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Jason Connors, Inhaber eines erfolgreichen Security Unternehmens, hat sein Business und sein Leben im Griff. Er mag keine Überraschungen, gilt als penibel und diszipliniert. Um einem Freund einen Gefallen zu tun, übernimmt er vorübergehend einen Job als Chauffeur bei der erfolgreichen Liebesromanautorin Lenara Larkmann. Als er feststellt, dass es sich bei seiner Klientin nicht um ein verwöhntes Luxusweibchen handelt, sondern um eine charmante, zurückhaltende und bodenständige Frau, muss er feststellen, dass sie ihm emotional, als auch beruflich, sehr gefährlich werden könnte. Aber nichts kann seine Professionalität ins Wanken bringen - oder vielleicht doch?
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Ria Wolf
Spezial
Roman
Der Chauffeur – Ein Bodyguard für die Liebe
Ria Wolf
2. Auflage 2024
Copyright © 2024 Marita Böttcher, 33829 Borgholzhausen,
Osnabrücker Str. 28
Alle Rechte vorbehalten
Coverdesign © 2024 Marita BöttcherBildmaterial: iStock
ISBN 9783759297525
Sämtliche Personen und Handlungen in diesem Roman sind frei erfunden. Markennamen und Warenzeichen, die in diesem Buch erwähnt werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Besitzer.
Der Chauffeur
Ein Bodyguard für die Liebe
Impressum
Inhaltsverzeichnis:
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
45. Kapitel
46. Kapitel
47. Kapitel
48. Kapitel
49. Kapitel
50. Kapitel
51. Kapitel
52. Kapitel
53. Kapitel
54. Kapitel
Über die Autorin
Keltische Nächte
Lady Eve, - die Sünde der Väter
Beloved Escort - Lügen
Beloved Escort - Schatten
Ein Herz, zerbrechlich wie Glas
Marla - Gefährliches Blut
Berlin 2014
„Mit der kann man sich völlig gehen lassen …“ KettengliederrasseltenbeiBendersWortenleiseunter Jasons Fingern, verborgen, in seiner Sporttasche.Er spürte die kühle Glätte des Metalls, die stumpfen aber wirksamen Stacheln des Halsbandes. Ewigkeiten nichtmehrgenutzt,aberberuhigendinseinemDasein. Trauerst du einem Hund nach?, fragte Bernd ihn mal, als er seinen Talisman nicht gut genug verborgen hatte. Er war Bernd die Antwort schuldig geblieben. Dieses Halsband war zwar für Hunde gemacht, gehörte aber um die Kehle eines Menschen. Das ging auch seinen besten Freund nichts an, und der war es gewohnt, nicht auf jede Frage eine Antwort zu erhalten.
Sich bei einer Frau völlig gehen lassen, sich dem totalen Verlust der Selbstkontrolle ausliefern … Schmerzen und Tränen hervorrufen … das hatte er weit hinter sich gelassen. Der ungebetene Gast einige Meter weiter aktivierte nur auf unangenehme Weise seine Erinnerung daran. Sie legte sich wie ein Backstein in seine Eingeweide.
„Die steht bestimmt darauf, wenn ich sie an jeder Stelle richtig durchnehme, bis sie sich nicht mehr rühren kann. So einer braucht man nicht mit der schnöden Missionarsstellung kommen.“
Jason kam mehr und mehr die Galle hoch. Nichtnur, wegen Benders Absichten, die viel Schaden anrichten konnten, wenn die Partnerin nicht gleich tickte, sondern auch, weil das gesamte Gerede für Bodyguards ihres Niveaus inakzeptabel war. Das galt auch für die Chauffeure seines Freundes Bernd. Der hatte sich keinen Gefallen damit getan, Bender einzustellen. Jason holte tief Atem, kompensierte seinen Ärger innerlich. Wie sexueller Erregung gab er auch anderen Launen nicht mehr unkontrolliert nach. Seit zweiundzwanzig Jahren war er für andere der Inbegriff von Beherrschtheit und stolz darauf.
Mit verschränkten Armen lehnte Thomas Bender an einem Spind des Umkleideraums und schaute selbstgefällig die vier ehemaligen Kameraden aus der Sicherheitsakademie auf der Bank an. Wie zwei von ihnen ihre Badehosen zerknüllten und auf den Boden warfen, zeigte, dass Bender auch ihre Toleranzgrenzen arg strapazierte. Im Gegensatz zu ihnen hatte Bender sich nicht für den Personenschutz qualifiziert. In der Arbeit als Chauffeur suchte er wohl das Gefühl, doch so etwas wie ein Bodyguard zu sein. Die Verantwortung für die Sicherheit seines Fahrgastes kam dem zumindest im fahrerischen Bereich nahe, war aber nicht mit den umfassenderen Aufgaben eines Personenschützers vergleichbar. Sein Besuch hier schien der Hoffnung zu entspringen, doch wieder in Jasons Kreis aufgenommen zu werden.
„Fast schade, dass ich zwei Tage Urlaub nehmen musste, aber wenn ich wieder da bin, werde ich es ihr richtig besorgen. Dann hat sie frischen Stoff, über den sie schreiben kann“, hallte Thomas' Stimme weiter unangenehm durch den Raum. Total resistent für die Stimmung seiner Mitmenschen.
Genau diese Großmäuligkeit und fehlendes Feingefühl waren es, die ihn die weitere Ausbildung zum Personenschützer gekostet hatten. Jason war sein Dozent gewesen und hatte schnell erkannt, dass Benders prahlerisches Wesen nicht nur auf jugendlichem Übermut basierte, sondern ein Wesenszug von ihm war.
Verlegen schauten seine vier Männer zu ihm herüber. Gutausgebildete Sicherheitskräfte, die fürseinen Schutzservice arbeiteten und verinnerlicht hatten, dass verschwiegene Zurückhaltung oberste Maxime ihres Berufsstandes war.
Jason zog sich das Frotteetuch von den Hüften und schlüpfte in seine Jogginghose. Dabei hoffte er inständig, dass sich das Gerede nur auf eine weibliche Bekanntschaft von Thomas bezog und nicht auf eine Kundin.ObwohlDiskretionauchimprivatenBereich
Anwendung finden sollte. Das predigte er den Bodyguards, die er ausbildete, bis es zu ihrem Mantra wurde. Und eine Ausbildung bei ihm schlossen nur die Besten ab. Wer die unumstößliche Regel: Schweigen, Finger weg und Schwanz bei Fuß im Job nicht akzeptieren wollte, war weder für sein Team noch fürBernds Chauffeurservice geeignet.
„Die ist mir ja eigentlich zu alt und ihr Aussehen ist auch nicht ganz mein Fall“, fuhr Bender fort, die betretenen Gesichter seiner Zuhörer ignorierend. „Aber die …“
„Halt doch endlich die Klappe!“, reichte es einem seiner Männer.
Jason hielt es nicht länger an seinem Platz. Mit einer Hand stützte er sich neben Bender am Spind ab und sahaufdenumeinenhalbenKopfKleinerenherunter. Vielleicht würde ein Kinnhaken helfen, die EntwicklungseinesVerstandeszubeschleunigen,aberverbeulteGesichtermachtensichinihremGewerbenichtgut. Wenn Bender nicht freiwillig den Mund hielt und das Weite suchte,würde erihnamKragenpackenundvor die Tür setzen. Wenigstens schrumpfte der sichtlich um einige Zentimeter.
„Wenn du deinen Job bei Bernd nicht verlieren willst, behältst du ab sofort für dich, was in deinem unterbelichteten Hirn vor sich geht. Und wenn es sich bei besagter Dame auch noch um eine Kundin handelt, solltest du nicht mal stumm den Gedanken verfolgen, sie anzufassen! Oder hast du vergessen, dassbei Bernd die gleichen Regeln gelten wie bei mir?“
TrotzfunkelteihmausBendersAugenentgegen.
„Sei nicht so engstirnig, Jason. Die reichen Weiber buchen uns doch, weil sie mal von was Kernigem gevögelt werden wollen. Ich frage mich, ob es unter deiner emotionslosen Effizienz überhaupt sexuelle Regungen gibt, dass du das ignorieren kannst. Habe bei dir nie ein natürliches Interesse an Frauen gesehen. Oderwürdestdugern,kannstabernichtundnimmst uns deshalb so an die Kandare, um nicht an dein Manko erinnert zu werden?“
Wenn das ein Schlag unter die Gürtellinie werden sollte, hatte er sein Ziel verfehlt. Selbst wenn er ein Problem mit seiner Potenz hätte, hingen davon bestimmt nicht seine Grundsätze ab.
„Erstens: Das Wörtchen uns zeigt deutlich, dass du noch nicht begriffen hast, dass du nicht mehr zu meinem Team gehörst. Zweitens: Sind meine Männer zu intelligent, um Anstand mit aufgenötigter Zurückhaltung zu verwechseln. Und drittens: Gehen dich meine körperlichen Fähigkeiten einen feuchten Scheiß an.“
Seine Gleichgültigkeit gegenüber weiblichen Reizen mochte wirklich auffällig sein, aber ihm genügte es,wie er sich auslebte.
MitdemDaumendeuteteerüberseineSchulter.
