Der Erste Weltkrieg - Wolfgang Kruse - E-Book

Der Erste Weltkrieg E-Book

Wolfgang Kruse

4,8
17,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Erste Weltkrieg, die ›Urkatastrophe Deutschlands‹, beendete das lange 19. Jahrhundert und veränderte das europäische Staatensystem nachhaltig. Der unerklärliche Gewaltexzess zwischen hoch zivilisierten europäischen Nationen beunruhigt und beschäftigt bis heute. Er bringt ungeheure technische und organisatorische Leistungen hervor und treibt die beteiligten und leidenden Völker an den Rand des Erträglichen. Er lässt neue Staaten entstehen und neue Regierungsformen; das Kaiserreich Österreich hört auf zu existieren, in Deutschland endet das Kaisertum und beginnt eine fragile Demokratie. Konzentriert und systematisch lässt Wolfgang Kruse die ganze Komplexität dieses ersten globalen Krieges verständlich werden und erklärt seine Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft, ebschreibt Strategie und Kriegführung, widmet sich Front und Heimat. Deutlich wird dadurch auch, wie nachhaltig dieser Krieg das neue 20. Jahrhundert prägte, dem er zum Auftakt wurde.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 301

Bewertungen
4,8 (16 Bewertungen)
13
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Geschichte kompakt

Herausgegeben vonKai Brodersen, Martin Kintzinger,Uwe Puschner, Volker Reinhardt

Berater für den Bereich 19./20. Jahrhundert:Walter Demel, Merith Niehuss, Hagen Schulze

Wolfgang Kruse

Der Erste Weltkrieg

2. Auflage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung inund Verarbeitung durch elektronische Systeme.

2., bibliograph. ergänzte u. durchgesehene Auflage 2014© 2014 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), DarmstadtErste Auflage 2009Die Herausgabe des Werkes wurde durchdie Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-534-26447-6

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:eBook (PDF): 978-3-534-73871-7eBook (epub): 978-3-534-73872-4

Menü

Buch lesen

Innentitel

Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Buch

Informationen zum Autor

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Geschichte kompakt

   I. Einleitung

  II. Der Beginn des Krieges

1. Ursachen und Auslösung

2. Burgfrieden

3. Stimmung der Bevölkerung

4. Bewegungskrieg

 III. Die Politik des Krieges

1. Außenpolitik

2. Innenpolitik

3. Organisation der Kriegswirtschaft

4. Kriegsgegnerschaft und Spaltung der Arbeiterbewegung

 IV. Die Soldaten des Krieges

1. Kriegsverlauf und militärische Strategie

2. Soldatische Kriegserfahrungen

3. Kriegsgefangenschaft

4. Verweigerungen und Proteste

  V. Die Kultur des Krieges

1. Kriegsideologien

2. Kriegspropaganda

3. Krieg und Massenkultur

4. Zivilisationskrise und moderne Kunst

 VI. Die Gesellschaft des Krieges

1. Klassenspaltung und soziale Verelendung

2. Frauen und Geschlechterverhältnisse

3. Kindheit und Jugend

4. Soziale und politische Proteste

VII. Das Ende des Krieges

1. Imperialistische Hybris und Zusammenbruch der Mittelmächte

2. Mitteleuropäische Revolutionen

3. Versailler Friedensordnung

4. Erbschaft des Krieges

Literatur

Personenregister

Geschichte kompakt

In der Geschichte, wie auch sonst,dürfen Ursachen nicht postuliert werden,man muss sie suchen. (Marc Bloch)

Das Interesse an Geschichte wächst in der Gesellschaft unserer Zeit. Historische Themen in Literatur, Ausstellungen und Filmen finden breiten Zuspruch. Immer mehr junge Menschen entschließen sich zu einem Studium der Geschichte, und auch für Erfahrene bietet die Begegnung mit der Geschichte stets vielfältige, neue Anreize. Die Fülle dessen, was wir über die Vergangenheit wissen, wächst allerdings ebenfalls: Neue Entdeckungen kommen hinzu, veränderte Fragestellungen führen zu neuen Interpretationen bereits bekannter Sachverhalte. Geschichte wird heute nicht mehr nur als Ereignisfolge verstanden, Herrschaft und Politik stehen nicht mehr allein im Mittelpunkt, und die Konzentration auf eine Nationalgeschichte ist zugunsten offenerer, vergleichender Perspektiven überwunden.

