrinne.
Bei dem ruhig auf einer Unterlage mit der Bauchseite aufliegenden Ameisenlöwen — es sei hier zunächst nur von den vollkommen oder annähernd erwachsenen Individuen die Rede — sehen wir von oben auf einen ungefähr wappenschildförmigen Körper, dessen Vorderrand einen bogenförmigen Ausschnitt zeigt; von den „Schultern“ aus erweitert sich der Körperumriß noch etwas, um dann nach hinten bis zur abgerundeten Hinterleibsspitze allmählich zuzulaufen. Der Querschnitt des Körpers ist hochoval, der Leib beim gut genährten Tier hochgewölbt und prall. Den vorderen Teil des Leibes bilden die beiden großen und breiten hinteren Thorakalsegmente; der Metathorax sieht fast genau so aus, wie die an ihn sich anschließenden Segmente des Abdomens; er grenzt an den Mesothorax mit einem schwach konkaven Bogen, während seine hintere Begrenzung schwach konvex nach vorn ist. Auch der Mesothorax hat an der Rückenseite eine konkave Vorderkontur, hinter welcher eine tiefe Einbuchtung nach hinten verläuft, die von einem wulstigen Rand eingefaßt ist. Der vordere Rand des Mesothorax überwölbt das hintere Ende des Prothorax. Vor dem Hinterrand des Mesothorax bildet sich bei Längskontraktion des Körpers, wie auch auf dem Metathorax und den Abdominalgliedern ein dem Segmentrand paralleler Wulst. Ueber den eigentlichen Körperumriß ragt wie ein Hals der bedeutend schmälere Prothorax hervor (Abb. 2). Er ist nur etwa so breit wie der Kopf, hat bogenförmige Seitenränder und auf der Mitte der Rückenfläche einen Längswulst. Der hintere Teil des Prothorax kann unter die oben erwähnte Vorwölbung des Mesothorax zurückgezogen werden. Von unten sind die drei Thorakalglieder relativ glatt, abgesehen von einem Wulst in der Mittellinie und den durch die Einlenkung der Beinpaare bedingten Vertiefungen. Dazu kommen an den Seiten des Meso- und Metathorax jene „Schultern“ mit ihren Borstenbüscheln, die nachher im Zusammenhang mit dem Borstenkleid des ganzen Tieres besprochen werden sollen.
Der Hinterleib (Abb. 2) besteht aus 9 deutlich sichtbaren Ringen, welche bis zum sechsten allmählich, dann plötzlich kleiner werden. In der Richtung von vorn nach hinten sind die Hinterleibsringe untereinander etwa gleich breit. Doch sind infolge der Verlängerung der Zwischensegmenthäute zwischen je zwei der Chitinringe sogenannte Zwischensegmente eingeschoben, deren es also bei 3 Brust- und 9 Hinterleibsringen im ganzen auch 12 gibt. Jeder Ring stellt infolge seiner Wölbung einen den Körper umfassenden, wulstartigen Gürtel dar; über das ganze Abdomen verlaufen sowohl auf der Ober- wie auf der Unterseite parallel dem hochgewölbten Mittelteil je zwei Furchen von vorn nach hinten, welche meist ziemlich seicht sind und nur bei ausgehungerten Individuen sich stärker vertiefen. Sie liegen etwas näher der Rückenmitte als dem Seitenrand.
Der Kopf ist, von oben (Abb. 3) betrachtet, etwa herzförmig, da die Stirn konkav ausgeschnitten ist und sein Umriß gegen den „Hals“ zu etwas zuläuft. Gegen die Stirnbucht vertieft sich auch die Stirnfläche, während die beiden Vorderecken wulstig verdickt sind. Letztere beiden tragen die Augen und Fühler. Von unten ist der Kopf stark gewölbt, sehr glatt und glänzend (Abb. 4). In der Mundregion ist eine tiefe Bucht. Gegen den Hals hin ist die Unterseite des Kopfes schwach kinnartig vorgewölbt.
Von den Mundteilen fallen äußerlich zunächst nur die mächtigen Mandibel, die Oberkiefer, auf. Sie sind große, hakenförmige Bildungen, etwa von gleicher Länge wie der ganze Kopf (Abb. 3).
