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Nach ihrem großen Umzug aus der Heimat sind Óctupus und seine Freunde im kühleren Gebiet der Tundra und Taiga angekommen. Mit so vielen Schwierigkeiten, sich hier einzurichten und heimisch zu werden, hatten sie gar nicht gerechnet und müssen nun erkennen, dass sie nur, wenn sie zusammenhalten, einander helfen und sich gegenseitig zu Wort kommen lassen, überleben und den Frieden erhalten können. Nach »Der große Umzug von Termópilo und Óctupus« erfahren wir in Band 2 endlich, wie es mit unseren Freunden weitergeht.
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Seitenzahl: 161
Perfecto Yebra
Wie die Tiere auf den Klimawandel reagieren
Band 2
Übersetzung:
Kathleen Goetz und José Seco
Mitwirkende:
María Carolina Rovira, Diego, Carolina Águeda,Carmen, Paula, Miguel, Tomás und Isabel Yebra Rovira
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2023 by R.G.Fischer Verlag
Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main
Alle Rechte vorbehalten
Schriftart: Times 11 pt
Herstellung: RGF/bf
ISBN 978-3-8301-1906-7 EPUB
Für die Enkelkinder:Pelayo Víctor, Martín, Ana, Faine Eloisa, Álvaro, Olaiaund die, die noch kommen …
Vorwort
Unsere alten und neuen Freunde (Die Hauptfiguren)
1 – Die Besiedelung
2 – Die Beratung
3 – Die Stämme
4 – Die alten Freunde
5 – Die neuen Freunde
6 – Der boreale Lebensraum
7 – Die Scharmützel
8 – Der erste Guerillakrieg
9 – Der zweite Guerillakrieg
10 – Die Kampfpause
11 – Der Pakt
12 – Der Tag danach
13 – Das Gedränge
14 – Der Hunger
15 – Die Ausbildung
16 – Die Ernte
17 – Der Mensch
18 – Die verlorene Freiheit
19 – Die Rückkehr des Bären
20 – Die Abtrünnigen
21 – Das Wiedersehen
22 – Die Entführung
23 – Die Hochzeit von Bubo
24 – Die endgültige Gelassenheit
Die »Geschichten für meine Enkelkinder« begannen mit einer Herausforderung, als mir meine Kinder zu Weihnachten ein Notizbuch schenkten, mit Hardcovereinband und – natürlich – leeren Seiten. Auf einer Extra-Seite hatten sie Folgendes geschrieben: »Damit du einige Geschichten für deine Enkelkinder schreibst.« Ich stellte ihnen meinerseits eine Herausforderung und sagte zu ihnen: »Ich werde das Büchlein vollschreiben, wenn ihr mir Material dafür liefert.« Und so war es.
Diese Bitte hatte ihren Grund, denn sie hatten mich eine Geschichte erzählen hören – eine, die nicht unbedingt für Kinder gedacht war – aber doch eine Geschichte. Ihre Mutter war von dieser Geschichte fasziniert, daher wiederholte ich sie ihr immer und immer wieder. Die Erzählung handelte von »der Wolke und der kleinen Samtkrabbe«.
Diese Geschichten, die wie viele andere Erzählungen reiner Fantasie entspringen, versuchen, die Welt der Tiere und die Welt der Pflanzen zu vereinen und zu verbinden, etwas, wofür schon der große deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt Ende des 18. Jahrhunderts warb, indem er versuchte, die Natur in Harmonie mit all ihren Lebewesen, also Pflanzen und Tieren, zu sehen.
Es geht nicht darum, dass alle Tier- und Pflanzenarten eine Geschichte haben, dass eine Geschichte von ihnen handelt, denn das wäre unmöglich. In diesem Buch sind in vierundzwanzig Episoden die bedeutendsten, die bekanntesten oder die schönsten vertreten. Das ist so von den Autoren gewollt. Dasselbe könnte man auch über das Genus sagen. Im Allgemeinen wird nicht zwischen männlich und weiblich unterschieden, da der Unterschied in der Tier- und Pflanzenwelt nicht immer einfach zu erkennen ist.
