Der Himmel über uns - Favel Parrett - E-Book

Der Himmel über uns E-Book

Favel Parrett

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Beschreibung

»Atemberaubend, ergreifend, unwiderstehlich schön.« (Rachel Joyce, Autorin von »Die unfreiwillige Reise des Harold Fry«) Als Isla an einem regnerischen Morgen auf dem Weg zur Schule ist, erblickt sie sie zum ersten Mal: die Nella Dan. Ein rot-weißer Frachter, von dessen Oberdeck ihr ein Seemann zuwinkt. Für das schüchterne Mädchen öffnet sich an diesem Tag die Tür zu einer neuen, aufregenden Welt. Denn Schiffskoch Bo, der auf dem Weg von Dänemark in die Antarktis regelmäßig in Islas tasmanischen Heimat haltmacht, erzählt ihr wundervolle Geschichten: vom Leben auf der Nella Dan, vom Licht auf hoher See und vom Fußballspielen in der Antarktis. Zwischen den beiden entwickelt sich eine innige Freundschaft. Doch dann läuft die Nella Dan eines Tages auf Grund ...

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Seitenzahl: 256

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Favel Parrett

Der Himmel über uns

Roman

Aus dem Englischen von Kathrin Razum

Hoffmann und Campe

Für meinen Bruder

Blauweißes Eis, das auf bewegter See treibt

Es ist das Gegenteil von Grau

Es ist das Gegenteil von allem, was ich bis dahin kannte.

Es gab mal eine Zeit, da war unser Haus voller Wikinger, es gab Partys und viel Besuch, und Mum war damals glücklich.

Es waren echte Wikinger. Große, bullige Wikinger, die von ferne gekommen waren, auf einem leuchtend roten Schiff, das durchs Packeis pflügte und bis in die Antarktis fuhr. Sie hatten Namen wie Anders und Bo, Finn und Henrik, und sie waren alle groß und blond, außer Bo, der dunkelbraunes Haar und graublaue Augen hatte. Er stammte von einer kleinen Insel, dem sonnigsten Ort in ganz Dänemark.

Bo lief gern, und er lief gern lang. Er mochte den Geruch von nassem Gras. Er machte uns Pfannkuchen mit Marmelade und Sahne, und er konnte ein kleines Vögelchen mühelos dazu bringen, ihm aus der Hand zu fressen. Wenn wir Pizza essen gingen, aß er immer zwei Stück auf einmal, mit dem Belag nach innen aufeinandergelegt, wie ein Pizza-Sandwich. Er schaffte vier Stück, wenn ich eins aß, und ich mochte ihn sehr.

Manchmal besuchten wir sein Schiff. In der Nella Dan gab es viel Holz und Messing, und in der Messe hingen Bilder an der Wand – bunte Blumen und Vögel, grün und orange und gelb. Ich lief gern durch die langen Gänge, all die Treppen hinauf, von ganz unten bis hoch aufs Peildeck und wieder hinunter. Das wurde ich nie leid.

Ich tat so, als wäre das Schiff mein Zuhause, als hätte ich unten eine gemütliche, holzgetäfelte Kabine mit einer Koje ganz für mich allein. Eine kuschelig warme Bettdecke und ein weiches Kissen, ein rundes Bullauge, durch das das Licht hereinfiel. Mehr brauchte ich nicht.

Es war nie dunkel – es war nie Nacht.

Schlaf jetzt

Schließ die Augen, ganz fest

Es ist nur ein komischer Traum, der im Dunkeln kommt

Nur ein komischer Traum, der in der Nacht kommt

Hör nicht auf das Geschrei

Horch nicht nach den Geräuschen

Es ist nur ein komischer Traum, der in der Nacht kommt

Du schläfst

Ich schlafe.

Zur Insel

Wir aßen in der Cafeteria zu Abend, an einem Holztisch, wo sich die Stühle nicht bewegten. Sie waren am Boden festgemacht.

Mum war ganz still und mein Bruder auch, und als wir fertig gegessen hatten, kam ein Mann in weißer Uniform zu uns und sagte, das Schiff sei bald aus der Landabdeckung heraus und man habe sehr raue See vorhergesagt. Er guckte beim Reden nur Mum an. Er sagte ihr, es sei ratsam, die Kinder so bald wie möglich ins Bett zu bringen.

Mein Bruder schlief schnell ein, die Decke um seinen kleinen Körper schön festgesteckt dort in der oberen Koje. Aber ich lag wach und wartete auf die raue See. Wollte wissen, wie sie sich so weit unten anfühlen würde. Viele, viele Treppen entfernt von der Cafeteria und den Fenstern, die zum Himmel hinausgingen. Bei uns hier unten gab es keine Fenster. Bei uns hier unten gab es nur Neonlicht und Etagenbetten. Das Klo war auf dem Gang, und Mum hatte uns allein gelassen. Sie war irgendwo oben, hoch über uns, wo es Luft gab, und ich wünschte, sie würde zurückkommen.

Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn als ich erwachte, schwankte und schaukelte die ganze Welt, und ich wurde in meiner Koje herumgeworfen. Nicht nur von einer Seite auf die andere, auch hoch und runter. Mums Bett war noch frisch gemacht. Sie war nicht da.

Als ich versuchte, aus dem Bett zu steigen, fiel ich hin und übergab mich auf den Boden. Mein Bruder sah mich an, die Hände fest um das Bettgitter seiner Koje geschlossen, sein Gesicht weiß wie der Tod.

»Wo ist Mum?«, fragte er, aber ich wusste es auch nicht.

Irgendwie gelangte er aus seiner Koje herunter, und er fiel nicht hin. Er stand da und hielt sich am Bett fest, während der ganze Raum sich drehte, und dann nahm er ein Handtuch von Mums Bett und legte es auf das Erbrochene. Er half mir auf, und wir gingen im Schlafanzug hinaus in den Gang. Wenn das Schiff schlingerte, fielen wir zusammen gegen die Wand, und so näherten wir uns langsam der Treppe. Hinauf, hinauf, die Hand am Geländer. Auf das Deck, wo die Cafeteria war.

Man sah kaum jemanden dort, nur in der Lounge mit dem Teppichboden saßen ein paar Leute, den Kopf in den Händen. Die Cafeteria war leer, und ich konnte nicht erkennen, wie viel Uhr es war. Vor den Fenstern war es dunkel.

Draußen war es stockfinster.

Mum saß allein auf einer Bank, die an der Schiffswand festgemacht war, unter einem Plexiglasdach. Wir setzten uns neben sie und krallten uns unten an der Bank fest.

Mum sagte, sie würde nur noch eine Zigarette rauchen, dann könnten wir reingehen. Ich schaute in ihr weißes Gesicht und auf ihre weißen Hände. Sie saß nachts immer irgendwo allein – saß allein da und rauchte nur noch eine Zigarette.

Ich sagte ihr, dass ich gebrochen hätte, und sie wischte mir Stirn und Wangen ab und sagte: »Das tut mir leid. Das tut mir sehr leid.« Es sah aus, als weinte sie. Sie sagte, das sei nur die Gischt, und die Kälte. Es war wirklich kalt. Eiskalt und windig, der Wind schnitt einem in den Rücken, als hätte man gar keine Haut. Ich hörte das Wasser gegen das Schiff krachen, spürte den Anprall und hörte die Gischt hochspritzen. Aber sehen konnte ich nichts. Jenseits des Lichts, das von drinnen aufs Deck fiel, sah ich gar nichts.

Da draußen tobte die Welt in der Finsternis.

Wir waren unterwegs an einen neuen Ort.

Wir fuhren durch die Nacht darauf zu.

Eine Insel mitten im Meer.

Eine Insel aus Stein.

Nur das Schiff schützte uns. Nur ein paar dünne Lagen Stahl und eine Maschine, die in der Dunkelheit vor sich hin stampfte, hielten uns über dem Wasser, das uns sonst bereitwillig verschlucken würde, und dann wäre es, als hätte es uns nie gegeben.

Mrs Wilsons Bed & Breakfast

Wir kamen in einem Bed & Breakfast unter.

Dort wohnten wir direkt nach unserer Ankunft, nachdem wir aus der Fähre ausgestiegen und dann mit dem Bus über flaches Ackerland und durch Ortschaften aus Stein und alten roten Ziegeln gefahren waren. Am Busbahnhof in Hobart benutzte Mum den Münzfernsprecher. Sie rief in einem Haus an, das auf der Informationstafel aufgeführt war, und reservierte uns ein Zimmer. Abbey House Bed & Breakfast.

Ich glaube, es war nicht sehr weit weg, aber wir hatten zwei große Koffer, und mein Bruder war müde, also stiegen wir alle in ein Taxi, das vor dem Busbahnhof wartete.

Der Taxifahrer war sehr dick. Er trug ein sauberes blaues Hemd, und es sah aus, als könnten die Knöpfe jeden Moment über seinem Bauch aufspringen. Er fragte, ob es unser erstes Mal auf »der Insel« sei, und mein Bruder sagte ja, aber meine Mutter sagte nein. Ich saß auf der Rückbank und versuchte mir vorzustellen, wie Mum früher schon mal hier gewesen war, vielleicht mit Dad oder vielleicht als Kind mit ihren Eltern, aber ich konnte es nicht vor mir sehen. Ich kannte diesen Ort nicht.

Wir saßen nicht lang im Taxi. Wir fuhren einen steilen Hang hinauf, durch ein paar kurvige Straßen, und dann waren wir da. Battery Point. Es gab alte Häuser in den engen Straßen, Holzhäuser, unverputzte Steinhäuser, aber sie schienen alle leer zu sein, verlassen, nichts regte sich. Der Himmel war grau.

