Ein neues Hotel in St. Johann - Toni Waidacher - E-Book

Ein neues Hotel in St. Johann E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Der Bau des Landhotels ›Ransingerhof‹ hatte schnelle Fortschritte gemacht. Wenn die Bauarbeiter weiter so fleißig waren, dann stand der Eröffnung in ein paar Wochen nichts mehr im Wege. Zurzeit wurde noch die Außenanlage hergerichtet, während im Hotel selbst die letzten Zimmer eingerichtet wurden. Auch wenn noch gar keine Gäste da waren, so hatte Christian Lechner doch alle Hände voll zu tun. Der junge Münchner hatte seine Stelle als Hoteldirektor schon vor einigen Tagen angetreten und kümmerte sich derzeit um die Einstellung der Mitarbeiter. Im Grunde stand der größte Teil der Crew schon. Vom Chefkoch bis zum Auszubildenden war die Küchenmannschaft vollzählig, ebenso die ›Schwarze Brigade‹, also das Servicepersonal, mit dem ›Chef de Rang‹ an der Spitze. Fehlten nur noch die fleißigen Helfer, die hinter den Kulissen arbeiteten, sodass die Gäste sie kaum bemerkten – die Putzfrauen, Wäscherinnen und Zimmermädchen. Ihnen stand jedoch die wichtigste Person vor: Die Hausdame! Als Herrin über das ›Housekeeping‹ oblag es ihr, dafür zu sorgen, dass alles zur Zufriedenheit der Gäste bereit war, wenn diese ihre Zimmer bezogen. Auch die Sauberkeit im Haus selbst unterlag ihrem kritischen Blick. Und genau diese Frau erwartete Christian Lechner zum Einstellungsgespräch. Der junge Hoteldirektor saß in seinem Büro, das sich im Erdgeschoss im hinteren Trakt der Hotelanlage befand und blätterte noch einmal die Bewerbungsunterlagen der Kandidatin durch. Christian war eins achtzig groß und von schlanker Gestalt. Er hatte kurzes dunkles Haar und ein markantes Gesicht, oval geschnitten, mit grauen Augen, die immer zu lächeln schienen. Indes sollte es nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Besitzer auch sehr ernst blicken konnte, wenn es dazu Anlass gab. In einem Münchner Hotel hatte Christians Karriere begonnen. Während seiner Ausbildung zum Hotelfachmann hatte er alle Stationen des Hauses durchlaufen und seine Abschlussprüfung mit Auszeichnung bestanden. Gleich nach dem Erhalt der Urkunde war er ins Ausland gegangen. Ein halbes Jahr war er stellvertretender Direktor im besten Hotel Londons, anschließend waren Paris, Mailand und Rom weitere Stationen auf seiner Karriereleiter.

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Der Bergpfarrer – 271 –

Ein neues Hotel in St. Johann

Auf wessen Seite steht Christian?

Toni Waidacher

Der Bau des Landhotels ›Ransingerhof‹ hatte schnelle Fortschritte gemacht. Wenn die Bauarbeiter weiter so fleißig waren, dann stand der Eröffnung in ein paar Wochen nichts mehr im Wege.

Zurzeit wurde noch die Außenanlage hergerichtet, während im Hotel selbst die letzten Zimmer eingerichtet wurden. Auch wenn noch gar keine Gäste da waren, so hatte Christian Lechner doch alle Hände voll zu tun. Der junge Münchner hatte seine Stelle als Hoteldirektor schon vor einigen Tagen angetreten und kümmerte sich derzeit um die Einstellung der Mitarbeiter.

Im Grunde stand der größte Teil der Crew schon. Vom Chefkoch bis zum Auszubildenden war die Küchenmannschaft vollzählig, ebenso die ›Schwarze Brigade‹, also das Servicepersonal, mit dem ›Chef de Rang‹ an der Spitze.

Fehlten nur noch die fleißigen Helfer, die hinter den Kulissen arbeiteten, sodass die Gäste sie kaum bemerkten – die Putzfrauen, Wäscherinnen und Zimmermädchen. Ihnen stand jedoch die wichtigste Person vor: Die Hausdame!

