Der David ist dem Goliath sein Tod - Torsten Sträter - E-Book

Der David ist dem Goliath sein Tod E-Book

Torsten Sträter

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Beschreibung

Grandiose Kurzgeschichten mitten aus dem Leben – von Oma Christels verhasstem Köter Struppi und Kleinkriegen mit türkischen Hotelmanagern, dem Versuch, einen Liebesbrief zu schreiben oder einer ordentlichen Bewerbung bei den Hells Angels. Poetry-Slammer Torsten Sträter erzählt in vielen Stimmen und doch mit einem Humor: ehrlich, hemmungslos, direkt.

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Torsten Sträter

Der David ist dem Goliath sein Tod

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ISBN 978-3-8437-1120-3

Lizenzausgabe im Ullstein Taschenbuch 1. Auflage Dezember 2014 © by Torsten Sträter/ CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2011 Übersetzung: Gabriel Stein Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München Titelabbildung: © Guido Schröder (www.guidoschroeder.com)

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzung wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Inhaltsverzeichnis
Cover
Titel
Impressum
Teil 1: Früher
Teil 2: Jetzt
1. Glaubwürdigkeit
2. Der Stil
3. Never kill your Darlings
4. Über den Tellerrand spähen
5. Das gesprochene Wort
6. Der Plot
Ein Beispiel-Expose
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Teil 1: Früher

Nutze deine jungen Tage, lerne zeitig klüger sein. Auf des Glückes großer Waage steht die Zunge selten ein.

Du musst steigen oder sinken, du musst herrschen und gewinnen oder dienen und verlieren, leiden oder triumphieren, Amboss oder Hammer sein!

Der Aufsatz

Früher, als ich jung war, hatten meine Freunde und ich prima Hobbys: ATARI spielen beispielsweise. Die erste Spielekonsole. Wir verbrachten ganze Wochenenden damit, vor dem Fernseher zu sitzen und Spiele zu zocken, in denen ein weißer Klotz einen weißen Klotz auf einen anderen weißen Klotz abschießt. Grafisch war das Ding nix.

Dann erschien ein Spiel, das so bahnbrechend daherkam wie jüngst die cineastische Dschungel-Schlumpf-Öko-Operette AVATAR: und zwar FROGGER.

Was für ein Bildersturm. Da ging man kaputt dran. Dass so etwas technisch möglich war. Man musste einen aus sechs grünen Klötzen bestehenden Frosch über eine rege befahrene Straße lotsen. Heutzutage sind wir, wie gesagt, optisch recht verwöhnt, AVATAR in 3-D, in 2-D oder, falls man stattdessen im Zoo war, in 0-D, Avatar als Comic, Computerspiel, Wurst mit Gesicht und Daumenkino. Damals jedoch: Frosch.

So hockten wir da und froggerten uns einen. Das waren Zeiten. Sie glänzten wie Gold.

Später dann verblasste der Hunger nach Computerspielen. Plötzlich fanden wir auch Sex gut.

Ärgerlicherweise brachte ich Sex stets in etwa 30 Sekunden hinter mich, konnte aber weiterhin stundenlang Frogger spielen. Heute ist es genau andersrum – was aber nix nützt, denn für eine Atari Konsole hat mein Fernseher keine passenden Anschlüsse, und für meinen Penis sieht’s nicht besser aus.

Da stand man nun, Anfang der Achtziger, in der Blüte seiner Jahre, und wusste nichts mit sich anzufangen. Was tun?

Uwe, Andy, Achim Zander und ich gründeten eine Band. Die genaue Musikrichtung war nicht so klar herauszumeißeln, weil ich nicht singen konnte, Uwe nicht konnte und nicht wollte, Andy unbedingt den Synthesizer zu spielen gedachte und Achim zwar offizielles Mitglied war, aber nicht rausdurfte. Auch stand kein Name fest: Ich plädierte für DONT TELL ME ONE FROM THE HORSE, aber so weit kamen wir nicht, denn:

Die damalige Vorgehensweise, außerhalb der Schule mit Zander zu kommunizieren, war üblicherweise, zum Mehrparteienhaus zu marschieren, in dem Achim mit seinen Eltern wohnte, zu klingeln, dann zu warten, bis einem aufgedrückt wurde – und anschließend durchs Treppenhaus zu brüllen:

»KOMMT DER ACHIM RAUS ?«

Achims Mutter schrie dann von oben herab durch den Flur: »HABT IHR MAL GESEHEN, WAS DER WOHL AN HAUSAUFGABEN AUFHAT?«

Jou, dachte ich, das Gleiche wie wir: neun Seiten Physik, acht Blöcke Bruchrechnen und ’n Aufsatz. Mach ich morgen früh im Bus.