„Verschwinde hier. Und komm uns nicht mehr unter die Augen, Thomas.“
EndlichschienseinjüngeresGegenüberbegriffenzu haben, dass er vor den Falschen geprahlt hatte. Thomas'Gesichtsfarbebegannmitdenbreitenweißen Streifen zwischen den lindgrünen an den Wänden zu verschmelzen. Hilfesuchend sah er die vier Männer auf der Bank an. Sie ignorierten ihn und schlüpften weiter in ihre Kleidung. Seine Schultern sackten nach vorn. Anscheinend war ihm klar geworden, dass ersich endgültig alle Türen zugeworfen hatte. Von Jason Connorsirgendwohinausgeworfenzuwerden,warder AlbtraumjederangehendenSicherheitskraft. EinWort von ihm, und man konnte höchstens noch als Türsteher einer Spelunke Geld verdienen. Nicht mal als Chauffeur würde Jason ihn akzeptieren, wenn er Bernds Sternenflotte für seine Aufträge brauchte.
Thomas räusperte sich und brachte krächzend her- vor: „Tut mir leid, Jason. War nur blödes Gerede. Kommt nicht wieder vor.“
Diese Entschuldigung würde auch nichts mehr ändern.
„Das will ich hoffen und jetzt geh endlich.“
Jason streifte nur die Jeans über, wischte mit dem Handtuch ein paar Tropfen Wasser von seiner Brust und klappte den Deckel des Laptops zu. Die Dusche hatte das Bedürfnis weiterzuarbeiten fortgespült. In zwei Stunden graute ohnehin der nächste Tag heran.Ernahm ein GlasMineralwassermit und lehnte sich an sein Panoramafenster. Obwohl er fast jede Nacht, die er in Berlin verbrachte, hier stand, wurde er den Anblick der schimmernden Spree unddie Lichter des niemals schlafenden Berlins nie müde. Er besänftigte die Rastlosigkeit, die ihn stets befiel, sobald er nicht arbeitete. Die ihn auch nie länger als drei Stunden am Stück schlafen ließ. Woher sie kam, blieb ihm ein Rätsel. Er hatte alles erreicht, was er wollte. Sein Unternehmen florierte. Wenn er wollte, könnte er sich jetzt schon für den Rest seines Lebens die Sonne auf den Bauch scheinen und andere die Arbeit machen lassen. Seine Eigentumswohnung entsprach auch genau dem, was er sich vorgestellt hatte, und Elvira war die perfekte Begleiterin an seiner Seite. Was fehlte ihm also noch?
„WannkommstduendlichinsBett?“
Er drehte sich zu ihr um, ohne sich von der Kühle desFensterszulösen.Verschlafenrekelte sie sich.Der Kontrast ihres hellen Körpers, ihrer blonden langen Haare auf seiner schwarzen Seidenbettwäsche war das SinnbildvonSchönheit.Thomas'Wortehallteninihm wieder und brachten ihn zum Schmunzeln. Außer Bernd, seine rechte Hand Michael und sein längster Mitarbeiter Leo, wusste niemand, dass er eine Beziehung mit Elvira hatte. Er ging mit solchen Privatangelegenheiten nicht hausieren.
Unter langen Wimpern hindurch sah sie ihnan.
„Denkst du über meine Frage im Restaurant nach, Jason?“
Ja,dastaterauch…irgendwie.DochdieAbneigung gegen eine neue Ehe war so tief in ihm verwurzelt, dass es einer psychischen Vergewaltigung gleichkäme, noch einmal eine einzugehen. So wie es jetzt war,hatteallesseinenPlatz.WennernachHausekam, konnte er blind die Hand ausstrecken, um das zu ergreifen, was er haben wollte und er hatte seine Ruhe, wann immer ihm danach war. Er sah keine Vorteile darin, die Privatsphäre kontinuierlich mit jemandemzu teilen, und die wenige Zeit, die der Entspannung dienen sollte, mit Kompromissen, lästigen Disputen und Unordnung zu verderben, wie es seine gescheiterte Ehe mit sich gebracht hatte.
„Tut mir leid, wenn ich deinen Schlaf gestört habe. Möchtest du was trinken oder brauchst du sonst etwas, Elvira?“
Ein paar Strähnen ihres Haares schmiegten sich um ihre vollen Brüste und setzten die rosigen Spitzen in Szene. Sie wusste, wie man posierte, um das Blut von Männern in Wallung zu bringen. Als Fotomodell hatte sie das perfektioniert. Eines ihrer langen Beine lag auf der Bettdecke und zeigte noch deutlich die goldene Farbe ihres gemeinsamen Urlaubs an der Riviera.
SiezogeinenSchmollmund.Gereiztstießsieaus:
„Nichts, außer einem Ehering. Aber obwohl wir vier Monate zusammen sind, hast du mir nicht mal einen Schlüssel zu deiner Wohnung gegeben.“
Geschmeidig glitt sie vom Bett und lehnte sich neben ihm an die Scheibe. Hier oben, in der fünften Etage, waren sie vor aufdringlichen Blicken geschützt, höchstens als Schemen erkennbar. Doch Elvira würde es vermutlich auch nichts ausmachen, wenn es anders wäre. Sie ließ sich gern bewundern. Seit sie vor vier WochendieDreißigerreichthatte,warihrDrangnach Verehrung noch gestiegen. Und der nach einer gut gestellten Ehe. Sie war sich bewusst, dass ihre Zeit als Model ablief, und wollte nicht wieder in ihren gelernten Beruf als Kosmetikerin zurückkehren.
Von der nächtlichenSchwülelageinleichterSchweißfilmauf ihrer Haut. Ihr Magen knurrte leise. Sie legte die Arme über den Kopf und bog ihren Rücken durch. Lockend reckten sich ihm ihre Knospen entgegen.
„Ich habe einen schönen Verlobungsring gesehen, Jason. Morgen Abend fliege ich nach Madrid für ein Fotoshooting und bin zwei Wochen weg. Ich würde ihn dort gerne zu meinem neuen Strandkleid tragen.“
Sie waren als Paar eine ideale Kombination. Auch was die Größe anging. Mit ihren eins fünfundsiebzig passte sie gut zu seinen eins neunzig, kleidete sich immerstilbewusst,liebtepenibleOrdnungwieer.Siewar die Vervollständigung seiner Suche nach Perfektion. Dazu gehörte auch, dass sie keine Kinder wollte, ihrer Liniewegen.Dahererübrigtesich,ihrmitzuteilen,dass er keine zeugen konnte. Sie nahm noch die Pille, deshalb hatte sie keinen Grund zu hinterfragen, wieso sie nicht schwanger wurde, obwohl er keine Kondome benutzte. Gesundheitliche Bedenken hatten sie von vornherein mit frischen Attesten ausgeräumt. Es passte alles. Trotzdem würde er sich lieber an ein Kreuz nageln lassen, als noch einmal mit einer Frau zusammenzuziehen, oder gar zu heiraten.
Ein Schimmer ihres knallroten Lippenstiftes haftete ihr noch an. War zu rosa verblasst und verlieh ihrem Gesicht ein trügerisches Bild von Unschuld. Nur ein Narr würde das Risiko eingehen, diese weibliche Vollkommenheit wegen Bindungsunwilligkeit zu verlieren. Sie war nicht die Erste, die versuchte, ihm die Pistole auf die Brust zu setzen, aber die Erste, die präzise seinen Vorstellungen entsprach und die er deshalb nicht einfach gehen lassen wollte. Während sie fort war, blieb ihm Zeit genug, zu überlegen, wie er sie vielleicht auch ohne Trauschein davon überzeugen konnte, bei ihm zu bleiben.
„Wir reden darüber, wenn du aus Madrid wieder- kommst. Jetzt bereite ich dir einen Salat, damit du nicht verhungerst.“
IhreblauenAugenfunkeltenverärgertauf.
„Fallsich aus Madrid wiederkomme. Du gibst mir nicht besonders viel Anreiz dazu.“
Sie löste sich vom Fenster und ging mit schwingenden Hüften Richtung Badezimmer. Sie wusste genau, welchen Anblick sie bot. Versuchte ihm zu verdeutlichen, was er verlor, wenn er sie nicht fest an sichband. Mit dem Bewusstsein, dass keine andere Frau seinem Maßstab gerecht werden würde, warf sie ihre langen Locken über die Schulter, bevor sich die Tür hinter ihr schloss.
Als er die Dusche rauschen hörte, ging er in die Küche und richtete einen leichten Salatteller an, wie sie ihn am liebsten mochte. Die kleinen Mozzarellastücke leuchtetenweißzwischenden grünenEndivienstreifen unddierotenTupferderhalbenKirschtomatenwürde sie kaum kauen müssen.
In einem Hauchaus Seide, der sie von denSchultern bis zu den Knöcheln wie hellblauer Dunst umschmeichelte, kam sie aus dem Badezimmer. Nichts blieb seinen Augen verborgen. Genauso hatte er sich das vorgestellt,alserdieses Negligé fürsie erstand.Elvira brauchte nicht zu wissen, dass er damit wie mit den anderen frivolen Dessous, die er ihr bisher schenkte, seine Selbstkontrolle immer wieder auf die Probe stellte. Das würde nur ihren Stolz verletzen. Zufrieden registrierte er, dass sich nicht mal sein Puls beschleunigte. Er bestimmte, wann sein Körper wie reagierte. Dafür brauchte er sich nicht mehr bewusst zusammenreißen. Seine Immunität war ihm in Fleisch und Blut übergegangen.
