Der Bergpfarrer 390 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 390 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 10 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Unter anderem gingen auch mehrere Spielfilme im ZDF mit Millionen Zuschauern daraus hervor. Melanie Burmeister presste sich an die Hauswand und hielt den Atem an. Norbert Winkler stand vor ihr und lächelte sie an. Höhnisch, wie ihr schien. "Hast du wirklich geglaubt, ich gebe so einfach auf?", fragte er und griff nach ihrer Hand. "Los jetzt! Es wird Zeit, dass du endlich zur Vernunft kommst." Die junge Frau schaute sich hilfesuchend um, aber die anderen Gäste des Tanzabends im Hotel ›Zum Löwen‹, in St. Johann, die draußen ein wenig Abkühlung suchten, nahmen keine Notiz von dem Paar, das im Eingang stand. "Lassen Sie mich los!" Melanie hatte all ihren Mut zusammengenommen und laut gerufen. Jetzt drehten doch ein paar Leute die Köpfe, und aus einer Gruppe lösten sich zwei Burschen und kamen näher.

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Der Bergpfarrer –390–

Wie kann ich dir vertrauen?

Muss Melanie zu ihrem Verlobten halten?

Roman von Toni Waidacher

Melanie Burmeister presste sich an die Hauswand und hielt den Atem an. Norbert Winkler stand vor ihr und lächelte sie an. Höhnisch, wie ihr schien.

»Hast du wirklich geglaubt, ich gebe so einfach auf?«, fragte er und griff nach ihrer Hand. »Los jetzt! Es wird Zeit, dass du endlich zur Vernunft kommst.«

Die junge Frau schaute sich hilfesuchend um, aber die anderen Gäste des Tanzabends im Hotel ›Zum Löwen‹, in St. Johann, die draußen ein wenig Abkühlung suchten, nahmen keine Notiz von dem Paar, das im Eingang stand.

»Lassen Sie mich los!«

Melanie hatte all ihren Mut zusammengenommen und laut gerufen. Jetzt drehten doch ein paar Leute die Köpfe, und aus einer Gruppe lösten sich zwei Burschen und kamen näher.

»Alles in Ordnung«, meinte Winkler und hob beruhigend die Hand, »meine Verlobte …, na ja.« Er grinste vielsagend und deutete mit einer Handbewegung an, dass Melanie etwas zu tief ins Glas geschaut habe.

Doch die beiden jungen Männer traten trotzdem an sie heran.

»Ist wirklich alles in Ordnung?«, fragte der eine.

»Ja, klar«, antwortete Norbert Winkler und wollte den Arm um seine ›Verlobte‹ legen.

Aber Melanie wehrte ihn ab.

»Ich kenne den Mann überhaupt nicht!«, rief sie. »Bitte, helft mir!«

Der zweite Bursche packte Winklers Arm und zerrte ihn von Melanie fort.

»Lass das Madel in Ruh!«, herrschte er ihn an. »Sonst setzt’s was!«

»Was ist denn hier los?« Max Trenker war durch die Tür gekommen und schaute auf die Gruppe. Der Bruder des Bergpfarrers erfasste die Situation sofort.

»Der Typ hier belästigt das Madel«, erklärte einer der jungen Männer.

Max, der die beiden kannte, nickte. »Danke, Gregor und Florian, dass ihr euch darum gekümmert habt. Ich mach das schon.«

Er schaute Norbert Winkler an.

»Und Sie sollten schau’n, dass Sie schleunigst verschwinden«, erklärte er. »Es sei denn, Sie wollen den Rest der Nacht in der Arrestzelle verbringen. Übrigens, Max Trenker ist mein Name, ich bin Polizeibeamter.«

Der Mann schnappte nach Luft.

»Ich habe bloß mit meiner Verlobten geredet!«, empörte er sich.