Trotzdem schrie ich: »NEEE!«

»Neun Seiten Physik, acht Blöcke Bruchrechnen und ’n Aufsatz!«

»ECHT?«

»JAU!«

»Okay. Tschüss.«

Wir verließen das Treppenhaus und standen unschlüssig draußen. Andy stellte klar, dass wir Achim ungeachtet der Tatsache, dass er ja mal gar nix konnte und in der Band nur wie ein starrer Hanswurst herumstehe, trotzdem unbedingt brauchten. Es ging nicht ohne ihn. Wir wussten nicht, warum, aber wir wussten, dass das stimmte.

Also klingelte diesmal Andy.

Es wurde aufgedrückt.

Wir hörten Achims Mutter.

»WAT IS?«

»KOMMT DER ACHIM RAUS?«

»NEE! DAS HAB ICH DEM TORSTEN SCHON GESAGT, DASS DER HAUSAUFGABEN AUFHAT, UND NICHT ZU KNAPP!«

»Echt?«

»UND OB! NEUN SEITEN PHYSIK, ACHT BLÖCKE BRUCHRECHNEN UND ’N AUFSATZ!«

»Boah«, rief Andy.

»Was boah?«

»Nix. Tschüss.«

Andy kam raus. »Sieht scheiße aus«, sagte er.

»Weil ihr doof seid«, sagte Uwe. »Nicht überzeugend genug. Passt auf.«

Hui, dachte ich, aber stimmt schon: Wenn das einer schaffte, dann ja wohl Uwe.

Er bekam das meiste Taschengeld, hatte eine Gürtelschnalle, die zwei Kilo wog und einen verzinkten Adler mit ausgebreiteten Schwingen zeigte, und er hatte zwei hässliche Löcher im Bauch, die einfach nicht zuheilten, weil diese Schwingen ziemlich spitz waren. Außerdem sammelte und las er exzessiv Comics, vorzugsweise X-MEN und die FANTASTISCHEN VIER, weswegen er, wenn er auf dem Schulhof blöd angemacht wurde, auch nicht mit »Ey, pass bloß auf, du Arsch« konterte, sondern Formulierungen fabrizierte wie: »Nun werde ich dich zerquetschen, Unhold!«

Uwe klingelte. Er war völlig ruhig.

Das sah man, weil das Glöckchen an seiner Palomino-Jeans nicht bimmelte. Teufelskerl.

Die Tür wurde aufgedrückt.

Augenblicklich kam von oben:

»WER KLINGELT HIER DAUERND, VERDAMMTE SCHEISSE?«

Uwe blähte die Backen auf, streckte den Rücken durch und schrie ohrenbetäubend:

»KOMMT DER ZANDER RAUS?«

Das war vielleicht ein bisschen leger formuliert, dachte ich.

Drei Sekunden Stille.

Dann hörten wir: »UND OB!«

Den schweren Schritten nach, die da aus dem vierten Stock zu uns runterpolterten, fühlte sich Achims Vater angesprochen. Das war irgendwie nett, wenn man bedachte, dass er Nachtschicht gehabt hatte.

Uwe wurde ziemlich fahl. Aber Rückzug war keine Option.

Andy murmelte absolut entspannt, fast meditativ: »Ich glaub, ich piss mir in die Hose.«

Dann war Rübezahl unten angekommen. Er ergriff Uwe am T-Shirt: »WISST IHR KLEINEN ÄRSCHE, WAS NACHTSCHICHT BEDEUTET? WISST IHR, WAS DAS HEISST? SCHLAF?«

Uwe sagte: »Kommt der Achim raus?«

»GLEICH HAT DER ARSCH KIRMES!«

»Der Achim«, hakte Uwe nach, »kommt der raus?«

Eine Stimme von oben: »DER HAT NEUN SEITEN PHYSIK, ACHT BLÖCKE BRUCHRECHNEN UND ’N AUFSATZ AUF!«

»Echt?«

»Jou!«

»Kann der sich bei dem Gebrülle überhaupt konzentrieren?«

»JETZT KLATSCH ICH DIR ’N PAAR!«, dröhnte Achims Vater.

