Der kleine Fürst Classic 1 – Adelsroman - Viola Maybach - E-Book

Der kleine Fürst Classic 1 – Adelsroman E-Book

Viola Maybach

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Beschreibung

Viola Maybach´s Topseller. Alles beginnt mit einem Schicksalsschlag: Das Fürstenpaar Leopold und Elisabeth von Sternberg kommt bei einem Hubschrauberunglück ums Leben. Ihr einziger Sohn, der 15jährige Christian von Sternberg, den jeder seit frühesten Kinderzeiten "Der kleine Fürst" nennt, wird mit Erreichen der Volljährigkeit die fürstlichen Geschicke übernehmen müssen. Viola Maybach hat sich mit der reizvollen Serie "Der kleine Fürst" in die Herzen der Leserinnen und Leser geschrieben. Der zur Waise gewordene angehende Fürst Christian von Sternberg ist ein liebenswerter Junge, dessen mustergültige Entwicklung zu einer großen Persönlichkeit niemanden kalt lässt. Viola Maybach blickt auf eine stattliche Anzahl erfolgreicher Serien zurück, exemplarisch seien genannt "Das Tagebuch der Christina von Rothenfels", "Rosenweg Nr. 5", "Das Ärztehaus" und eine feuilletonistische Biografie. "Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. "Mein Lieber", sagte Fürst Leopold von Sternberg zu seinem jüngeren Freund, dem Grafen Alexander von Herzfeld, "ich bin ganz deiner Ansicht. Wenn es ums Heiraten geht, darfst du auf niemanden hören als auf dich selbst." "Das sagst du so einfach", erwiderte der Graf niedergeschlagen. "Du kennst unsere Familie, Leo. Meine Eltern wünschen sich Enkel, sie möchten sich aus dem öffentlichen Leben nach und nach zurückziehen. Das können sie aber erst, wenn ich verheiratet bin – jedenfalls sehen sie das so. Und deshalb setzen sie mich unter Druck, mittlerweile recht massiv." Leopold lächelte. Er war ein Mann, der die meisten anderen überragte mit seiner Größe von 1,92 Meter, weshalb er, nicht nur von den Angestellten im Schloß, gelegentlich "der große Fürst" genannt wurde, während sein fünfzehnjähriger Sohn Christian liebevoll-zärtlich "der kleine Fürst" hieß, obwohl auch er bereits 1,70 Meter maß. Aber natürlich bezogen sich diese Beinamen nicht nur auf die Körpergröße, sondern vor allem auf die derzeitige Stellung der beiden. "Der kleine Fürst" war vorerst noch ein Prinz, würde aber eines Tages den Fürstentitel von seinem Vater übernehmen. "Alle Eltern wünschen sich für ihre Kinder nur das Beste, Alex", sagte Leopold. "Und sie möchten sie glücklich sehen. Das ist bei deinen Eltern nicht anders, du solltest es ihnen nicht übel nehmen."

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Der kleine Fürst Classic – 1–

Der Anruf kam um Mitternacht

…und veränderte Christian von Sternbergs Leben

Viola Maybach

»Mein Lieber«, sagte Fürst Leopold von Sternberg zu seinem jüngeren Freund, dem Grafen Alexander von Herzfeld, »ich bin ganz deiner Ansicht. Wenn es ums Heiraten geht, darfst du auf niemanden hören als auf dich selbst.«

»Das sagst du so einfach«, erwiderte der Graf niedergeschlagen. »Du kennst unsere Familie, Leo. Meine Eltern wünschen sich Enkel, sie möchten sich aus dem öffentlichen Leben nach und nach zurückziehen. Das können sie aber erst, wenn ich verheiratet bin – jedenfalls sehen sie das so. Und deshalb setzen sie mich unter Druck, mittlerweile recht massiv.«

Leopold lächelte. Er war ein Mann, der die meisten anderen überragte mit seiner Größe von 1,92 Meter, weshalb er, nicht nur von den Angestellten im Schloß, gelegentlich »der große Fürst« genannt wurde, während sein fünfzehnjähriger Sohn Christian liebevoll-zärtlich »der kleine Fürst« hieß, obwohl auch er bereits 1,70 Meter maß. Aber natürlich bezogen sich diese Beinamen nicht nur auf die Körpergröße, sondern vor allem auf die derzeitige Stellung der beiden. »Der kleine Fürst« war vorerst noch ein Prinz, würde aber eines Tages den Fürstentitel von seinem Vater übernehmen.

