Der Cowboy - Vicki Lewis Thompson - E-Book

Der Cowboy E-Book

Vicki Lewis Thompson

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Beschreibung

Kontrolle? Nicht so wichtig, findet Jo. Viel wichtiger ist ihr erst einmal ein Mann für ihre Ranch! Wie gut, dass es so sexy Cowboys wie Quinn gibt. Selbst wenn der aus New York ist ….

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Seitenzahl: 196

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Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

VICKI LEWIS THOMPSON

Sexy, süß, frech sucht …

Der Cowboy

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright dieses eBooks © 2012 by MIRA Taschenbuch in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

With a Stetson and a Smile

Copyright © 1999 by Vicki Lewis Thompson

erschienen bei: Harlequin Books, Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München

Autorenfoto: © by Harlequin Enterprise S.A., Schweiz

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN eBook 978-3-95576-088-5

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

1. KAPITEL

Da war eine Schlange im Taxi!

Quinn umkurvte eine Stretchlimousine, die vor einem schicken Bistro geparkt hatte, polterte über den Bordstein und trat kräftig in die Bremsen. Dann sprang er aus der Fahrertür und flitzte auf die Straße, als wäre der Teufel hinter ihm her. Nachdem er ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, wagte er sich wieder in die Nähe des Taxis. Hastig öffnete er die übrigen drei Türen.

Er hasste Schlangen. Eidechsen konnte er auch nicht sonderlich gut leiden. Quinn liebte Manhattan unter anderem deswegen, weil es hier keine Kriechtiere gab. Hätte er gewusst, dass sein letzter Fahrgast in der Schuhschachtel unter seinem Arm Schlangen transportierte, hätte er ihn nicht mitgenommen. Aber als der Mann Quinn mitteilte, dass er auf dem Weg in den Central Park Zoo war, um dort seine Schlangen abzugeben, war es schon zu spät gewesen.

Quinn hatte den schleichenden Verdacht, dass er reingelegt wurde. Er hatte mit seinem alten Kumpel Murray gewettet, dass er es schaffen würde, einen Tag lang als Fahrer für dessen Taxiunternehmen zu arbeiten. Es konnte doch kein Zufall sein, dass ausgerechnet heute, wo er seine Wettschuld einlöste, ein Fahrgast mit Schlangen auftauchte! Murray war überzeugt, dass die Arbeit als Banker an der Wall Street Quinn verweichlicht hatte. Es wäre typisch für ihn, etwas nachzuhelfen, um die Wette zu gewinnen.

Auf dem Weg zum Zoo hätte Quinn aus reiner Panik fast zwei Unfälle gebaut. Erleichtert hatte er den Schlangenliebhaber abgesetzt, nur um bei einem Blick zu seinen Füßen festzustellen, dass ihn ein Paar Reptilienaugen anstarrte. Es gab einen Flüchtling!

“Taxi!”

Quinn reagierte nicht. Er würde nirgendwo hinfahren, solange dieses verdammte Vieh in seinem Wagen sein Unwesen trieb. Die Frau würde sich ein anderes Taxi suchen müssen.

“Taxi!”

Quinn drehte sich um, um die Frau wegzuschicken. “Tut mir leid, ich bin nicht …” Während er sie musterte, vergaß er, was er hatte sagen wollen. Wobei “Mustern” vielleicht nicht der richtige Ausdruck war. “Starren” traf es schon eher, wenn nicht sogar “Glotzen”. Die Frau war der absolute Wahnsinn. Sie steckte in einer weißen Seidenbluse und roten Samthosen. Auf ihren glänzenden braunen Locken saß ein roter Cowboyhut. Quinn fielen fast die Augen aus dem Kopf.

Als sie ihr umfangreiches Gepäck vor ihm abstellte, konnte er einen kurzen Blick auf ihr Dekolleté erhaschen. “Ich muss dringend zum Flughafen.”

“Zum Flughafen?” Quinn fand es höchst bedauerlich, dass das Cowgirl seiner Träume die Stadt verlassen wollte.

“Ich hab es wirklich eilig.” Sie ging zum Taxi hinüber.

Quinn starrte auf ihren Po, der in der engen Hose verführerisch wackelte. Er hatte eine Vorliebe für lange braune Locken, seit er als Teenager Pretty Woman gesehen hatte. Das Cowgirl zum Flughafen zu fahren, wäre der Höhepunkt seines Tages – aber er hatte immer noch sein Schlangenproblem!

