Der Feind in meinem Kopf - Dr. Matthias Hammer - E-Book
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Der Feind in meinem Kopf E-Book

Dr. Matthias Hammer

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Beschreibung

Schluss mit Selbstsabotage! In jedem Menschen wirken viele verschiedene Anteile seiner Persönlichkeit. Einige davon sind hilfreich und angenehm, wie der innere Verantwortungsbewusste oder die innere Fürsorgliche. Andere behindern uns im Leben, sind regelrechte Feinde im Kopf. Der erfahrene Verhaltenstherapeut Matthias Hammer geht diesem Phänomen auf den Grund und macht fünf Typen von inneren Saboteuren aus: den Kritiker, den Antreiber, den Harmoniesüchtigen, den Katastrophierer und den Vermeider. Ein detaillierter Selbsttest zeigt, welche dieser Typen bei Ihnen ihr Unwesen treiben. Mit Hilfe von Matthias Hammers Analysetools und zahlreichen Übungen findet sich ein Weg zurück zu Selbstmitgefühl und innerer Achtsamkeit - und die inneren Feinde verlieren ihre Stimme.

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Seitenzahl: 179

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Vorwort

Können Sie sich daran erinnern, wie Sie das letzte Mal den Schlüssel verlegt oder den Rotwein auf Ihr Sofa geschüttet haben? Was haben Sie in diesen Momenten über sich selbst gedacht? Was haben Sie zu sich gesagt? Wie sind Sie mit sich umgegangen?

»Das ist ja mal wieder typisch! Das passiert aber auch nur dir. Du bist einfach so dämlich!« Haben Sie sich auf eine solche Art beschimpft?

Oft gehen wir mit uns selbst schlechter um als mit anderen Menschen. Unsere inneren Dialoge können sehr selbstkritisch und sogar bösartig werden. Sie bekommt niemand mit, deshalb gebrauchen wir dabei häufig Worte, die wir gegenüber einem anderen Menschen nie verwenden würden. Wir selbst aber hören sie – und können uns durch diese inneren Selbstgespräche das Leben zur Hölle machen.

Es ist, als ob wir einen Feind im Kopf tragen, der uns schlecht behandelt. Er tritt vor allem dann auf die Bildfläche, wenn in unserem Leben etwas schiefläuft und wir gestresst sind. Es können kleine alltägliche Versäumnisse und Fehlleistungen sein oder auch die großen Lebenspläne und wichtigen Entscheidungen, die irgendwie schiefgehen. Immer dann, wenn wir leiden, meldet er sich, der Feind im Kopf. Er fängt an, uns zu bewerten und uns Katastrophen auszumalen. Er treibt uns in die Überforderung oder bremst uns aus, sodass wir uns wie gelähmt fühlen. Nach außen gelingt es uns vielleicht noch, die Fassade zu wahren, innen aber fühlt es sich ganz anders an. Wir sind unzufrieden, gekränkt, müde und erschöpft.

In der Psychologie spricht man von Selbstsabotage. Der Feind im Kopf agiert wie ein Saboteur, der Schaden in unserem Leben anrichtet. Massive Selbstkritik ist häufig mit Grübeleien und depressiven Störungen verbunden. Zu viele Sorgen und Katastrophendenken führen zu Ängsten und Unsicherheiten. Vermeidung hindert uns daran, unser Leben zu leben, sie macht uns unzufrieden und kann längerfristig in die Depression oder Sucht führen.

Dieses Buch hilft Ihnen, Ihre selbstsabotierenden Muster zu erkennen und auf neue, konstruktive Weise damit umzugehen. Sie lernen nämlich, diese Feinde in wohlwollende Freunde und Unterstützer zu verwandeln. Daraus werden Sie eine enorme emotionale Stärke entwickeln. Ich lade Sie also ein auf einen Weg zu mehr Lebensfreude, Tatkraft und Zufriedenheit.

Es lohnt sich! Lernen Sie,Ihre inneren Dämonen zu zähmen und zu verwandeln.

Sabotieren wir uns selbst?