Diese Geschichte ist die Fortsetzung der ersten Erzählung mit dem Titel »Der große Umzug von Termópilo und Óctupus«.
Óctopus
Der Tintenfisch
Pubera
Die Samtkrabbe
Acocó
Die Dahlie
Redy
Das Eichhörnchen
Gayo
Der Papagei
Canelo
Der Kater
Meli und Apis-2
Die Bienen
Fócida
Die Robbe
Ansar
Der Gänserich
Ciconia
Die Störchin
Menecos
Der Pelikan
Cabuxa
Das Geißlein
Nera
Die Hündin
Scrofa
Das Wildschwein
Dofán
Der Delfin
Artia
Das Neunauge
Cordata
Das Seepferdchen
Raji
Der Rochen
Poposa
Der Schmetterling
Pomba
Die Taube
Bubo
Der Uhu
Tedes
Die Calla
Piñeiro
Die Kiefer
Tanea
Der Kastanienbaum
Wie bereits erwähnt wurde, hatten sie ihr Ziel erreicht. Wo genau? Das wussten nicht einmal unsere Freunde. Natürlich war der Weg sehr hart gewesen, sehr lang und voller Schwierigkeiten. Die Akkorde der Polonaise waren gerade verklungen und der schnelle Rhythmus des Tanzes, der die Tiere angetrieben und mitgerissen hatte, verebbte langsam. Nach und nach, ganz allmählich, drängte sich der Gedanke auf, dass nun von vorn begonnen werden musste. Ja, ganz von vorne, denn dieses Land, zu dem sie gereist waren, war vor allem eins: feindselig. Das war die beste Bezeichnung, die diesem Land gegeben werden konnte, fast sogar die einzige. Trotzdem war das Land, »ihr Land«, der mögliche Lebensraum für ihr Überleben.
Daher war es notwendig, das Land zu besiedeln. Das bedeutete, sich darauf zu beschränken, über das Land zu verfügen, alle seine Vorteile zu genießen oder alle Nachteile zu ertragen. Jedenfalls – und im Unterschied zu den Menschen – wären sie nicht die »Besitzer«. Sie würden immer auf Pump leben. Natürlich war die Situation nicht überall gleich, vor allem bezüglich der Lage auf dem Festland und im Meer. Dort im Meer würden die Dinge einfacher sein, das heißt, die Veränderungen wären nicht so umfassend.
Nach Abschluss der Feier erhob sich eine Stimme, die von niemand anderem sein konnte, als von Óctupus, der weiterhin seine Rolle als Anführer der Gruppe innehatte, der weiterhin Anordnungen erteilte. Und er befahl allen Lebewesen etwas ganz Einfaches: sich auszuruhen! Das taten sie dann auch bis zum nächsten Morgen.
Kaum war die Sonne im Osten aufgegangen, als sich unsere Freunde schon zu einem Rat versammelten, demselben Rat, der den großen Umzug so erfolgreich unternommen hatte, den Exodus der Tiere und Pflanzen. Óctupus begrüßte sie alle, einen nach dem anderen, und stellte allen eine unvermeidliche, aber auch höfliche Frage: »Wie habt ihr geruht?« Die einhellige Antwort ließ nicht auf sich warten, einstimmig sagten alle: »Unruhig!« Das war zu erwarten gewesen, das war logisch, das war natürlich.