Dem kühlen Blick ihrer Augen nach zu urteilen, hatte sich Elviras Stimmung trotz dieser teuren neuen Errungenschaft nicht gebessert. Wie üblich verlor sie kein Wort über sein Geschenk, zeigte nur damit, dass sie es trug, dass es ihr gefiel. Sie setzte sich vor ihm an den Tresen. Während er auch für sich einen Salat zubereitete, beobachtete sie stumm jeden seiner Handgriffe.ErstellteihrdenTellerhinundgossihnenbeiden Sauvignon-Blanc in die Gläser. Den Wein nahm sie, den Salatteller strafte sie mit Verachtung undschob ihn zur Seite.
„Willst du mich mästen? Meinst du, wenn ich fett werde, bleibe ich auch ohne Ehering bei dir? Davon abgesehen, dass ich dann deinen Ansprüchen nicht mehr genügen würde.“
Genau solche albernen Dispute waren es, auf die er gut verzichten konnte. Er strich über ihre Hand und wollte sie an seine Lippen ziehen, um die Wogen zu glätten. Ruppig zog sie sie weg. Ein nachsichtiger Seufzer entschlüpfte ihm für ihre schlechte Laune. Letztendlich waren die Reaktionen der Frauen immer gleich,wenn sie nicht sofort bekamen, wassie wollten. Er nahm die quadratische schwarze Schachtel aus der Schublade,woersie verborgenhatte,tratumden Tresen herum an Elviras Seite und hielt sie ihr hin. Sofort hoben sich ihre mürrisch verzogenen Mundwinkel zu einem Lächeln. Als sie die Schachtel öffnete und ein passend zu ihrer Augenfarbe mit blauen Topasen besetztes Silbercollier samt Armband darin vorfand, begann sie über das ganze Gesicht zu strahlen.
„Vielleicht tröstet dich das ja erst einmal über einen Ehering hinweg.“
Sie hob die Kette von dem grauen Satin.
„Es tröstet mich zumindest, bis ich aus Madrid wieder hier bin.“
Er hatte sich schon gedacht, dass diese Kostbarkeiten nicht genügen würden, sie ganz zu besänftigen.Eine Frau wie sie verlor ihr anvisiertes Ziel niemalsaus den Augen. Er konnte zwar nicht ihren Wunsch nach einem millionenschweren Bankkonto befriedigen, aber den nach einem gut aussehenden Mann, dessensie sichnichtzu schämenbrauchte,mitadäquatem Vermögen, das ihr ein angenehmes Leben in Aussicht stellte. Als sie sich kennenlernten, hatte sie geklagt, dass die reichen Männer, die sich für sie interessierten, zu unansehnlich waren, um das Leben mit ihnen wirklich genießen zu können.
„Sollichesdiranlegen?“
„Ja,bitte.“
Keine Sekunde vergessend, wie sich ein Model bewegte, stieg sie von ihrem Hocker und stellte sich mit dem Rücken zu ihm. Während er ihr das Geschmeide um den Hals legte, schloss sie das Armband um ihr Handgelenk. Mit einem Kuss in ihren Nacken gab er ihr zu verstehen, dass er fertig war. Sie drehte sichum, lächelte ihn zufrieden an und ließ langsam die Seide von ihren Schultern gleiten. Sie sah wunderschön aus. Nackt, nur mit dem funkelnden Schmuck bekleidet. Ihre Hände glitten über seine Brust, suchten zielstrebig den Weg zu seiner Mitte und öffneten Knopf und Reißverschluss seiner Jeans. Da er nichts daruntertrug, fanden ihre Finger sofort, was sie begehrten. Unter ihrem Reiben gestattete er sich, hart zu werden. Er wollte nie auf diese Weise für seine Geschenke belohnt werden, aber Elvira folgte da stets ihren eigenen Bedürfnissen. Außerdem machte es sie todunglücklich, wenn sie bei einem Treffen nicht miteinander schliefen.
Schritt für Schritt drängte sie ihn Richtung Bett. An der Kante zog er die Jeans ganz aus und ließ sich auf dasLaken sinken. Sie kniete sich überihn, begann ihre Hände über seine Brust streichen zu lassen und folgte deren Spur mit ihren Lippen. Angenehme Wärme breitete sich in ihm aus. Noch mehr, als ihr Mundseine Eichel umschloss und sie umspielte. Mit dieser kundigen Liebkosung erreichte sie seine ganze Standfestigkeit.
Er fasste sie unter die Achseln, zog sie rittlings auf seinen Unterleib und schob sich mit ihr bis ans Kopfende, wo er sich an die Kissen lehnte. An seinemGlied fühlte er die weiche Wärme ihres Schoßes. Sie riebsichdaran,reckteihmdieBrüsteentgegen.Spielerisch ließ er seine Zunge über ihre Brustwarzen gleiten, genoss, wie Elvira aufseufzte, sog sie abwechselnd tiefinseinenMund.DerGeschmackdessüßlichen Rosenöls, mit dem sie sich nach der Dusche eingerieben hatte, breitete sich auf seiner Zunge aus. Das störte ihn etwas. Aber wie sich die Knospen in seinem Mund durch ihre Erregung verlängerten, machte den ölige Geschmack unwichtig.
Unterseinen Fingern spürte erdieseidigeHaut ihres Hinterns. Ließ sie der Furche folgen, bis sie das Zent- rum ihrer Scham erreichten. Mit leichtem Druck strich erhindurch,reiztemitderFingerkuppeihrensamtigen Eingang und ihre Klit. Elvira beugte sich zur Seite, drückte etwas Gleitgelaus dem Spender auf ihre Hand und rieb sein Glied damit ein, um seine Größe in sich aufnehmen zu können. Er hielt es aufrecht. Langsam senktesieihrenSchoß.AlsseineSpitzeinsieeintauchte, legte er die Hände um ihre Hüften. Bremste das Tempo des Eindringens auf zentimeterweise Schritte. UnterleichtemWiegenihresBeckensglittertieferund tiefer in sie hinein. Prickelnde Schauer fuhren über seine Haut. In gleichmäßigem Auf und Ab ließ er sie auf sich reiten.Hieltihre Hüften fest, wenn sie drohte, zu hektisch zu werden. Wie schon oft, dankte er dem Himmel, diese Beherrschung vor vielen Jahren gelernt zu haben. Sonst hätte er sich wohl niemals wieder in die Nähe von Frauen getraut. Hätte stets befürchtet, ihnen mit seiner zügellosen Gier Schaden zuzufügen. Das Ausmaß seines Schwanzes verbat jeden Kontrollverlust.
Elvira sah wunderbar selbstvergessen aus. Nahm ihn mal tief, dann wieder nur halb in sich auf und bog ihren schönen Leib wie eine Bogensehne durch. Er genoss das wogende Fleisch ihrer Brüste in seiner Hand, während seine andere unablässig ihre Perle stimulierte. Ohne diesen zusätzlichen Reiz konnte sie nicht kommen. Langsam wand sich diese schöne Sirene auf ihm zum Höhepunkt, sandte sanfte Wellen von Wärme durch seinen Körper. Ihr Atem wurde heftiger, schwerer. Leises Seufzen drang über ihre Lippen, dannhieltsiedieLuftan.IhrInnersteszogsichum ihn zusammen, und mit einem tiefen Aufstöhnen löste sie sich wieder.
ErschöpftsankElviranachvornundstütztesichauf seinen Schultern ab. Er strich über ihre rosige Wange und eine Strähne hinter ihr Ohr. Es würde ihm nichts ausmachen jetzt aufzuhören. Diese Art von körperlicher Befriedigung fand er nur noch überbewertet. Sich im Sport auszupowern, erfüllte ihn mit wesentlich mehr Zufriedenheit. Selbst zu den Zeiten, wo er sich per Handarbeit vom übermächtig scheinenden Druck befreite, fand er das Ergebnis stets enttäuschend. Es war immer gefolgt von dem Gedanken: Das war es jetzt? Dafür hast du dich so aufgeschaukelt? Wenn er die Prahlerei seiner damaligen Mitschüler zum Vergleich nahm, musste sein spärliches Ergießen mit seiner Zeugungsunfähigkeit zusammenhängen. Der Aufbau der Erregung war immer der interessanteste Teil gewesen. Wie sich alles Denken verflüchtigte, und er nur noch etwas um seinen Schwanz spüren wollte. Genaudieserinteressante TeilwarzurGiermitfatalen Folgen geworden.
Lang war es her. Das schlechte Gewissen würde nie ganz aufhören an ihm zu nagen. Aber er konnte verhindern, dass so etwas jemals wieder geschah.
Elvira schlug ihm leicht auf die Schulter. „Mach schon.“
Er merkte, dass sich sein Blick an der Sporttasche mit dem Stachelhalsband festgesaugt hatte. Entschuldigend lächelte er Elvira an. Sie konnte es überhaupt nicht leiden, wenn er nicht zum Höhepunkt kam. Es gab ihr das Gefühl nicht attraktiv zu sein. Also würde er ihren Akt wie immer vollenden. Vorsichtig rollte er sich mit ihr herum. Sie schlug ihm noch einmal auf die Schulter.