Es ist so erstaunlich wie wahr: Unsere ernsthaftesten Feinde sind oft wir selbst. Wir kritisieren uns hart, beschimpfen uns zuweilen sogar und nutzen unsere Kraft für alles Mögliche, nur nicht für uns selbst. Doch indem wir das erkennen, können wir beginnen, anders mit uns umzugehen.

DAS PHÄNOMEN DER SELBSTSABOTAGE

Claudia sitzt im Chaos all der aus ihrem Schrank herausgerissenen Kleider. »Was soll ich nur anziehen? Ich fühle mich klein und dick.« Sie steht vor dem Spiegel, schaut sich an und findet sich hässlich. Eine Stimme in ihr sagt: »Du siehst beschissen aus.«

Kennen Sie solche Szenen? Momente, in denen die Selbstkritik überhandnimmt und Sie sich richtiggehend fertigmachen? Es fühlt sich so an, als ob Sie mit sich selbst sprechen. Und alles, was Sie in diesen Situationen zu sich sagen, scheint wahr zu sein. In solchen Momenten fühlen Sie sich genauso »besch…«, wie die innere Stimme es sagt. Claudia geht es oft so, vor einem Bewerbungsgespräch oder einem Fest, bei dem sie besonders gut aussehen will. Der innere Kritiker wird aktiv und tobt sich so richtig aus.

ALLZU MENSCHLICH

Vor Kurzem wurde von den Steuerhinterziehungen von Uli Hoeneß berichtet. Es ist schwer nachvollziehbar, warum ein so reicher und erfolgreicher Mann sich selbst so schädigt. Für viele Zuschauer dieses Geschehens ist klar: Seine Fernsehauftritte stehen im völligen Widerspruch zu seinem Verhalten. Es könnte gut sein, dass er sich während seiner Haft oft gefragt hat: »Wie konnte ich nur …?«

Für uns ist es meist besonders interessant, wenn wir ein selbstschädigendes Verhalten bei Prominenten entdecken. Eine ganze Medienindustrie lebt von den Fehltritten von VIPs und Sternchen. Sie stürzt sich genüsslich auf jede Panne, auf jeden Patzer, auf alles nicht Gelingende im Leben von Boris Becker und Co. Sie tut dies, weil sie weiß, dass sie mit diesen Schlagzeilen Leser gewinnt.

Natürlich geht es nicht nur Prominenten, Stars und Sternchen so, sondern letztlich uns allen: Es ist durchaus menschlich, etwas zu tun oder zu denken, das gegen die eigene Person gerichtet ist. »Warum war ich wieder einmal unfähig, Nein zu sagen?« oder »Wie konnte mir nur dieser schlimme Fehler passieren!« Diesen Sätzen gehen oft Handlungen voraus, die uns nichts als Ärger bringen.

Vielleicht treiben Sie sich zu unerreichbarem Perfektionismus an oder stehen sich selbst im Weg. Das kann Alltägliches betreffen, wenn Sie unangenehme Aufgaben vor sich herschieben und unter Ihrem schlechten Gewissen fast zusammenbrechen. Es können aber auch größere Themen sein: Sie trauen sich nicht, sich auf Ihren Wunschjob zu bewerben oder sich von einem untreuen Partner zu trennen.

PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN Immer nur getrieben

Andrea ist 35 Jahre alt, hat zwei Töchter im Kindergartenalter und arbeitet halbtags bei der Stadtverwaltung. Ihr Mann ist Ingenieur. Als Andrea in die Beratung kam, sagte sie: »Ich habe fast alles erreicht, was ich wollte, und trotzdem fühle ich mich ständig getrieben und unzufrieden.« Ich bat sie, genauer zu erzählen, und sie machte eine Bestandsaufnahme: »Wenn ich zu Hause bin, habe ich so einen inneren Druck, immer etwas zu tun, aufräumen, Wäsche waschen …Wenn ich mal zur Ruhe kommen will, ist es, als wenn eine Stimme in mir all die unerledigten Aufgaben auflistet. Ich kann dann nicht ruhig sitzen bleiben. Diesen Druck habe ich auch am Arbeitsplatz. Das ist doch nicht normal, oder? Wenn ich so unausgeglichen bin, dann werde ich auch schnell ärgerlich auf die Kinder. Manchmal schreie ich sie an und dann bin ich noch unglücklicher und unzufriedener mit mir selbst.«

IST DA NOCH JEMAND IN IHNEN?

