Die ungewisse Heimkehr von Braza und Guaca - Perfecto Yebra - E-Book

Die ungewisse Heimkehr von Braza und Guaca E-Book

Perfecto Yebra

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Beschreibung

Die Klimaveränderung lässt die Erdbewohner nicht zur Ruhe kommen. In Band 1 und 2 dieser Reihe wurde berichtet, wie Tiere und Pflanzen ihren Lebensraum in kühlere Gebiete der Erde verlegten und dort heimisch wurden. Eine erneute Klima­katastrophe bewirkt nun, dass sie sich von dort wieder zurückziehen müssen. Da Tiere kein Gedächtnis haben, sind sie dabei auf die Hilfe der Menschen angewiesen. Insbesondere ein Mädchen spielt dabei eine wichtige Rolle. Mensch und Tier und auch die Tiere untereinander gehen nicht immer fair miteinander um. Wieder einmal müssen die Lebewesen der Erde lernen, dass nur ein guter Umgang miteinander das Überleben aller sichern kann.

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Perfecto Yebra

Die ungewisse Heimkehr vonBraza und Guaca

Wie die Tiere auf den Klimawandel reagieren

Band 3

Übersetzung:

Kathleen Goetz

Mitwirkende:

María Carolina Rovira, Diego, Carolina Águeda,Carmen, Paula, Miguel, Tomás und Isabel Yebra Rovira

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2023 by R.G.Fischer Verlag

Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main

Alle Rechte vorbehalten

Schriftart: Times 11 pt

Herstellung: RGF/bf

ISBN 978-3-8301-1907-4 EPUB

Für die Enkelkinder:Pelayo Víctor, Martín, Ana, Faine Eloisa, Álvaro, Olaiaund die, die noch kommen …

Inhalt

Vorwort

Unsere alten und neuen und ganz, ganz neuen Freunde (Die Hauptfiguren)

Die neuen Freunde

Die ganz, ganz neuen Freunde

1 – Die traurige Einsamkeit

2 – Die Einstellung zum Leben

3 – Die Rückkehr der Kälte

4 – Der See

5 – Das Kommen der Eiszeit

6 – Die weise Bärin

7 – Die Erzählerin

8 – Varito, der Unerschrockene

9 – Was tun?

10 – Der anscheinend ruhige Auftrag

11 – Braza wird böse

12 – Die Organisation

13 – Driften

14 – Die ersten Täler

15 – Der Frust

16 – Das Debakel

17 – Der Vorkriegszustand

18 – Der Waffenstillstand

19 – Fragen nach dem Warum

20 – Die ersten Lehren

21 – Die anderen Lehren …

22 – Der Neubeginn

23 – Zurück zu den Ursprüngen

24 – Das Ende der Kindheit

Vorwort

Die »Geschichten für meine Enkelkinder« begannen mit einer Herausforderung, als mir meine Kinder zu Weihnachten ein Notizbuch schenkten, mit Hardcovereinband und – natürlich – leeren Seiten. Auf einer Extra-Seite hatten sie Folgendes geschrieben: »Damit du einige Geschichten für deine Enkelkinder schreibst.« Ich stellte ihnen ihrerseits eine Herausforderung und sagte zu ihnen: »Ich werde das Büchlein vollschreiben, wenn ihr mir Material dafür liefert.« Und so war es.

Diese Bitte hatte ihren Grund, denn sie hatten mich eine Geschichte erzählen hören – eine, die nicht unbedingt für Kinder gedacht war – aber doch eine Geschichte. Ihre Mutter war von dieser Geschichte fasziniert, daher wiederholte ich sie ihr immer und immer wieder. Die Erzählung handelte von »der Wolke und der kleinen Samtkrabbe«.

Diese Geschichten, die wie viele andere Erzählungen reiner Fantasie entspringen, versuchen, die Welt der Tiere und die Welt der Pflanzen zu vereinen und zu verbinden, etwas, wofür schon der große deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt Ende des 18. Jahrhunderts warb, indem er versuchte, die Natur in Harmonie mit all ihren Lebewesen, also Pflanzen und Tieren, zu sehen.

Es geht nicht darum, dass alle Tier- und Pflanzenarten eine Geschichte haben, dass eine Geschichte von ihnen handelt, denn das wäre unmöglich. In diesem Buch sind in vierundzwanzig Episoden die bedeutendsten, die bekanntesten oder die schönsten vertreten. Das ist so von den Autoren gewollt. Dasselbe könnte man auch über das Genus sagen. Im Allgemeinen wird nicht zwischen männlich und weiblich unterschieden, da der Unterschied in der Tier- und Pflanzenwelt nicht immer einfach zu erkennen ist.