Als Herrin über das ›Housekeeping‹ oblag es ihr, dafür zu sorgen, dass alles zur Zufriedenheit der Gäste bereit war, wenn diese ihre Zimmer bezogen. Auch die Sauberkeit im Haus selbst unterlag ihrem kritischen Blick.

Und genau diese Frau erwartete Christian Lechner zum Einstellungsgespräch.

Der junge Hoteldirektor saß in seinem Büro, das sich im Erdgeschoss im hinteren Trakt der Hotelanlage befand und blätterte noch einmal die Bewerbungsunterlagen der Kandidatin durch. Christian war eins achtzig groß und von schlanker Gestalt. Er hatte kurzes dunkles Haar und ein markantes Gesicht, oval geschnitten, mit grauen Augen, die immer zu lächeln schienen. Indes sollte es nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Besitzer auch sehr ernst blicken konnte, wenn es dazu Anlass gab.

In einem Münchner Hotel hatte Christians Karriere begonnen. Während seiner Ausbildung zum Hotelfachmann hatte er alle Stationen des Hauses durchlaufen und seine Abschlussprüfung mit Auszeichnung bestanden. Gleich nach dem Erhalt der Urkunde war er ins Ausland gegangen. Ein halbes Jahr war er stellvertretender Direktor im besten Hotel Londons, anschließend waren Paris, Mailand und Rom weitere Stationen auf seiner Karriereleiter. Zuletzt hatte der Siebenundzwanzigjährige eines der größten Hotels in München geleitet, bis er in einer Fachzeitung das Stellengesuch las, das ihn schließlich in die Wachnertaler Alpen ziehen ließ.

Die Eröffnung eines neuen Hauses war für jeden, der in der Gastronomie tätig war, eine besondere Herausforderung, verlangte sie doch Durchsetzungskraft, Führungsqualitäten und Fachwissen auf allen Gebieten des Hotelwesens. Er musste sich mit tausend Dingen auskennen, etwa die Qualität des Porzellans genauso beurteilen können, wie er sicher in der Auswahl der Bettwäsche sein musste, in der die zukünftigen Gäste schlafen würden. Und das waren nur zwei von vielen Dingen, die sein Fachwissen erforderten.

Normalerweise wurde das alles gemeinsam mit den Betreibern des Hotels entschieden. Christian war deshalb sehr verwundert gewesen, als man ihn völlig freie Hand ließ. Patricia Vangaalen, die Besitzerin des ›Landhotel Ransingerhof‹, hatte ihm schon bei ihrem ersten Gespräch erklärt, dass sie von ihm erwarte, nur das Beste einzukaufen. Das Hotel solle die teuerste Ausstattung bekommen, die je ein solcher Betrieb gehabt hätte. Geld spiele absolut keine Rolle. Dem jungen Mann stockte fast der Atem, als er die Höhe des Budgets erfuhr, mit dem er künftig arbeiten konnte.

Solch eine Summe übertraf jede andere, die er bisher verwaltet hatte!

Diese Frau schien über schier unerschöpflichen Reichtum zu verfügen und bereit zu sein, ihn auch auszugeben. Wie Christian später erfuhr, gab es eine ganze Reihe weitere Investoren, die jedoch spielten in der Leitung des Unternehmens keine besondere Rolle. Herrin über alles war Patricia Vangaalen, und dieses Hotel sollte nicht das einzige seiner Art im Wachnertal bleiben. Wie man hörte, waren bereits zwei weitere Bauernhöfe von ihr gekauft worden, auf deren Grund ebenfalls Hotels entstehen sollten.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach Christians Gedanken. Elke Weber, seine rechte Hand, kündigte die Bewerberin um den Posten der Hausdame an. Der Hoteldirektor blickte auf die Uhr und nickte zufrieden.

Auf die Sekunde pünktlich!

Er stand auf, knöpfte die Anzugsjacke zu und ging der jungen Frau entgegen, um sie zu begrüßen.

Iris Ferber sah in Wirklichkeit noch attraktiver aus, als auf dem Foto in der Bewerbungsmappe. Ihr schulterlanges blondes Haar wurde von einem Band gehalten. Das dunkle Kostüm passte ihr ausgezeichnet und brachte die schlanke Figur hervorragend zur Geltung.