„Dubist zu schwer.“
Sofort stützte er sich mit den Ellenbogen neben ihr ab.
„Besser?“
Sienickte,legteihreHändeaufseinePobackenund drängte ihn, in sie zu stoßen, damit seine Schwellung nicht abklang, bevor er einen Erguss gehabt hatte. Er rieb sein Glied noch einmal mit Gleitgel ein. Dann schobersichsachte,undsooftin sie,bisdasvertraute Rieseln über seine Wirbelsäule und das leichte Ziehen in seinem Unterleib den Höhepunkt ankündigten. Unter dem seichten Rinnen seines Samens beruhigte sich sein Körper wieder.
Er zog sich aus Elvira zurück, drückte einen Kussauf ihre vollen Lippen und stand auf. Sie rollte mit einem zufriedenen Lächeln auf die Seite und schloss die Augen.
Unter der Dusche trennte er sich von dem übertragenen Rosenöl und anderen klebrigen Überbleibseln ihres Aktes. Dann rückte er Kissen in seinem Sesselam Fenster zurecht, sank in die Tiefe der federgefüllten Polsterung und legte die Füße hoch. So brachteihn die Wärme und Unruhe eines anderen Körpers nicht um seine zwei bis drei Stunden Schlaf.
Ein Liebesroman! Erneut stellte sich Jason jedes einzelne Nackenhaar auf. Schon die Farben des Hörbuchcovers verursachten ihm ein Schütteln, als hätteer in eine Zitrone gebissen. Ein eng verschlungenes, fast nacktes Liebespaar auf rosafarbenem Hintergrund und goldfarbene, schnörkelige Schrift. Uaah. Er musste von allen guten Geistern verlassen sein, diesen Gefallen zwischen seine eigenen Aufträge zu schieben, aber einen Freund in der Klemme ließ er nicht sitzen.
ErschobsichdenKnopfhörerseinesIPodsinsOhr, um die Liebesschmonzette aus dem CD Player des Wagens wenigstens mit Musik nach seinem Geschmack zu begleiten. Seit einer Stunde tat er sich das nun schon an und konnte beim besten Willen nicht nachvollziehen, warum Frauen so etwas Realitätsfernes gern lasen oder hörten. Liebe auf den ersten Blick, oder er fühlte sich wie elektrisiert, als sie ihm in die Augen sah. Himmel noch mal, glaubte wirklich jemand, dass es so etwas gab? Selbst zu seinen unbeherrschten Zeiten hatte er nicht ansatzweise etwas gespürt, wasman alselektrisierend bezeichnen könnte. Auch keiner seiner Freunde hatte je so etwas Blödsinniges geäußert. Und das Wort Liebe stieß ihm schon seit seiner Ehe schal auf. Aufgrund von Filmen und Liedern hatte er als junger Mann davon etwas Tiefergehendes, Beständigeres erwartet. Doch es war nur ein Wort, das gern benutzt wurde, um banale Anziehung zu dramatisieren, oder dem Partner Sand in die Augen zu streuen. Nur einmal warerdem Wort aufden Leim gegangen. Seine Frau hatte gesagt, sie würde ihn lieben. Das hatte ihm das Gefühl gegeben, es wäre richtig, sie zu heiraten. Sie benutzte es oft und gerne. Vermutlich hatte sie es auch dem Mann ins Ohr geflüstert, der vor Schreck aus seinem Bett gefallen war, als Jason eines Tages unerwartet früh nach Hausekam.SeitdembeendeteerjedeBeziehung,sobald eine Partnerin von Liebe zu faseln begann. Elvira stand dem zum Glück so nüchtern gegenüber wie er. Weder sprach sie davon, noch hatte er bei ihr solche Schmalzromane gesehen. Eigentlich gar kein Buch,nur Illustrierte mit Klatsch und Modetrends.
Mit Mozarts Fünfte drängte er die Stimme aus dem CD Player in den Hintergrund, aber das gab dem Liebesgesäusel sogar eine gewisse Dramatik.
Allein dafür, dass er sich in diesen Roman reinhören musste,umsichzuinformieren,wasgenaudieKundin schrieb, hatte er bei Bernd etwas gut. Und wem hatte er diesen Grusel und unplanmäßigen Ausflug zu verdanken?ThomasBender!SeinBauchgefühl,dasBernd wegen dem Typen noch Probleme bekam, war also richtig gewesen. Ob Thomas wirklich Schuld daran trug, dass ein dreimonatiger Dauerauftrag über einen Mann mit Limousine auf der Kippe stand, sollte ernun klären, und die Wogen bei der Auftraggeberin glätten. Thomas behauptete, von ihr vom Hof gejagt worden zu sein, weil er sich geweigert hatte, mit ihr zu schlafen, als sie ihm an die Wäsche wollte. Klang nicht sonderlichglaubwürdig,daderKerlohnehin schwanzgesteuert war. Oder zumindest den Eindruck vermittelte, wie bei seinem Besuch in der Umkleide der Schwimmhalle.
Eine Woche konnte er erübrigen, um die Angelegenheit zu bereinigen und den Ruf von Bernds Unternehmen zu retten. Die Autorin hatte gefordert, dass heute, acht Uhr morgens, ein neuer Chauffeur bereitstehen sollte, damit sie den Auftrag nicht stornierte.
Du bist wie eine Maschine, Jason. Von nichts aus dem Takt zu bringen, hatte Bernd ihn bekniet und damit ja auch recht.
Keiner kann besser rausfinden, ob die Schuld bei Thomas oder der Autorin liegt, und in letzterem Fall ihre Avancen abwehren, ohne dass die Dame anschließend beleidigt ist.
SicheinerwomöglichsexbesessenenKundineine ganze Woche zu erwehren, stand nicht gerade ganz oben auf seiner Wunschliste von Aufgaben. Leider hatte Bernd von seinen eigenen Leuten keinen frei, dem er diesen Auftrag zutraute, denn das Ganze wurde noch dadurch erschwert, dass der Chauffeur im Haus der Autorin wohnen musste, weil sie auch noch so verdammt weit weg von Berlin lebte.
Fünfhundert Kilometer, in einer Gemeinde namens Steinhagen, im Teutoburger Wald. Großartig. Da konnte er nicht mal das Training seiner Angestellten im Auge behalten.Um gut Wetter bei der Kundin zu machen, hatteBernd ihm sogar sein neuestes Lieblingsbaby, den Mercedes 600, mitgegeben. Nun ja, sie war wie fastalle von Bernds und seinen Kunden Millionärin. Da war stilgerechtes Auftreten eines Fahrers eine Selbstverständlichkeit. Dass ihre Bücher und die zwei Verfilmungen davon pornografische Züge haben sollten, spielte keine Rolle.
Damit er in dem Roman vorwärtskam, um sich gegebenenfalls mit der Autorin über dieses Thema unterhalten zu können, hatte er bisher in fünf der sechs CDs jeweils zehn Minuten hineingehört. Jetzt lag die Sechste drin. Die weibliche Stimme las gut und lebendig vor, das musste er ihr lassen. Ihr Timbre umhüllte ihn zusammen mit Mozart, wie eine warme Sommernacht im Grünen. Es änderte jedoch nichts an dem schnulzigen, romantisch verklärten Inhalt der Story.
Er sah das Gesicht der Autorin vor sich, deren Homepage er am Abend zuvor gegoogelt hatte. Von dem Porträtfoto schaute ihn eine sehr aparte brünette Frau an. Sie wirkte darauf jünger als die angegebenen achtunddreißigJahre,dochdasBildkonnteschonälter sein, oder vorteilhaft retuschiert. Was ihm nicht aus dem Kopf ging, waren ihre Augen. Als Betrachter des Bildes bekam man das Gefühl, sie schaue einem bisauf den Grund der Seele. Waren sie braun gewesen?Es hatte gewirkt, als wäre darin noch eine weitere Farbe.UndeinFunkeln,alswüsstesiegenau,dassder Betrachter gerade darüber nachdachte, was sich hinter ihrer Fassade verbarg. Nein, perfekt schön, wie er esan Frauen schätzte, war ihr Gesicht nicht, und doch hatte es etwas, das ihn wiederholt hinschauen ließ. Weshalb sie wohl ihren Führerschein für einige Monate abgeben musste? Verbarg sich hinter der aparten Erscheinung eine Alkoholikerin? Keine Seltenheit, bei erfolgreichen Menschen.
SatansZiege,waswardasebengewesen?!
Behutsam nimmt meine Zunge den Liebestropfen von seiner samtigen Eichel auf?
Schockiert zog er den Ohrstöpsel heraus, um der Stimme aus dem CD- Player besser folgen zu können. Einige Sätze später wurde ihm bewusst, dass er einen Ständer hatte, dassesfastschmerzte,undjeweitersichdieausdrucksvolle Erzählung auf den Höhepunkt der Romanfiguren zuarbeitete, umso schlimmer wurde es. Zu seinem Schrecken konnte er die Erregung auch nicht zurückdrängen.SeinKörperweigertesich,ihmzugehorchen. Nach ewiger Zeit brauchte er tatsächlich wieder volle Konzentration, um sich unter Kontrolle zu bringen, doch er schaffte nicht mal, sich von der Schilderung loszureißen. Er sollte das verwünschte Ding abschalten, bevor das Zuhören im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose ging. Hölle! Es gefiel ihm gar nicht, auf eine Schwachstelle in seiner vertrauten Contenance gestoßen zu sein. Schalt das verdammte Ding aus, Jason!