Wir hielten an einer Ecke mit einem Schild, auf dem Mona Street stand.

»Nächsten Samstag können Sie von hier aus zu Fuß auf den Markt gehen«, sagte der Taxifahrer. Er stieg aus und half Mum mit den Koffern.

Mrs Wilson war die Besitzerin des B&B. Sie bereitete meinem Bruder und mir jeden Morgen ein warmes Frühstück zu, und wir aßen es an der Frühstückstheke mit Blick in den Rosengarten – einen Bauerngarten. Es war ein Cottage, das B&B, ein altes Holzhäuschen mit weißem Palisadenzaun und allem Drum und Dran. Es war so ungefähr das schönste Haus, in dem ich je gewohnt hatte, nur wohnten wir halt nicht richtig dort. Wir waren nur dort untergekommen.

Mir gefiel es, dass wir dort untergekommen waren.

Wir hatten für eine Woche eins der Gästezimmer und zogen dann in ein Zimmer hinten im Haus um, für das Mrs Wilson kein Geld wollte. Sie sagte meiner Mum, es sei nur vorübergehend, bis wir Fuß gefasst, uns eingewöhnt hätten. Ich wusste nicht, was das wirklich bedeutete. Mrs Wilson wollte meinem Bruder und mir weiterhin ein warmes Frühstück zubereiten, aber Mum sagte, wir sollten einfach Frühstücksflocken essen und höflich sein.

Etwa zwei Wochen später fand Mum etwas weiter in derselben Straße ein Haus zur Miete. Es war wahrscheinlich das mieseste Haus in Battery Point. Keines der anderen Häuser war so: dunkel und fahl, ein Stückchen von der Straße entfernt, im Schatten der hohen, imposanten Häuser ringsum. Meine Mutter musste ein Zimmer untervermieten, um die Miete bezahlen zu können. Das einzige schöne Zimmer. Mein Bruder und ich teilten uns das Dachzimmer, das schräge Wände hatte. Es war okay, allerdings löste sich die Tapete nah der Decke an manchen Stellen, und eine Toilette gab es nur draußen im Garten. Ich ging da im Dunkeln nicht gern hin, eigentlich nicht mal tagsüber. Aber im Garten stand ein riesiger Walnussbaum, auf den unser Fenster hinausging, und wenn die Walnüsse reif waren, stopften mein Bruder und ich uns damit voll, aßen Nüsse, bis uns der Mund juckte und wir nicht mehr konnten. Dann schlugen wir heruntergefallene Nüsse auf und verteilten sie im Garten für die Vögel, für die Tasmankrähen, die im Baum warteten.

Doch mir fehlte das Bed & Breakfast, wo es so schön warm und hell war. Und manchmal, wenn mein Bruder und ich nach der Schule von der Fähre nach Hause liefen, stand Mrs Wilson an ihrem Gartentor und rief uns herein, wo Tee und Plätzchen bereitstanden.

Lauf, lauf – Kellys Treppe

Die Kälte machte das Atmen schwer, stach in meiner Brust – der Stein und der Beton waren hart unter meinen eiskalten Füßen.

Ich packte meinen Bruder am Ärmel und zog ihn durch die leeren Straßen von Battery Point. In der Frühe gingen wir immer schnell. Alles still, wie immer – nur wir. Reif auf den Fenstern der geparkten Autos, dick und undurchsichtig und festgebacken.

Mona Street, Francis Street, Hampden Road. Am Ende der Kelly Street führte eine Treppe in die Dunkelheit hinunter, in den hinteren Teil von Salamanca, wo alles morsch und verfallen war. Kerben im abgetretenen, rundgeschliffenen Bruchstein. Eine steinerne Festung, ein Tor, das wir passieren mussten.

Lauf, lauf – Kellys Treppe.

Einige der Stufen waren krumm und fleckig, und die Flecken sahen aus wie altes Blut, das mit den Jahren orange gerostet war. In den Stein gesickertes Blut. Wir nahmen jede Stufe einzeln, so schnell wir konnten. Runter, runter, möglichst ohne dabei in die dunkle Gasse vor uns zu schauen. Unten in der kalten Kopfsteindüsternis rissen Geister an unseren Kleidern, versuchten uns ins Haar zu greifen, flüsterten im hallenden Stein.

Kannst du mir helfen?

Kannst du mich sehen?

Lass mich hier nicht allein.

Ich zog heftig an der Hand meines Bruders, und wir rannten und rannten, ohne auch nur Luft zu holen, bis wir durch waren. Auf der anderen Seite.

Licht.

Freier Himmel.

Eine Ulmenallee, dahinter der Kai.