Quinn hasste solche Entscheidungen. Schlange oder Cowgirl? “Ich muss Sie warnen”, sagte er schließlich. “Im Taxi ist eine Schlange.”

Sie fuhr herum. “Sind Sie einer von diesen Freaks, die sich eine Boa als Kuscheltier halten?”

“Nein. Aber mein letzter Fahrgast zählt wohl zu der Kategorie. Deswegen stehen alle Türen offen.”

“Ist sie giftig?”

Oh Gott. Darauf war er noch gar nicht gekommen! “Woher soll ich das wissen?”

“Zurückklappbare Fangzähne. Unverkennbar. Hatte sie welche?”

“Nein.” Wenn, dann wäre er schon längst in Ohnmacht gefallen.

“Na dann, los! Ich kann sie fangen, während wir unterwegs sind.”

“Das ist nicht nötig.”

“Sie sind etwas blass um die Nase. Haben Sie Angst vor Schlangen?”

“Ich? Angst vor Schlangen? Ach was! Ich doch nicht!” Quinn wollte einfach nicht in den Kopf, wieso es der Frau nichts ausmachte, dass eine Schlange im Taxi war. Sie hatte nicht mal gefragt, wie groß das Tier war. “Eigentlich mache ich mir eher Sorgen um die arme Schlange. Sie muss sich zu Tode fürchten.”

“Ja, das stimmt wohl. Aber wissen Sie, ich muss wirklich unbedingt zum Flughafen, sonst verdirbt meine Samenspende.”

Quinn wäre vor Überraschung fast an seiner eigenen Zunge erstickt. “Wie bitte?” Seine Stimme überschlug sich mit einem ungläubigen Kiekser, von dem Quinn hoffte, dass er nicht allzu unmännlich wirkte.

Die Frau ging ungerührt zu ihrem Gepäck und hob eine kleine Kühltasche hoch. “Pferdesperma.”

Aha, das Cowgirl war ebenfalls Teil von Murrays Komplott! “Okay, okay. Sie haben Ihren Spaß gehabt. Erst die Schlangen, jetzt das Pferdesperma, und alles nur, um den armen alten Quinn aus der Fassung zu bringen. Murray ist wirklich einfallsreich, das muss man ihm lassen. Vermutlich ist in der Kühlbox das Bier, das Sie nachher mit Murray trinken werden, um seinen Sieg zu feiern.”

Die Frau sah ihn verwirrt an. “Wer zur Hölle ist Murray?”

“Lassen Sie mich Ihr Gedächtnis auffrischen.” Quinn verschränkte die Arme. Jetzt, wo er wusste, was vor sich ging, fühlte er sich viel besser. “Murray ist der Kerl, mit dem Sie unter einer Decke stecken, der Besitzer des Taxiunternehmens, für das ich heute fahre. Der Typ, mit dem ich meine Kindheit in der Bronx verbracht habe und der bis heute mein bester Freund war. Der Mann, den ich erwürgen werde, sobald meine Schicht vorbei ist.”

“Ich kenne keinen Murray.”

“Na klar. Raus mit der Sprache! Verfolgen Sie mich schon seit dem Zoo?”

Das Cowgirl starrte ihn an und schüttelte fassungslos den Kopf. “Sie sind ein verrückter Typ, und vermutlich sollte ich Ihnen nicht mein Leben anvertrauen, indem ich in dieses Taxi steige. Aber ich versuche schon seit zwanzig Minuten, einen Wagen zu bekommen, also werde ich mich wohl mit Ihnen abfinden müssen, auch wenn Sie einen Sprung in der Schüssel haben. Mein Pferdesamen muss heute noch nach Montana. Ich frage Sie deswegen ein letztes Mal: Können wir jetzt bitte endlich los?”

Quinn seufzte. “Murray hat Sie sorgfältig ausgewählt. Sie sind wirklich glaubwürdig in Ihrer Rolle. Aber na gut. Wenn Sie eine Fahrt mit einer Schlange aushalten, schaffe ich das auch.” Er wies auf das Taxi. “Nach Ihnen, Ma’am.”

“Na also, geht doch”, erwiderte das Cowgirl zufrieden.

Während Quinn das Gepäck auf dem Rücksitz verstaute, machte die junge Frau es sich auf dem Beifahrersitz bequem.