Es ist, als ob fremde Kräfte in uns wirken, die uns daran hindern, das Leben zu führen oder der Mensch zu sein, der wir eigentlich sein wollen. Es gibt sehr vielfältige Formen von Feinden im eigenen Kopf. Die alltäglichste und verbreitetste Form ist der innere Kritiker, der uns einredet, dass wir von den anderen abgelehnt werden und es so oder so nicht schaffen werden. Seine beißenden Kommentare verletzen und kränken und lösen Stress und negative Gefühle aus.

Selbstsabotage zeigt sich aber auch in vielfältigen Verhaltensweisen:

Vermeidung von emotional bedrohlichen Situationen wie Konflikten, dem Reden in der Öffentlichkeit, dem Äußern von Kritik, Wünschen oder einem Nein.

Perfektionismus – nichts geht unter 150 Prozent.

Übertriebener Arbeitseinsatz, ohne auf die eigenen Grenzen zu achten.

Ein ausgeprägtes Kontroll- und Sicherheitsverhalten.

Süchte der unterschiedlichsten Art.

Rückzug und das Leben in Fantasiewelten.

Hinter solchen Verhaltensmustern stecken oft früh gelernte Überlebensstrategien. Häufig gelingt es uns nicht, diese an die Situationen und Herausforderungen unseres erwachsenen Lebens anzupassen. Wir sind jetzt Mutter, Vater, Selbstständiger oder Vorgesetzte – aber wir verhalten uns nach den Regeln, die man uns als Kind mitgegeben hat.

Viele früh erlernte Strategien engen uns ein.Wir suchen einseitig nach Lösungen für unsere Probleme.
PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN Kräftezehrende Aufopferung

Martin berichtete mir in der Beratung, dass er oft das Gefühl habe, er dürfe anderen nicht zur Last fallen. Seine Mutter war schwer an Multipler Sklerose erkrankt und mit der Erziehung der Kinder völlig überfordert, sodass Martin als Ältester auf seine zwei Geschwister aufpassen musste. Bis heute folgt er der damaligen Anweisung: »Übernimm die Verantwortung für andere und falle niemandem zur Last.«

Als Kind war es für ihn eine wichtige Überlebensstrategie, um weiter von der Mutter geliebt zu werden. Aber er hat sie so stark verinnerlicht, dass sie bis in die Gegenwart, bis in sein Erwachsenenleben hineinwirkt. Im Betrieb ist er der Erste, der Verantwortung übernimmt und eigene Bedürfnisse hinten anstellt. Er ignoriert seine Grenzen, fühlt sich mittlerweile oft erschöpft, ausgebrannt und depressiv. Wir gaben der in ihm mächtigen inneren Stimme einen Namen: innerer Antreiber.

Hat jemand wie Martin im Beispiel oben als achtjähriger Junge gelernt, immer die Verantwortung für andere zu übernehmen und eigene Bedürfnisse zurückzustellen, kann ihn das leicht in die völlige Selbstüberforderung und den Burnout treiben. Viele der in der Kindheit gelernten Strategien verhindern anstehende Veränderungen und hemmen unseren persönlichen Reifungs- und Entwicklungsprozess. Aus Angst kleben wir an Gewohnheiten, Arbeitsplätzen oder Menschen, die uns eigentlich schaden.

VIEL KRITIK AN SICH SELBST

In unserer Kindheit haben wir auch gelernt, wie andere mit uns umgehen. Wenn wir von unseren Eltern wenig getröstet, aber permanent kritisiert und belehrt wurden, dann lernen wir, dass Selbstkritik ein nützliches Instrument ist. Wir übernehmen dieses Verhalten, wir verinnerlichen es und sind dann als Erwachsene ebenso kritisch zu uns selbst. Genauso wie wichtige Bezugspersonen mit uns umgingen, gehen wir heute mit uns selbst um.