Der Polizist nickte. »Ja, ja, und morgen kommt der Weihnachtsmann«, lachte er und deutete auf Melanie. »Frau Burmeister bestreitet, mit Ihnen verlobt zu sein. Wie Sie ja wissen, hat sie nach einem Unfall ihr Gedächtnis verloren, und solang die Erinnerung net zurückgekehrt ist, werden S’ sich damit abfinden müssen, dass Frau Burmeister Sie net kennt.«

Winkler blickte ihn wütend an. »Trenker, ja? Sind Sie mit dem Pfarrer verwandt?«

Max nickte. »In der Tat. Mein Bruder hat Sie neulich im Hotel aufgesucht und mit Ihnen gesprochen.«

Der angebliche Verlobte steckte die Hände in die Hosentaschen und zog die Schultern hoch.

»Hätte ich mir ja denken können«, sagte er, während er sich umdrehte, »dass hier alle unter einer Decke stecken.«

Nachdem er drei Schritte gegangen war, drehte er noch einmal den Kopf.

»Melanie, du begehst einen großen Fehler«, rief er. »Mir geht es gar nicht so sehr darum, dass wir beide verlobt sind, aber durch deine Weigerung, mitzukommen, gefährdest du nicht nur Arbeitsplätze, sondern sogar die Existenz der Firma!«

Die junge Frau blickte Max an, Ratlosigkeit und Verzweiflung stand in ihren Augen. »Und wenn es stimmt, was er sagt? Wenn ich wirklich Schuld bin, wenn Leute entlassen werden müssen, oder sogar die Firma schließt?«

Der Bruder des Bergpfarrers hob beruhigend die Hand.

»Immer mit der Ruhe«, sagte er, »so schnell schießen die Preußen net. Du hast ja gehört, was mein Bruder gesagt hat. Pascal und er begleiten dich nach Gera, und bis dahin sorg ich dafür, dass der Herr Winkler dich net weiter belästigt.«

›Wenn er allerdings tatsächlich dein Verlobter ist‹, setzte Max in Gedanken hinzu, ›dann kann ich auch nix machen …‹

Er begleitete Melanie auf den Saal zurück.

Rein zufällig hatte der Polizeibeamte mitbekommen, was draußen vor sich ging; Max hatte am Tresen gestanden und mit einem Bauern gesprochen, als ein junges Madel hereinkam und ihn auf die Auseinandersetzung vor der Tür aufmerksam machte.

Jetzt bat Melanie ihn, davon am Tisch nichts zu erwähnen.

Pascal Metzler stand auf, als er Melanie sah, und forderte sie zum Tanzen auf. Lächelnd ließ sie sich von ihm auf die Tanzfläche führen, doch in ihrem Innern fühlte sie immer noch die Angst, die sie gespürt hatte, als Norbert Winkler sie packte und mit sich ziehen wollte.

*

»Was war denn da gestern Abend los?«, fragte Sebastian seinen Bruder, als sie am nächsten Morgen von der Kirche zum Pfarrhaus hinübergingen.

»Was meinst’ denn?«, zuckte Max die Schultern.

»Du weißt schon. Als du mit dem Behringer am Tresen gesprochen hast, kam die Vroni Sommerhaller zu dir und hat was zu dir gesagt. Daraufhin bist’ nach draußen und nachher mit der Melanie hereingekommen. Also, was war da los?«

Der Polizist grinste. So rasch ließ sich Sebastian nicht abspeisen, und es entging ihm ohnehin nichts.

»Melanie hatte eine unangenehme Begegnung mit ihrem angeblichen Verlobten«, erklärte er schließlich. »Die Vroni hat’s gesehen und mir Bescheid gesagt. Ich bin dann halt dazwischen gegangen, wie übrigens schon zwei junge Burschen zuvor. Aber die Melanie hat net wollen, dass da am Tisch drüber geredet wird. Dir hätt ich’s allerdings schon noch erzählt.«

Der Bergpfarrer nickte.