Quinn graute es davor, zu der Schlange zurückzukehren, aber so leicht würde er es Murray nicht machen. Abgesehen davon schien das Tier ja harmlos zu sein. Quinn lugte ins Wageninnere.

“Bei uns im Westen gewöhnt man sich schnell an Schlangen”, sagte das Cowgirl beiläufig.

“Na klar. Sie kommen aus dem Wilden Westen. Dem Westen von New York vielleicht …”

“Hören Sie, könnten wir diese Diskussion vielleicht im Fahren fortsetzen? Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn.”

Quinn spähte in den Fußraum der Fahrerseite. “Haben Sie, äh, zufällig die Schlange gesehen?”

“Nein, aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich sitze direkt neben Ihnen und werde Sie beschützen.”

Jetzt reichte es! Er würde sich vor dieser Frau auf keinen Fall als Angsthase erweisen! Kurz entschlossen stieg er ein. “Eine kleine Schlange macht mir doch nichts aus. Ich wollte nur verhindern, dassSie einen Schreck bekommen.”

“Ich hatte schon mit Exemplaren zu tun, die so dick waren wie Ihr Arm.”

Quinn lachte und ließ den Motor an. “Gute Geschichte. Als Nächstes erzählen Sie mir bestimmt von dem Grizzly, der in den Bergen bei Ihrer Ranch wohnt.”

“Eigentlich sind es zwei.”

“Na klar.” Quinn fuhr an. Das Cowgirl verströmte einen betörenden Duft im Taxi. “Wie lautet denn Ihr Deckname?”

Sie seufzte. “Ich habe keinen Decknamen. Ich heiße Jo Fletcher.”

“Ist das eine Abkürzung von Josephine?” Da sie nicht mit der Wahrheit herausrücken wollte, beschloss Quinn, das Spiel mitzuspielen.

“Ja. Nach meiner Großtante. Sie hat mir die Ranch hinterlassen. Ich bin die Einzige in meiner Familie, die ein bisschen was von Pferden versteht.”

“Ich bin beeindruckt. Ihre Geschichte ist ja bis ins letzte Detail ausgearbeitet! Murray ist wirklich ein Genie.”

“Wie gesagt, ich kenne keinen Murray.”

Quinn warf ihr ein überlegenes Lächeln zu. “Sicher doch.”

Jo legte den Kopf schief und musterte ihn. “Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie genau so aussehen wie der Filmstar Brian Hastings?”

“Nur etwa eine Million Leute.”

“Oh. Sie bekommen das also oft zu hören.”

“Allerdings. Es macht mich wahnsinnig. Deswegen hat Murray Ihnen wohl auch aufgetragen, das Thema anzusprechen.”

“Ihr mysteriöser Murray hat mir gar nichts aufgetragen. Aber wenn Sie das Thema nicht mögen, können wir gerne über etwas anderes sprechen. Sie sind ihm nur wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten.”

“Ich bin größer als er. Auf der Leinwand erkennt man nicht, wie klein er ist.”

“Haben Sie Drifter gesehen? Der Film hat mir wirklich gut gefallen.”

“Nein. Ich gehe nicht gern in Hastings-Filme. Genauer gesagt boykottiere ich sie.” Quinn kurvte um einen parkenden Lieferwagen herum und hupte zwei Teenager an, die in aller Seelenruhe über die Straße schlurften. Taxifahren machte wirklich Spaß. Jedenfalls mehr, als Geschäftsstrategien zu entwickeln.

“Aber warum denn?”, hakte Jo nach. “Er ist ein guter Schauspieler. Jetzt versucht er sich auch als Regisseur. Ich halte ihn für sehr talentiert.”

Quinn registrierte einen Anflug von Schwärmerei in ihrer Stimme. “Zu deutsch: Sie finden ihn sexy.”

“Äh, ja. Sind Sie eifersüchtig, weil ihm die Frauen hinterherlaufen? Gehen Sie deshalb nicht in seine Filme?”

“Nein, das ist es nicht.”

“Was ist es dann?”

“Denken Sie doch mal nach. Ich sehe aus wie Brian Hastings und gehe in einen seiner Filme. Alle denken, ich bin er, und – schwupps! – hängen 20 Frauen an meinem Rockzipfel, die mich durch die halbe Stadt verfolgen.”

“Armes Häschen.”