Interessierte, Lehrende und Lernende fragen deshalb nach verlässlicher Information, die komplexe und komplizierte Inhalte konzentriert, übersichtlich konzipiert und gut lesbar darstellt. Die Bände der Reihe „Geschichte kompakt“ bieten solche Information. Sie stellen Ereignisse und Zusammenhänge der historischen Epochen der Antike, des Mittelalters, der Neuzeit und der Globalgeschichte verständlich und auf dem Kenntnisstand der heutigen Forschung vor. Hauptthemen des universitären Studiums wie der schulischen Oberstufen und zentrale Themenfelder der Wissenschaft zur deutschen und europäischen Geschichte werden in Einzelbänden erschlossen. Beigefügte Erläuterungen, Register sowie Literatur- und Quellenangaben zum Weiterlesen ergänzen den Text. Die Lektüre eines Bandes erlaubt, sich mit dem behandelten Gegenstand umfassend vertraut zu machen. „Geschichte kompakt“ ist daher ebenso für eine erste Begegnung mit dem Thema wie für eine Prüfungsvorbereitung geeignet, als Arbeitsgrundlage für Lehrende und Studierende ebenso wie als anregende Lektüre für historisch Interessierte.

Die Autorinnen und Autoren sind in Forschung und Lehre erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Jeder Band ist, trotz der allen gemeinsamen Absicht, ein abgeschlossenes, eigenständiges Werk. Die Reihe „Geschichte kompakt“ soll durch ihre Einzelbände insgesamt den heutigen Wissenstand zur deutschen und europäischen Geschichte repräsentieren. Sie ist in der thematischen Akzentuierung wie in der Anzahl der Bände nicht festgelegt und wird künftig um weitere Themen der aktuellen historischen Arbeit erweitert werden.

Kai Brodersen       Martin Kintzinger Uwe Puschner      Volkeer Reinhardt

I. Einleitung

Jede wissenschaftliche Behandlung historischer Ereignisse und Zusammenhänge ist auf die Verwendung von Konzepten und Begriffen angewiesen, die das Geschehen zum einen erschließen und analysieren helfen, zum anderen aber auch spezifische Deutungsmuster beinhalten. In Bezug auf den Ersten Weltkrieg haben seit Langem vor allem zwei Konzeptbegriffe Konjunktur: Der Krieg selbst wird zumeist als erster „totaler Krieg“ der neueren Geschichte begriffen. Ein zeitgenössisches, vor allem in der Nachkriegszeit ausformuliertes politisches Projekt, dass auf die Mobilisierung der gesamten Gesellschaft an der „Heimatfront“ für den industrialisierten Volkskrieg abzielte, ist dabei zu einem analytischen Konzept weiterentwickelt worden, dem es wesentlich darum geht, die alle Bereiche der Gesellschaft erfassenden und durchdringenden Wirkungen dieses Krieges in den Blick zu nehmen. Und für seine allgemeinere historische Einordnung ist es schon fast zu einem Allgemeinplatz geworden, den Ersten Weltkrieg mit George S. Kennan als „Urkatastrophe des Zwanzigsten Jahrhunderts“ zu deuten. Denn dieser Krieg hat in der Tat der weiteren Entwicklung des 20. Jahrhunderts seinen gewaltsamen Stempel aufgedrückt, so sehr, dass kaum ein Geschehen der folgenden Jahrzehnte, zumal in Europa, ohne Rückbezug darauf erklärbar erscheint.