Ähnlich wie Christian hatte auch Iris in internationalen Hotels gearbeitet und konnte erstklassige Zeugnisse vorlegen.

Was sie an dem Posten reize?

Lächelnd antwortete sie auf die Frage des jungen Hoteldirektors: »Vermutlich dasselbe wie Sie. Es ist doch immer eine Herausforderung, aber auch ein besonderes Erlebnis, bei der Eröffnung eines neuen Hotels dabei zu sein.«

Im Grunde war es kein wirkliches Bewerbungsgespräch mehr, denn die Würfel waren längst gefallen. Iris Ferber brachte alles mit, was sie für ihre neue Tätigkeit brauchte. Vielmehr ging es Christian darum, die künftige Kollegin näher kennenzulernen und letzte Details mit ihr zu besprechen.

Wie die meisten Angestellten würde auch Iris hier im hinteren Trakt des Hauses ein großzügiges Zimmer bewohnen und im Hotel beköstigt werden. Schon morgen sollte sie anfangen.

»Ich hoffe, das bereitet keine Probleme?«

Die neue Hausdame des ›Ransingerhofes‹ schüttelte den Kopf. Gestern erst war sie aus Berlin gekommen, wo sie zuletzt gearbeitet hatte. In St. Johann wohnte sie in einer Pension und konnte sofort ins Hotel umziehen.

Christian Lechner trank seinen Kaffee aus und erhob sich.

»Prima, Frau Ferber«, sagte er, »dann herzlich willkommen an Bord. Auf gute Zusammenarbeit.«

Sie bedankte sich und erklärte, wie sehr sie sich auf die neue Aufgabe freue. Christian begleitete sie zur Tür und schaute ihr nach, bis sie das Vorzimmer verlassen hatte.

Hübsche Person!, ging es ihm durch den Kopf …

*

Iris war schon bei ihrer Ankunft in dem neuen Hotel stark beeindruckt gewesen. Jetzt schlenderte sie langsam zum Foyer, auf der Suche nach Herrn Langer, dem Hausmeister. Der Hoteldirektor hatte ihn zum Empfang bestellt, und dort stand er auch schon, als die neue Hausdame aus der Tür trat und zur Rezeption ging. Sein Name stand auf einem kleinen Messingschild, das er an die Brust geheftet hatte.

Ab morgen würde sie auch so ein Namensschild tragen.

»Grüß Gott«, begrüßte sie der knapp Fünfzigjährige lächelnd und reichte ihr die Hand. »Ich freu’ mich auf unsre Zusammenarbeit.«

»Ich mich auch«, lächelte Iris zurück.

Herbert Langer machte eine alles umfassende Bewegung.

»Der Herr Lechner hat mir aufgetragen, mich ein bissel um Sie zu kümmern und Ihnen alles zu zeigen«, sagte. »Fangen wir am besten mit Ihrem Reich an, Frau Ferber, die Gästezimmer.«

Sie fuhren in die erste Etage, des insgesamt drei Stockwerke umfassenden Hotels, und betraten eines der Zimmer. Iris staunte über die Pracht und den Komfort. So etwas hatte sie noch nie erlebt – und sie hatte wahrlich nicht in den schlechtesten Häusern gearbeitet.

Nach und nach führte sie der Hausmeister durch das ganze Hotel, zeigte ihr die Küche, das Restaurant, das Lager mit den Putzmitteln und die benötigten Geräte, wie Kehrmaschinen und dergleichen.

»Es wird ohnehin seine Zeit brauchen, bis Sie sich zurechtfinden«, meinte der Hausmeister. »Ehrlich gesagt, verlauf’ ich mich manchmal immer noch …«

Die Fünfundzwanzigjährige stimmte in sein Lachen ein.

Wenn alle Kollegen so nett waren wie Herbert Langer, dann würde hier ein angenehmes Betriebsklima herrschen, dachte Iris, als sie über den Parkplatz zu ihrem Auto ging.

Mit einem hatte der Hausmeister sicher Recht – sie würde Zeit brauchen, um sich in dem ganzen Komplex zurechtzufinden. Für morgen war aber erst einmal eine Versammlung aller Angestellten angesetzt, auf der die einzelnen Abteilungsleiter – auch Iris – vorgestellt wurden und ihre engsten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kennenlernen sollten.