“Sie halten das für witzig, oder?” Quinn machte einem Feuerwehrauto im Einsatz Platz, dann fuhr er fort. “Ist es aber nicht. Quinn Monroe, der Investmentbanker, ist diesen Frauen vollkommen egal. Sie sind hinter Brian Hastings, dem Hollywoodstar, hinterher.”

“Sie sind Investmentbanker? Sie müssen ziemlich lausig sein, wenn Sie nebenbei Taxi fahren müssen.”

Quinn warf ihr einen Blick zu. Sie schien wirklich keine Ahnung zu haben, dass er eine Wette austrug. Aus ihren großen braunen Augen starrte sie unschuldig zurück. Vielleicht war sie ja doch kein Teil der Intrige. “Entweder sind Sie eine begnadete Schauspielerin, oder Sie haben wirklich eine Ranch in Montana.”

“Ich kann nicht mal Kasperletheater spielen.”

“Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir Ihren Führerschein zu zeigen?”

“Allerdings.”

Quinn lächelte selbstgefällig. “Hab ich’s mir doch gedacht. Sie können ihn mir nicht zeigen, weil Sie dann auffliegen.”

“Schon gut! Ich zeige Ihnen meinen verdammten Führerschein.” Sie kramte ihn aus ihrer Handtasche hervor. “Aber Sie müssen mir versprechen, dass Sie nicht lachen. Das Bild sieht aus wie ein Fahndungsfoto.”

Als Quinn an einer roten Ampel halten musste, begutachtete er den Führerschein. Sie hatte nicht gelogen. Er war ausgestellt in Montana, und auf dem Bild starrte ihm Josephine Fletcher entgegen, grimmig, aber immer noch umwerfend schön.

Jo beobachtete, wie sich Überraschung auf Quinns Gesicht ausbreitete, als er den Führerschein betrachtete. Er war wirklich schnuckelig mit seinen leuchtend blauen Augen und dem Filmstar-Auftreten. Sie nahm ihm den Führerschein wieder ab und verstaute ihn in ihrer Tasche. “Wollen Sie auch noch meinen Personalausweis oder meine Sozialversicherungsnummer haben?”

“Nein danke, ich bin überzeugt. Wenn Sie wirklich Jo Fletcher sind, dann haben Sie wohl auch tatsächlich Pferdesamen in Ihrer Kühltasche.”

“Natürlich! Wieso hätte ich mir so etwas ausdenken sollen?”

“Weil Murray seine Wette gewinnen will.”

“Nachdem ich meine Unschuld bewiesen habe, würden Sie mich jetzt aufklären, was es mit diesem Murray auf sich hat?”

“Er ist mein bester Freund, und er besitzt ein Taxiunternehmen. Außerdem denkt er, dass ich ein Weichei geworden bin und keinen Tag in einem seiner Taxis durchstehen würde. Also haben wir eine Wette abgeschlossen. Als der Typ mit den Schlangen eingestiegen ist, dachte ich, dass Murray seine Finger im Spiel hat. Und als Sie dann auch noch mit dem Pferdesperma ankamen …”

“Ich verstehe.” Jo hatte einen kurzen Blick auf die kleine Schlange werfen können.

Es war eine harmlose Strumpfbandnatter. Aber sie vermutete, dass Quinn panische Angst vor Schlangen hatte. Sie würde das Tier einfangen, wenn sie am Flughafen hielten, und es auf einem Feld freilassen.

“Jetzt sind Sie dran. Wieso haben Sie Pferdesamen dabei?”

“Er stammt von dem Hengst meiner Freundin Cassie. Ihre Familie besitzt einen Stall hier in New York, in dem ich nach dem College gearbeitet habe. Als ich die Ranch Bar None geerbt habe, haben wir eine Tradition eingeführt: Jedes Frühjahr fliege ich für einen Tag nach New York, gehe vormittags shoppen, treffe Cassie zum Mittagessen und fliege dann mit dem Samen zurück nach Hause.”

“Gibt es in Montana denn kein Pferdesperma?”

“Na klar. Aber so sehe ich Cassie regelmäßig. Außerdem ist das Sperma von Sir Lust-a-Lot besonders ergiebig. Meine Stuten werden in null Komma nix schwanger.” Im Augenwinkel sah Jo die Schlange durch den Fußraum gleiten. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Ein Unfall war wirklich das Letzte, das sie jetzt gebrauchen konnte.

“Züchten Sie Pferde?”