Uwe erwiderte: »Dafür zahlst du einen hohen Preis, Narr.«

Superman, dachte ich, als Uwe zu fliegen anfing, dann Spiderman, als er gegen die Postkästen klatschte, aber er blieb nicht kleben, also passte das auch nicht.

Doch Uwe sollte Recht behalten. Ein Nachbar rief die Polizei, eine Anzeige wurde gefertigt, eine Einigung erzielt und der Narr zahlte einen hohen Preis, zumindest genug für eine Wandergitarre.

Die konnte zwar keiner spielen, und aus der Band wurde nichts, weil wir kompositorisch nicht die angestrebte Symbiose aus ABBA und KISS hinkriegten oder, präzise gesagt, überhaupt irgendwas, und auch Andys Vorschlag, so oft zu klingeln, bis wir ein Saxofon zusammenhatten, wurde abgelehnt, aber unterm Strich war’s keine üble Ausbeute, da hatten wir alle was davon: Achim neun Seiten Physik, Uwe ’n Bruch und ich ’n Aufsatz.

Mein erstes Mal

Ich bin ja der Letzte, der nicht gern berichten würde, dass sein erstes Mal so malerisch war wie in Peter Maffays Lied Und es war Sommer.

Ich war elf und sie war 86und von der Liebe wusste ich nicht viel,sie wusste alles und sie ließ mich spüren,ich war kein Kind mehr.

Das kann man gut singen, aber im Ruhrgebiet formuliert man das stark verknappt: Auf einem alten Fahrrad lernt man radeln. Na schön, das klingt jetzt vielleicht alles ein bisschen unappetitlich, ist aber immer noch besser, als es damals wirklich war. Nämlich so:

Mitte der Achtziger. Eine üble Dekade. Ruhrgebietstypisch verkürzt: schön bunt. Aber ohne das schön.

Ich ging mit Ute.

Wurde mir gesagt. Man erfuhr so was ja nie direkt. Mit jemandem zu gehen hatte damals die Komplexität der Übernahme einer Bananenrepublik durch separatistische Kontramilizen. Irgendwas änderte sich, aber man kam nicht sofort drauf, was eigentlich.

Es war kompliziert.

Experimentierfreude war Utes Credo und meins auch; allerdings bezog sich das bei mir eher darauf, wie weit man ein Moped frisieren konnte, ohne dass dem gemeinen Bürger der Kitt aus der Brille fiel, denn schneller hieß bei Mopeds lauter, und wenn man mit einem auf 25 km/h zugelassenen Moped knapp 80 fahren wollte, krepierten alle Dackel entlang der Straße, wenn man vorbeiraste. Ein gespenstischer Anblick, diese Horden toter, wurstförmiger Hunde auf dem Trottoir, aber bei dem Tempo bekam man ja nicht viel davon mit, gottlob.

Ich schweife ab. Sie galt also als experimentierfreudig. Die vulgären Vertreter unter meinen Freunden sagten »Ute, voll die Stute«, die kultivierteren »Ute ist ’ne Gute«, und ich nickte immer fachmännisch und wusste nicht, was geht.

Wir waren so fünf Wochen zusammen, Ute und ich, und alle Parameter stimmten: In den Achtzigern lief es immer wie folgt: Hallo, Hallo, Minigolf, Baggersee, Kino, Zungenkuss, Baggersee, Brust, Kino, Brust, sechs Stunden am Autoscooter stehen, Schluss machen, Briefchen schreiben, wieder miteinander gehen, langer Zungenkuss, eingerissene Mundwinkel, Fahrradtour, Petting, Petting, Autoscooter, Jugendzimmer, Teelichter, Dreams are my Reality, Brust, Brust, Penis, Showtime.

Könnte man gut zu Billy Joels We didn’t start the Fire singen.