Heute aber wollte sie den vorerst letzten freien Tag genießen. Mit einem wunderbaren Glücksgefühl im Herzen fuhr Iris nach St. Johann zurück.

»Und wie gefällt Ihnen die neue Arbeitsstätte?«, erkundigte sich Ria Stubler, als die junge Frau um die Rechnung bat.

»Das Hotel ist einmalig schön«, antwortete Iris und berichtete von einigen Attraktionen, die die Gäste erwarteten.

»Da kann ich nur hoffen, dass Sie mir net zu viele Gäste abspenstig machen«, meinte die Pensionswirtin.

»Ach wo«, winkte Iris ab. »Ich denk’ mal, dass im ›Ransingerhof‹ eine ganz andere Klientel absteigen wird, als bei Ihnen, Frau Stubler. Und wer einmal bei Ihnen gewohnt hat, der kommt doch immer wieder. Allein’ schon wegen des Frühstücks!«

Ria lächelte. Dass das Frühstück in der Pension Stubler seinesgleichen suchte, wusste sie. Ihre Gäste bestätigten es ihr immer wieder.

Iris ging kurz auf ihr Zimmer und packte schon mal einige Sachen, die sie nicht mehr benötigte, in die Reisetasche. Viel hatte sie ohnehin nicht dabei, das meiste war daheim bei ihren Eltern, in Offenburg, geblieben. Hier brauchte sie lediglich einige neue Sachen zum Anziehen in der Freizeit, im Hotel bekamen alle Angestellten die Dienstkleidung gestellt.

Es war kurz vor zwei, als die junge Frau auf die Straße trat und die Richtung zum Biergarten einschlug. Zwar hatte sie ein reichliches Frühstück genossen und war immer noch satt, aber einen Kaffee wollte sie trinken und dabei ein paar Ansichtskarten schreiben, die sie gestern Nachmittag gekauft hatte. Die Eltern, ein paar Verwandte und Freundinnen, und auch ehemalige Arbeitskolleginnen sollten einen kurzen Gruß von ihr erhalten.

Schon am Vortag war Iris erstaunt gewesen, was für ein Betrieb in dem Biergarten herrschte. Nur mit viel Glück hatte sie einen Platz an einem der langen Tische ergattern können. Heute stellte sie erfreut fest, dass auf der anderen Seite, wo die Einzeltische mit den bequemen Stühlen standen, noch etwas frei war. Eine Familie mit zwei Kindern, die dort gesessen hatte, schickte sich gerade an, den Biergarten zu verlassen. Iris setzte sich, bestellte einen Milchkaffee und holte Karten und Kugelschreiber aus der Handtasche.

Nachdem sie die Karten fertig geschrieben hatte, stellte sie verwundert fest, dass auf allen Karten dasselbe stand – nämlich wie nett ihr neuer Chef war …

Iris Ferber stieß leise, aber heftig die Luft aus. Was war das denn für ein Geschreibsel?

Mit einem leichten Stirnrunzeln dachte sie daran, dass sie schon die ganze Zeit über in Gedanken bei ihrem neuen Vorgesetzten war … Irgendwie ließ sich sein Bild einfach nicht vertreiben.

Verlegen schaute sie sich um, als fühle sie sich bei etwas Verbotenem ertappt.

Und blickte genau in das Gesicht von Christian Lechner!

Unwillkürlich schrak sie zusammen. Das gab es doch gar nicht, eben noch musste sie an ihn denken, und nun stand er vor ihr!

»Entschuldigen Sie«, bat er mit einem charmanten Lächeln, »ist an Ihrem Tisch noch ein Platz frei?«

Iris nickte automatisch und legte rasch die Karten aufeinander.

»Aber nur, wenn ich nicht störe«, setzte er hinzu.

Hatte aber schon einen Stuhl zurückgezogen und Platz genommen.

»Nein, gewiss nicht«, versicherte sie.

Christian blickte sie fragend an.

»Darf ich Ihnen noch etwas bestellen?«, erkundigte er sich höflich.