Wir liefen langsamer, schöpften Atem, durchquerten Salamanca Place. Unter den Bäumen am Rasen entlang, bis zu dem langen hölzernen Steg, auf dem wir dann standen und auf die Fähre warteten. Wir redeten kaum. Warteten einfach.

Wir versuchten, nicht an Kellys Treppe zu denken, an die Toten, die sich an diesem dunklen Ort gegen unsere Haut pressten.

Da war ein Mann

Es regnete.

Ich hatte meinen Wachsmantel an, die Kapuze auf dem Kopf und die Hände in den Ärmeln. Er war mir zu groß, der Wachsmantel, aber der dicke schwarze Stoff hielt den Regen größtenteils ab. Mein Bruder war krank und zu Hause. Er hatte nachts gehustet, und jetzt lag er wahrscheinlich unter seiner Bettdecke auf dem Sofa, schaute fern und wartete darauf, dass Mum aufstand. Es war richtig kalt in diesem alten Haus in Battery Point, und wir hatten keine Heizung.

Ich wollte nicht in die Schule. Ich überlegte, ob ich wieder nach Hause gehen und nach meinem Bruder schauen sollte, tat es aber nicht. Ich blieb einfach dort im Regen stehen und wartete auf die Fähre.

Es muss sehr früh gewesen sein – niemand sonst war auf dem Steg. Ich sah meinen Atem, und alles war Wasser. Ich schaute nach unten, sah den Regen auf die glatte, schwarze Oberfläche des Flusses fallen. Die Tropfen erzeugten perfekte Kreise, die immer größer wurden, bis ich nicht mehr den ganzen Kreis im Blick behalten konnte. Raum und Zeit, jeder Regentropfen für sich. Sie fielen in einer Art Stille, aber dann wurde der Regen stärker, brach richtig los, und es waren zu viele Tropfen, um sie noch zu verfolgen. Die Wasseroberfläche wurde ganz runzelig, rau und unruhig. Die Stille war dahin.

Der Regen trommelte auf meinen Wachsmantel, es klang, als wäre ich in einem Zelt. Ich wandte mich ab, damit es mir nicht ins Gesicht regnete, schaute auf meine Füße hinunter, auf meine nassen Turnschuhe. Ich schloss die Augen und hörte dem Regen zu, wie er auf meine Kapuze fiel. Ich stellte mir vor, dass die Fähre sich näherte, dass sie auf dem Weg hierher war, das Wasser vor sich herschob, es gegen den Steg drückte. Wenn ich die Augen wieder aufmachte, würde die Fähre da sein, und Peter, der Kapitän, würde vom Ruderhaus herbeigelaufen kommen, das Tau um den hölzernen Poller werfen, und dann würde er uns auf die Fähre helfen, einem nach dem anderen.

Ich würde hineingehen, ins Trockene. Würde mich aufwärmen können.

Ich zählte zwanzig Regentropfen auf meiner Kapuze, dann noch mal zwanzig und noch einmal. Die Augen ließ ich zu. Ich zählte weitere vierzig Tropfen mit, vielleicht brachte es mir ja Glück, und dann machte ich die Augen auf.

ROT. Nichs als Rot. Eine leuchtend rote Stahlwand.

Ein Schiff, so hoch wie ein Haus, weit wie der Himmel, und als ich hinaufschaute, stand ein Mann an der Reling.

Er war groß, weiß gekleidet und winkte. Ich drehte mich um, aber es stand niemand hinter mir. Nur ich war da. Ich, auf dem kleinen Steg, gegenüber von diesem riesigen Schiff, mein Gesicht von der Kapuze halb verdeckt, ich wusste, dass der Mann meine Augen und meine Haare nicht sehen konnte. Er winkte noch einmal, als würde er mich kennen. Er winkte.

Jemand sah mich.

Ich winkte zurück, die Hand immer noch im Ärmel. Wir standen beide im Regen, zwischen uns das schwarze Wasser, und ich weiß nicht, warum er winkte, aber ich winkte zurück. Ich nahm Notiz.

Ein rotes Schiff. Eine rote Flagge, die im Wind flatterte. Ein Mann in Weiß.

Dann tutete es laut, und ich erschrak furchtbar. Es war die Fähre. Leute traten aus dem grauen Nichts hinter mir, Männer im Anzug, andere Kinder auf dem Weg zur Schule, aber im Vergleich zu dem Rot war alles trist und trüb. Sie waren wie Nebel, diese Leute, hoben sich von dem grauen Regen und Beton kaum ab.

Als ich wieder zu dem Schiff hochschaute, war der Mann weg. Ein Sonnenstrahl drang durch die Wolken und traf den roten Bug, ein dünner Strahl nur. Eine Sekunde lang gab es nichts anderes als die beiden Wörter, deutlich lesbar, weiß auf rot: Nella Dan.

Ich wiederholte sie im Kopf immer wieder.

Nella Dan.

Nella Dan.

