Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim Aus Briefen und gleichzeitigen Quellen; nebst Gedichten und Anderm von Lenz und Göthe - Lenz, Jakob Michael Reinhold - kostenlos E-Book

Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim Aus Briefen und gleichzeitigen Quellen; nebst Gedichten und Anderm von Lenz und Göthe E-Book

Lenz, Jakob Michael Reinhold

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The Project Gutenberg eBook, Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim, by Jakob Michael Reinhold Lenz, Edited by August Stöber

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Title: Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim

Aus Briefen und gleichzeitigen Quellen; nebst Gedichten und Anderm von Lenz und Göthe

Author: Jakob Michael Reinhold Lenz

Editor: August Stöber

Release Date: February 3, 2015 [eBook #48148]

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DER DICHTER LENZ UND FRIEDERICKE VON SESENHEIM***

E-text prepared by Karl Eichwalder, Norbert H. Langkau, Norbert Müller, and the Online Distributed Proofreading Team (http://www.pgdp.net) from page images generously made available by the Google Books Library Project (http://books.google.com)

Note:

Images of the original pages are available through the Google Books Library Project. See

http://www.google.com/books?id=fLiPxw7fICUC

Anmerkungen zur Transkription

Text, der im Original gesperrt gesetzt war, wurde hier fett dargestellt.

Text, der im Original nicht in Fraktur, sondern in Antiqua gesetzt war, wurde hier kursiv dargestellt.

N. Weiß Ktn. Lith. de Hasler & Cie, Basel.

Der Dichter LenzundFriedericke von Sesenheim.

Aus Briefen und gleichzeitigen Quellen;

nebst Gedichten und Anderm von Lenz und Göthe.

Herausgegeben

von

August Stöber.

Basel,

Druck und Verlag der Schweighauser’schen Buchhandlung.

1842.

Vorwort.

Das Sesenheimer Idyll, Göthe’s und Friedericke’s Liebe, hat von jeher die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich gezogen und bei mancher empfindsamen Seele das tiefste Mitgefühl erregt. Die Schuld oder Schuldlosigkeit, welche Göthe in dieser Geschichte hat, gab namentlich in neuerer Zeit zu leidenschaftlichen Streitigkeiten Anlaß, und je nachdem man sich auf die eine oder auf die andere Seite schlug, fühlte man sich für oder wider den ganzen Menschen gestimmt. Neben der Göthe-Literatur ist eine Friedericken-Literatur, sowohl in einzelnen Werkchen, als in Zeitungsartikeln, und dieß besonders in der Allgemeinen Leitung, entstanden. Auch den Namen des unglücklichen Dichters Lenz hat man dabei genannt; aber von Friedericke’s Vertheidigern ist mit Entschiedenheit jedes entehrende Verhältniß zwischen Beiden abgewiesen worden. In allen Literaturgeschichten, wo von Lenz die Rede ist, wird von dessen Wahnsinne gesprochen, allein der wahren Quelle desselben nicht erwähnt. Nachfolgende Mittheilungen geben darüber Aufschluß. Daß Lenz, nach Göthe’s Abreise aus dem Elsaße, nach Sesenheim kam, berührt Göthe selbst; er sah Friedericke auf der Rückreise aus der Schweiz wieder und sagt von diesem Wiedersehen: „Ich finde Friedericke Brion wenig verändert, noch so gut, liebevoll, zutraulich wie sonst, gefaßt und selbstständig. Der größte Theil der Unterhaltung war über Lenzen. Dieser hatte sich nach meiner Abreise im Hause introducirt, von mir was nur möglich war, zu erfahren gesucht, bis sie endlich, da er sich die größte Mühe gab, meine Briefe zu sehen und zu erhaschen, mißtrauisch geworden. Er hatte sich indessen nach seiner gewöhnlichen Weise verliebt in sie gestellt, weil er glaubte, das sei der einzige Weg hinter die Geheimnisse der Mädchen zu kommen, und da sie nunmehr gewarnt, scheu seine Besuche ablehnt, und sich mehr zurückzieht, so treibt er es bis zu den lächerlichsten Demonstrationen des Selbstmords, da man ihn dann halbtoll erklären und nach der Stadt schaffen kann. Sie klärt mich über die Absicht auf, die er gehabt hat mir zu schaden, und mich in der öffentlichen Meinung und sonst zu Grunde zu richten, weshalb er denn auch damals die Farce gegen Wieland drucken lassen.“ — Daß Lenz von Friedericke’s Liebe überzeugt war, davon geben die Briefe an Salzmann genugsame Beweise; daß er wegen ihrer wahnsinnig geworden, darüber berichtet Oberlin’s Aufsatz. Ob Friedericke ihm ebenfalls geneigt war, oder ob er sich selbst getäuscht und ihre Gegenliebe nur eine eingebildete war, das möge der Leser entscheiden. Wie hoch Lenz Göthe als Mensch und Dichter stellte, sagen seine Schriften. In Straßburg besaß ich ein Exemplar von Shakspeare’s Othello, welches Göthe Lenz zum Geschenke gemacht hatte; unter die hierauf bezüglichen Worte Göthe’s, die also lauten: „Seinem und Shakspeare’s würdigem Freunde Lenz, Göthe“, hatte Lenz geschrieben: „Ewig, ewig bleibt mein Herze dein, mein lieber Göthe!“ und bei Göthe’s Abschied sang er:

Ihr stummen Bäume, meine Zeugen,Ach! käm er ohngefährHier, wo wir saßen, wieder her,Könnt ihr von meinen Thränen schweigen?

Dieß Alles ward vor Lenz’s Erscheinen in Sesenheim geschrieben; nach demselben nahm die Sache eine andere Wendung. Lenz beneidete nicht nur Göthe’s Liebe, sondern auch seinen Ruhm, worüber sich Göthe, außer der angeführten Stelle, sonst noch mehrere Male in seiner Dichtung und Wahrheit ausspricht.

Die Briefe von Lenz an Salzmann habe ich schon 1831 im Morgenblatte (Nr. 250 bis 295), jedoch nur stellenweise abdrucken lassen; hier erscheinen sie vollständig, nebst einigen dort nicht vorkommenden, und diplomatisch genau wiedergegeben, wie sie sich in Salzmann’s Nachlasse, auf der Straßburger Stadtbibliothek, befinden. In derselben Schachtel, in welcher sie liegen, sind auch Göthe’s Briefe an Salzmann aufbewahrt, welche Moritz Engelhardt im Morgenblatt veröffentlicht hat.

Diese Briefe, nebst Oberlin’s Aufsatz über des armen Lenz Aufenthalt im Steinthale, füllen die Lücke aus, welche sich in L. Tieck’s[1] biographischen Notizen über Lenz vorfindet und geben über manche Leistungen des Dichters Aufschluß. Die Mittheilungen über die Straßburger gelehrte Gesellschaft, unter Salzmanns Vorsitze, habe ich dem Protokoll der Gesellschaft selbst entnommen, von welchem mir eine getreue Abschrift vorliegt. Als Zugabe folgen einige Gedichte von Lenz, welche Tieck übergangen hat; so wie Göthe’s ursprüngliche Uebersetzung von Ossians Gesang von Selma, im Werther, und Gedichte an Friedericke.

Mülhausen, im Oberelsaß, Ende Jänner 1842.

Der Herausgeber.

Inhalt.

Seite.VorwortIII-VII.I.Lenz im Elsaß1II.Briefe von Lenz an den Aktuar Salzmann48III.Gedichte von Lenz85IV.Göthe’s ursprüngliche Uebersetzung der Ossianischen Gesänge von Selma95V.Gedichte von Göthe an Friedericke109Fac simile von Göthe.

Das Titelbild stellt das Sesenheimer Pfarrhaus vor, wie es zu Göthe’s Zeit und noch bis vor wenigen Jahren stand; es ist von der Hofseite genommen; das untere Zimmer links am Garten, war die Wohnstube; das letzte obere, rechts, das Fremdenzimmer, von Göthe bewohnt. Das Bild ist nach einem Oelgemälde gemacht, das ein Freund des Herausgebers verfertigt; nach demselben ist auch der Holzschnitt in Lewald’s Europa genommen.