Óctupus wandte sich unerschrocken an sie und sagte ihnen: »Ich verstehe, was mit euch los ist. Auch ich habe mich aufgerafft, um nicht zusammenzubrechen. Aber es ging um etwas sehr Wichtiges: unser eigenes Überleben. Was wir sehen, ist nicht ermunternd, aber es wird schon besser werden.«
Und er fügte mit Nachdruck hinzu: »Wir werden es schaffen, denn wir sind dazu in der Lage. Gewöhnt euch an den Gedanken, dass wir wir und unsere Umstände sind.«
Im Anschluss daran fuhr der Tintenfisch mit einer Reihe Bemerkungen fort, die für alle sehr interessant, wichtig und gültig waren. Er sagte zum Beispiel: »Der Rat ist zu klein und überholt. Wir müssen neue Tiere aufnehmen, egal ob sie im Meer, an Land oder in der Luft leben. Sie werden neue Ideen darüber beisteuern, was wir machen müssen. Auf die Schnelle fällt mir ein, dass wir vorplanen müssen. Wir können nicht wie in der Vergangenheit ins Blaue leben, es reicht nicht, den Alltag zu überwinden. Wir müssen auch an morgen denken und an den Tag darauf, das heißt, ein bisschen an die Zukunft.«
Die Anwesenden staunten über die Worte des Tintenfischs, denn alles, was er gesagt hatte, war zutreffend. Alle blieben still, das heißt, sie überlegten.
Gayo war der Erste, der das Schweigen unterbrach, indem er einfach sagte: »Mir fällt nichts ein«, woraufhin alle in lautes Gelächter ausbrachen.
»Es ist nicht notwendig, dass wir diese Fragen gleich heute oder morgen klären. Wir können uns etwas Zeit lassen, vielleicht bis zur nächsten Woche. Mal sehen, was uns bis dahin einfällt.«
Und so war es und so machten sie es. Nach Ablauf einer langen Woche versammelten sie sich wieder und Óctupus forderte einen nach dem anderen zum Reden auf.
Gayo machte den Anfang und sagte: »Ich stimme mit Óctupus darin überein, dass wir die Gruppe vergrößern müssen, mindestens auf das Doppelte. Die Verhältnisse hier sind ganz anders als da, wo wir herkommen. Hier ist noch alles zu tun …«
Er zögerte einige Augenblicke lang und wiederholte dann das Gewusste: »… in diesem feindseligen Land …, jedenfalls jetzt feindselig.«
Sogleich baten die Dahlie, die Katze, die Robbe, die Störchin und die Ziege ums Wort. Óctupus erteilte es ihnen in strenger Reihenfolge.
Acocó sagte, sie müssten die »Atmosphäre« ändern: »Wir müssen dieses Gefühl von Feindseligkeit loswerden, das wir mit uns herumschleppen. Wir sagen das immer und immer wieder, das ist richtig belastend. Daher sollten wir zu Landwirten werden.«
Das »He!«, das man hörte, kam donnernd von den restlichen Ratsmitgliedern. Die Dahlie fuhr unerschütterlich fort: »Wir haben unendlich viele Samen, Setzlinge, Sporen, Blumenzwiebeln und vieles mehr mitgebracht, und obwohl einige schon ausgesät wurden und dafür sorgen, dass die Landschaft ein bisschen vertrauter wird, ist es noch nicht genug, es reicht absolut nicht.«
Das betonte sie mit einer Energie, die ihr ganz uneigen war, und fuhr mit derselben Beharrlichkeit fort: »Es ist notwendig, die Bewirtschaftung des Landes zu planen und dass einige von uns zu Landwirten werden, wie die Menschen sagen, das heißt, jemand, der das Land bestellt oder es einfach nur versorgt, wenn wir irgendeinen Ertrag erzielen oder von dem Land leben wollen.«
»Bravo, bravo! Es soll mehr Blumen geben, denn hier gibt es keine, und dann können wir wieder Nektar saugen und Honig erzeugen«, riefen Meli und Apis.
Lazi sagte, dass sie noch am Überlegen war und sich bis zum Ende zurückhalten wolle.