»Alle Eltern wünschen sich für ihre Kinder nur das Beste, Alex«, sagte Leopold. »Und sie möchten sie glücklich sehen. Das ist bei deinen Eltern nicht anders, du solltest es ihnen nicht übel nehmen.«

»Aber hören soll ich nicht auf sie?« fragte Alexander.

»Natürlich nicht. Glaubst du etwa, ich hätte mir seinerzeit vorschreiben lassen, wen ich heirate? Nie im Leben!«

»Du hast ja deine Elisabeth auch schon recht früh gefunden«, entgegnete Alexander.

Leopold, der bis dahin am Fenster gestanden hatte, ging hinüber zum Kamin, in dem ein munteres Feuer brannte. Alexander saß in einem der gemütlichen Lehnsessel davor und starrte in die Flammen. Der Fürst nahm neben ihm Platz. »Ja«, bestätigte er mit warmer Stimme, in der die zärtlichen Gefühle für seine Frau mitschwangen, »das habe ich, und es war ein großes Glück, Alex. Ich hoffe sehr, daß auch du dieses Glück bald finden wirst. Das ganze Leben verändert sich, wenn man einen Menschen an seiner Seite hat, den man liebt. Alles wird reicher und schöner.«

»Wenn ich diese Frau nun aber nicht finde?« fragte Alexander. »Dafür gibt es schließlich keine Garantie, wie du weißt.«

Leopold wandte den Blick von den Flammen ab, um seinen Freund anzusehen. Der Graf war ein schwieriger Mann, niemand wußte das besser als er. Oft genug verschreckte Alexander durch sein schroffes Wesen selbst Menschen, die ihm nahestanden. Sie hatten einander vor dieser Begegnung auf Schloß Sternberg lange nicht gesehen, denn Alexander war eine Weile für die Firma, in deren Vorstand er saß, im Ausland gewesen. Dort hatte er viel gelernt, aber umgänglicher und liebenswürdiger war er nicht geworden.

Leopold bedauerte das, denn vor allem für den Grafen selbst wurde das Leben dadurch nicht leichter. Selbst der kleine Fürst, sonst aufgeschlossen und interessiert an neuen Kontakten, war Alexander gegenüber zurückhaltend, fast sogar ablehnend, geblieben. Er kannte den Grafen kaum, da dessen letzter Besuch sehr lange zurücklag – aber Zuneigung auf den ersten Blick hatte er für den Freund seines Vaters gewiß nicht empfunden.

»Du wirst die Richtige finden«, sagte Leopold ruhig. »Aber vielleicht mußt du dich auch ein wenig mehr bemühen, Alex, deine guten Seiten nicht immer zu verstecken.«

Der Kopf seines Freundes flog herum. »Wie meinst du das?« fragte der Graf betroffen. »Ich verstecke doch nichts!«

»Du bist nicht gerade liebenswürdig im Umgang – jedenfalls nicht, wenn es um Leute geht, die du nicht kennst«, fuhr Leopold unbeirrt fort. »Zuerst muß man sich dein Vertrauen erobern, dann erst zeigst du, daß du ein gutes Herz hast und sogar Humor.«

»Ist das wirklich so?« murmelte Alexander. »Ich selbst nehme das gar nicht so wahr.«

»Ja, ich weiß«, bemerkte Leopold lächelnd, »das ist ja das Problem. Du bist mißtrauisch, und das läßt du die Menschen spüren. Sie fühlen sich dann schnell unbehaglich in deiner Gesellschaft. Ich dachte, dein langer Auslandsaufenthalt hätte dich in dieser Hinsicht vielleicht ein wenig aufgelockert, aber das scheint nicht der Fall zu sein.«

Alexander hatte sich von dem Schock einer so deutlichen Kritik bereits erholt. »Du bist immer noch der Alte, Leo«, sagte er. »Du nimmst kein Blatt vor den Mund. Wie konnte ich das nur vergessen?«