D. H.

I. Lenz im Elsaß.

„Er stößt mich eben so sehr ab, als er mich anzieht; so zart, rührend, kräftig, ja groß er zu Zeiten sein kann, so klein, widerwärtig und roh erscheint er dann wieder, und zwar aus Willkür, um mit dem Enthusiasmus ein verhöhnendes Spiel, und mit dem Spiele selbst ein anderes, ganz außer der Poesie liegendes zu treiben, welches dieses und jede Poesie vernichtet.“

L. Tieck, Einleitung zu Lenz’s Schriften.

Jakob Michael Reinhold Lenz wurde zu Seßwigen in Liefland den 12. Jänner 1750 geboren. Er studirte 1768 in Königsberg, und begab sich von da aus nach Berlin, wo er mit Ramler und Nicolai verkehrte. Im Jahr 1771 begleitete er einen jungen Edelmann, Herrn von Kleist, nach der damals weit berühmten, alten Universität Straßburg. Hier verband er sich auf’s Innigste mit seinem guten Sokrates, dem freundlichen, gemüthreichen Aktuarius Salzmann[2], von welchem Göthe und Jung-Stilling in ihren Selbstbiographien mit so vieler Ehrfurcht sprechen. Salzmann hatte einen Kreis talentvoller Jünglinge um sich her versammelt, deren literarische Arbeiten er leitete. Die heiterste Lebensphilosophie, verbunden mit reichen, vielseitigen Kenntnissen, einem richtigen Blick und feinem Geschmacke gewannen ihm bald alle Herzen. Besonders Lenz, dessen Geist sich in diesem Zirkel schwärmerisch allen Eindrücken des Schönen aufschloß, gewann ihn für das Leben lieb. Auch Herder, Stilling und Lerse lernte er hier kennen, und was für sein Dichten von bedeutenderm Einflusse war, Göthe. Es gieng ihm eine neue, schönere Welt auf. Shakspeare namentlich übte auf die jungen Gemüther einen mächtigen Zauber aus. Göthe äußert sich in dieser Hinsicht also: „Will jemand unmittelbar erfahren, was damals in dieser lebendigen Gesellschaft gedacht, gesprochen und verhandelt worden, der lese den Aufsatz Herder’s über Shakspeare, in dem Heft von deutscher Art und Kunst; ferner Lenzens Bemerkungen über das Theater, denen eine Uebersetzung von Lowe’s labours lost hinzugefügt war. Herder dringt in das Tiefere von Shakspeare’s Wesen und stellt es herrlich dar; Lenz beträgt sich mehr bilderstürmerisch gegen die Herkömmlichkeit des Theaters, und will denn eben all und überall nach Shakspeare’scher Weise gehandelt haben. Da ich diesen so talentvollen als seltsamen Menschen hier zu erwähnen veranlaßt werde, so ist wohl der Ort, versuchsweise, einiges über ihn zu sagen. Ich lernte ihn erst gegen das Ende meines Straßburger Aufenthaltes kennen. Wir sahen uns selten; seine Gesellschaft war nicht die meine, aber wir suchten doch Gelegenheit uns zu treffen, und theilten uns einander gern mit, weil wir, als gleichzeitige Jünglinge, ähnliche Gesinnungen hegten. Klein, aber nett von Gestalt, ein allerliebstes Köpfchen, dessen zierlicher Form etwas abgestumpfte Züge vollkommen entsprachen; blaue Augen, blonde Haare, kurz ein Persönchen, wie mir unter nordischen Jünglingen von Zeit zu Zeit eins begegnet ist; einen sanften, gleichsam vorsichtigen Schritt, eine angenehme nicht ganz fließende Sprache, und ein Betragen, das zwischen Zurückhaltung und Schüchternheit sich bewegend, einem jungen Manne gar wohl anstand. Kleinere Gedichte, besonders seine eigenen, las er sehr gut vor, und schrieb eine fließende Hand. Für seine Sinnesart wüßte ich nur das englische Wort whimsical, welches, wie das Wörterbuch ausweist, gar manche Seltsamkeiten in Einem Begriff zusammenfaßt. Niemand war vielleicht eben deßwegen fähiger als er, die Abschweifungen und Auswüchse des Shakspear’schen Genies zu empfinden und nachzubilden. Die obengedachte Uebersetzung giebt ein Zeugniß hievon. Er behandelt seinen Autor mit großer Freiheit, ist nichts weniger als knapp und treu, aber er weiß sich die Rüstung oder vielmehr die Possenjacke seines Vorgängers so gut anzupassen, sich seinen Gebärden so humoristisch gleichzustellen, daß er demjenigen, den solche Dinge anmutheten, gewiß Beifall abgewann.“