Óctupus gab Fócida das Wort, die Folgendes vortrug: »Ich spreche für mich und für die anderen Meereslebewesen und ich muss euch sagen, dass wir das Meer, in dem wir leben, nicht als feindselig bezeichnen können. Natürlich ist es nicht dasselbe, aber das, was früher ein von Eisschollen bedecktes, eisiges Gewässer gewesen sein muss, hat heutzutage als Auswirkung der Erderwärmung eine milde Temperatur und ist daher bewohnbar.«
Die Störchin, die dem Gesagen zustimmte, stellte für die Zugvögel klar: »Wir können nicht mehr so wie früher reisen … in den Süden … Denn dann würden wir keine Nahrung finden und die Hitze wäre erstickend, wie am Äquator. Wir vermuten – und das sollten wir auf jeden Fall überprüfen –, dass in den hohen Bergen, die früher von Gletschern bedeckt waren, auch bestimmte Arten Zuflucht gesucht haben. Wir müssen mit der Tierwelt Solidarität wahren.«
Eyodós sagte eine einfache, wortgewandte und wahre Sache, und zwar, dass man bei dieser Erneuerung des Rates der Jugend den Vortritt lassen solle. Und daher schlug sie ihr Geißlein Cabuxa vor, um ihren Platz einzunehmen.
Óctupus antwortete ihr sogleich und gab ihr zu verstehen, dass sie auf ein Mitglied wie sie, die so wichtig für den großen Umzug gewesen war, nicht verzichten könnten. Wenn es der Gruppe und ihr selbst also Recht wäre, würden beide am Rat teilnehmen. Alle stimmten zu.
Fast der ganze Morgen war mit diesen und anderen Überlegungen vergangen, daher wurde die Mehrheit der Anwesenden langsam müde und sie beschlossen, später weiterzumachen und nebenbei etwas zu essen.
Es wurde Nachmittag, die Zeit nach dem Mittagessen. Was und wie sie gegessen hatten, wusste man nicht … niemand fragte danach … Jetzt war Lazi an der Reihe, eigentlich als Letzte, und daher ließ sie sich nicht lange bitten und sagte, am Anfang noch ein bisschen zögerlich: »Ich … und meine Kätzchen … da wir doch so lange bei den Menschen gelebt haben … da dachten wir vielleicht … vielleicht sollten wir ihre Organisation übernehmen …«
Eine Vielzahl an Fragezeichen – ????? – war die Resonanz unserer Freunde. Sie verstanden es einfach nicht und baten Lazi, sich zu erklären. Die Katze sagte: »Nun ja, wir sollten uns demokratisieren.«
»Äh?????« Die Verwirrung der Gruppe war groß. Das reichte so weit, dass sie von der Katze verlangten, das zu erläutern, denn – wie sich Óctupus erinnerte – als der Rat gebildet wurde, hatte man doch entschieden, die Beschlüsse »demokratisch« zu fassen, das heißt, es entscheidet die Mehrheit, und wenn es nur die Hälfte plus eine Stimme ist, und so hatten sie es bis jetzt auch getan.
Lazi sagte ihnen ruhig, aber auch nachdrücklich: »Das weiß ich. Aber die Demokratie wird bei der Entscheidungsfindung angewendet und bezieht sich nicht auf die Zusammensetzung des Rates.«
Alle schauten sich gegenseitig an. Nach einigen Minuten glaubten sie verstanden zu haben, was die Katze sagen wollte. Diese fuhr fort: »Meine Kätzchen und ich, was wir bei den Menschen beobachtet und von ihren Gesprächen gelernt haben, ist, dass die Demokratie alle erreicht, ohne Ausnahme. Aber bei so vielen Tier- und Pflanzenarten können wir behaupten, dass nicht alle vertreten sind. Ich glaube das nicht und ich glaube, dass es gut wäre, wenn wir die Menschen in etwas nachahmen würden. Zum Beispiel kann Acocó nicht das gesamte Pflanzenreich vertreten.«
Dem Rest des Rates kam das, was sie hörten, »spanisch« vor … eine von den Menschen benutzte Redensart, die bedeutet, dass man nichts, überhaupt nichts versteht. Und alle Blicke richteten sich auf Óctupus, als wollten sie den Tintenfisch darum bitten, es ihnen zu erklären. Der war aber nicht in der Lage, dieses »Etwas« zu erklären. Trotzdem traute sich Óctupus, etwas zu sagen: »Alles, was dazu dient, dieses Gefühl der Feindseligkeit dieses Landes zu überwinden, ist herzlich willkommen. Alles, was dazu dient, dass wir dieses Migranten-Stigma loswerden, das wir mit uns herumschleppen, sollten wir dankbar annehmen. Nun ja, obwohl ich diesen Vorschlag nicht ganz verstehe, scheint er mir doch gut zu sein. Was wir machen müssen, ist uns darüber zu beraten, und je früher wir anfangen, desto besser.«
Und so begann eine lange Beratung, die mehrere Tage dauerte und die mehrere Male unterbrochen werden musste, um sich eine Erholungspause zu gönnen. Am Ende gaben sie Lazi recht und beschlossen einstimmig, den Rat zu demokratisieren. Bis hierhin alles gut und schön, aber wie es ihnen schon passiert war, als sie den großen Umzug beschlossen hatten, wussten sie nicht, wie. Also wurde die Beratung bezüglich dieser Frage fortgesetzt, die andererseits von außergewöhnlicher Bedeutung war.