Kinder, die sehr viel kritisiert werden, versuchen, möglichst keinen Anlass zur Kritik zu geben. Sie kritisieren sich selbst sehr hart, um keine Fehler mehr zu machen oder perfekt zu sein – und das bis ins Erwachsenenalter. Der innere Kritiker dient zunächst zum Schutz vor der harschen Kritik des Vaters oder der Mutter. Doch wenn wir uns selbst emotional kränken oder beleidigen, lösen wir Stressreaktionen aus. Wissenschaftliche Studien weisen darauf hin, dass zu viel Selbst­kritik ein erhöhtes Risiko für depressive Störungen bedeutet.

REFLEXION Ihre »Überlebensstrategien«

Mit den folgenden Fragen kommen Sie den Strategien – ob sinnvoll oder lästig – auf die Spur, die Sie in problematischen Situationen anwenden. Wie reagieren Sie, wenn es in Ihrem Leben schwierig und belastend wird?

Ziehen Sie sich zurück und isolieren sich von den anderen?

Malen Sie den sprichwörtlichen Teufel in Form von Katastrophen­szenarien an die Wand?

Beginnen Sie zu grübeln und sich ununterbrochen Sorgen zu machen, bis Sie kaum noch schlafen können?

Stürzen Sie sich in Aktivitäten, die oft nichts besser machen?

Oder reagieren Sie relativ gelassen?

REFLEXION Wie gehen Sie mit sich selbst um?

Reflektieren Sie einmal über die inneren Dialoge, die Sie führen.

Wenn Sie sich selbst kritisieren, wie sprechen Sie dann mit sich? Freundlich oder hart, aggressiv oder respektvoll?

Welche Worte benutzen Sie, wenn Sie sich selbst kritisieren? Auch Schimpfworte oder Beleidigungen?

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie sich selbst kritisieren?

Und hier eine spannende Frage als ersten Impuls für Menschen mit einem starken inneren Kritiker: Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie auch in schwierigen Momenten freundlich und wertschätzend mit sich selbst umgehen würden?

FREI WERDEN VON INNEREN FEINDEN

Zweifellos, durch einen schlechten Umgang mit uns selbst sabotieren wir unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Viele Menschen behandeln andere extrem rücksichtsvoll und herzlich, sich selbst aber doch eher kalt und abwertend. Entwicklungspsychologische Unter­suchungen zeigen, dass Menschen, die von ihren Eltern geliebt wurden und eine sichere Bindung erfahren haben, als Erwachsene davon überzeugt sind, liebenswert zu sein und auf Unterstützung von anderen zählen zu können. Hat jemand als Kind diese Zuwendung nicht erfahren, erlebt er als Erwachsener viel mehr Unsicherheit und ist mit sich selbst weniger mitfühlend und freundlich.

REFLEXION Anzeichen für innere Feinde

Die Feinde im Kopf haben viele Gesichter und bringen uns zu den unterschiedlichsten Verhaltensweisen. Beim einen zeigt sich die Selbst­sabotage durch Rückzug und Vermeidung, beim anderen durch Selbstauf­opferung und übermäßiges Arbeiten. Die folgenden Eigenheiten führen Sie schon näher an Ihre inneren Feinde heran. Reflektieren Sie am besten beim Lesen, inwieweit Sie sich in den Beschreibungen wiedererkennen.

Behandeln Sie sich wie einen Freund? Eine wertvolle Frage: »Was würden Sie einem Freund in Ihrer Situation raten? Wie würden Sie mit einem Freund in Ihrer Situation umgehen?« Gehen Sie mit sich selbst genauso um? Oder deutlich härter? Wenn Sie die Freundlichkeit sich selbst gegenüber verlieren, sind sabotierende Kräfte am Werk.

Generalisieren Sie? Häufig sehen wir uns oder die Dinge in Schwarz oder Weiß, gut oder schlecht, alles oder nichts. Aus einer Kritik von einem Kunden wird: »Ich kann es meinen Kunden nicht recht machen!« Aus einer einzigen negativen Rückmeldung zu einem Fest stellt man das ganze Fest infrage. Die negativen Aspekte einer Situation werden herausgefiltert. Es gibt keine Graustufen mehr.