Im Sommer 1772 verließ Lenz Straßburg und zog mit Herrn von Kleist nach Fort-Louis, einer jetzt zerstörten Inselfestung auf dem Rheine. In der Nähe liegt Sesenheim; Lenz machte die Bekanntschaft des Pfarrers Brion[3], und wurde von der patriarchalischen Familie auf’s Freundschaftlichste aufgenommen. Friedericke’s liebliche Gestalt trat ihm entgegen und fesselte ihn mit unauflöslichen Banden. Er trank einen vollen Kelch der süßesten Wonne, die sich leider in der Folge in den bittersten Schmerz verwandelte und seine Seele mit jenem tiefen Gram erfüllte, der sie verzehrte. Der Gedanke an Sie absorbirte ihn ganz; in ihm giengen alle andern Gedanken unter und nur das Studium seiner beiden Lieblingsdichter Plautus und Shakspeare, die er mit schwärmerischer Verehrung las, studirte und bearbeitete, brachte ihn wieder, auf Augenblicke wenigstens, zu sich selbst zurück. Sein Sinnen und Dichten, in Licht und Schatten, sind aus seinem Gemüthszustande in jener Zeit erklärlich. Gegen das Spätjahr 1772 begab sich Lenz nach Landau, und kehrte hierauf, wie es schien, mit erneuetem Lebensmuthe nach Straßburg zurück, wo er, einige Zwischenreisen ausgenommen, bis in den März 1776 blieb.

Salzmann hatte den 2. November 1775 eine neue Gesellschaft „zur Ausbildung der deutschen Sprache“ gegründet. Das Protokoll der Sitzungen beginnt also: „Den 2. November des Jahres 1775 ist unter göttlichem Beistande zu der Eröffnung einer Gesellschaft deutscher Sprache in dem Hause des Herrn Aktuarius Salzmann, gegenüber dem Rathhause, Nachmittags um 3 Uhr, geschritten worden.“ Lenz hielt, als Sekretär, eine Anrede an die Mitglieder „über die Vortheile einer Verbindung dieser Art zu einer hoffentlich zu erwartenden allgemeinen deutschen Sprache“, und hat darin zu zeigen gesucht, wie sehr eine Provinz von ihren Rechten vergebe, wenn sie die Ausbildung des sogenannten Hochdeutschen, einer einzigen Provinz oder einem einzigen Kreise Deutschlands überließe. Tieck hat diese Anrede aufbewahrt (Lenz, Schriften Th. II. S. 326 u. ff.). Lenz war das thätigste Mitglied dieses Vereins, mit dem er auch Michaelis von Göttingen und Schlosser von Emmendingen, in Verbindung brachte. Er gab folgende Beiträge, von welchen sich die mit * bezeichneten in Tieck’s Ausgabe seiner Schriften vorfinden:

1.*Anrede an die Gesellschaft (S. oben).2.*Vorzüge der deutschen vor der französischen Sprache.3.*Ueber die Bearbeitung der deutschen Sprache im Elsaß, Breisgau und den benachbarten Gegenden.4.Nachahmung von Plautus Captirei.5.*Die beiden Alten, ein Familiengemälde (dramatisch), nach einer Zeitungsanekdote.6.Ballade aus Dodley’s Sammlung altenglischer Gedichte.7.*Neujahrsgedicht.8.*Etwas über die Veränderung des Theaters beim Shakspeare.9.Etwas über den Charakter des Sokrates, aus dem Xenophon.10.Briefe über die Moralität des jungen Werthers.11.Koriolan von Shakspeare.