Während der Diskussion war Zeit für alles Mögliche. So wurde von dem Eichhörnchen Redy – das wieder einmal natürliche Intelligenz bewies – ein sehr wichtiges Thema angesprochen. Sie wandte sich an Óctupus und sagte zu ihm: »Entschuldige, wenn ich dich berichtige, aber ich glaube, dass du dich in einer Frage geirrt hast.«
Der Tintenfisch war sehr erstaunt und antwortete ihr: »Worin denn?!?!?«
»Darin, dass du den Schutzbrief, der einige Tiere vor anderen geschützt hat, beendet hast.«
Und sie fuhr fort: »Jetzt, wo wir so viel zu tun haben, wo wir beschlossen haben, uns wie die Menschen zu »demokratisieren«, wo wir diese neuen Gebiete besiedeln müssen, damit sie der Heimat unserer Träume und unserer Erinnerung ähnelt, wo wir uns organisieren müssen, damit jeder weiß, was er zu tun hat, um diese Ziele zu erreichen, da können wir die allumfassende Solidarität nicht aufgeben, die wir früher bewiesen haben.«
Alle wurden nachdenklich, das war auch klar, hier ging es um ihr Leben! Besonders nachdenklich wurde Óctupus. Nach einigen Sekunden reagierte er: »Bei dir, Redy, erstaunt mich immer dein Scharfsinn, die Deutlichkeit, mit der du Probleme siehst. Du hast Recht, wahrscheinlich war ich zu schnell, als ich das Ende des Schutzbriefes verkündete, jenes Schutzbriefes, der es Termópilo und mir ermöglichte, nach Afrika und Amerika zu reisen. Aber es ist euch wohl nicht entgangen, dass der Schutzbrief ein Dilemma offenbart, einen Widerspruch, denn wenn dieser Schutzbrief eine Garantie dafür ist, dass sich die Tiere nicht gegenseitig auffressen, wovon sollen wir dann leben? Wie wir wissen, müssen die meisten Tiere von anderen leben. Du nicht, weil du dich in erster Linie von Samen und ähnlichem ernährst, wie auch die Wiederkäuer, die hauptsächlich Gras und Blätter fressen. Aber im Meer ist die Regel, dass der große Fisch den kleinen frisst. Und wenn das mal nicht der Fall ist, dann nur, weil es auch Arten gibt, die sich von Plankton ernähren, sogar große Tiere, wie Wale. Dieses Plankton – das im Allgemeinen aus Mikroorganismen besteht, das heißt, aus sehr kleinen Lebewesen – ist auch ein Lebewesen. Kurz gesagt, würden wir den Schutzbrief haargenau befolgen, gäbe es Tiere, die nichts zu essen hätten. Und dann … Na, wir wissen ja, was dann passieren würde …«
Óctupus hielt einen Moment inne und fuhr dann fort: »Jedenfalls hast du ein echtes Problem aufgeworfen, das wir, wie so viele andere Probleme in diesem feindlichen Land, lösen müssen. Wie …? Ich würde sagen, mit Toleranz. Wir Fleischfresser sollten weniger essen, obwohl ich weiß, dass das nicht einfach werden wird.«
In diesem Augenblick brachten die Bienen Meli und Apis ein bisschen Humor ein: »Wir könnten doch einen Preis für den Schlanksten des Monats vergeben, für den, der die beste Figur beibehält.«
Alle lachten lauthals los, denn trotz aller Entbehrungen hatten unsere Freunde ihren Humor nicht verloren.