Die Mandibel verlaufen in ihrem basalen Teil ziemlich gerade, um gegen das Ende in einer säbelförmigen Krümmung nach innen umzubiegen. Außer einer Einbuchtung an der Basis ist der Außenrand glatt, allerdings sehr dicht mit Borsten bestanden. Der Innenrand zeigt an entsprechender Stelle wie der Außenrand eine Ausbuchtung, so daß an der Basis der Mandibel auf diese Weise eine Einbuchtung entsteht (Abb. 3 und 4). Die gerade Strecke des Innenrandes trägt in gleichmäßigem Abstand drei mächtige, feste, spitze Zähne, welche schief nach vorn gerichtet sind. Sie sind wie die Mandibel selbst von oben nach unten abgeflacht. Der Endhaken der Mandibel ist auch flach und an der Außenseite ganzrandig. Auch ist er borstenlos (Abb. 3). Die Innenseite der Spitze ist jedoch gezähnelt; und zwar sind es 8–10 Sägezähne, welche mit ihrer Spitze nach hinten gerichtet sind. Die Reihe dieser Sägezähne geht dann auf die Unterseite der Mandibel über und bildet da eine Reihe schiefer Rillen und Höcker (vgl. Abb. 5). Das Ganze ist ein vorzügliches Hilfsmittel, um Beutetiere während des Aussaugens festzuhalten. An der Außenseite sind nach vorn gerichtete Zähne vorhanden, welche wohl beim Bohren der Wunde Dienste leisten.
Der Innenrand der Mandibel trägt eine Reihe mittellanger, sehr kräftiger Borsten, welche stumpf, ungezähnt und ungefiedert sind. Eine von ihnen steht vor dem vordersten Zahn, zwischen den Zähnen meist zwei, manchmal auch drei, hinter dem hintersten Zahn auch zwei bis drei, in der inneren Einbuchtung noch zwei kleinere. Der Außenrand trägt eine größere Anzahl sehr kräftiger und besonders langer Borsten, deren erste etwa gegenüber dem ersten Zahn, meist etwas weiter vorn steht. Zwischen ihnen stehen kleinere Borsten. Sie alle sind am vorderen Teil der Mandibel glattrandig, an deren Basis eigenartig gezähnelt. Auf der Oberseite der Mandibel finden sich ferner zwei Reihen von kurzen, kräftigen Borsten, welche schwach gekrümmt sind und in zwei Hauptgruppen stehen. Eine meist einfache Reihe (Abb. 3J.Br) verläuft parallel dem Innenrand der Mandibel, eine im proximalen Teil doppelte Reihe parallel dem Außenrand (Abb. 3Ä.Br). Alle diese Borsten sind schief nach vorn geneigt (Abb. 3 und 4).
Abb. 5. Endhaken der Maxille (des Unterkiefers).
An der Unterseite findet sich nur am Außenrand in der Nähe der Basis eine Gruppe von Borsten, die einigermaßen dicht stehen, glatt, gekrümmt und nach vorn gerichtet sind (Abb. 4). An der Unterseite zieht sich ferner bis zur Spitze der Mandibel eine Rinne hin, welche an der Basis breiter, an der Spitze schmäler ist, und deren äußerer Rand dem Außenrand der Mandibel parallel verläuft (Abb. 4Ri). Sie wird von Wülsten begrenzt, von denen der äußere stärker entwickelt ist.
Abb. 6.Abb. 7.
Abb. 6. Basis der rechten Mandibel, mit schuppenförmigen gezähnelten Höckern.
Abb. 7. Basis der rechten Maxille, ebenfalls mit Schuppen bedeckt.
Der untere Teil der Mandibel steckt im Kopfe drin; er endet mit verschiedenen zipfelförmig ausgezogenen Ansatzstellen für die Beißmuskeln, nach einwärts ziehenden Abductores und nach abwärts ziehenden Adductores. Oberhalb derselben ist die Mandibel nach innen halbkugelig angeschwollen. Die Wölbung dieses Gebildes ist durch zahlreiche schuppenförmige, nach vorn gerichtete, gezähnelte Granulationen rauh. Offenbar dienen diese Granulationen dazu, um die Mandibel in den verschiedensten Stellungen zu sperren. Auch werden sie ermöglichen, daß sie ohne Muskelwirkung zuhalten, wenn sie über einer Ameise zusammengebissen wurden (Abb. 6).
In derselben Region zeigt die in der Rille der Mandibel verborgene Maxille eine entsprechende Verbreiterung, die ebenfalls mit solchen Schuppen bedeckt ist (Abb. 7). Sonst zeigt die Maxille auf ihrer Oberfläche weder Haare noch Zähne. Nur an der Spitze ist sie mit Zähnchen versehen, welche umgekehrt wie beim Oberkiefer an der Innenseite nach vorn, an der Außenseite nach hinten gerichtet sind (Abb. 5). Sie ist sehr schlank, säbelförmig und hat auf beiden Seiten ganz glatte Ränder (Abb. 4Mx). Sie ist abgeplattet und hat selbst auf der Oberseite eine Rinne und bildet so mit der Rinne der Mandibel, in welche sie ganz genau hineinpaßt, eine Röhre, durch welche der Ameisenlöwe seine Nahrung einsaugt und der Mundhöhle zuleitet. Nach Dewitz sind die am Ober- und Unterkiefer befindlichen beiden Längsleisten eine „Führung“, dazu bestimmt, den beiden eng vereinigten Mundgliedmaßen eine Verschiebung in der Längsrichtung zu gestatten, ohne daß die beiden Teile auseinanderklappen.