“Nein. Eigentlich will ich Rinder züchten.” Jo seufzte, als sie an die Schulden denken musste, die sich angesammelt hatten, seit sie die Ranch geerbt hatte. Sie verstand viel von Pferden, von Buchhaltung aber rein gar nichts. “Letzten Winter haben wir einen großen Teil der Herde verloren. Ich weiß schon nicht mehr, wie ich die Raten bei der Bank abbezahlen soll.”

“Es muss schwer sein, heutzutage eine kleine Ranch am Laufen zu halten.”

“Allerdings. Die Bar None ist wirklich ein Schmuckstück. Ich möchte meine Großtante nicht enttäuschen.” Jo warf Quinn einen Seitenblick zu. “Schade, dass Sie nicht Hastings sind. Einer seiner Agenten hat die Ranch im letzten Herbst besucht. Er hat einen Drehort für einen neuen Film gesucht. Das würde alle meine Sorgen in Luft auflösen.”

Quinn lächelte ihr zu. “Wenn ich Hastings wäre, würde ich Ihre Ranch sofort mieten.”

“Danke.” Jo mochte sein Lächeln. Es gefiel ihr sogar besser als das von Hastings, aber das würde sie ihm nicht sagen. Wieso sollte sie mit einem Mann flirten, den sie niemals wiedersehen würde? Quinn schien eine Stadtratte zu sein, und Jo liebte das Leben auf dem Land. Sie wusste nur zu gut, dass solche Gegensätze nicht vereinbar waren.

“Ich nehme mal an, dass Hastings sich noch nicht gemeldet hat?”, fragte Quinn.

“Stimmt. Aber ich habe der Bank erzählt, dass er die Ranch fest gemietet hat. Das hat mir für eine Weile den Rücken freigehalten. Wenn Hastings sich nicht für meine Ranch entscheidet, habe ich ein echtes Problem.”

“Ich weiß ja nicht, ob es eine gute Idee ist, seine Existenz vom Wohlwollen eines Filmstars abhängig zu machen”, murmelte Quinn.

“Da haben Sie wohl recht. Eigentlich hätte ich mir nicht einmal den Flug nach New York leisten können. Aber Cassie lässt Sir Lust-a-Lot diese Woche kastrieren. Es war also meine letzte Chance. Wenn ich das Flugzeug verpasse, war alles umsonst. Ich kann mir keine teuren Gefriertransporte leisten, und in der Kühltasche halten die Spermien nicht lang.”

Quinn trat aufs Gas. “Dann sollten wir uns wohl beeilen.” Er begann, wie ein Actionheld durch den Stadtverkehr zu rauschen.

Jo warf einen Blick in den Fußraum. Die Schlange hatte sich unter dem Sitz hervorgetraut. Jetzt war der ideale Moment, um sie einzufangen. Sie lehnte sich unauffällig vor und verstrickte Quinn in ein Gespräch, um ihn abzulenken.

“Sie sind also eigentlich Investmentbanker?”

“Richtig.”

Jo versuchte, die Schlange zu erwischen, aber sie entglitt ihr. “Verdammt!”

“Ach, so schlimm ist es eigentlich gar nicht.”

“Darauf war das nicht bezogen.” Jo legte ihren Cowboyhut ab und löste den Sicherheitsgurt. Die Schlange flitzte auf die Fahrerseite hinüber. “Bremsen Sie ab und halten Sie auf dem Standstreifen.”

“Oh mein Gott. Die Schlange!” Quinn ging vom Gas. Er hatte das Mistvieh schon beinahe vergessen.

“Sie ist klein, deswegen ist sie schwer zu erwischen.” Jo streckte den Arm aus und tastete den Boden zwischen Quinns Füßen ab.

“Sagen Sie bitte, dass die Schlange nicht da unten ist.”

“Keine Angst. Sie ist ungefährlich.”

“Ich habe keine Angst, verdammt noch mal! Ich bin nur …” Quinn brach ab und gab ein merkwürdiges Geräusch von sich. “Was ist das?”

“Halten Sie still. Sie versucht, Ihr Bein hochzukriechen.”

“Mein Bein? Warum tut sie so was?”

Jo grinste. “Vielleicht sucht sie was?” Sie hielt sich an Quinns muskulösem Oberschenkel fest und schob ihre Hand in sein Hosenbein.

Quinn wirkte, als würde er gleich in Ohnmacht fallen. “Was machen Sie da unten?”

“Gucken Sie nach vorne auf den Verkehr!”