Grübeln Sie? Verbringen Sie viel Zeit damit, über sich nachzugrübeln? Die Gedanken sind dann oft viel schlimmer als die Realität. Häufig sind es immer dieselben Gedanken. Als hielte man die Repeat-Taste im Kopf gedrückt. Wir denken an all die Probleme, ohne eines davon zu lösen.

Behalten Sie die innere Distanz? Häufig reagieren wir mit Gefühlen, die stärker sind, als es der Situation angemessen wäre. Wir sehen alles wie durch eine Brille, die uns unser innerer Kritiker oder ein anderer Saboteur aufgesetzt hat. Wir glauben ihm, dass wir nichts wert sind und es nie schaffen werden. Es scheint die reine Wahrheit zu sein. Unsere Gedanken nehmen wir als Fakten. Wir können uns innerlich nicht mehr von dem Geschwätz in unserem Kopf distanzieren.

Rutschen Sie ins Kind-Ich? Passiert es Ihnen, dass Sie sich nicht mehr wie eine erwachsene Person fühlen, sondern unterlegen, unwissend, unzulänglich? Klein wie ein Kind, das den Ansprüchen nicht genügen kann? In solchen Momenten lassen wir uns vom Chef maßregeln. Die Kritik erscheint uns gerechtfertigt und wir schaffen es nicht, souverän unsere Sicht der Dinge darzustellen. Oder wenn der Partner uns wenig beachtet, lassen wir ihn beleidigt unseren Trotz spüren.

Wenden Sie starre Einstellungen und Regeln an? »Als Arbeiterkind muss man nicht studieren, als Frau darf man nicht wütend sein und als Selbstständiger sollte man ständig arbeiten.« Wir haben viele Regeln übernommen, die uns unbewusst bestimmen. Oft handelt es sich dabei um negative Grundeinstellungen gegenüber Freude, Spaß und positiven Gefühlen. Manche dieser Themen werden seit Generationen »vererbt«. Sie wirken unbewusst weiter, bestimmen unser Verhalten und engen uns ein. Wenn wir uns entspannen wollen, haben wir ein schlechtes Gewissen und wissen nicht, warum. Existieren unbewusste Genussverbote, leben wir freudlos vor uns hin. Wir spüren die Unangemessenheit dieser Regeln vielleicht sogar, aber wissen (noch) nicht, wie wir sie ändern können. Es bleibt eine diffuse Unzufriedenheit.

Wird Ihr Verhalten rigide? Je gestresster wir uns fühlen, umso schwerer fällt es uns, flexibel zu reagieren. Uns gehen die Zwischentöne verloren, die Feinabstimmung fehlt und wir greifen auf rigide Verhaltensmuster zurück. Entweder Rückzug und Vermeidung oder Vollgas. Noch mehr arbeiten, noch schneller die Dinge erledigen, bis der Akku leer ist. Kompetenzen, die uns sonst zur Verfügung stehen, sind für uns in dieser Situation nicht zugänglich. Der Autopilot arbeitet.

WER BIN ICH UND WENN JA, WIE VIELE?

Stellen Sie sich vor, Sie sind zu einer kleinen Party eingeladen. Ein Teil von Ihnen würde gern hingehen, um alte Freunde zu treffen und sich endlich mal wieder zwanglos zu unterhalten. Ein anderer Teil ist zögerlich, da genau in dieser Woche bereits ein Termin den anderen jagt und Ihnen bereits alles zu viel zu werden droht. Sie fühlen sich hin- und hergerissen und wissen nicht, was Sie machen sollen. Und irgendwann meldet sich ein weiterer Teil, nämlich Ihr schlechtes Gewissen, das sagt: »Stell dich doch nicht so an, du musst deinen Freunden endlich Bescheid geben, ob du nun kommst oder nicht.«

VIELE SEELEN IN EINER BRUST

In der Psychologie gibt es viele Vorstellungen und Theorien darüber, dass unser Seelenleben von unterschiedlichen Anteilen bestimmt wird. Bereits Sigmund Freud unterteilte die menschliche Seele in Es, Ich und Über-Ich. Der Gesprächspsychotherapeut Friedemann Schulz von Thun spricht von einem »inneren Team« und der Familientherapeut Richard Schwartz von einer »inneren Familie«, die unser Seelenleben bestimmt. Fakt ist: Unser alltägliches Denken und Handeln wird von verschiedenen inneren Anteilen bestimmt.