»Verzeih mir«, bat der Fürst. »Aber mir liegt viel an dir, das weißt du. Ich sähe dich gern glücklich, und deshalb sage ich dir offen, was diesem Glück vielleicht im Wege steht: Nur du selbst, Alex.«

»Keiner kann aus seiner Haut heraus«, erwiderte Alexander. »Ich habe nicht deinen leichtfüßigen Charme, dein heiteres Lächeln, deinen Optimismus. Und ich kann auch nicht so tun als ob.«

»Das sollst du doch auch gar nicht! Aber du könntest gelegentlich einfach deinem Glück vertrauen, statt immer gleich mit dem Schlimmsten zu rechnen.«

Bevor der Graf etwas erwidern konnte, betrat Fürstin Elisabeth, Leopolds Gattin, den Salon. Mit ihren hellblonden, gelockten Haaren, die sie aufgesteckt trug, und ihrer schlanken Figur wirkte sie auf den ersten Blick wie ein junges Mädchen, zumal auch ihre Bewegungen den Eindruck jugendlicher Spannkraft erweckten. Erst aus der Nähe bemerkte man, daß sie ganz so jung nicht mehr war, wenn auch niemand auf die Idee gekommen wäre, daß sich ihr vierzigster Geburtstag näherte. Sie war eine schöne Frau, die ihrem Sohn die klaren Gesichtszüge vererbt hatte.

Beide Männer erhoben sich nun höflich, um sie zu begrüßen. »Störe ich?« fragte sie, als sie

neben ihnen Platz genommen hatte.

»Du störst nie, Lisa«, antwortete Graf Alexander. »Im Gegenteil, würde ich sagen. Dein Mann hat mir eben ein paar unangenehme Wahrheiten über meinen Charakter gesagt. Ich hatte vergessen, wie deutlich er werden kann, deshalb bin ich über dein Kommen wirklich dankbar. Wer weiß, was ich mir sonst noch hätte anhören müssen.«

Elisabeth warf Leopold einen fragenden Blick zu. Er lächelte und beugte sich vor, um nach ihrer Hand zu greifen. »Er übertreibt, Liebste«, sagte er. »Ich habe ihm nur geraten, sein gutes Herz nicht immer hinter einem allzu schroffen Auftreten zu verbergen.«

Sie lächelte ebenfalls. »Ich wollte gerade mit dir schimpfen«, sagte sie, »aber wenn es so ist, lasse ich das lieber sein.« Sie wandte sich dem Grafen zu. »Leo hat recht, Alex«, sagte sie mit ihrer weichen, melodischen Stimme. »Du vermittelst manchmal ein falsches Bild von dir, und das ist schade. Du weißt, wie sehr wir dich schätzen. Wir möchten, daß andere das auch tun, aber sie lernen dich gar nicht gut genug kennen.«

»Wenn du es so sagst, kann ich es ja kaum noch als Kritik auffassen«, erwiderte Alexander. »Es klingt ja fast wie ein Kompliment.«

»Es IST ein Kompliment«, stellte die Fürstin fest. Sie erhob sich sehr anmutig wieder aus ihrem Sessel. »Ich gehe in den Westflügel zu Sofia. Wir beide haben einiges miteinander zu besprechen. Bis später, ihr beiden.«

Wieder erhoben sich die Männer und nahmen erst Platz, als sie den Salon verlassen hatte. »Du bist zu beneiden, Leo«, murmelte Alexander.

»Ja, ich weiß«, erwiderte der Fürst.

Danach schwiegen sie beide und hingen ihren Gedanken nach, während sie den züngelnden Flammen im Kamin zusahen.

*

»Er ist ein Scheusal!« sagte Anna von Kant mit so entschiedener Stimme, daß ihr Cousin Prinz Christian von Sternberg keine Einwände erhob. Er war im Grunde ihrer Meinung, nur hätte er es nicht ganz so scharf formuliert.