“Verdammte Sch…”, begann Quinn, dann wurde seine Stimme von einem lauten Krachen übertönt.

2. KAPITEL

Jo klammerte sich an Quinns Oberschenkel, um den Aufprall abzufangen. Der Ruck schleuderte die kleine Schlange durch den Fußraum. Jo packte sie hinter dem Kopf.

“Ich hab sie!”, jubelte sie.

“Jo!” Quinn keuchte und griff nach ihrer Schulter. “Es tut mir so leid! Geht es Ihnen gut?”

“Ich glaube schon.” Sie ließ sein Bein los und richtete sich auf. “Sehen Sie?” Sie hielt ihm die baumelnde Schlange vor die Nase. “Sie ist wirklich klein.”

Quinn sah elend aus und atmete schwer.

“Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Quinn?”

“Ja.” Er starrte wie gebannt auf die Schlange. Jemand klopfte ans Fenster. Quinn ließ es herunter, ohne den Blick von dem Tier zu lösen.

Ein Mann spähte ins Taxi. “Alles in Ordnung mit Ihnen? Wir sollten die Polizei verständigen.”

“Ja, sicher.” Quinn rührte sich nicht.

Wenn Jo die Schlange nicht entsorgte, würde er vermutlich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf dem Fahrersitz bleiben. Jo sah sich um und stellte fest, dass sie nicht weit vom Flughafen entfernt waren. Zu ihrer Linken war hinter einem niedrigen Wall ein Feld neben der Autobahn. Das würde reichen müssen. Sie warf dem Mann vor dem Fenster einen Blick zu. “Sir, ich muss diese Schlange freilassen. In der Zwischenzeit können Sie die Polizei rufen. Quinn, würden Sie mir bitte ein anderes Taxi bestellen?”

Quinn nickte geistesabwesend und starrte weiter wie gebannt auf die Schlange.

Während Jo ausstieg, gab sie Quinn weitere Anweisungen. “Bitte laden Sie mein Gepäck schon um. Ich will auf keinen Fall den Flug verpassen.”

Sie kletterte über die Leitplanken und stieg auf den Erdwall. Dann bückte sie sich und ließ die Schlange frei. “Sieht nach einem guten Feld aus, mein Kleiner. Hier findest du bestimmt viele leckere Käfer. Viel Glück!”

Die Schlange glitt davon, ohne sich zu bedanken.

Als Jo wieder zu Quinn zurückkehrte, wartete bereits ein anderes Taxi auf sie. Quinn stand wild gestikulierend zwischen seinem zerbeulten Wagen und einem Polizeiauto. Aber selbst in seinem aufgebrachten Zustand sah er mit seinen breiten Schultern und den schmalen Hüften toll aus. Schade eigentlich, dass er in New York lebte.

Der Mann, in dessen Wagen Quinn gerast war, warf Jo einen misstrauischen Blick zu. “In diesem Taxi sind merkwürdige Dinge vorgefallen, dass kann ich Ihnen sagen”, raunte er den Polizisten zu. “Ich habe gesehen, wie diese Frau ihren Kopf zwischen den Beinen des Fahrers vergraben hat, wenn Sie verstehen, was ich meine.”

“Sie hat versucht, eine Schlange aus meiner Hose zu befreien!”, erklärte Quinn aufgebracht.

Der Fahrer des anderen Wagens warf dem Polizisten einen vielsagenden Blick zu.

Der Polizist räusperte sich und sah Jo an. “Möchten Sie uns vielleicht Ihre Version der Geschichte erzählen?”

Jo sah auf ihre Uhr und warf einen sehnsüchtigen Blick in Richtung Flughafen. “Das würde ich liebend gerne, aber wenn ich mein Flugzeug verpasse, verdirbt mein Sperma.”

Quinn stöhnte auf.

Jo wurde klar, dass es klüger gewesen wäre, das mit dem Sperma einfach auszulassen. “Es geht um Pferdesamen, Sir. Ich transportiere es nach Montana auf meine Ranch. Quinns letzter Fahrgast hat eine Schlange im Taxi freigelassen. Als der Unfall passiert ist, habe ich gerade versucht, sie einzufangen. Ich habe sie soeben auf dem Feld dort freigelassen.”

Quinn trat vor. “Die junge Dame hatte wirklich nichts mit dem Unfall zu tun. Es ist allein meine Schuld. Das Taxiunternehmen wird für alle entstandenen Schäden aufkommen.” Er sah dem Polizisten in die Augen. “Würden Sie sie bitte gehen lassen? Sie hat es wirklich eilig.”