Die merkwürdigsten unter den übrigen Mitgliedern waren, außer Salzmann, der das Präsidium führte, MagisterLeypold[4] (1730 zu Straßburg geboren, gestorben als Professor am Gymnasium daselbst 1792), ein Schützling Schöpflin’s, auf dessen Veranlassung er gelehrte Reisen nach Italien, der Schweiz und nach Holland machte; ein gründlicher Philologe und geschmackvoller Dichter; als Republikaner eifrig und seine Schüler für wahre Vaterlandsliebe begeisternd; übrigens ein Original, von dem noch jetzt die drolligsten Anekdoten kreisen. Er trug in der Gesellschaft eine Charakteristik von Sebastian Brant’s Narrenschiff vor. — Dr. J. Lorenz Blessig, Professor der Theologie (gestorben 1816), als anregender Lehrer der akademischen Jugend und geistlicher Redner ausgezeichnet. — Der gelehrte, geistreiche Dr. Isaac Haffner (gest. 1831), zuletzt Dekan der theologischen Fakultät zu Straßburg, dessen Predigten, hinsichtlich der Form, als klassische Muster anerkannt sind. — Johannes von Türkheim, dessen Geschichte von Hessen, in drei Theilen, berühmt geworden. — Otto, ein Gehülfe des Philologen Brunk, ein Mann von großem politischem Einflusse; zuletzt französischer Gesandter in London. — Schönfeld, ein Komponist und launiger Knittelversemacher. — Leopold Wagner (geb. zu Straßburg 1747, gest. 1779), ein Kraftgenie, mit der Lenzischen Muse verwandt. Göthe hat ihn im Faust verewigt, es ist der Famulus Wagner. Er hat mehrere Dramen geschrieben, voller Excentrität und gräulicher Scenen: „die Kindesmörderin“ (1776), deren Stoff er Göthe weggenommen hat; „die Reue nach der That“ (1775); Gervinus hält ihn auch für den Verfasser des kleinen Nachspiels „die frohe Frau“ (1775).[5] — Graf Ramond, aus Kolmar, gestorben als Staatsrath und Präfekt der obern Pyrenäen. Als Schriftsteller zeichnete er sich durch sein (im Geiste von Shakspeare und von Göthe’s Götz von Berlichingen geschriebenen) guerre d’Alsace, einem historischen Drama (Bâle 1780), und durch les dernières aventures du jeune d’Olban, fragment des amours alsaciennes (Yverdun 1777) aus. Ramond kann als Vorläufer der romantischen Schule Frankreichs gelten. Er schloß sich namentlich an Lenz an, dem die letztere Schrift zugeeignet ist, und mit dem er in seiner leidenschaftlichen Liebe zu Shakspeare sympathisirte. — Als Mitglieder der Gesellschaft kommen noch vor: Breu, Lobstein, Meyer, Müller, Fries, Röderer und Corvinus.[6]

Im Frühjahr 1776 verließ Lenz Straßburg und hielt sich in Weimar auf, wo er mit Göthe umgieng und mit Herder und Wieland näher bekannt wurde.

Wie von einem unvermeidlichen Schicksale getrieben, kam er aber gegen das Ende des folgenden Jahres wieder in das Elsaß. Nun brach sein oft in dumpfes Hinbrüten, in bange Schwermuth versunkenes Gemüth in vollen Wahnsinn aus, der zuweilen zur unbändigsten Raserei wurde. Er irrte im tiefen Winter, in Schnee und Wind, durch die Vogesen und kam im Jänner 1778, in seinem Aeußern aufs Höchste vernachläßigt und die traurigsten Spuren der Verirrung tragend, nach Waldbach, in’s Steinthal, wo der würdige Pfarrer Oberlin ihn mit hingebender Liebe aufnahm. Nachfolgender Aufsatz, der sich in Oberlin’s Papieren vorfand, mag dem Leser die herzzerreißenden Scenen, die während Lenz’s Aufenthalt im Steinthale vorfielen, schildern.[7]

„Den 20. Januar 1778 kam er hieher. Ich kannte ihn nicht. Im ersten Blick sah ich ihn, den Haaren und hängenden Locken nach für einen Schreinergesellen an; seine freimüthige Manier aber zeigte bald, daß mich die Haare betrogen hatten. — „Seien Sie willkommen, ob Sie mir schon unbekannt.“ — „ich bin ein Freund K...’s[8] und bringe ein Compliment von ihm.“ — „Der Name, wenn’s beliebt?“ — „Lenz.“ — „Ha, ha, ist er nicht gedruckt?“ (Ich erinnerte mich einige Dramen gelesen zu haben, die einem Herrn dieses Namens zugeschrieben wurden.) Er antwortete: „Ja; aber belieben sie mich nicht darnach zu beurtheilen.“

Wir waren vergnügt unter einander; er zeichnete uns verschiedene Kleidungen der Russen und Liefländer vor; wir sprachen von ihrer Lebensart, u. s. w. Wir logirten ihn in das Besuchzimmer im Schulhause.