Als hätte er ihr doch widersprochen, fragte Anna kämpferisch: »Hast du ihn vielleicht schon einmal lächeln sehen?«

»Nein«, mußte Christian zugeben und machte nun doch einen Versuch, Graf Alexander zu verteidigen. »Aber Papa hat gesagt, er ist nett, man muß ihn nur erst näher kennenlernen.«

»Kein Bedarf«, stellte Anna fest. Sie war sonst ein eher zurückhaltendes Mädchen, das wohl abwog, bevor es eine Meinung äußerte, der neue Gast auf Schloß Sternberg hatte es sich mit ihr jedoch überraschend schnell verdorben. »Hoffentlich bleibt er nicht lange.« Sie schob ihr energisches kleines Kinn nach vorn, um ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen. Ihre blonden Haare ringelten sich bis auf die Schultern. Seit sie eine Zahnspange trug, lächelte sie seltener.

»Noch eine Woche oder so, glaube ich.« Christians Gesicht, das dem seiner Mutter glich, war nachdenklich. Die dunklen Haare hatte er von seinem Vater geerbt.

Sie saßen in einem der Pferdeställe, ganz hinten, wo sie nicht leicht zu finden waren. Es war ihr Lieblingsplatz. Oft war auch Annas Bruder Konrad dabei, aber seit er sechzehn geworden war, fand er vieles, was ihm vor kurzem noch gefallen hatte, »kindisch«. Er setzte sich jetzt öfter ab, was ihm vor allem der ein Jahr jüngere Christian übel nahm.

»Noch eine Woche!« stöhnte Anna. »Das ist ja endlos. Er ist doch schon seit mehreren Tagen da.«

»Ach, komm schon, Anna, wir kriegen ihn doch kaum zu sehen. Die meiste Zeit sind wir in der Schule oder haben andere Dinge zu tun.«

»Aber bei jeder Mahlzeit sitzt er am Tisch und zieht ein komisches Gesicht«, beschwerte sich Anna. »Sonst geht es immer lustig zu bei uns. Seit er da ist, wird viel weniger gelacht. Oder ist dir das etwa noch nicht aufgefallen?«

»Doch, natürlich. Ich glaube, er hat Sorgen, deshalb sieht er immer so unglücklich aus. Und dafür kann er ja nichts, Anna. Er führt ständig lange Gespräche mit Papa – vor dem Kamin.«

»Soll Onkel Leo ihm irgendwie helfen?«

»Keine Ahnung, ich weiß nicht, worum es geht, und mir erzählen sie es bestimmt nicht. Es scheint geheim zu sein.«

Dieses Wort erregte augenblicklich Annas Interesse. Sie war erst zwölf und liebte es, Geheimnisse zu ergründen. »Sollen wir versuchen, es herauszufinden?« fragte sie mit leuchtenden Augen.

Christian schüttelte den Kopf. »Was soll an seinen Sorgen schon interessant sein?« fragte er. »Ich will gar nicht wissen, weshalb er so schlechte Laune hat. Echt, Anna, es interessiert mich nicht.« Er gähnte.

»Du bist schon fast so blöd wie Konny«, murrte seine jüngere Cousine. »Der interessiert sich auch für nichts mehr, nur noch für Mädchen und Mutproben und heimliches Rauchen und Trinken.«

»Heimliches Rauchen und Trinken?« fragte Christian, schlagartig wieder hellwach. »Konny?«

Anna verzog schuldbewußt das Gesicht. »Ich wollte nicht petzen«, sagte sie kleinlaut. »Aber ich habe ihn schon ein paar Mal dabei beobachtet. Er hat ein paar ältere Freunde, die bringen ihm das bei.«

»Er soll sich bloß nicht erwischen lassen«, meinte Christian, der Rauchen und Trinken einerseits blöd fand, andererseits aber zeigte man dadurch, daß man erwachsen und nicht länger ein Kind war. Er wäre auch gern erwachsen gewesen, aber vom Rauchen wurde ihm schlecht – und Alkohol schmeckte ihm einfach nicht. Er hatte beides, gemeinsam mit seinem Vater, bereits ausprobiert. »Siehst du?« hatte dieser anschließend gesagt. »So toll, wie man denkt, ist es nicht. Und warum willst du dir etwas angewöhnen, das krank macht und viel Geld kostet?«

Christian hegte allerdings den Verdacht, daß ein zweiter oder dritter Versuch vielleicht zu einem anderen Ergebnis führen würde. Bei Gelegenheit würde er es allein ausprobieren, das hatte er sich bereits vorgenommen.