Nella Dan.

Mein Herz klopfte schneller.

MSNella Dan1. Fahrt, Saison 1986/87

15. September 1986

Position: 46˚ 45.000’ S, 147˚ 27.000’ O

Anmerkung des Kapitäns: Ziel dieser Fahrt ist es, die Untersuchung von Heard Island abzuschließen und das Antarctic Division BIOMASS Experiment ADBEXIII durchzuführen (Erfassung von Krill und anderem Zooplankton).

Wir sind gut vorangekommen, sind aber die ganze Nacht mit südlichem Kurs gefahren, um die Auswirkungen des Unwettersystems zu minimieren.

Ich erwache – reiße die Augen auf.

Wasser kracht gegen die Backbordseite, und wir schlingern wie wild. Ich klammere mich an meiner Koje fest, meine Finger krallen sich in die Laken, aber ich rolle trotzdem so weit rüber, dass ich am Schott lande.

Dort bleibe ich liegen. Ich liege direkt an dieser dünnen Wand, meine Steppdecke um die Beine geschlungen.

Komm wieder hoch, Nella. Komm hoch.

Ich liege still da. Ich warte.

Komm hoch.

Sie kommt hoch.

Ich falle auf meine Koje, hole tief Luft. Ich atme weiter, horche.

Das Wasser kracht wieder gegen die Wand, und das Schiff krängt heftig. Ich spanne meinen ganzen Körper an, aber ich lande trotzdem wieder am Schott, rutsche der Kajütendecke entgegen. Ich spüre, wie die Nella bebt, mit ihren metallenen Zähnen knirscht. Meine Knochen vibrieren mit. Ich versuche mich zu entspannen, ruhig zu bleiben – Ist schon gut –, aber es knirscht und quietscht, als würden sich sämtliche Schrauben, die sie zusammenhalten, lösen. Auseinanderbrechen.

Komm hoch, Nella. Hoch.

Ich spüre, wie sie sich anstrengt.

Mit einem Ruck schnellen wir zurück, und mein Federbett fliegt durch die Kajüte. Ich überlege, ob ich aus der Koje klettern und es wiederholen soll, aber es ist nicht kalt. Mir ist nicht kalt. Ich weiß nicht, wie lang wir schon in diesem Sturm unterwegs sind. Ich war woanders, tot, habe nicht mal geträumt.

Jetzt bin ich hier, in einer Kabine auf einem Schiff.

Jetzt bin ich hier, im Südlichen Ozean.

Ich greife nach meinem Wecker, aber er liegt nicht unter meinem Kissen. Ich spüre, wie die Nella ihre ganze Kraft zusammennimmt, um dem Seegang zu trotzen. Ihre Energie schießt durch mich hindurch.

Komm, Nella – hoch mit dir!

Die Tür fliegt auf, und Licht strömt in meine Kabine. Eine Silhouette taumelt herein, die Arme ausgestreckt.

»Hey, Bo«, sagt sie.

Es ist Sören.

»Wie viel Uhr ist es?«, schreie ich.

Er antwortet nicht, aber ich kann ihn jetzt sehen – sein Gesicht, sein völlig zerzaustes Haar. Ich fasse mir selbst ans Haar, merke, dass es von dem Herumgerutsche in der Koje hinten hochsteht.

Die Nella krängt wieder, legt sich jäh auf die Seite. Die Verschlüsse des Vorhangs lösen sich, und ein seltsames Licht fällt herein. Ich schaue von meiner Koje aus in Grün und Blau. Schaue direkt ins Wasser, durch mein Bullauge. Meine Kabine liegt unter Wasser – kalt und tief.

»Herrgott«, sagt Sören, während er auf den Boden rutscht. Er hat seine dicke Jacke an, als wollte er raus, ein bisschen spazieren gehen oder so. Er hält eine Flasche in der Hand.

»Prost!«, sagt er laut, beugt sich hoch und nimmt einen Schluck. Die Nella richtet sich wieder auf, und einen Moment lang ist alles richtig herum. Ich nutze die Schwerkraft, wälze mich aus der Koje. Ich finde Hose und Pullover und ziehe sie rasch an.

Ein Stiefel fliegt durch den Raum, trifft mein Bein. Irgendetwas rollt auf dem Boden herum, etwas Hartes – mein Reisewecker. Ich hebe ihn auf, schiebe ihn unter die Matratze. Im Schrank klappern die Kleiderbügel, und das Schiff krängt von neuem. Ich stütze mich an der Koje ab.

Sören fängt an zu lachen wie ein Irrer. Vielleicht ist er betrunken. Ich versuche ihm aufzuhelfen, aber es ist schwierig, zu stehen, schwierig, überhaupt irgendetwas zu tun. Ich lasse ihn los. Ich gehe auf die Knie, setze die Hände auf dem Boden auf und fange auch an zu lachen. Ich gebe mich geschlagen.