Eine Zivilisationskrise der europäischen Moderne

Trotzdem wird der Erste Weltkrieg hier noch in einen etwas anders konturierten Zusammenhang gerückt: Er soll als Zivilisationskrise der europäischen Moderne gedeutet werden. Zuvor hatte das ‚lange‘ 19. Jahrhundert der europäischen Geschichte im Zeichen eines säkularen Modernisierungsprozesses gestanden, der – angetrieben von industrieller Revolution, politischer Demokratisierung und sozialer Emanzipation – eine neuartige, bürgerliche Gesellschaft hervorbrachte und mit einem umfassenden Fortschrittsoptimismus verbunden war. Wohlstand, Freiheit, Bildung und Zivilisation waren die Zielpunkte, auf die eine neuzeitlich bewegte Geschichte hinzulaufen schien. Doch am Ende stand schließlich ein Krieg, der alle produktiven gesellschaftlichen Kräfte für die Zwecke der Zerstörung und Vernichtung mobilisierte. Weit mehr als 10 Millionen Tote, eine noch weit größere Zahl von zerstörten Existenzen, zerrüttete Gesellschaften, zusammenbrechende politische Ordnungen und auch nach dem formellen Kriegsende nicht enden wollende gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen und innerhalb der Völker Europas: Das waren die Ergebnisse und Folgen des sogenannten Großen Krieges, die nicht einfach über das moderne Europa hineingebrochen, sondern die trotz allem Fortschrittspathos tief und ursächlich in ihm verwurzelt waren. Wie es hellsichtige und sensible Geister schon lange prognostiziert hatten, trug diese Moderne ganz offensichtlich Widersprüche, Abgründe und Zerstörungspotentiale in sich, die alle Fortschritte und davon ausgehenden Entwicklungsperspektiven nicht nur zunichte machen, sondern sie auch selbst für ihr Destruktionswerk nutzbar machen konnten.

Der Rekurs auf den Krisenbegriff beinhaltet trotzdem ein Weiteres. Denn Krisen haben ein Janusgesicht, das auch den Ersten Weltkrieg ausgezeichnet hat. Sie zerstören nicht nur die alte Ordnung, aus der sie erwachsen sind, sondern sie setzen zugleich neue, in die Zukunft weisende Kräfte frei, die aus dem Versuch hervorgehen, ihre zerstörerische Kraft zu beherrschen oder zu überwinden. Revolution, Demokratisierung und Selbstbestimmungsrecht der Völker, neuer Mensch, Massenkultur, Avantgarde oder Völkerbund lauteten die Stichworte, die das schöpferische Potential der Auseinandersetzung mit dem Zivilisationsbruch des großen Krieges anzeigen, aber auch totale Mobilmachung, Volksgemeinschaft, Gewaltkult und Führertum. Die hier vorgelegte Einführung in die Geschichte des Ersten Weltkrieges unternimmt deshalb den Versuch, die verschiedenen Ebenen des Kriegsgeschehens immer unter der doppelten Perspektive von umfassender Destruktion und schöpferischem Aufbruch zu betrachten; Erscheinungen des totalen Krieges allerdings, die – und darin liegt vielleicht das eigentliche historische Drama – oft in kaum auflösbarer Weise miteinander verbundenen waren.