Die gesprochene Erotik wurde zu einer bittersüßen Qual. Sandte Hitzewellen durch seinen Körper, die sich in seinem Glied bündelten, mit jedem weiteren Detail der Erzählung zunahmen. Wildes Hupen schreckte ihn auf. Verdammt, er hatte gar nicht mitbekommen, dass er auf der Mittellinie der Autobahnfuhr, und seine Hände schwitzten am Lenkrad, wie sie es seit seinen Fahranfängen nicht mehr getan hatten. Dennoch konnte er nicht aufhören, der verführerischenStimmezulauschen.EineSchweißperlerann ihm ins Auge. Er fühlte seine Wangen schlimmer glühen als bei einem Sonnenbrand. Als sehr emotional geschildert wurde, wie die Figuren den Höhepunkt erreichten, arbeitete er mit tiefen Atemzügen dagegen an, sich nicht ebenfalls gehen zu lassen. Sein Puls raste wie nach einem Wettrennen. Dankbar nahm er das Schild für die nahende Raststätte zur Kenntnis.
Auf dem Parkplatz stellte er den Motor des Mercedes ab und sprang heraus, als stünde der Sitz in Flammen. Neben dem Wagen ging er auf und ab, atmete weiter tief durch, um sich zu beruhigen und wischte mit seinem leinenen Taschentuch den Schweiß von Stirn und Händen.AmRande wurde er sich der Blicke von Passanten bewusst. Eine schwarze Luxuskarosse erregte stets Aufmerksamkeit, wohl noch mehr, wenn der Fahrer mit vermutlich knallrotem Schädel wie gehetzt daran auf und ab lief. Er versuchte sich zusammenzunehmen,seineüblicheBeherrschtheitwiederzuerlangen und nach außen zu reflektieren, aber dafür war er einfach zu aufgewühlt.
ErdrehtedenLeutendenRückenzuundlehntesich an die Motorhaube. Seine Hand zitterte noch immer, als er sich übers Gesicht strich, um die Muskulaturdort zu lockern. Nur allmählich kam sein unbefriedigter Schwanz wieder zur Ruhe. Unglaublich, dass es einem Hörbuch gelungen war, ihn völlig aus der Fassungzubringen.SeinelangjährigeUnerschütterlichkeit in null Komma nichts untergrub. Ein Leck in seiner Immunität. Lag es an der erotischen Stimme? Stand er womöglich auf Telefonsex, ohne es bisher geahnt zu haben? Das sollte er bei Gelegenheit ergründen und dagegen anarbeiten. War überhaupt normal, dass Liebesromane solche detaillierten Szenen enthielten? Zumindest erklärte sich ihm nun, warum manche Damen, die er lesen sah, oft verzückt lächelten.
Seine Neugierde auf die Frau, die so etwas schrieb, wuchs. Und wenn Thomas sich auch einen dieser Romanereingezogenhatte,warschonnachvollziehbarer, dass dieser Heißsporn womöglich auf dumme Ideen gekommen war. Nicht wenn. Natürlich hatte Thomas sich gezwungenermaßen wenigstens einen der Romane antun müssen. So wie er auch. Er sah sich noch einmal das Cover an. Sprecherin, Lena Lark. Sie las es sogar selbst vor. Jetzt schloss er nicht mehr aus, dass die Dame ein verruchtes Luder war, das Thomas diszipliniertes Verhalten sehr schwer gemacht haben könnte. Ließ sie ihre Hörer und Leser nur an ihren Fantasien teilhaben, oder gab sie ihre Erfahrungen unverblümt zum Besten?
Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass noch Zeit genug blieb, sein Ziel pünktlich zu erreichen. Im Seitenspiegel versicherte er sich kurz, dass er nicht mehr glühte, wie ein pubertierender Teenager, und begab sich zur Tankstelle, um mit einem eisgekühlten Energiedrink auch die restliche innere Hitze zu ersticken. Wie viele solcher Stellen das Buch wohl enthielt? Wie viele waren ihm entgangen, weil er nur kurz in dieCDs hineinhörte? Damit sie auch nicht wieder aufloderte, würde der verdammte CD Player jedenfalls für den Rest der Fahrt ausgeschaltet bleiben.
Die schmale Straße wand sich tief in den hügeligen Mischwald hinauf. Hoffentlich irrte sein Navi nicht.Es war bereits zehn vor acht. Wenn er sich verfahren hatte, was ihm für gewöhnlich nie passierte, würde er tatsächlich zu spät kommen. Ein unverzeihlicher Fehler für einen Chauffeur und schlechter Neustart für Bernds Unternehmen. Leider entsprach der aktuelle Verlauf der unzähligen Baustellen auf den letzten dreißig Kilometern nicht den Informationen des Navigationssystems, und durch seinen Stopp auf der Raststätte hatte er die Zeit eingebüßt, die ihm jetzt fehlte.
Er glaubte schon mitten im Wald auf irgendeinem Forstweg zu enden, als sich nach einer Kuppe recht vielversprechend ein hoher weißer schmiedeeiserner ZaunsamtTorzeigte.HinterdemTorbogdieStraße in einer lang gezogenen Kurve nach rechts ab. Esstand sperrangelweit offen, was seinem Sinn für Sicherheit widersprach. Wenigstens thronte auf einem dünnen Mast eine Überwachungskamera, deren rotes Licht bekundete, dass sie auch genutzt wurde. Einen halben Kilometer nach dem Tor endete das undurchdringliche Baum- und Buschwerk und gab unvermittelt den Blick auf ein kleines idyllisches Tal frei.
Im ersten Moment raubte es ihm den Atem, obwohl er schon so einige schöne Anwesen zu Gesicht bekommen hatte. Er blickte von hier auf eine Insel hin- unter. Auf eine lichtdurchflutete Insel, umschlossen von dichtem Mischwald. Sattgrüne Pferdeweiden reichten ringsum bis an den Waldrand heran und machten die Flächen zwischen ihm und den Gebäuden gut einsehbar. Etwas nach drei Uhr tendierend waren in der Mitte der Talsohle eine Reithalle, Stallungen, Nebengebäude und das Wohnhaus in einemKreis um eine mächtige Eiche ausgerichtet. Alles im mediterranen Stil gehalten. Die Gebäude erstrahlten einheitlich in blassem gelb, mit weißen Absetzungen, Reithalle und Nebengebäude waren zudem noch mit dunkelbraunen Hölzern an Giebeln und Traufen versehen. Schmale Lebensbäume wanden sich im Wechsel mit vereinzelten Büschen apart angeordnet neben denGebäudenindieHöhe.Edel,verdammtedel.Und kein Ehemann kam in den Genuss davon zu profitieren, weil Lena Lark laut der Biografie im Internet, schon Jahre vor ihrem Erfolg von Ehemann Nummer zwei geschieden worden war. Es hieß, sie lebte hiermit ihrer Mutter und ihrem Sohn, einem Teenager.
Leise rollte seine Limousine vor die vier weißen Säulen des Wohnhauses. Es schien nur zwei Etagen zu haben. Fenster im Giebel sahen danach aus, als befände sich dort noch eine Dachwohnung. Vielleicht das ihm zugedachte Apartment. An den schmalen Hausseiten führten einstöckige Flügel im Halbkreis zur HausrückseiteundbildeteneinenzueinerSeitegeöffneten Innenhof. Vom Waldrand aus hatte er gesehen, dass sich dort ein mit einer Haube abgedeckter großer Swimmingpool befand.
Was ihm nicht behagte, war, dass noch immer kein Sicherheitspersonal kam, um ihn unter die Lupe zu nehmen. Die Eingangstür zum Hausinneren stand sperrangelweit auf. Der Hof wirkte wie ausgestorben, bis auf ein leise herüberschallendes Pferdewiehern. Sonst war es so still, dass er den seichten Wind über den Hof fegen und das beständige ferne Rauschen des Waldes hörte. Sofort sprangen seine Alarmglocken an. Stimmte hier etwas nicht? Auf so einem Anwesen musste doch Personal seinen Aufgaben nachgehen. Sollte er besser seine Waffe, die er bei Aufträgen immer mitnahm, aus dem Koffer holen?
Er blieb noch einige Minuten abwartend im Wagen sitzen. Eine Überwachungskamera, die den Eingang und eine weiße Korbsesselgruppe rechts davon im Winkel hatte, blinkte so rot wie die am Einfahrtstor. Doch niemand kam heraus. Langsam stieg er aus, holte seine Pistole aus dem Sicherheitskoffer und lud sie. Da er als Chauffeur kein Waffenholster trug, musste sein Hosenbund unter dem Jackett herhalten.