Ventral schließen sich an die Maxillen die Bestandteile der Unterlippe an. Ich unterscheide ein in der Mitte leicht eingekerbtes einheitliches Mittelstück (Abb. 4M), aus welchem jederseits eine schwach bewegliche Glossa (Abb. 4Gl) hervorragt, welche den viergliedrigen Labialtaster (Abb. 4Lt) trägt. Alle Teile tragen kurze starre und einige längere Borsten. Auffallend ist die sehr regelmäßige Verteilung der letzteren auf dem Mittelstück. Zwischen den Glossen stehen 2 große Borsten, 2 ebensolche weiter hinten auf der Kinnfläche, je eine in den äußeren Winkeln, und auch die kleineren Borsten sind symmetrisch verteilt (vgl. Abb. 3).
Der Zugang in die Mundhöhle befindet sich, wie besonders Lozinski nachgewiesen hat, in den äußersten Winkeln der eigenartig zusammengepreßten Mundspalte. Dort, wo die Kiefer ihren Gelenken zustreben, steht die Mundspalte beiderseits etwas offen, und hier findet die Verbindung zwischen der Mundhöhle und den Längskanälen der Mandibel statt. Die Mundspalte ist nicht etwa zugewachsen, sondern zusammengepreßt und wird durch Einfügung von Fortsätzen in Rinnen zusammengehalten. Dabei spielt ein als Labrum gedeutetes Plättchen am Oberrand des Kopfes eine besondere Rolle.
Zu beiden Seiten der Unterlippe finden sich zwei bewegliche Stücke im Skelett des Kopfes. Sie werden von verschiedenen Untersuchern als Cardo und Stipes der Mandibel gedeutet.
Im untersten Teil der Maxille findet sich ferner nach Lozinski eine Drüse, welche ihr Sekret in den Kanal entleert und wohl als Giftdrüse zu deuten ist.
Oberhalb des Ansatzes der Mandibel ragt der Kopf bogenförmig vor. An der äußersten Kante sitzen die Augen. Diese stellen kegelförmige Höcker dar, welche schief nach außen und etwas nach oben gerichtet sind (Abb. 3 und 4A). Die exponierte Lage der Augen bringt es mit sich, daß sie leicht aus dem Sande hervorragen, wenn der übrige Tierkörper in ihm verborgen ist. Das Auge besteht aus einem Chitinzapfen, dessen Wand dunkelbraun pigmentiert ist. Nur an einigen Stellen sind kreisförmige Unterbrechungen des pigmentierten Chitins; hier befinden sich die Linsen, welche sehr stark kuppelförmig über den äußeren Umriß des Augenkegels vorragen (Abb. 4). Ich zähle auf der unteren Fläche 1 Linse und deren 6 auf der oberen Fläche des Augenstiels, also insgesamt 7 Linsen. Der feinere Bau der Augen wird weiter unten bei Besprechung des Lichtsinnes des Ameisenlöwen beschrieben. Unterhalb des Augenkegels zieht sich im Bogen bis zur Stirn, fast wie eine Wimperreihe aussehend, eine Reihe feiner, flacher und gefiederter Borsten hin (Abb. 3Bb). Etwas vor dem Auge, unterhalb dieser Wimperreihe und oberhalb des Mandibelursprungs entspringt jederseits die Antenne (Abb. 3 und 4F). Sie beginnt mit einem starken Basalglied, auf welches eine aus kleineren Gliedern zusammengesetzte Antennengeißel folgt. Das erste Geißelglied ist doppelt so lang und etwas dünner als die folgenden Glieder; diese, 11–13 an der Zahl, sind untereinander gleich groß, jeweils am inneren Rande etwas schmäler als am äußeren. Sie stecken infolgedessen dütenförmig eins in dem anderen. Das letzte Glied der Antenne ist etwa dreimal so lang wie diese Geißelglieder, ebenso breit wie diese und am äußersten Ende mit einem feinen, stiftchenförmigen, wahrscheinlich hohlen Fortsatz versehen. Auf den Gliedern der Antennen finden sich keine Haare. Der erwähnte Unterschied in der Zahl der Antennenglieder bei den verschiedenen Individuen ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß die beiden Geschlechter schon im Larvenzustand zu unterscheiden sind. Wir werden später noch weitere Angaben hierüber machen.