Zur Forschungsentwicklung

Die Anlage einer einführenden Darstellung hängt ferner von den Fragestellungen und Themenschwerpunkten ab, die die wissenschaftliche Forschung und Diskussion geprägt haben. Die Forschungsentwicklung zum Ersten Weltkrieg ist strukturell in vieler Hinsicht von den allgemeinen geschichtswissenschaftlichen Konjunkturen beeinflusst worden. Lange Zeit standen im engeren Sinne politische Fragestellungen im Mittelpunkt, wobei der Kriegsschuldfrage von Anfang an eine besondere, auch selbst wiederum politische Bedeutung zukam. Schnell trat auch die enge Verbindung von Außen- und Innenpolitik zutage, etwa in der Problematik der Kriegsziele, und auch die innenpolitische Systementwicklung im Spannungsverhältnis von Regierungen, Parlamenten, Parteien und Militärs rückte bald in den Fokus historischer Forschungen. Vor allem seit den ausgehenden 1960er Jahren begann sich dann die sozialhistorische Wende in der Geschichtswissenschaft auch in der Weltkriegsforschung abzuzeichnen, deutlich etwa in Arthur Marwicks stilbildender Untersuchung der mit dem Krieg einhergehenden, forcierten gesellschaftlichen Veränderungen in Großbritannien oder in Jürgen Kockas ähnlich einflussreicher Analyse der deutschen „Klassengesellschaft im Krieg“.

Während die Sozialgeschichtsschreibung dabei vor allem die allgemeinen Strukturen der Gesellschaftsentwicklung in den Blick genommen hat, traten in der Folgezeit alltagsgeschichtlich orientierte Studien hinzu, in denen die unmittelbaren Wirkungen, Wahrnehmungen und Erfahrungen des Krieges thematisiert wurden. Wiederum parallel zur konzeptionellen Entwicklung der Geschichtswissenschaft insgesamt stehen die Studien der jüngsten Zeit nun vor allem im Zeichen kulturgeschichtlicher Fragestellungen und Schwerpunktsetzungen, eine Entwicklung, die sich deutlich in den zwei großen Tagungen und Sammelbänden des internationalen Dokumentations- und Forschungszentrum „Historial de la Grande Guerre“ in Peronne, auf den Schlachtfeldern an der Somme, abzeichnet. Hatte man sich hier in den 1980er Jahren noch mit der Gesellschaftsentwicklung im Ersten Weltkrieg beschäftigt, so lautete der Schwerpunkt der 1990er Jahre nun „Guerre et Cultures“. Eine Besonderheit der Ersten Weltkriegsforschung stellt schließlich die Militärgeschichte dar. Lange, und nicht zuletzt in Deutschland, vor allem getragen von militärnahen Institutionen und Forschungsinteressen, hat sie sich in der letzten Zeit zunehmend emanzipieren können und eine eigene Forschungstradition jenseits der Geschichte von Schlachten und Strategien zu entwickeln begonnen.

Gliederungsprinzipien

Die vorliegende Einführung greift die skizzierte Forschungsentwicklung auf und leitet daraus ein systematisches Gliederungsprinzip ab, das zwischen den Ebenen der Politik, der Gesellschaft, der Kultur und des Militärs unterscheidet. Die Perspektive ist europäisch, wobei vor allem Deutschland, England und Frankreich in den Blick genommen werden und ein Schwerpunkt auf den deutschen Entwicklungen lieg, insbesondere in den eingeschobenen Quellenauszügen. Dem historischen Entwicklungsprinzip wird dabei nicht nur innerhalb der systematischen Kapitel Rechnung getragen, sondern auch durch einleitende bzw. abschließende Kapitel über die Ursachen und den Beginn des Krieges sowie über sein Ende und seine Wirkungen. Zweifellos wäre auch eine Geschichte des Ersten Weltkriegs vorstellbar, die verschiedene systematische Ebenen in eine am Verlauf orientierte Gesamtdarstellung integriert. Doch für die orientierende Einführung in einen so vielfältigen und komplexen Gegenstand erscheint eine sachsystematische Gliederung besser geeignet, weil sie mehr Raum für möglichst umfassende Informationen über die verschiedenen Sachzusammenhänge bietet und zugleich auch die Eigenlogik der unterschiedlichen thematischen Forschungsfelder stärker berücksichtigen kann. Dabei gilt es jedoch immer in Rechnung zu stellen, dass jede Aufgliederung einen künstlichen Charakter hat und immer auch die vielfältigen Überschneidungen, Zusammenhänge und Wirkungsverhältnisse zwischen den systematisch unterschiedenen Themenfeldern im Blick zu behalten sind. Eine wesentliche, verbindende Klammer ist dabei zweifellos in der Periodisierung des Krieges, seiner Einteilung in verschiedene Entwicklungsphasen mit unterschiedlichen inhaltlichen Orientierungen und Schwerpunktsetzungen zu sehen.