Sie entschied sich für ein Mineralwasser. Im Plauderton erzählte der Hoteldirektor, dass er gerade vom Chef des Hotels ›Zum Löwen‹ komme, bei dem er sich vorgestellt und eine gedeihliche Zusammenarbeit gewünscht hatte.

»Und Sie genießen Ihren letzten freien Tag?«, lächelte er.

Iris Ferber nickte.

»Ich freue mich aber auch schon auf die Arbeit«, antwortete sie. »Sie wird hart werden, aber bestimmt auch sehr abwechslungsreich.«

»Ja, ich bin sicher, dass da einiges auf uns zukommt«, nickte Christian. »Aber wir haben ja noch ein paar Wochen bis zur offiziellen Eröffnung.«

Sie unterhielten sich über viele Dinge an diesem Nachmittag. Der Küchenchef, der ein hervorragender Koch war, gehörte ebenso dazu, wie der noch nicht fertiggestellte Golfplatz, an dem die Arbeiten aber bis zur Eröffnung erledigt sein sollten.

Iris lauschte Christians Stimme und hatte immer mehr das Gefühl, sich in ihr zu verlieren. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder traurig sein sollte, als er sich verabschiedete.

Allein und verwirrt saß sie am Tisch und spürte, dass sie sich Hals über Kopf in Christian Lechner verliebt hatte!

*

Im Pfarrhaus saßen Sebastian und sein Bruder beim Nachmittagskaffee und unterhielten sich über den Neubau des Hotels und darüber, dass Patricia Vangaalen zwei weitere Bauernhöfe aufgekauft hatte, um aus ihnen weitere Hotels zu machen. Wie auch der ›Ransingerhof‹ lagen die beiden Grundstücke in der Nähe von Engelsbach.

»Ich frag’ mich nur, was will diese Frau mit den vielen Hotels?«, bemerkte Max Trenker.

»Das kann ich dir sagen«, entgegnete der Bergpfarrer. »Auf diese Weise versucht Frau Vangaalen doch noch ihre ›Wachnertaler Ferienwelt‹ zu verwirklichen.«

Dieses Projekt der Milliardärin war das erklärte Ziel ihrer Aktivitäten, seit Patricia Vangaalen zum ersten Mal in St. Johann aufgetaucht war. Damals hätte Markus Bruckner, der Bürgermeister, es gerne gesehen, wenn die ›Schwäbische Investment GmbH‹ in St. Johann investierte. Bruckner, der immer alles tat, um ›sein‹ Dorf für den Fremdenverkehr attraktiver zu machen, merkte gar nicht, was für ein falsches Spiel die Frau aus Stuttgart spielte. Erst als er, aufgrund der Machenschaften Patricia Vangaalens, seines Postens als Bürgermeister enthoben worden war, wachte er endlich auf.

Sebastian Trenker war es schließlich, der Bruckner auf den Bürgermeisterstuhl zurückhalf. Dieser vertraute Gegenspieler war ihm hundertmal lieber, als die Kandidaten, die im Sold der Frau Vangaalen standen.

Indes hinderte diese Erfahrung Markus Bruckner nicht daran, erneut mit der Frau zu paktieren, als es darum ging, zwei Grundstücke, die der Kirchengemeinde von St. Johann gehörten, zu verkaufen. Still und heimlich war die Sache eingefädelt worden, und einer der Drahtzieher war ausgerechnet Bischof Brandstetter, der Stellvertreter des erkrankten Bischofs Meerbauer.

»Kann man denn gar nix dagegen unternehmen?«, wollte der Polizeibeamte von seinem Bruder wissen.

Sebastian schüttelte den Kopf.

»Ich fürcht’ net. Solang’ Frau Vangaalen keine illegalen Tricks anwendet, wie seinerzeit bei der Klinik ›Nonnenhöhe‹, sind uns die Hände gebunden. Auf die Proteste einiger aufrechter Umweltschützer pfeift die doch.«

»Eine Schande ist das!«, schimpfte Max. »Erst dieser Monsterbau in den Bergen, jetzt diese Häufung der Hotels. Wohin soll das denn führen?«

Der Geistliche trank einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse wieder ab.