Auch an der Unterseite des Kopfes, zwischen dem Auge und der Antenne einerseits und der Mandibelbasis andererseits verläuft eine ähnliche Wimperreihe, wie wir sie oberhalb der Mandibel antrafen (Abb. 4W). Doch besteht diese untere Wimperreihe aus sehr groben, kurzen, stumpfen und an der Längskante feingesägten Borsten. Zwischen ihnen stehen einige feine, dünne Borsten, wie wir sie in der oberen Wimperreihe antrafen. Da einzelne der Borsten dieser unteren Reihe Spitzen besitzen, so nehme ich an, daß der Mangel von Spitzen auf der Abnützung derselben beruht. Die nach vorn gerichteten Spitzen erfahren sicher bei den Bewegungen des Tieres durch den Widerstand des Sandes eine starke Abnützung. Auch andere Borsten der Kopfregion zeigen abgebrochene oder abgenützte Spitzen. Jene untere Borstenreihe vermag wohl auch infolge ihrer Anordnung das Eindringen von feinen Sandteilchen in das Gelenk der Maxille zu verhindern.
Die Oberseite des Kopfes ist ähnlich wie die Mandibel mit zahlreichen schwarzen, starken Borsten besetzt (Abb. 3). Dieselben stecken alle mit Kugelgelenken in wulstigen Pfannen, welche von der Chitinbedeckung des Kopfes gebildet werden. Vorn und am Seitenrand sind die Borsten lang und dick, vor allem auch in der Umgebung der Augen. Am Vorderrande des Kopfes sind sie gerade nach vorn gestreckt; an den Seitenrändern des Kopfes sind sie etwas nach innen gebogen und ragen mit ihren Spitzen gerade nach vorn. Auf der Mitte der Stirnregion steht eine regelmäßig angeordnete Gruppe von 9 starken Borsten (vgl. Abb. 3). Weiter nach hinten auf der Oberseite des Kopfes sind die Haare etwas kürzer und dünner; alle stehen nach vorn und sind etwas nach unten gekrümmt. Ganz ähnlich verhält sich die Behaarung auf der Unterseite des Kopfes, doch ist sie häufig sehr viel schwächer als auf der Oberseite. Auch besteht sie in der Hauptsache aus untereinander gleich großen, relativ kleinen Haaren; nur am Rand und vor allem vorn in der Augenregion steht eine Anzahl langer und starker Borsten. Die Region hinter der Unterlippe und das Kinn sind fast borstenfrei; doch lassen die wenigen hier vorhandenen Haare eine auffallend symmetrische Anordnung erkennen (Abb. 3).
Der Kopf ist an seinem Uebergang zum Hals stark verschmälert und steckt mit seinem Ansatz in dem letzteren wie in einem Futteral. Der Hals oder das erste Thorakalglied ist lang und schmal. Auf reinen Chitinpräparaten macht er den Eindruck, als sei er aus zwei Segmenten aufgebaut. Der hintere Teil kann unter den Vorderrand des zweiten Brustringes zurückgezogen werden. Der vordere Teil wird als ein sogenanntes Zwischensegment angesehen. In der Mitte befindet sich eine Gelenkstelle. Der Vorderrand des ganzen Halsgliedes sowie derjenige des mittleren Gelenkes ist mit einer Reihe nach vorn stehender Borsten bestanden. Ueberhaupt sind Ränder und Oberfläche des Halses mit Borsten vollkommen bedeckt. Seitlich vorn findet sich ein zitzenförmiger Höcker, der einige Borsten trägt (Abb. 2). Im hinteren Teil der zweiten Hälfte dieses Gliedes befindet sich der Ursprung des ersten Beinpaares. Die Beinpaare werden wir nachher im Zusammenhang beschreiben.
Abb. 8. Kapsel des ersten Stigmas mit Eingang in das Tracheensystem. Vergr. 200mal.
Es folgt nun das zweite Thorakalglied, welches schon um ein gutes Stück breiter ist als der Hals. Es zeigt an den Seiten des Körpers wulstige Vorragungen, welche mit Gruppen langer, dicker Borsten besetzt sind. Man unterscheidet beiderseits zwei solche Wülste, von denen der eine kleinere dem Hals näher liegt, während der größere mehr nach außen gewendet ist. Die Region dieses äußeren Wulstes habe ich oben als die „Schulter“ bezeichnet (vgl. Abb. 2
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