Voller Anspannung ging er auf die Tür zu. Es gab keine Klingel, nur eine kleine Bronzeglocke. Es erschien ihm nicht richtig, sich damit bemerkbar zu machen, solange er nicht wusste, was ihn hier erwartete. Leise trat er in den geräumigen, mit weißem Marmor versehenen Flur. Rechts von sich vernahm er ein Geräusch und fuhr herum.
„Herr Gott noch mal, haben Sie mich erschreckt“, fuhr eine gebeugte grauhaarige Frau in mintgrünem Nickianzug ihn an und haute ihm das Ende ihres Bambusstockes vor das rechte Schienbein. Innerlich stöhnte er auf, das würde einen blauen Flecken geben. Sein Adrenalinspiegel sank wieder. Diese kleine runzelige Dame machte nicht den Eindruck, als befändesich Gefahr im Haus.
„Das war nicht meine Absicht Ma’am“, entschuldigte er sich höflich. „Jason Connors, von Elite – Exclusiv - Cars.“
Sie legte den Kopf in den Nacken und sah ihm kampflustig in die Augen, dann durch die offene Tür zu seinem Wagen.
„Hmpf. Sie sind also der Neue und noch größer. Kriegt man ja einen Krampf im Nacken, wenn manzu Ihnen raufschaut.“
Sie schob zwei Finger in den Mund und pfiff durch- dringend. Jason wusste nicht, was er von ihrem Be- nehmen halten sollte. Zumindest war jetzt bekannt, dass er angekommen war. War diese Frau etwa die Haushälterin? Dann mangelte es ihr an adäquaten Manieren im Hause ihrer Arbeitgeber. Bevor er sich darüber noch weiter Gedanken machen konnte, schossein braunschwarzes, kniehohes Fellbündel von draußen herein. Der Schäferhund glitt auf dem weißen Marmor aus, als er in unvermindertem Tempo versuchte nach links abzubiegen, polterte laut krachend gegen eine angelehnte Tür, die dadurch aufflog und den Blick auf ein Wohnzimmer freigab. Unbeirrt rappelte sich der Hund mit scharrenden Krallen auf und schoss den anvisierten Gang hinunter. In dessen Mitte wusste er einen Läufer zum Schlittern zu nutzen, der sich in Falten an der gegenüberliegenden Wand aufwölbte, und verschwand dann rechter Hand.
„Dösiges Viech“, stieß die alte Dame unter leisem Glucksen aus und schloss die Eingangstür.
Da musste er ihr recht geben. Wenn das der hiesige Wachhund war, hatte er sich nicht damit aufgehalten, ihn als Fremden überhaupt wahrzunehmen.
„LenchenistimBüro“,sagtesieohnesichvorzustellen.
Lenchen? Das klang mehr nach der Mutter der Autorin. Gab es in diesem Haus denn keine Bediensteten? Mit dem Stock wies sie in die Richtung, in die der Hund verschwunden war.
„Ichzeig’sIhnen,damitSiesichnicht verlaufen.“
Langsam folgte er der alten Dame, die ihm geradebis zur Mitte der Rippen reichte. In der Ecke, wo der gefaltete Läufer lag, blieb sie stehen, rammte denStock auf den Teppich und schob ihn zurück auf den angestammten Platz.
„KönnenSie Mühle spielen?“, fragte sie unvermittelt und zockelte langsam wieder an ihm vorbei, um den Weg fortzusetzen.
„Ja,Ma’am.“
„Dieses Määm hört sich fast an wie das Meckern einer Ziege. Wo hab ich das nur schon gehört?“, brummelte sie vor sich hin. „Aber Sie können Mühle spielen, das gefällt mir.“
Es wäre gar nicht möglich gewesen, sich zu verlaufen, wenn man ihm zugetraut hätte, die erste Tür linksnach der Biegung des Flurs zu finden. Eine kleine Reisetasche stand daneben, die Tür war nur angelehnt, und er hörte eine gedämpfte Frauenstimme. In Ge- danken hatte er der kauzigen alten Dame spontan den Namen Granny gegeben, und Granny stieß mit ihrem Stock die Tür weiter auf, sodass er über sie hinweg die Frau zu der Stimme zu Gesicht bekam. Sie stand mit dem Rücken zur Tür, vor einem Schreibtisch. Mit der freien Hand packte sie ein Laptop in die entsprechen- de Tasche.
„Nein, habe ich noch nicht“, hörte er sie in ihr Han- dy sprechen. Sie hatte noch nicht bemerkt, dass er mit Granny in der Tür stand. „Auf der Fahrt habe ich Zeit genug, mir eure Entwürfe anzusehen und …“
Die Hörbuchstimme. Unverkennbar. Es war ihm unangenehm, unbemerkter Lauscher ihres Telefonats zu sein. Doch Granny schien da keine Bedenken zu haben. Lena Larks kleine kurvenreiche Gestalt steckte in einem eleganten schwarzen Hosenanzug.
Aufgrund des Buches und des Desasters mit Thomas hatte er sich schon darauf eingestellt, in wesentlich aufreizender Aufmachung empfangen zu werden. Sie konnte nicht größer als einsfünfundsechzig sein. Zu der eleganten Kleidung passten allerdings nicht die schwarzen klobig wirkenden Sportschuhe. Ihr dunkles Haar sah länger aus als auf dem Bild und fiel ihr in weichen Wellen bis zwischen die Schulterblätter.
„… bekomme ich während der Fahrt vielleichtschon fertig, wenn du nicht zu viele Änderungen …“
Bei dem melodischen, warmen Klang ihrer Stimme drängte ihm schon wieder das Blut Richtung Unter- leib. Ein vertrautes Rieseln schlich Wirbel für Wirbel von seinem Nacken abwärts, aber ungewohnter Weise nicht,weileseinenErgussmitsichbringenwollte.Es
war einfach nur da. Diese ganzen fatalen Reaktionen mussten mit der Erinnerung an die erotische Stelle des Hörbuches zusammenhängen. Er war noch zu übersensibilisiert. Etwas von der Rolle, von dem unerwarteten Kontrollverlust.
Ihr Blazer betonte eine sehr schmale Taille, endete über einem etwas zu vollen birnenförmigen Po. Trüge sie Pumps zu dem Hosenanzug, würde er noch weit besser betont. Er rief sich zur Ordnung. Sonst gingen seine Betrachtungen der Kundinnen doch auch nicht über eine rein geschäftliche Einschätzung hinaus. Ihr Roman hatte eine untergrabende Wirkung auf seine übliche Professionalität.
„Lenchen“, rief Granny, fasste seinen Ärmel undzog ihn einfach weiter in das Büro. „Der neue Fahrschnösel ist da.“
Fahrschnösel? Der Sprachgebrauch der alten Dame schmeichelte ihm nicht gerade. Lena Lark drehte sich ohne Eile mit dem Handy am Ohr um. Da waren sie wieder, die Augen, die dem Betrachter bis in die Seele zu schauen schienen, doch diesmal leibhaftig. Angenehme Überraschung funkelte darin auf. Als ihre Blicke aufeinandertrafen, fühlte er sich nicht mehr fähig zu atmen. Erst als sie den Kopf ein wenig schüttelte, drang wieder Luft in seine Lungen. Hätte sie damit nicht dieses merkwürdige unsichtbare Band zerrissen, er wäre erschreckenderweise nicht dazu in der Lage gewesen.
Ihre Überraschung löste sich in einem Anflug von Misstrauen auf, bevor sie endgültig schaffte, jede Emotion aus ihrem Blick zu verbannen. Nach kurzem Zögern nickte sie ihm grüßend zu und richtete kurzdie Augen auf Granny.
„Danke, Mama.“
Also war es tatsächlich die Mutter der Autorin. Sie musste recht spät mit ihrer Tochter niedergekommen sein.Erschätzte diealteDame aufAnfangsiebzigund vermutlichsetzteihrArthroseoderRheumazu.
Bevor er auch nur die Chance hätte auszuweichen, wäre er auchnurannähernddaraufgefasst,vonsoeinemMütterchen dauernd tätlich angegriffen zu werden, haute sie ihm wieder ihren Stock gegen das Schienbein und traf zu seinem Ärger dieselbe Stelle wie beim ersten Mal.
„Benehmen Sie sich anständig, junger Mann. Und gehen Sie vorher noch mal auf den Topf.“ Damit drehte sie sich zur Tür und rief schneidend: „Ziege!“
Unter einem weiteren großen Schreibtisch rechter Handpolterteesfurchtbar,dannkamderSchäferhund hervorgeschossen und rannte Granny voran aus dem Büro. Derweil beendete Frau Lark ihr Telefonat.
Langsam trat sie auf ihn zu und streckte ihm die Hand hin. Fast fürchtete er sich davor, sie zu ergreifen, nachdem der reine Blickkontakt und ihre Stimme schon so erschütternd auf ihn gewirkt hatten. Doch es nicht zu tun, wäre pure Unhöflichkeit. Also nahm er sie. Sofort bestätigte sich seine Befürchtung. Klein und zart lag ihre Hand in seiner. Ein warmer Schauer fuhr ihm durch den gesamten Arm und verstärkte das Rieseln an seiner Wirbelsäule. In ihren Augen flackerte es erschreckt auf, als spüre sie es auch.
„Lenara Larkmann“, stellte sie sich mit ihrem privaten Namen vor, dann entzog sie ihm hastig die Hand und trat wieder einen Schritt zurück.