Wir schaffen es hinaus in den Gang. Wir schieben uns am Schott entlang und setzen uns dann auf den Boden unter das helle Neonlicht. Sören zwinkert mir zu, reicht mir die Flasche. Whisky. Canadian Club.

»Ich habe heute Geburtstag«, sagt er.

Ich schaue ihn an, schaue ihm ins Gesicht. Ich kann nicht erkennen, ob er Witze macht.

»Herzlichen Glückwunsch«, sage ich.

Ich warte, bis das Schwanken kurz nachlässt, setze die Flasche an. Ich nehme einen großen Schluck. Es brennt höllisch, aber gleich darauf kommt die Wärme, breitet sich in mir aus. Kriecht mir den Hals hinauf, ins Gesicht.

»Eigentlich habe ich erst morgen Geburtstag«, sagt er. »Aber Schlafen ist nicht drin, also habe ich beschlossen, dass ich jetzt schon Geburtstag habe.« Er hebt den Arm, stößt ein paarmal die geballte Faust in die Luft. Sieg.

Die Nella stampft.

Ich rutsche ans Schott, weg von Sören, schlittere durch den Gang. Fast hätte ich den Whisky verschüttet. Ich höre, wie oben Glas zerbricht, Möbel über den Boden scharren. Die Ladung – mein Gott, die Ladung zerrt an den Ketten, versucht sich Millimeter um Millimeter loszureißen. Habe ich in der Kombüse gestern Abend alles ordentlich gesichert? Ich weiß es nicht mehr. Die Kühlschränke, Gefrierschränke, all das Zeug, das zu Matsch werden kann. Tomaten, Melonen, die vielen Eier.

Ich schaue auf meine Füße. Ich habe nur Socken an. Einen blauen und einen schwarzen. Na ja, beinahe passend. Ich überlege, ob ich in die Kombüse hochgehen und nachschauen soll, aber ich kann eh nichts machen. Nicht jetzt.

Das ist alles nicht wichtig.

Sören nimmt mir die Flasche aus der Hand.

»Lass uns hier sitzen bleiben«, sagt er, als wären wir eigentlich auf dem Weg woandershin.

Ich schaue ihn an, sein Gesicht glänzt vom Alkohol. Ich weiß nicht, warum er mir nicht vorher gesagt hat, dass er Geburtstag hat. Ich überlege, ob ich irgendwas habe, was ich ihm schenken könnte.

»Okay«, sage ich. »Bleiben wir einfach hier sitzen.«

Weg von den Unterwasserbullaugen, weg von ungesicherten, herumfliegenden Gegenständen. Bleiben wir einfach hier unten sitzen, im Bauch unseres Schiffes. Bleiben wir hier.

Sören reicht mir wieder die Flasche. Ich nehme einen tiefen Schluck. Schließlich muss ich aufholen.

Die Kette am Löschschlauch schwingt in Richtung des gegenüberliegenden Schotts. Ich sehe zu, wie sie pendelt, wie sie das Schott erreicht, darüberschabt. Manchmal, wenn wir lange auf der Seite liegen, hängt sie herunter, manchmal kringelt sie sich zu einem Knäuel zusammen – dreißig, vierzig Zentimeter Kette, dort auf dem Schott. Ich kann den Blick nicht von ihr lösen, von dieser Bewegung. Dieser seltsamen seitlichen Schwerkraft.

An den Schleifspuren am Schott sehe ich, dass die Nella schon viel stärker auf der Seite gelegen hat als gerade eben. Viel stärker. Wir sind nicht in Gefahr. Die Kette wird zu unserem Barometer, unserem Trost. Die Kette wird zu unserem Trinkspiel. Wenn die Kette länger als fünf Sekunden am Schott liegt, trinken wir.

Wir schauen zu, wie sie schwingt.

Wir zählen.

Wir prosten uns zu.

Die Wärme erfüllt mich jetzt ganz. Ich bin umhüllt von Wärme und Licht. Bin umhüllt.

Sören zeigt auf mich. »Du musst echt bei mir einsteigen.« Er knufft mich heftig in die Schulter. »Wir bieten Essen an, Barfood. Unsere Musik aus der Stereoanlage. Unser eigener Laden!«

Er redete wieder von seiner Bar. Der Bar, von der er immer redet. Eine Bar, die er im Fleischerviertel von Kopenhagen aufmachen will.

Die Leute werden schon kommen, wart’s nur ab! Früher oder später verwandelt irgendjemand diese Lagerhäuser in Wohnraum. Studenten, Pärchen, junge Leute. Die brauchen alle einen Laden, wo sie was trinken gehen können. Ich sag’s dir!

Er zeigt wieder auf mich. Ich muss lächeln. Ich versuche mir vorzustellen, dass Leute in den alten Schlachthäusern leben, in kalten, offenen, zugigen Gebäuden, an denen der Zahn der Zeit genagt hat. Ich sehe das keineswegs vor mir, aber seine Begeisterung ist ansteckend.