»Wir haben kein Problem mit dem Essen, denn wir ernähren uns, indem wir Nektar von Blumen saugen, natürlich nur, wenn es ausreichend Blumen gibt.«
Und dabei beließen es die Bienen; sie hatten darauf hingewiesen, dass die Gefahr weiterhin bestand und alle betraf.
Óctupus wurde sich klar, dass sich die Beratung viel zu sehr in die Länge gezogen hatte, sie hatten zu viel Zeit damit verbracht. Also besann er sich auf seine Autorität und Führungsrolle und sagte der Gruppe: »Der Zeitpunkt ist gekommen, Schlüsse aus all dem Gesagten zu ziehen. Ich würde zunächst zwei Dinge sagen: wir wollen uns im Stile der Menschen demokratisieren und dieses Land besiedeln, damit es uns nicht mehr so feindselig erscheint und nicht nur freundlicher, sondern auch tierfreundlicher wird.«
Alle waren einverstanden und nickten zustimmend und der Tintenfisch – der, nebenbei bemerkt, sehr gern redete – fuhr fort: »Für den ersten Punkt brauchen wir eine Volkszählung.«
»Eine Volkszählung, aber die haben wir doch schon gemacht, in jenen robusten Bäumen, die Robinien heißen, und die haben wir zurückgelassen, weil wir sie natürlich nicht mitbringen konnten«, riefen einige.
»Ja, in der Tat, uns bleibt nichts anderes übrig, als herauszufinden, wie viele wir sind und zu welcher Art wir gehören, wenn wir einen Rat bilden wollen, der die gesamte Fauna und einen Teil der Flora vertreten soll …«
Was wollte denn der Tintenfisch mit dieser letzten Bemerkung sagen? Als könnte er die Gedanken der anderen erraten, fügte er hinzu: »Diesen letzten Punkt werde ich euch später erklären.«
Und gleich darauf wandte er sich an Gayo, um den »Schreinern«, also den Spechten, Bescheid zu geben.
Die Antwort kam unverzüglich. Die Spechte erschienen vor Óctupus, gewillt, das zu tun, was von ihnen verlangt wurde. Der Tintenfisch beauftragte sie mit der gleichen Arbeit wie vorher, das heißt, mit der Durchführung einer Volkszählung. Die Spechte waren dazu bereit, stellten aber auch eine Frage: »Worauf schreiben wir die Daten? Hier gibt es doch fast keine Bäume und die, die es doch gibt, sind so schwächlich, also so klein, dass sie wohl kaum die Volkszählung bewältigen können.«
In der Tat gab es sehr wenige Bäume in der Tundra, in der sie angekommen waren. Daher beauftragte Óctupus sie, die Nadelbäume, besonders die Kiefern, zu benutzen, die im angrenzenden Gebiet, in der Taiga, reichlich vorhanden waren. Die Spechte ließen dieselbe Sorgfalt wie beim letzten Mal walten und hatten mit Hilfe der gewohnten Mitarbeiter bald die neue Volkszählung fertig.
Aber die Probleme für die Tiere und Pflanzen hörten nicht auf. Die Frage, die beantwortet werden musste, war, ob »alle« Lebewesen ihre Vertreter wählen sollten, denn dann hätten die zahlreicheren Arten einen Vorteil, was nicht akzeptabel war. Eine kleine Samtkrabbe – nicht ein kleiner »Samtkrabben-Mann« –, die die Diskussion von weitem beobachtet hatte, machte eine Geste, als wolle sie etwas sagen, und Óctupus gab ihr das Wort. Er wusste, dass sie eine der zahlreichen Töchter von Termópilo war. Die kleine Samtkrabbe ließ sich nicht lange bitten und machte folgenden Vorschlag: »Ich denke, dass die Abstimmungen je nach Stämmen gemacht werden sollten.«