Und dann: das erste Mal.

Ich ahnte da vorab schon was und hatte in meinem Zimmer alle Koordinaten auf geschmeidig gestellt:

Boxershorts an, sauber, geduscht, Zähne gekärchert, prähistorische Kuschelrock-Kassette auf endlos umdrehen justiert, Kerzen an, ALLE SPIDERMAN-Comics in den Keller, Kleiderschrank zu, abgeschlossen und zusätzlich verklebt, damit das Ding nicht zwischendurch aufplatzte, um drei Zentner lila Netz-Achselshirts in den Raum zu kotzen, Knight-Rider-Bettwäsche raus, schwarze Satin-Wäsche drauf, diese rutschige Scheiße, dann ruhig atmen, Ding-Dong, da ist sie, jetzt aber, führ sie rein, Blödmann – und vor allem tu so, als würde dein Zimmer IMMER wie ein Puff aussehen und nicht nur heute.

Man kennt das.

Beginnen wir.

Hier die Schilderung meines ersten Mals.

In Echtzeit.

Ute kommt rein. Obwohl es hier aussieht wie im Beschälerzelt von Dschingis Khan, sagt sie: »Hübsch.«

Sie trägt einen Rock. Gut.

Sie trägt eine Korsage. Gut.

Läuft.

Wir knutschen. Ihr Labello schmeckt nach etwas, von dem ein Chemotechniker meint, man dürfe es ruhig Erdbeere nennen, so genau müsse man da nicht sein. Ute schmiert mir bis zur Stirn alles mit rosa Lippenbalsam zu. Korsage, denke ich. Beim Knutschen lange ich folgerichtig nach hinten, weg damit, Zeit, hier mal klare Sicht zu schaffen, und meine Finger finden drollige Dinge vor.

Etwa 7000 Haken und Ösen. Ganz offensichtlich gehe ich seit fünf Wochen mit RoboCop.

Ich ermahne mich, zum rechten Zeitpunkt die »Drei Fragen« zu stellen.

Bist du noch Jungfrau?

Ist es so gut?

War es für dich so schön wie für mich?

Das sind die Fragen, die sein müssen. Standard. Ist wie bei Western, wo einer angeschossen im Sand liegt und sagt: »Geht ohne mich weiter, ich bin nur Ballast für euch, ohne mich kommt ihr schneller voran.« Es wird erwartet, man macht das so. Punkt.

Ute greift nach hinten, es klickt 5000 Mal leise, die Korsage fällt von ihr ab. Darunter: ein trägerloser BH. Hört das noch mal auf?

Sie lächelt mich an und ich denke, komm, mehr als zwei Haken können dat nicht sein, gib alles, Zauberwürfel ist schwieriger, los jetzt.

Ein Blick nach unten. Steht. Sieht ordentlich aus. Da könnte man mit der Wasserwaage drangehen.

Ich frage raunend Punkt 1 ab: »Ute … Bist du noch Jungfrau?«

Sie lacht so blöd, als hätte ich gefragt: »Ute, ist der Mond aus Käse?«

Nicht, denke ich. Eher nicht.

Scheiße. Da kann ich ja ergänzend zu »Ute ist ’ne Stute« und »Ute ist ’ne Gute« direkt »Kein Geblute bei Ute« hinterherschieben. Das muss man jetzt pragmatisch sehen, Metzgerniveau, schmerzarme Veranstaltung, passt schon.

Ute raunt: »Was ist mit Verhütung?«

Ich raune: »Ich pass auf.«

Ute raunt: »Das ist zu unsicher.«

Ich raune: »Das ist doch jetzt total hirnrissig. Wie kann aufpassen unsicher sein? Meinst du, Mütter sagen zu ihren Kindern: Wenn du zur Schule gehst, pass bloß nicht auf, sonst überfährt dich ein Bus, ist sicherer, oder was?«

Ute raunt: »Ich habe Kondome.«

Ach du Kacke, denke ich, wie ging das nochmal, und stelle gleich darauf fest: Das hab ich nicht gedacht, das hab ich geraunt.

Ute: »Was?«

Ich: »Nix. Voll knorke.«

Ute: »Warte, ich mach das.« Ihre Stimme klingt dabei so verführerisch, als würde sie bei Carglass eine Seitenscheibe einbauen. Sollte man das nicht ins Vorspiel integrieren, verdammt?