»Abgemacht?«, fragt er.

»Okay«, sage ich. »Abgemacht«

Wir geben uns die Hand. Seine Augen sind nur noch halb offen, schauen nirgends mehr so recht hin. Er ist einundzwanzig.

Ich denke, wie jung das ist. Denke an all das, was noch vor ihm liegt. Ich freue mich für ihn, freue mich über die Zeit, die er vor sich hat. Die Zukunft gehört ihm.

»Herzlichen Glückwunsch«, sage ich noch einmal. Ich greife nach der Flasche und schaue ihn an, schaue ihm in die Augen. »Skål«, sage ich. Wir sind zusammen. Kameraden. Waffenbrüder.

Die Kette pendelt.

Die Klimaanlage verquirlt den Geruch von Aftershave. Irgendjemandem muss die Flasche zerbrochen sein, wohl einem der Expeditionsteilnehmer, und der Geruch erfüllt jetzt die unteren Decks, unseren Gang. Er erfüllt meine Lunge.

Sören nimmt einen großen Schluck Whisky, prustet ihn aber gleich wieder heraus. Vor Lachen. Vor Abscheu.

»Gott, Aftershave stinkt echt«, sagt er. Er wischt sich den Mund ab. »Du musst mir einen Kuchen backen«, sagt er hicksend.

Eines meiner Augen zuckt jetzt. Ich halte das Lid mit den Fingern geschlossen. Er knufft meine Schulter.

»Einen Kuchen«, sagt er noch einmal.

»Was für einen?«, frage ich.

»Eine Eistorte«, sagt er nach einer Ewigkeit angestrengten Nachdenkens.

Von allen vorstellbaren Kuchen und Torten sucht er sich ausgerechnet die aus, die nicht geht. Eine Eistorte. Ich denke an die Zutaten. Ich denke an all die Kuchen, die ich im Laufe meines Lebens gebacken habe. Ich kann jeden beliebigen Kuchen backen, aber eine Eistorte habe ich noch nie gemacht.

Mein Vater hat mir früher jedes Jahr eine Geburtstagstorte geschickt. Jedes Jahr, obwohl er so weit weg war, immer auf See. Einmal war es eine Eistorte mit einem Pinguin drauf.

Ein Funker. Er konnte so was organisieren.

»Mein Vater war nur bei fünf von meinen Geburtstagen dabei«, sage ich plötzlich. Ich strecke die Hand aus. Vier Finger und ein Daumen. Ich schaue sie an. Sie kribbeln, meine Finger. Ihre Umrisse sind verschwommen.

Sören schaut mich an.

»Mein Vater war kein Seemann«, sagt er und nimmt wieder einen großen Schluck. »Schweine«, sagt er und bricht in schallendes Gelächter aus.

Ich kriege kaum noch Luft vor Lachen. Ich höre ihn noch einmal »Schweine« sagen, mit einer ganz hohen Stimme, fast ein Quieken, das nicht richtig herauskommt.

Wir lachen zusammen, bis wir nicht mehr können.

Die Nella stampft, wir rutschen gegen das Schott. Sören landet auf der Seite, ich auf dem Rücken. Die Kette bleibt liegen, aber keiner von uns kann noch etwas trinken.

Und ob es nun an den Schweinen liegt oder am Whisky, jedenfalls kriege ich Hunger. Einen Mordshunger. Ich schaue Sören an. Ich kann ihn mir nicht als Bauern vorstellen. Von Schweinen, Gras und weitem Land umgeben. In seiner Bar mit dem ganzen industriellen Krempel und dem Chaos und der Musik dagegen sehe ich ihn sehr wohl. Ich habe es vor Augen. Es ist ein guter Traum.

Wir schaffen es die steile Treppe hoch, kommen an Jens, dem Chefingenieur, vorbei. Er nickt uns zu, seine Hände und sein Overall sind ölverschmiert. Er sieht fix und fertig aus. Ich frage ihn, ob er irgendetwas braucht, aber er winkt ab, geht weiter. Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass einige Leute auf sind und arbeiten – oben auf der Brücke und unten im Maschinenraum, die Nachtbesatzung, die für unser aller Sicherheit sorgt. Uns durch die Nacht steuert, im Sturm Wache hält. Auf unserem Weg nach Süden.

Die Kombüse sieht okay aus, Messer und Töpfe sind gesichert. Ein paar Teller sind kaputtgegangen, ein paar Tassen. Eine Thermoskanne rollt auf dem Boden herum. Ich hebe sie auf, sichere sie an ihrem Platz.

Klaus schließt die Vorratsschränke immer ab, um hungrige Kunden abzuhalten, aber wir wissen, wo der Ersatzschlüssel ist. Ich hole ihn, stelle das frische Schwarzbrot und die Butter raus.

