Der Duft der Perle - Leonie Waltraut Quiring - E-Book

Der Duft der Perle E-Book

Leonie Waltraut Quiring

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Beschreibung

Sechs wundersame Erzählungen führen ins Nahe und in die Ferne, nach Brandenburg und an die Ostsee, nach Ägypten, Persien, Mesopotamien und Zentralasien. Der Weite des Raums entspricht die Tiefe der Zeit: Landschaft, Natur, Kunst, Geschichte und Religion bilden die Lebenswelt, in der Menschen leiden, lieben, hoffen und versagen. Der Weg in Raum und Zeit weist aber ins abgründige Innere, dorthin, wo wir als Einzelne uns zu bewähren haben. Davon berichten die Erzählungen, deshalb stellen sie sich in die Tradition der Kunstmärchen, in denen Phantasie frei walten kann, ohne sich von Vernunft und Religion loszusagen. Wir begegnen in ihnen - uns selbst

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Seitenzahl: 386

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edition lichtland

© Leonie Quiring

edition LichtlandStadtplatz 4, 94078 FreyungDeutschland

Titelbild: Caren JahnkeSatz: oy-design Hermann Schoyerer

ISBN-13: 978-3-942509-04-6eISBN: 978-3-942509-88-6www.lichtland.eu

Das MäRCHeNvom BLaUeNFİSCHLeİN

Dİe ROHRammeR

DeRDUft DeRPeRLe

TeUfeLSSee

NaSaR

SCHLaNGeNmOOS

Für Stephan

Das MäRCHeNvom BLaUeNFİSCHLeİN

Am weiten Meer des Nordens lebte einst ein junger Fischer. Arbeitsam fuhr er jede Nacht auf die See, warf seine Netze aus und zog sie mit dem Morgengrauen wieder ein, gefüllt mit Fischen aller Art. Er bot seinen Fang den Leuten dar, ehe die anderen Fischer zurückkehrten, und hatte sich durch seinen Fleiß einen kleinen Reichtum erspart. Viele hielten ihn für wunderlich, weil er auch die Nachtstunden auf dem Meer verbrachte, aber er liebte das Raunen des Windes und das leise Schlagen der Wellen an seinem Boot, den Mondschein auf der bewegten oder stillen Fläche des Wassers. Zuweilen versank er gänzlich in Träumereien, und wäre es nicht seine Gewohnheit gewesen, gleich nach dem Auslaufen des Bootes seine Netze auszulegen, so hätte ihn wohl manches Mal der dämmernde Schein der kommenden Sonne zu spät daran gemahnt, wozu er eigentlich hinausgefahren war. Er begann die Sprache des Meeres zu verstehen und die Bewegung des Windes zu deuten, das Flüstern der Wellen zu enträtseln und die Bahn der Sterne zu erfassen. Nur eines blieb ihm versagt; oft saß er traurig weit über den Bootsrand gebeugt und starrte in die Tiefe der See: die Fische blieben stumm – sie konnte er nicht verstehen. Und doch ahnte er, daß auch sie miteinander sprächen, oder war ihr Spiel die Sprache? Sie schossen so leicht dahin, wandten sich blitzschnell, manchmal standen sie auch lange Zeit still, so unbeweglich, als seien sie versteinert. Tauchte er aber eine Hand in das Wasser, so entglitten sie wie ein Blitz seinen Blicken. Leuchtende in Gold und Grün gab es, schillernde Punkte über dunklen Tiefen, einige glichen Perlenschnüren im Mondesglanz, tiefrote Bänder zogen sich über schwarze Zacken; Flammen, anzusehen wie die Strahlen der untergehenden Sonne auf sanften Wellen, schlängelten sich dahin. Aber alle diese lebenden Wesen sprachen nicht. Sie sahen ihn zuweilen aus runden Augen an, den Atem verhielt er vor ihrem Blick – aber sie blieben stumm. Und wenn er seine Netze im Morgenlicht am Strande ausschüttete, lagen die Freunde der Nacht farblos und stumpf in den Körben und wehrten sich wie alles Lebendige gegen das Sterben. Sein Verdienst hing am Verkauf der Fische, er seufzte, aber oft überkam es ihn wie ein Trotz: Mochten sie doch sterben, da sie ihr Geheimnis nicht preisgaben!

Eines Morgens, als er im flachen Wasser stehend wieder seinen Fang aussortierte, sah er einen Augenblick ein feines metallisches Leuchten, und durch die Maschen des Netzes schlüpfte ein winziges blaues Fischlein ins Meer zurück und war verschwunden. Er starrte ihm nach – noch nie hatte er im Tageslicht einen der Fische leuchten sehen – der kleine Kerl strahlte ja wie in der Nacht! Aber er war fort. Dem jungen Fischer zuckte das Herz: Ich muß ihn wiederfinden! Jede Nacht verhielt er sich fast atemlos – Sterne, Wellen im Mondenschein – alles erlosch vor dem Suchen nach diesem einen Fischlein. Reglos lag er die ganze Nacht über dem Rand des Bootes und starrte in die Tiefe. In unruhigen Wind- und Sturmnächten machte er nur widerwillig das Boot klar, denn das Toben des Meeres verwehrte ihm den Blick in die fremde Welt. Auch sonst vernachlässigte er alles, was bis dahin sein Leben erfüllt hatte; schon am frühen Abend, kaum daß die Sonne sank, fuhr er hinaus – todmüde kehrte er heim, verkaufte die Fische, schloß sich in sein Häuschen ein und fiel in einen bleiernen Schlaf. Kaum ein Wort sprach er mit den Menschen. „Das Meer hat ihn verzaubert“, sagten die einen; „er sucht etwas“, sagten die anderen, denn sie hatten gesehen, daß er seine Netze kreuz und quer überknüpfte, so daß ein festes Gitterwerk entstanden war. Aber was er suchte und was ihn verzaubert hatte, offenbarte er nicht, und bald wurden auch die vertrautesten Freunde fremd. Nur einer blieb ihm nah. „Ich finde nicht eher Ruhe“, sagte der junge Fischer zu ihm, „als bis ich diesen Fisch gefangen habe. Nur er leuchtet am Tage, darum muß ein Geheimnis in ihm verborgen sein!“ „Und was willst du mit ihm tun, wenn du ihn gefangen hast?“ „Ich weiß es nicht“, antwortete der junge Fischer, und in seinen müden Augen stand Trauer, „vielleicht erfahre ich durch ihn, was mein Sehnen stillen könnte. Es ist nicht wahr, was die Leute sagen: das Meer hätte mich verzaubert. Nein, es ist das Verlangen, die Tiefe des Meeres zu durchdringen, um das Leben und die Sprache der Fische verstehen zu können. Ich kenne alle ihre Gewohnheiten und ihre Bedürfnisse – was aber bewegt sie bei ihren Spielen und warum dringen sie in den Nächten aus den Tiefen zur Wasseroberfläche, wenn doch ihre Nahrung auch auf dem Grunde zu finden ist, was zieht sie zum Licht des Mondes und läßt sie dadurch in unsere Netze geraten; warum bleiben sie unbeweglich stehen wie Lauschende und fliehen doch, wenn ich sie ergreifen will?“

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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