»Es wird Zeit, dass endlich Licht in das Dunkel dieser Sache kommt«, meinte er. »Ich glaub’ sogar, dass Winkler die Wahrheit sagt und er mit Melanie verlobt ist. Was allerdings das Geschäftliche angeht, so wird er wohl ein bissel übertrieben haben. Wohl, um Druck auf das Madel auszuüben. Aber das werden wir sehen, wenn wir in Gera sind.«

»Ich fürcht nur, da gibt’s ein Problem«, warf sein Bruder ein.

»Nämlich?«

»Die Melanie dürft’ in ihrem jetzigen Zustand wohl kaum geschäftsfähig sein«, zweifelte Max. »Wie kann sie da so wichtige Entscheidungen treffen?«

Der gute Hirte von St. Johann nickte. »Darüber hab ich mir auch schon Gedanken gemacht. Möglicherweise wird von einem Gericht ein Geschäftsführer ernannt, der Entscheidungsbefugnis bekommt.«

»Nun, Geschäftsführer ist Winkler …«

»Richtig. Aber Entscheidungen, wie sie ansteh’n, kann er offenbar net alleine treffen«, entgegnete Sebastian. »Sonst bräucht er sich hier net so aufführen. Dann würd er in Gera schalten und walten, wie’s ihm gefällt.«

Bis zum Mittagessen war es noch ein Weilchen hin, und Sebastian und Max setzten sich auf die Terrasse des Pfarrgartens, während drinnen Sophie Tappert und Claudia werkelten. Der kleine Sebastian saß auf dem Rasen und kurvte mit einem Spielzeuglastwagen umher.

Gerade als die Journalistin die beiden Männer zum Essen rufen wollte, klingelte das Telefon.

»Lassen S’ nur«, sagte Claudia, als die Haushälterin an den Apparat eilen wollte, »ich geh schon.«

»Winkler hier«, vernahm sie die Stimme des Anrufers. »Ist Pfarrer Trenker zu sprechen?«

»Einen Moment.« Claudia lief zur Terrasse. »Telefon, Winkler …«

Sebastian schaute auf und nickte. »Ich komme.«

»Max, Basti«, sagte Claudia, »ihr könnt kommen, das Essen ist fertig.«

Der Bruder des Bergpfarrers sprang sofort auf und strich sich über den Bauch. Solch eine Aufforderung brauchte bei ihm nie zweimal ausgesprochen werden. Max schnappte sich seinen Sohn, nahm ihn Huckepack und lief erst einmal, sehr zu Bastis Freude, mit ihm quer durch den Garten, bevor er seiner Frau ins Haus folgte.

Sebastian war zum Telefonieren in sein Arbeitszimmer gegangen. »Guten Tag, Herr Winkler, was kann ich für Sie tun?«, erkundigte er sich.

Der Anrufer räusperte sich. »Äh, weniger für mich, als für über Hundert Angestellte der Firma Burmeister«, antwortete er.

»Wie darf ich das versteh’n?«

»Nun, es ist doch wohl unbestreitbar, dass Sie einen gewissen Einfluss auf Melanie haben«, sagte Norbert Winkler. »Ich möchte Sie bitten, diesen Einfluss geltend zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass meine Verlobte umgehend nach Gera zurückkehrt. Dabei geht es mir im Moment nicht so sehr um Melanies Status als meine zukünftige Frau, sondern darum, dass sie, als Inhaberin des Unternehmens, wichtige Entscheidungen trifft, von denen, ich erwähnte es ja schon, Wohl und Wehe etlicher Menschen abhängig sind.«

»Richtig, Sie erwähnten es«, erwiderte der Bergpfarrer. »Ich fürcht bloß, Herr Winkler, Sie überschätzen meinen Einfluss auf Melanie. Ganz im Gegenteil, ich bin weit davon entfernt, jemanden zu beeinflussen, vielmehr steh ich Melanie mit Rat und Tat beiseite und deshalb hab ich ihr vorgeschlagen, sie nach Gera zu begleiten.«

Einen Moment herrschte Stille.