»Konny läßt sich nicht erwischen«, bemerkte Anna. »Er macht es nie hier, immer nur nach der Schule, wenn er mit seinen Kumpels unterwegs ist.«

»Woher weißt du das eigentlich? Verfolgst du ihn?«

»Habe ich auch schon gemacht«, gab Anna freimütig zu. »Wenn er es zu toll treibt, erzähle ich es Mama. Ich will schließlich nicht, daß mein großer Bruder Probleme kriegt. Aber ich glaube, er hat schon fast wieder genug von seinen neuen Freunden.«

Sie hörten, wie sich Stimmen näherten. Daraufhin sprangen sie mit einem Satz auf und verschwanden durch eine der kleinen Hintertüren des Stalls. Schloß Sternberg war ihr Zuhause, sie kannten hier jeden Stein und jeden Winkel. Wenn sie nicht wollten, daß man sie fand, dann konnten sie sich – beinahe – in Luft auflösen. Und genau das taten sie jetzt.

*

Fürstin Elisabeth saß mit ihrer Schwester, der Baronin Sofia von Kant, in deren gemütlichem »Damensalon« im Westflügel von Schloß Sternberg. Die Baronin wohnte hier mit ihrem Mann Friedrich und den Kindern Anna und Konrad. Für Elisabeths Sohn Christian waren Sofias Kinder wie Geschwister, worüber das Fürstenpaar sehr froh war. Christian war nämlich ein Einzelkind geblieben, zum Kummer seiner Eltern, die sich eine große Familie gewünscht hatten. Aber ihr sehnlicher Kinderwunsch war nur das eine Mal in Erfüllung gegangen.

Da Schloß Sternberg über mehr als ausreichend Platz verfügte, war es schließlich naheliegend gewesen, Elisabeths Schwester Sofia und ihren Mann zu fragen, ob sie nicht zu ihnen ziehen wollten. Die beiden hatten nicht lange überlegt, und seit über zehn Jahren bewohnten sie nun den Westflügel von Sternberg und fühlten sich dort sehr wohl.

Sofia, eine rundliche Frau von lebhaftem Temperament und heiterem Gemüt, ähnelte ihrer zarten Schwester Elisabeth äußerlich kaum – von den blonden Locken einmal abgesehen. »Du meinst also, ich soll ihr nicht absagen?« fragte sie jetzt.

»Aber warum denn, Sofia? Annabelle ist eine reizende Person, ich würde mich sehr freuen, sie wiederzusehen.«

»Na ja, aber Graf Alexander wäre sicherlich weniger begeistert«, gab Sofia zu bedenken. »Er ist schon ein eigenartiger Mann, Lisa. Wenn ich nicht wüßte, daß er einen guten Kern hat...« Sie brach ab, während sie ihrer Schwester einen vielsagenden Blick zuwarf.

»Ich weiß, was du meinst, aber seine Anwesenheit kann uns doch nicht daran hindern, Besuch von Menschen zu empfangen, die uns lieb und teuer sind«, entgegnete die Fürstin. »Wir werden von Annabelles bevorstehendem Besuch gar nichts verlauten lassen, Sofia, dann hat Alex auch keine Gelegenheit, sich negativ darauf einzustimmen.«

»Aber sag Leo Bescheid«, bat Sofia, »ich möchte nicht, daß er sich irgendwie überfahren fühlt.«

»Leo wird sich genau wie ich über Annabelles Besuch freuen«, versicherte Elisabeth. »Gibt es einen besonderen Grund für ihr Kommen?«

»Nein, wir haben uns nur so lange nicht gesehen, daß ich sie schon ein paar Mal gefragt habe, ob sie uns nicht wieder einmal besuchen will. Ich bin ja nicht so unabhängig wie sie. Und seit ihre Eltern im Ausland leben, bekomme ich die praktisch auch nicht mehr zu Gesicht.«