Der Polizist wirkte plötzlich ein bisschen mitleidig. “Nun ja, wenn das so ist … Es ist ja nur ein kleiner Blechschaden. Aber ich hoffe, dass Ihnen klar ist, dass Sie Ihren Job als Taxifahrer vermutlich los sind.”

“Damit ist zu rechnen”, seufzte Quinn.

“Dann darf ich also gehen?”, fragte Jo.

“Nachdem ich kurz Ihre Personalien aufgenommen habe, ja.” Jo reichte dem Polizisten ihren Ausweis und drehte sich dann zu Quinn um. “Dann haben Sie Ihre Wette wohl verloren.”

“Ich befürchte es. Aber das ist nicht so schlimm. Viel wichtiger ist, dass es Ihnen gut geht, Jo. Wissen Sie, ich habe einfach …”

“Panische Angst vor Schlangen?”

Er warf ihr ein jungenhaftes Grinsen zu. “Genau.”

“Es gibt Schlimmeres”, antwortete sie lächelnd. “Haben Sie mein Gepäck schon umgeladen?”

“Der andere Taxifahrer hat sich längst darum gekümmert.” Er streckte ihr seine Hand hin. “Viel Glück mit der Ranch, Jo.”

“Danke.” Sie ergriff seine Hand, die sich warm und stark anfühlte. “Viel Glück mit Murray.” Lächelnd ließ sie seine Hand los und stieg in das wartende Taxi.

Etwa 45 Minuten später, während sie eincheckte, bemerkte sie, dass die Kühltasche mit dem Sperma verschwunden war.

Quinn entdeckte die Kühltasche auf dem Rücksitz erst, als der Abschleppwagen eintraf.

Kurz entschlossen schnappte er sie sich, winkte ein vorbeifahrendes Taxi heran und machte sich auf den Weg zum Flughafen. Er hoffte sehr, dass er Jo noch erwischte, bevor sie abflog.

Als er am Flughafen eintraf, wurde ihm klar, wie hoffnungslos es war. Er wusste nicht einmal, mit welcher Gesellschaft sie flog. Abgesehen davon hatte sie es so eilig gehabt, dass er davon ausgehen musste, dass ihr Flugzeug schon lange abgehoben hatte.

Ratlos stand er im Menschengewimmel und überlegte, was er tun sollte. Er hatte den Eindruck, dass Jo bitterlich enttäuscht sein würde, wenn sie bemerkte, dass sie das Sperma nicht bei sich hatte. Vielleicht würde das sogar das Aus für ihre Ranch bedeuten! Quinn gefiel der Gedanke an eine bitterlich enttäuschte Jo ganz und gar nicht. Aber noch viel weniger gefiel ihm, dass er selbst diese Situation verursacht hatte.

Er könnte … natürlich!

Er hatte sich sowieso einige Tage freigenommen, um seine Wette einzulösen. Er würde ihr einfach hinterherfliegen.

Meilen entfernt von der nächsten Ortschaft fuhr Quinn durch das offene, weite Land Montanas. Unter dem gewaltigen Sternenhimmel fühlte er sich in seinem Mietwagen klein wie eine Ameise. Die Berge mit ihren schneebedeckten Spitzen ragten drohend in die dunkle Nacht empor. Schon seit einer halben Stunde war ihm kein anderes Fahrzeug mehr begegnet.

Das hier war also die Landschaft, die Jo so liebte. Langsam begann Quinn, die Entschlossenheit und Geradlinigkeit, die ihm an Jo aufgefallen waren, zu verstehen – anders konnte man in dieser wilden Einöde wohl kaum überleben.

Er betete zu Gott, dass er die richtige einsame Straße gewählt hatte. Bevor er abgeflogen war, hatte er seine Sekretärin gebeten, für ihn herauszufinden, wo sich die Ranch Bar None befand. Als er gelandet war, hatte sie ihm schon eine detaillierte Wegbeschreibung gesimst – detailliert jedenfalls für die Verhältnisse von Montana, wo in Quinns Augen alle Straßen gleich aussahen.

Wenn er sich verfahren hatte, würde ihm früher oder später das Benzin ausgehen. Was bedeutete, dass ihn entweder ein Bär fressen oder eine Schlange angreifen würde, gesetzt den Fall, dass er nicht vorher verhungerte.