»Auch gut«, bemerkte Winkler schließlich. »Dann kommt ja endlich Bewegung in die Angelegenheit. Wann wollen Sie fahren?«

»Das hängt von Dr. Keller ab«, antwortete der Geistliche, »der erst eine abschließende Untersuchung vornehmen wird. Ich denke mal, es wird Mitte der kommenden Woche werden. Freilich geb ich Ihnen rechtzeitig Bescheid.«

Norbert Winkler räusperte sich noch einmal. »Gut, ja, dann weiß ich, woran ich bin.« Mit einem knappen Gruß legte der Anrufer auf.

Sebastian erhob sich und ging ins Esszimmer, wo die anderen schon am Tisch saßen. Er berichtete vom Telefonat.

»Da scheint den Burschen mächtig was zu drücken«, vermutete Max, »dass er so dahinter her ist, Melanie nach Gera zu holen.«

Der Bergpfarrer nickte und sprach aus, was ihm während des Anrufs durch den Kopf gegangen war. »Ich frag mich, warum Winkler net anders vorgeht. Wenn’s tatsächlich so brenzlig um die Firma steht, hat er doch ganz andre Möglichkeiten. Warum bringt er net die Gewerkschaft ins Spiel? Schließlich muss die doch ein Interesse daran haben, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben, wieso hat sich von denen noch niemand bei Melanie gemeldet?«

Das war eine berechtigte Frage, und Sebastian hoffte, sie beantwortet zu bekommen, wenn er in Gera war und dort mit den Leuten sprechen konnte.

*

Indes gab es noch ein paar andere Dinge zu klären. Nach dem Mittagessen fuhr der gute Hirte von St. Johann zur Bergklinik ›Nonnenhöhe‹ hinauf. Dort lag immer noch George Whitaker, der Mann, der ihn hatte entführen lassen, um von Max die Madonnenstatue und das Jagdschloss zu erpressen.

Die Ärzte, allen voran James Carpenter, hatte ihr Menschenmöglichstes getan, um das Leben dieses Verbrechers zu retten, und es war ihnen gelungen, auch wenn der Tod schon seine Hand nach dem Amerikaner ausgestreckt hatte. Die Kugel, die eigentlich dem Bergpfarrer galt, hatte Whitaker selbst getroffen und dessen Herz nur um Millimeter verfehlt. Sebastian hatte versucht, die Blutung zu stoppen und so vermutlich mit dazu beigetragen, dass ›der Mann mit den zwei Gesichtern‹ überlebte.

Janus, das wäre der richtige Name für Whitaker gewesen, denn, wie der römische Gott, hatte auch er zwei Seiten, zwei Gesichter eben, ein gutes und ein böses. Wobei das Böse bei ihm letztendlich überwog.

Es war der zweite Besuch, den Sebastian dem Mann abstattete, den er für einen Freund gehalten hatte.

Das erste Mal, Whitaker war gerade aus dem künstlichen Koma geweckt worden, in das die Ärzte ihn versetzt hatten, war es für den Geistlichen ein zwiespältiges Gefühl gewesen, dem Mann gegenüberzustehen, der um ein Haar zu seinem Mörder geworden wäre. Sebastian konnte nicht eindeutig sagen, ob Whitaker tatsächlich bereute oder lediglich wieder eines seiner falschen Spiele spielte, um den Besucher zu täuschen und von ihm Vergebung zu erhoffen. Um sich darüber Gewissheit zu verschaffen, hatte sich der Geistliche dazu entschlossen, Whitaker ein zweites Mal zu besuchen.

In der großen Halle herrschte, wie immer, ein reger Betrieb. Heute vielleicht sogar noch mehr, als an anderen Tagen, schließlich kamen an den Wochenenden mehr Leute, um ihre Angehörigen zu besuchen.

Sebastian grüßte ein paar bekannte Gesichter, wechselte mit einigen ein paar Worte und wollte gerade zu den Aufzügen gehen, als ihn jemand am Ärmel zupfte. Er wandte den Kopf und sah Professor Ulrich Bernhardt hinter sich stehen, den Direktor der Bergklinik ›Nonnenhöhe‹.