Phasen und Zäsuren

Für den Ersten Weltkrieg erscheint es sinnvoll, nach der Vorgeschichte des Krieges von einer ersten Phase auszugehen, die geprägt war von der Erwartung oder zumindest der Hoffnung, es werde zu einer schnellen Kriegsentscheidung kommen. Militärisch stand der Bewegungskrieg im Vordergrund, innenpolitisch dominierten Improvisation und Vertagung wichtiger Probleme, die Gesellschaft selbst wurde noch kaum als Faktor des Krieges begriffen. Alles dies begann sich zu verändern, als sich im Herbst 1914 der deutsche Angriffsschwung im Westen festgelaufen hatte, die anfänglich in Ostpreußen eingedrungenen russischen Truppen wieder hinausgedrängt worden waren und sich die Fronten im Stellungskrieg verfestigten, insbesondere im Westen. Nun wurde in einer zweiten Phase immer deutlicher, dass der Krieg noch lange dauern und zu einem industriell fundierten Abnutzungskrieg werden würde, der grundlegende Veränderung in der militärischen Strategie, in der politischen Orientierung sowie in der Organisation von Wirtschaft und Gesellschaft notwendig machte. Diese Entwicklung zum totalen Krieg mündete in eine dritte Phase ein, als nach den großen, verlustreichen Abnutzungsschlachten vor Verdun und an der Somme in Deutschland die 3. Oberste Heeresleitung unter den Generälen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff die totale Mobilmachung von Wirtschaft und Gesellschaft auf ihre Fahnen schrieb, während in England und Frankreich die charismatischen Führerpersönlichkeiten David Lloyd George (1863–1945) und Georges Clemenceau (1841–1929) ihre zivilen „Kriegsdiktaturen“ errichteten und ähnliche Programme verfolgten. Im Jahre 1917 gelangte der Krieg gewissermaßen an seine Peripetie, als die deutsche Führung sich endgültig zum unbegrenzten U-Boot-Krieg entschloss, die USA in den Krieg eintraten und die Revolutionen in Russland nicht nur die Kriegskonstellationen veränderten, sondern auch deutlich machten, welche Folgen der fortgesetzte Krieg auch für andere Länder haben konnte. Nach dem der Sowjetführung vom deutschen Militär aufgezwungenen Gewaltfrieden von Brest-Litowsk kam im Frühjahr 1918 auch die Front im Westen wieder in Bewegung. Doch als sich die deutschen Angriffe festgelaufen hatten, zeichnete sich nun in der Endphase des Krieges der militärische Zusammenbruch der Mittelmächte Deutschland, Österreich-Ungarn und Türkei immer deutlicher ab, die schließlich im Oktober/November 1918 unter dem Druck der Alliierten einerseits, revolutionärer Aufstandsbewegungen im Innern andererseits kapitulieren mussten.