Bevor er antworten konnte, musste er sich räuspern, weil er das Gefühl hatte, seine Stimme würde ihm sonst nicht wie gewohnt gehorchen. „Jason Connors, Ma’am.“
„SiesindAmerikaner?“
„Zur Hälfte. Entschuldigen Sie, wenn die amerikanische Anrede Ihnen nicht behagt, kann ich natürlich auch …“
MiteinemflüchtigenAbwinkenunterbrachsieihn.
„Nein. Das ist schon okay, ist mal was anderes. Tut mir leid, ich hatte mir noch nicht die Zeit genommen, Ihr Dossier zu lesen.“
An und für sich sollte das auch eine Sicherheitskraft übernehmen. Himmel, er könnte irgendein Gauner sein und sie würde sich gleich freiwillig in seinen Wagensetzenundihmermöglichensie zuentführen.War sich diese Frau solcher Risiken denn gar nicht bewusst?
Sie atmete tief durch und wieder legte sich ein Schimmer des Misstrauens über ihre Augen. Aber es schien nichts mit der Angst vor potenziellen Gefahren zu tun zu haben. Worauf basierte es? War Thomas Bender dafür die Ursache? Sie wandte sich ihrer Laptoptaschezu.ÜberdieSchulterfragtesie:„Sindsiezur Hälfte Deutscher oder eine andere Nationalität?“
„MeineMutterwarDeutsche.DieerstenzwölfJahre bin ich bei ihr aufgewachsen, dann zu meinem Vater nach Amerika gezogen.“
Sie sah ihn von der Seite mit einem kleinen sympathischen Lächeln im Mundwinkel an. Ein süßes Grübchen bildete sich in ihrer Wange.
„Undwiederzurückgekehrt.Warum?“
„Vor zehn Jahren, Ma’am. In Deutschland fühle ich mich einfach wohler.“
Nach dem Tod seines Vaters, der absurderweise bei einem simplen Einkauf auf dem Bürgersteig durch die Kugel einer Passantin starb, die einem Taschendieb hinterher feuerte, hatte ihn nichts mehrin denUSAgehalten. Eswarso absurd gewesen, weil sein Vater tagtäglich sein Leben für den Schutz eines Senators aufs Spiel setzte und jeden Angriff erfolgreich abgewehrt hatte, und da starb er durch die unkontrollierte Schießwütigkeit einer Hausfrau. Ein Bodyguard,wieausdemBuche.Unerschütterlich,alles im Blick, immer auf das Wohl anderer bedacht.
„Wie schmeichelhaft für unser kleines Land“, holte ihn eine warme Stimme aus seinen abgedrifteten Gedanken. Wieso waren sie überhaupt abgedriftet? Das hatte er schon lange nicht mehr geschehen lassen. Es wurde Zeit, dass er wieder aus dieser merkwürdigen Stimmung herausfand.
Frau Lark strich sich eine widerspenstige Strähne hinters Ohr. „Wieso lebten Ihre Eltern so weit voneinander entfernt?“
Die Frage war ihm unangenehm. Der Hintergrund war nichts, worauf er stolz sein konnte. „Ich bin nur das Ergebnis einer stürmischen Nacht, Ma’am.“
„Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Kommen Sie jetzt direkt aus Berlin?“
Ernicktebestätigend.
„Oje, dann haben Sie schon eine lange Fahrt hinter sich. Wenn Sie erst noch einen Kaffee trinken möchten oder etwas Zeit für sich brauchen, sagen Sie es bitte.“
An der letzten Tankstelle hatte er sich schon für die Weiterfahrt vorbereitet. Dass sie so rücksichtsvoll und freundlich mit ihm umging, als wäre er ein Gast, brachte ihn noch mehr aus dem Konzept.
„Danke, aber ich brauche nichts. Wir können starten, sobald Sie bereit sind.“
SienahmihreLaptoptascheaufundnickteihmzu.
„Gut,dannlassenSieunsaufbrechen.“
Er hielt ihr die Tür auf, damit sie vorgehen konnte. AlssieaufdemFlurnachderReisetaschegreifenwollte, stieß er schnell aus: „Frau Larkmann, wenn Sie erlauben?“
Ein unsicheres Lächeln huschte über ihre Lippen, dochsie ließihndie Reisetasche undauchdie mitdem Laptop nehmen.
„Ich bin es immer noch nicht gewohnt, dass manmir die Sachen hinterherträgt“, sagte sie mit einem entschuldigenden Schulterzucken. „Und Lark reicht. Ich mag es gern kurz und knapp.“
Dass sie nicht gewohnt war, sich bedienen zu lassen, wurde für ihn immer offensichtlicher. Nun, sie warerst vor wenigen Jahren in den Kreis der Millionäre aufgestiegen und stellte diesen Umstand anscheinend nicht mit Überheblichkeit zur Schau. Das gefiel ihm. Und siewirktesogarnichtwieeinverruchtesLuder.DieserFrauwürde eraufdenerstenBlicküberhauptnicht zutrauen, erotische Lektüre zu verfassen. Sie sah süß, aber sehr brav aus.
Als sie den Flur vor ihm herging, ahnte er auch, warum sie auf Sportschuhe zurückgegriffen hatte. Sie hinkte leicht, belastete das linke Bein nicht wie das rechte. Hatte das etwas mit dem Verlust ihres Führerscheins zu tun? Die Neugier auf diese Frau wuchs mehr und mehr in ihm an.
Nicht eine einzige weitere Person zeigte sich auf ihrem Weg zum Wagen. Er hielt ihr die Tür zum Fond auf, reichte ihr die Laptoptasche, da er ihrem Telefonat entnommen hatte, das sie sicherlich gedachte während der Fahrt damit zu arbeiten und begab sich dann zum Kofferraum, um ihre Reisetasche hineinzulegen. Das gab ihm Gelegenheit seine Waffe wieder unbemerkt und sicher zu verstauen. Dabei schweifte sein Blick über den Hof und was er von der Umgebung einsehen konnte. Weit und breit keine Menschenseele. Außer im Haus Granny und vermutlich ihr Sohn. Wie wollte diese kleine zierliche Frau sich Angreifern erwehren oder einfach nur aufdringlichen Paparazzioder Fans? Er bezweifelte, dass sie eine Kampftechnik beherrschte, um sich im Notfall zu verteidigen. Und wenn, wäre sie durch ihr Handicap mit dem linken Bein noch immer im Nachteil. Wenn sie glaubte, Überwachungskameras und ein trotteliger Hund würden genügen, um Gefahren vorzubeugen, war sie ganz schön naiv. Ein schlechtes Gewissen stellte sich bei ihm ein, Granny und den Sohn des Hauses hier offenbar schutzlos zurückzulassen, obwohl es ihn eigentlich nichts angehen sollte. Er war als Chauffeur hier, nicht als Sicherheitskraft.
Na super, das Schicksal wartete wirklich mit fiesen Seitenhieben auf. In diesem Fall wedelte es mit genau dem Typ Mann vor ihrer Nase herum, der jeden Nerv in ihr zum Vibrieren brachte. Dunkle Haare, gepflegt, groß gewachsen, viril, Selbstsicherheit und Ruhe ausstrahlend. Rrrrrrr, hatte sie irgendwas vergessen? Außer, dass sie mit diesem Typ Mann immer wieder auf die Nase fiel und deswegen vorzog, einen großen Bo- gen um eben solche zu machen? Was hatte sie verbrochen, dass Fortuna meinte, ihr so einen Kerl direkt ins Haus schicken zu müssen? Das war wie ein ‚Hallo, guck mal, was du nicht haben kannst, hehehe.‘
Okay, er war nicht ganz so, wie ihre beiden Ex- Ehemänner. Keiner von ihnen hatte auch nur annähernd seine Körpermaße, geschweige denn diese souveräne Ausstrahlung. Aber das änderte nichts an dem Rest. Jason Connors kam ihr wie das Sahnehäubchen auf dem von ihrfavorisierten Männertyp vor. Wäresie zehn Jahre jünger und noch nicht mit einem Hinkebein belastet, könnte sie mit Sicherheit nicht davon lassen, ihr Glück bei ihm zu versuchen. Ungeachtetder vorprogrammierten Bauchlandung. Sie hoffte, dassJasonConnorsihre Unruhenichtbemerkte,sonst hielt er sie womöglich auch noch für nymphoman. Sicherlich wusste auch er, dass ihre Liebesromane einen starken erotischen Touch hatten.
Nein, die Ursache für sein Erscheinen hatte bestimmt nichts mit Schicksal zu tun. Es sah eher nach einem üblen Scherz ihrer Bekannten in Berlin aus. Bei der letzten Party hatten sich einige darüber lustig gemacht, dass sie wieder ohne männliche Begleitung erschienen war und auch nicht mit Neuigkeiten von einer Beziehung aufwarten konnte. Um ihre Ruhe zu haben, hätte sie ihnen etwas vorlügen können, aber sie stand dazu, seit ihrer letzten Scheidung Single zu sein. Das jetztseitachtJahren.Naund?Schließlichhattesie dafür ihre Gründe, nur keine Lust sie jedem auf die Nase zu binden.