»Na, mein Lieber, was treibt dich denn am Tag des Herrn ins Krankenhaus?«, erkundigte sich der charismatische Professor schmunzelnd.

Der Geistliche lächelte.

»Grüß dich, Ulrich«, erwiderte er, »ich bin auf dem Weg zu Herrn Whitaker.«

Der Arzt nickte. »Dachte ich mir schon. Dazu hast du auch nur noch heute Gelegenheit. Morgen wird der Patient ins Gefängniskrankenhaus überstellt.«

»Dann geht’s ihm also soweit gut.«

»Ja. Es ist sogar erstaunlich, wie gut es dem Mann geht. Gestern ist er zum ersten Mal aufgestanden und ein paar Schritte gegangen.« Professor Bernhardt hob die rechte Hand. »Allerdings«, schränkte er ein, »ist Herr Whitaker weiterhin bettlägerig, das gestern war eine Ausnahme. Im Gefängnis wird er dann auch von einem Physiotherapeuten betreut, der mit ihm erste Übungen machen wird.«

Sebastian nickte. »Verstehe.«

»Hier haben wir soweit alles getan, um das Leben des Patienten zu retten, im Gefängniskrankenhaus wird man für seine vollständige Genesung sorgen.«

»Was glaubst du, wie lange das dauern wird?«

Der Klinikchef schürzte die Lippen und zuckte die Schultern.

»Schwer zu sagen«, antwortete er, »aber bei Whitakers Konstitution rechne ich mit sechs, bis acht Wochen.«

»Dann dürfte der Prozess gegen ihn wohl frühestens im Herbst stattfinden.«

»Das ist anzunehmen.«

Der Bergpfarrer bedankte sich für die Auskünfte und reichte dem Freund die Hand. Dann bestieg er einen der Aufzüge und fuhr zu der Station hinauf, auf der der Amerikaner lag.

George Whitaker lag in seinem Bett, den rechten Arm hinter dem Kopf, in der linken Hand hielt er ein Smartphone. Offenbar hatte er gerade telefoniert, jetzt legte er das Mobiltelefon auf den Nachttisch, neben seinem Bett. Whitaker lächelte, als er den Geistlichen sah.

»Pfarrer Trenker«, sagte er, sichtlich erfreut, »schön, dass Sie mich besuchen.« Er richtete sich etwas auf. »Viel Abwechslung habe ich hier ja nicht«, setzte er hinzu und hob beschwichtigend die Hand. »Aber ich will mich gar nicht beschweren, im Gefängnis dürften die Besuche noch rarer werden.«

»Hat man Ihnen mitgeteilt, dass Sie morgen verlegt werden?«

Der Amerikaner nickte. »Ja, und das bedeutet noch mehr Einschränkungen, als hier.« Whitaker deutete auf das Smartphone. »Vermutlich werden sie mir nicht einmal das gestatten«, meinte er. »Mein einziger Draht zur Welt da draußen.«

Der Bergpfarrer konnte ihn nur zu gut verstehen, während seiner Geiselhaft, hätte er liebend gerne ein Handy gehabt, obwohl er ansonsten liebend gerne darauf verzichtete.

Dass Whitaker jetzt überhaupt ein Mobiltelefon haben durfte, war ein großes Zugeständnis des Staatsanwalts, das Whitakers Rechtsanwälte für ihren Mandanten erwirkt hatten. In der Untersuchungshaft würde er auf dieses Privileg verzichten müssen.

»Ich freue mich jedenfalls, zu sehen, dass es Ihnen soweit wieder gut geht«, sagte Sebastian.

Der Amerikaner nickte. »Ihnen glaube ich es sogar, Hochwürden.«

Stumm sahen sie sich einen Moment an. Der gute Hirte von St. Johann merkte, dass er immer noch darüber erschüttert war, von diesem Mann so getäuscht und vor allem enttäuscht worden zu sein, hatte er doch geglaubt, dass sie tatsächlich hätten Freunde werden können.