Wir können sie entdecken, indem wir unsere Gedanken und Gefühle bewusst wahrnehmen. Wenn Sie Sätze wie diese zu sich sagen: »Mach hin! Beeil dich!«, dann spricht da gerade Ihr innerer Antreiber. Vielleicht bemerken Sie auch eine Stimme, die gern so etwas sagt wie: »Wenn du so dick bist, wird dich nie jemand mögen!« Das wäre der innere Kritiker. Er kann in einzelnen Situationen auftreten oder fortwährend Ihr Leben begleiten.

Natürlich gibt es eine Menge angenehmer innerer Anteile. Aber in diesem Buch möchte ich auf die Anteile eingehen, die uns das Leben unnötig schwer machen. Sie werden dabei viele Möglichkeiten kennenlernen, dieses seelische Leid deutlich zu reduzieren.

Das Wirksame an der Idee der inneren Anteile besteht darin, dass wir die Fähigkeit, uns in andere hineinzuversetzen, für uns selbst gebrauchen. Normalerweise nutzen wir Empathie und kommunikative Fähigkeiten im Umgang mit anderen. Sie werden in diesem Buch erfahren, wie Sie diese Qualitäten auf sich selbst und die einzelnen inneren Anteile beziehen können. Sie lernen diese inneren Anteile kennen und verstehen – so wie andere Personen, die Sie anfangs vielleicht nicht mögen, die Ihnen mit der Zeit aber sympathischer werden. Klingt noch nicht vorstellbar? Das mag anfangs so sein – doch es ist der beste Weg zu mehr Zufriedenheit und ungebremster Kraft. Wenn Sie Verständnis für Ihre inneren Anteile entwickeln, können Sie besser nachvollziehen, warum sie sich auf ihre Weise verhalten, und nach und nach darauf Einfluss nehmen.

Mitbewohner im eigenen Kopf?

Oft werde ich von Klienten gefragt, ob es den inneren Kritiker wirklich gibt. Ja und nein. Natürlich gibt es nicht ein kleines Männchen oder Frauchen in uns, das mit erhobenem Zeigefinger mit uns schimpft. Es handelt sich vielmehr um einen Ansatz, mit dem wir versuchen, das psychische Geschehen besser zu verstehen und uns automatisch ablaufende psychische Prozesse bewusst zu machen. Wir stellen uns diese inneren Stimmen, Impulse und Erlebensmuster daher als Anteil unserer Persönlichkeit vor, wie innere Personen mit sehr unterschiedlichen Funktionen, Absichten, Gefühlen, Bedürfnissen und Strategien und einer je eigenen Entstehungsgeschichte.

PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN Die innere Schutzmauer

Sandra erzählte vor drei Jahren unter Tränen, dass sich ihr Freund völlig überraschend von ihr getrennt habe. So etwas habe sie noch nie erlebt, immer sei bislang sie es gewesen, die die Partner verlassen habe. Sie wisse gar nicht, wie sie damit umgehen solle … Sandra ist heute immer noch Single und sagt: »In mir ist so eine Seite, die mich bremst, mich auf eine neue Partnerschaft einzulassen. Ich glaube, ich habe Angst, noch einmal so verletzt zu werden.«

Die junge Frau erlebt einen schützenden, bremsenden Anteil, der sie vor dem Verlassenwerden schützen will. Gleichzeitig leidet sie unter dem Alleinsein und wünscht sich sehr, sich wieder verlieben zu können. Sie hat nicht als Kind, sondern als Erwachsene eine Bewältigungsstrategie und damit einen inneren Anteil entwickelt, der in einer bestimmten Phase ihres Lebens hilfreich war, nun aber zu stören beginnt.