Ein im Kern europäischer Konflikt

Zweifellos war der Erste Weltkrieg in seinen Dimensionen nicht allein ein europäischer, sondern ein globaler Konflikt, schon 1914 mit dem Kriegseintritt Japans, der Türkei und des britischen Empire sowie der anderen europäischen Kolonialreiche, endgültig dann seit 1917 mit dem Kriegseintritt der USA und in ihrem Gefolge auch der meisten mittel- und südamerikanischen sowie asiatischen Staaten. In größeren historischen Zusammenhängen betrachtet, stellen vor diesem Hintergrund nicht nur die allgemeinen weltgeschichtlichen Weichenstellungen mit dem Aufstieg der USA und der Bildung der Sowjetunion, sondern auch die Auswirkungen des Krieges auf den Prozess der Dekolonisation wichtige Themen dar. Trotzdem soll der Fokus hier vor allem auf die europäischen Zusammenhänge gerichtet werden. Denn nicht nur die Ursachen des Krieges lagen wesentlich in Europa. Auch das Kriegsgeschehen selbst konzentrierte sich – abgesehen von den erbitterten, ebenfalls erst 1918 entschiedenen Kämpfen zwischen der mit den Mittelmächten verbündeten Türkei und den von einheimischen Kräften unterstützten britisch-französischen Truppen in Arabien – auf den europäischen Kontinent. Hier lag das Zentrum eines Krieges, der in erster Linie um seine Vergangenheit und Zukunft geführt wurde.

II. Der Beginn des Krieges

1. Ursachen und Auslösung

Das Attentat von Sarajewo, bei dem der serbische Nationalist Gavrilo Princip am 28. Juni 1914 den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand (*1863) und seine Frau auf offener Straße erschoss, gilt gemeinhin als Auslöser der unmittelbar in den Ersten Weltkrieg führenden Entwicklungen. Erklären kann es die Kriegsauslösung jedoch nicht. Wieso sollten ganz Europa und große Teile der Welt wegen diesem zwar schrecklichen, in seiner politischen Bedeutung aber doch regional begrenzten Terrorakt Krieg miteinander führen? Die Beantwortung dieser Frage weist in zwei Richtungen: Zum einen gilt es, die politischen Entscheidungen der Akteure im Verlauf der sogenannten Julikrise zu analysieren, an deren Ende die Kriegsauslösung stand. Zum anderen aber ist auch nach den längerfristigen Ursachen zu fragen, vor deren Hintergrund erst verständlich wird, warum gerade der Balkan zum europäischen Pulverfass werden konnte und wieso dieser regionale Krisenherd dann das ganze europäische Staatensystem erfasste.

Machtvakuum auf dem Balkan

Durch die Schwäche der osmanischen Herrschaft war auf dem Balkan seit langem ein Machtvakuum entstanden, das verschiedene Kräfte auszufüllen versuchten. Zum einen waren dies die Nationalbewegungen der hier lebenden Völker, insbesondere der Serben, Rumänen, Bulgaren, Griechen, Montenegriner und Albaner, die mehr oder weniger erfolgreich je eigene Nationalstaaten errichten und ihre Macht zu vergrößern suchten. Zum anderen ging es um die gegensätzlichen Interessen von zwei europäischen Großmächten: Österreich-Ungarn sah auf dem Balkan ein zentrales Feld imperialistischer Expansion und hatte 1908 Bosnien und die Herzegowina annektiert, was nicht zuletzt zur Folge hatte, dass die südslawische Nationalbewegung ihre Feindschaft von den Osmanen auf die Habsburger übertrug. Russland dagegen sah sich im Zeichen des Panslawismus als Schutzmacht der kleineren slawischen Völker und versuchte auf diesem Wege, seinen Einfluss auszudehnen. Als 1911 die Niederlage gegen Italien in Nordafrika erneut die Schwäche des Osmanischen Reiches deutlich machte, sahen die Balkanstaaten ihre Stunde gekommen. Sie verbanden sich unter russischer Patronage zum Krieg gegen die Türkei, auf den nach ihrem gemeinsamen Sieg schließlich 1913, im zweiten Balkankrieg, ein Streit um die Beute folgte, aus dem vor allem Serbien als Sieger hervorging. Das Ergebnis war ein schwelender Krisenherd auf dem Balkan, insbesondere weil Österreich-Ungarn und Russland politisch weiterhin erbittert um die Vorherrschaft rangen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!