Als die Kombüsenjungen unterwegs mal den großen Wasserkessel auffüllten, entdeckten sie drei totgekochte Frankfurter Würstchen darin. Ein vergessener Mitternachtssnack. Klaus ist fast durchgedreht auf der Suche nach den Schuldigen. Er behauptete noch wochenlang, der Kaffee schmecke nach Würstchen, nein eigentlich alles. Ein Hauch von Würstchen, sosehr wir den Wasserkessel auch schrubbten. Es hat ihn schier verrückt gemacht.

Ich hole den langsam gegarten Schweinehals raus, den eingelegten Kohl. Unsere mit Fleisch, Mayonnaise, Kapern, sauren Gurken und eingelegtem Kohl belegten Brote schmecken prima. Wir sitzen in der roten Essnische und futtern. Halten unsere Teller fest, halten uns am Tisch fest. Wir stützen uns ab, wenn das Schiff krängt, und entspannen uns, wenn nicht. Wir laufen auf Automatik, denken gar nicht an den Sturm, an die Geräusche von Wasser, Wind und Metall. Und wir reden auch nicht mehr. Wir essen, bis wir alles verputzt haben, bis wir voll und müde und zufrieden sind.

Sören schaut mich an, Mayonnaise an der Wange. Er legt den Kopf auf den Tisch, schließt die Augen.

»Meinst du, wir sollten ins Bett?«, fragt er mit schwerer Zunge.

Ich schaue auf seine Armbanduhr. Fast drei. Leo wird bald auf sein, aber vermutlich kommt keiner zum Frühstück. Und tagsüber wird es nur belegte Brote geben. Kaffee und belegte Brote, die wir verteilen werden. Ein leichtes Frühstück für die Besatzung. Brot und Käse.

Erleichterung erfasst mich. Es wird ein lockerer Tag für uns werden, zu stürmisch zum Kochen. Ein lockerer Tag.

Unten in unserem Gang pendelt die Kette des Löschschlauchs nach wie vor, aber sie berührt das Schott nicht mehr lang. Vielleicht wird es jetzt möglich sein, zu schlafen.

»Gute Nacht, Alter«, sage ich zu Sören.

Er salutiert, die Augen wegen des hellen Lichts geschlossen. Herzlichen Glückwunsch, denke ich.

Morgen werde ich es allen erzählen. Morgen werden wir das irgendwie feiern.

Es sind erst ein paar Monate, aber mir kommt es vor, als würde ich ihn schon mein Leben lang kennen. Ich kann mich an nichts erinnern, was davor war.

Aalborg, Dänemark; Hafen

3. Juli 1986

»Unser Zuhause für die nächsten neun Monate«, sagt eine Stimme.

Ich drehe mich um. Neben mir steht ein junger Mann. Ein Fremder. Er trägt die gleiche Uniform wie ich – ein Junior Steward.

»Sören«, sagt er, »ich heiße Sören«, und gibt mir die Hand. Ein kräftiger Händedruck, irgendwie vertraut.

»Ich hab dich schon mal irgendwo gesehen«, sagt er.

Ich betrachte sein Gesicht, seine klaren blauen Augen. Er ist jünger als ich, vielleicht Anfang zwanzig. Ich nicke, allerdings bezweifle ich, dass er mich je gesehen hat. Ich erinnere mich jedenfalls nicht an ihn.

»Ein Glücksfall«, sagt er. »Ich habe schon eine Menge über dieses Schiff gehört, und ich wusste sofort, dass ich total gern darauf mitfahren würde.«

Er schaut jetzt zu dem Schiff hoch, und ich auch. Es wirkt so groß hier am Kai, aber sobald wir draußen auf dem Meer sind, wird es sich klein anfühlen mit uns allen darin.

»Was haben wir für ein Glück«, sagt er. »So ein Glück. Glaubst du’s?« Er klopft mir auf den Arm, wie es vielleicht ein Bruder täte oder ein alter Freund, und ich nicke. »Ja«, sage ich, »es ist toll.«

Er redet immer weiter. Es scheint ihn nicht zu kümmern, oder vielleicht bemerkt er es gar nicht, dass ich schweige. Er redet einfach weiter, und seine blauen Augen leuchten.

»Ich habe schon dreimal für J. Lauritzen gearbeitet, bevor ich hier angeheuert habe. Zwei Kühlschiffe und eine Ölbohrinsel in der Nordsee. Ich war in ein paar Mittelmeerhäfen, in Israel, in vielen europäischen Häfen, in Mittelamerika und in Chile. Die Ölbohrinsel war langweilig. Drei Wochen arbeiten, drei Wochen frei. Zwölf Stunden, Tag für Tag, aber immer auf demselben Fleck, du kannst dir ja vorstellen, wie aufregend das war!«