KLEINE »UNTERMIETER«

Sie können sich den inneren Kritiker und andere innere Anteile tatsächlich wie kleine Personen vorstellen, die Ihr Denken und Fühlen bestimmen. Wenn der innere Antreiber aktiv wird und sagt: »Du musst noch dringend aufräumen und den Elektriker anrufen«, dann macht sich eine gewisse Unruhe breit, bis wir endlich die Dinge erledigt haben, die der Antreiber von uns fordert. Er kann sehr nützlich sein, aber manche dieser Anteile übertreiben es – und dann wird es kritisch.

Diese »Personen« in uns vertreten verschiedene seelische Anliegen, sie wollen uns etwas sagen, uns einen Impuls zum Handeln geben oder uns davon abhalten, etwas zu tun, was sie für ungünstig halten. Lernen wir ihre Absichten kennen, können wir sie uns zu Freunden machen.

Wenn Sie einen negativen Umgang mit sich selbst entdecken, dann ist das nur halb so schlimm. Im Gegenteil: Eine solche Erkenntnis ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer positiven Veränderung. Machen Sie sich bewusst, dass dieses Verhalten nicht für immer und ewig so bleiben muss. Denn Sie haben nicht nur diese schwierigen, bremsenden und Ärger machenden Anteile, sondern noch eine weitere Kraft: In jedem von uns schlummert nämlich auch ein System der Selbstfürsorge – und diese Ressourcen und Fähigkeiten wollen wir mit diesem Buch aktivieren. Sie können lernen, innere Kraftquellen nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst zu nutzen. Damit können Sie Ihre Strategien zur Bewältigung schwieriger Umstände positiv verwandeln.

PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN Gefühlte Unterlegenheit

Ina ist 43. Sie hat sich aus eigener Kraft hochgearbeitet, auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachgemacht, eine Ausbildung als Ergothera­peutin absolviert, sich weitergebildet und jetzt berät sie seit zwei Jahren soziale Einrichtungen. Sie hat viel Berufserfahrung und insgesamt einfach eine Menge erreicht in ihrem Leben.

Trotz alldem sitzt sie ratlos in meinem Büro und erzählt: »Immer wenn mich jemand kritisiert, dann geht mir das sehr zu Herzen. Ich fühle mich dann wie ein verletzliches kleines Kind. Ich habe das Gefühl, aus meiner professionellen Rolle zu fallen und sehr nachgiebig zu werden. Mir fällt es umso schwerer, mich zu behaupten, wenn der andere studiert hat und ich das Gefühl habe, er weiß viel mehr als ich und ist intelligenter. Ich fühle mich dann unterlegen und versuche, es dem anderen recht zu machen. Wenn mir so etwas in einem Seminar passiert ist, dann beschimpfe und verurteile ich mich selbst dafür.«

ENTTARNEN SIE IHRE INNEREN FEINDE

Vermutlich wissen Sie selbst sehr gut, wie Sie sich das Leben manch mal schwer machen. Wir alle haben aber auch unsere blinden Flecke. Wenn unsere wunden Punkte getroffen werden, reagieren wir oft automatisch. Das heißt, viele der inneren Denk- und Reaktionsmuster, die mit Selbstsabotage zu tun haben, laufen ganz von allein ab. Sie sind uns oft nur ansatzweise bewusst. Vielleicht haben Sie auch manche Ihrer inneren Quertreiber noch gar nicht bemerkt. Ein Test legt sie offen.

REFLEXION Der große Test

In diesem Test können Sie die häufigsten und wichtigsten inneren Saboteure kennen­lernen und herausarbeiten, inwieweit sie in Ihnen wirken. Beantworten Sie die folgenden Aussagen möglichst spontan. Geben Sie einfach an, welche dieser Sätze und Gedanken auf Sie persönlich zutreffen. Tragen Sie jeweils eine Zahl zwischen 0 und 4 ein.

4 Punkte: stimmt genau

3 Punkte: stimmt weitgehend

2 Punkte: stimmt ein bisschen

1 Punkt: stimmt eher nicht

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