Sie hätte den Witzen über Begleitservices mehr Aufmerksamkeit schenken sollen. Auch dem albernen Gerede über Callboyqualifikationen. Jetzt verschärfte sich das Gefühl, etwas Wichtiges überhört zu haben.
Thomas Bender war ihr für einen einfachen Fahrer schon suspekt vorgekommen, aber Jason Connors wirkte erst recht nicht wie ein Chauffeur. Vielmehr wie ein explizit ausgewählter Kandidat, den man ihr ins Bett legen wollte. Hatte man ihr, statt eines seriösen Fahrdienstes, die Nummer eines als solchen getarnten Begleitservice untergejubelt? Weshalb sonst sah von den Burschen jeder wie ein Model aus? Obwohl das gute Aussehen von Thomas Bender seine Impertinenz nicht zur Unwichtigkeit verblassen lassen konnte. Außerdem war er gut dreizehn Jahre jünger gewesen. Eine Fehleinschätzung ihrer Libido seitens seines Chefs? Ein falscher Tipp eines ihrer Bekannten an den Unternehmer, für den Fall, dass sie anrief? Das Gespräch mit diesem Herrn Moorig war ihr eigentlich sehr seriös erschienen. Nun, wenn er vorher schon Instruktionen bekommen hatte, was man ihr für einen Kerl schicken sollte, dann erübrigten sich indiskrete Fragen ja auch.
Aber Jason Connors war wirklich ein Treffer unter die Gürtellinie. Nach dem Debakel mit Bender musste Moorig recht flott ihren Männergeschmack recherchiert haben. War auch kein Kunststück. Man musste ja nur googlen, mit welchem Typ sie verheiratet gewesen war. Irgendwo stand, dass ihre Exmänner wie dunkelhaarige Banker aussahen. Eine Reporterin hatte das ausgegraben und zum Besten gegeben.
Wieso gab sich so ein imposanter Kerl wie Jason Connorsfürsoetwasher? Wardassolcheinlukratives Geschäft? Wäre sie anatomisch dazu in der Lage, würde sie sich in den Hintern beißen, weil sie sich ConnorsDossiernichtangesehenhatte,dassievonMoorig bekam. Dann wäre Connors der weite Weg erspart geblieben und sie lieber mit dem Zug gefahren, statt sich von seiner Aura aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Sie wollte nicht greifbar daran erinnert werden, welches Quäntchen Glück nicht für sie bestimmt war. Okay, man konnte solche Typen für eine gewisse Zeit buchen, aber das war kein Glück, das war ein Geschäft. Das hatte nichts mit einer unverhofften Begegnung gemeinsam, die sich zu einer Liebesgeschichte entwickelte und die Figuren glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben ließ. Es sei denn, sie wäre eine blonde Barbie. Typen wie Jason Connors hatten für gewöhnlich einen Hang zu solchen. Das hatte sie bei ihren schmächtigeren Jason-Ausgaben deutlich zu spüren bekommen.
Sie hatte hart daran gearbeitet, sich deswegen nicht mehr minderwertig zu fühlen. Hatte sich damit abgefunden, dass ihr Herz und ihr Bett leer bleiben würden, weil sie sich nicht für weniger ansehnliche, dafür treue Männer erwärmen konnte. Einfacher wäre es, wenn sie nicht immer gleich zu Gefühlsduseleien neigen würde und Sex nur als solchen genießen könnte. Dann bräuchte sie nicht darauf verzichten und würde sich nicht genieren herauszufinden, was das Prachtexemplar am Steuer auf dem Kasten hatte. Aber sie gehörte nun mal nicht zu dem Typ Frau, der ohne tiefere Gefühle mit Männern ins Bett hüpfen konnte. Bisher. Aber bisher hatte auch noch keiner ihre Sinne so spontan in Aufruhr versetzt, wie Jason Connors. Was, wenn sie dem Reiz wirklich mal nachgäbe?
Das war eine blödsinnige Idee. Sie kannte sich doch. Ergefielihrjetztschonvielzugutundwürdesie nicht nur körperlich einnehmen, sondern auch ihr Herz.Das wiederum würde bestimmt zur Folge haben, dass sie anschließend Rotz und Wasser heulte, wenn er wieder verschwand. Hmm … auch wenn sie im Hinterkopf behielt, dass er sich sowieso nur aus beruflichenGründenmitihrindenLakensuhlte?SeinJob verlangte von ihm, dass er sie so akzeptierte, wie sie war. Sonst taugte er nicht zum Callboy. Wenn er Stil besaß,würdeerfürsichbehalten,dasssiezuvielBrust und vorallem Arsch aufzu wenig Quadratzentimetern hatte. Den Anblick der Narben an ihrem linken Bein konnte sie ihm ja vielleicht irgendwie ersparen. Soweit, so gut. Nur … der Gedanke, dass er es aus rein beruflichen Gründen täte, wirkte auf sie jetzt schonwie eine eisige Dusche. Obwohl … sein Anblick und seine Ausstrahlung könnten durchaus erreichen, das Eis in Null Komma Nichts zum Schmelzen zu bringen. Allein sein Blick und die Berührung seiner Hand waren ihr ja schon wie Aphrodisiaka durch die Adern geschossen. Wie würde es erst sein, wenn er sie in die Arme nahm und küsste?
Das laute Flattern einer Lkw-Plane riss sie aus ihren Gedanken. Sie waren bereits auf der Autobahn. Wie lange wohl schon? Ihr neuer Chauffeur fuhr den Wagen so sanft, als schwebten sie auf einer Wolke dahin. Das Fahren beherrschte er schon mal hervorragend. Mit so einem Wagen nicht wirklich ein Kunststück, aber Bender hatte seine Limousine geknüppelt, als übe er für die Formel 1, und jede Kurve war verdammt eckig geworden.
Welcher Teufel ritt sie eigentlich, dass sie in Erwägung zog, mit einem Callboy ins Bett zu gehen? Littsie unter größerem sexuellem Notstand als ihr bisher bewusst war? ‚Es wird wohl deine einzige Gelegenheit sein,mitso einemheißenBilderbuchkerlinBerührung zu kommen‘, meldete sich ihr innerer Schweinehund ironisch zu Wort. ‚Also zier dich nicht wie eine alte Jungfer.‘
„Ach,haltdochdieKlappe!“
Ein intensiver grauer Blick richtete sich im Rückspiegel auf sie. Seine vor Irritation zusammengezogenenBrauentrafensichfastaufderNasenwurzel.
„FrauLark?“
Mist.Dashatteihrgarnichtlautrausrutschensollen.
„Nichts. Stören Sie sich nicht an meinem Brummeln und fahren Sie einfach weiter.“
Da sie aufeinerAutobahn waren,konnte er ohnehin nichts anderes tun, aber er hatte das Talent, sie trotz- dem via Spiegel nicht aus den Augen zu lassen. Gott, diese Augen. Deren Blicke fuhren ihr ungeachtet der gerunzelten Stirn wie sinnliche Pfeile unter die Haut. Fürgewöhnlich mochte sie graue Iriden nicht, fandsie oft zu stechend und kalt. Doch seine hatten etwas Besonderes. Bewirkten, dass sich ihre Brustwarzen aufrichteten und übersensibel gegen den Stoff ihrer Bluse drückten. Wenn das so weiterging, brauchte er bald vielleicht nur noch mit dem Finger schnippen, damit sie alle Bedenken vergaß. Dieser Typ wusste,wie er eine Kundin weichkochen konnte, ohne einen Finger zu rühren.
„Nächster Parkplatz halt!“, entschlüpfte ihr schärfer als beabsichtigt.
Er folgte dieser Anweisung so prompt, dass ihr bei dem Schlenker die Luft wegblieb. Das nächste Mal sollte sie wohl erst Ausschau halten, wie weit der nächste Parkplatz entfernt war. Kaum dass der Wagen stand, hielt sie nichts mehr auf ihrem Sitz. Sie musste raus aus seinem verführerischen Dunstkreis, um ihre Unruhe in den Griff zu bekommen. Das Zittern ihrer Finger auf der Suche nach einer Zigarette in ihrer Jackentasche reizte ihre Nerven noch zusätzlich. Siefand nur die Elektrische. Ein bescheidener Ersatz,aberbesseralsgar nichts. Wiesohatte sie ausgerechnet in den letzten Tagen beschließen müssen, mit dem Rauchen aufzuhören. Einen beschisseneren Zeitpunkt hätte sie nicht wählen können.
Sie brachte gut zwanzig Meter zwischen sich undden Anlass ihrer Nervosität. Ging sich selbst mit ihrem hin und her Gerenne und dem Saugen an ihrerE- Zigarette auf den Senkel und kam doch nicht dagegen an. Aber der Abstand zu Jason Connors und die BewegungzeigtenihreberuhigendeWirkung.Vielleicht solltesieperAnhalterweiterfahren. ‚Blödsinn.Feigling‘, meldete sich ihr Schweinehund schon wieder.
IhrChauffeurstandabwartendvorseinemWagen. Die Hände gelassen ineinandergelegt, sein Blick aufmerksam auf sie gerichtet. Sie musste auf ihn wie eine überdrehteAufziehpuppewirken.Waswohljetztin seinemKopfvorging?Fallsdadrinüberhaupt etwas vor sich ging.