Ich höre Folie reißen, dann wird mir der Penis tapeziert.

Fühlt sich soweit ganz okay an. Passt leidlich, hat vorne Luft, aber kneift unten etwas, muss ich wohl ’n paar Tage eintragen.

Ich sehe an mir herab und rufe: »POTZBLITZ!« Kann auch sein, dass es »HILFE«, »Mutti« oder »Hilfe, Mutti« war.

Was ich damals rief, hat der Sand der Zeit verschlungen. Gut so.

Was ich sah, weiß ich heute noch, nämlich: nichts.

»Mein Pillemann ist weg.« Ich sagte das recht laut.

Ute hielt mir zur Klärung die Folie des Kondoms hin. Im Restlicht der Kerzen las ich mühsam: Fromms, 1 Präservativ, Farbe: Schwarz.

Das ist das Letzte, denke ich. Bisher fand ich ja, der beschissenste Spezialeffekt sei immer gewesen, wie Fantomas sich die Masken abnimmt, erst sieht man den Schauspieler, der jetzt gerade Fantomas mit der Maske dieses Schauspielers sein soll, dann Schnitt, und Fantomas hat das Gummigelumpe in der Hand – aber nun gab’s einen neuen Spitzenreiter: der unsichtbare Lümmel. Mein Schwanz ist selbst Fantomas. Schwarze Gummis. Was für ein Bullshit.

Zehn Sekunden später. Ich arbeite hart, versuche Fantomas zu justieren und unterzubringen, aha, Widerstand, aber zwecklos, na bitte, rrrrrr, das kommt ja mal prima, holla die Waldfee … Und dann kam das Finsterste, das ich je hörte. Das gilt immer noch, auch jetzt, 500 Jahre später.

Ute flüstert: »Bist du schon drin?«

»Watt?«

»Bist du schon drin?«

»Hör mal«, sage ich. »Bist du lokal betäubt oder wie? Mein bestes Stück ist zwar heute angezogen wie eine Luftpumpe, aber ich würde mal sagen, so unter uns, verflucht, ja, doch, ICH BIN DANN MAL DRIN!«

»Aha«, sagt Ute.

»Was heißt hier aha? Wer ist denn dein Ex? Godzilla?«

Ute küsst mich und ich kann mir Frage zwei: »Ist es gut so?« sparen. Hätte ich eh gemacht.

In dem Moment macht der Kassettenrekorder SCHRUNG, zeitgleich explodiert es aus mir raus. Neue Kassettenseite. Musiktitel: Elton John. I’m still standing. Von wegen. Ich blicke wortlos auf Ute herab.

Frage drei, »War’s für dich so schön wie für mich?«, beantworte ich mir lieber selbst, und zwar mit: bestimmt. Sicher doch. Nach einer Minute schmeißt mich Ute runter und steht auf.

»Du«, sagt Ute, während sie die Rüstung wieder anlegt, »das mit uns, also, dass wir miteinander gehen …«

Ich blicke auf und sage: »Jaja. Lass mich einfach hier liegen, ich bin nur Ballast für dich, ohne mich kommst du schneller voran.«

Das war’s dann auch. Mein erstes Mal.

Über die Jahre bin ich dann besser geworden. Man könnte sogar sagen: ganz gut. Zwar war’s auch mal schäbig zwischendurch, aber es wurde nie wieder so übel wie an jenem Abend damals, als mein Penis zur dunklen Seite der Macht wechselte.

Nusspli für Sinatra

»Ich habe die perfekte Frau gefunden – sie ist taubstumm, sexbesessen und betreibt einen Schnapsladen.«

Frank Sinatra

Ich bin nun vierundvierzig, war aber früher jünger. Trotzdem war ich schon immer immun gegen Musik, wie sie von Dieter Bohlens Klonkriegern gemacht wird.

Ohnehin wähne ich mich eher in den Gefilden zeitloser Musik, selbst Klassik, obwohl ich mit Woody Allen konform gehe, der mal behauptete, er verspüre beim Genuss von Richard Wagners Kompositionen stets das Verlangen, in Polen einzumarschieren.