Diese Geschichte ist die Fortsetzung der ersten Erzählung mit dem Titel »Der große Umzug von Termópilo und Óctupus« und der zweiten Erzählung mit dem Titel »Der lange Aufenthalt von Óctupus und Bubo« und diesem dritten Band: eine Trilogie.

Unsere alten und neuen und ganz, ganz neuen Freunde (Die Hauptfiguren)

Termópilo

Der Samtkrabben-Mann

Óctopus

Der Tintenfisch

Acocó

Die Dahlie

Redy

Das Eichhörnchen

Gayo

Der Papagei

Canelo

Der Kater

Meli und Apis-2

Die Bienen

Fócida

Die Robbe

Ansar

Der Gänserich

Ciconia

Die Störchin

Menecos

Der Pelikan

Cabuxa

Die Ziege

Die neuen Freunde

Nera

Die Hündin

Scrofa

Das Wildschwein

Dofan

Der Delfin

Artia

Das Neunauge

Cordata

Das Seepferdchen

Raji

Der Rochen

Poposa

Der Schmetterling

Pomba

Die Taube

Bubo

Der Uhu

Tedes

Die Calla

Piñeiro

Die Kiefer

Tanea

Der Kastanienbaum

Die ganz, ganz neuen Freunde

Braza

Die Brazzameerkatze

Guaca

Der Ara

Anfi

Der Frosch

Vulpi

Der Fuchs

Roden

Die Maus

Áquila

Der Adler

Fénico

Der Flamingo

Asinus

Der Esel

Quelo

Die Schildkröte

Cinus

Der Schwan

Idrangea

Die Hortensie

Celífero

Die Heuschrecke

1– Die traurige Einsamkeit

Viele Jahre waren vergangen …, sehr viele Jahre … Wie viele genau? Das wusste niemand. Das heißt, keiner unserer alten Freunde, keiner der neuen Freunde, und man könnte auch sagen, keiner der »ganz, ganz neuen Freunde«. Warum? Das ist ganz einfach, weil weder die Tiere noch die Pflanzen das haben, was man »Gedächtnis« nennt, die Fähigkeit, sich lange Zeit an das zu erinnern, was geschehen ist. Obwohl …, das stimmt nicht so ganz. Was sie nicht haben, ist die Fähigkeit, etwasaufzuschreiben, das Geschehene zusammenzutragen, es zu »speichern«. Daher verschwindet, wenn sie sterben, das, an was sie sich erinnern könnten … Manchmal lässt das Gedächtnis auch die Menschen, die es schon haben, »im Stich«. Sie können aber die Ereignisse aufschreiben und sie dann immer wieder heranziehen, so oft sie wollen. So machen sie das, was man »Geschichte« nennt.

Unsere Freunde hatten das Gefühl, dass viel, sehr viel Zeit vergangen war und natürlich waren die, die wir kannten, gestorben: Termópilo, Óctupus, Bubo, usw. usf.: sie und ihre Nachkommen und die Nachkommen ihrer Nachkommen … Das war nur natürlich, es ist das Gesetz des Lebens. Biologische Lebewesen, lebende Wesen, sterben nach einiger Zeit. Sogar einige, die hier nicht enthalten waren, wie die wunderschöne Dahlie Acocó – eine Pflanze –, vergehen irgendwann einmal.

Aber zurück in die Vergangenheit. Von unseren Freunden war also niemand mehr da, der auf die vergangene Zeit verweisen konnte. Aber nein …, das stimmt nicht ganz … Denn es müssen zwei unserer neuen Freunde von damals erwähnt werden, die nicht vergangen, nicht gestorben sind. Es handelt sich um Piñeiro und Tanea, die Kiefer und den Kastanienbaum, die als Samen und als Frucht gekommen und dann gewachsen und gewachsen waren, bis sie im Laufe der Zeit an der Stelle erwachsen wurden, an der jene Freunde, die sie als junge Pflanzen kennengelernt hatten, ihre Ratsversammlungen abhielten. Man könnte sagen, dass diesen Bäumen schon seit Jahren, vielleicht sogar schon seit hunderten von Jahren, nur noch vage Erinnerungen geblieben waren … begleitet von der traurigen Einsamkeit …

Aber … ihre Erinnerungen waren gar nicht so vage, und auch die Einsamkeit war gar nicht so traurig.

Denn das stimmte nämlich nicht ganz. Nicht alles war Traurigkeit und nicht alles war Einsamkeit. Jene Taiga, jene …, in die sie eines Tages gekommen waren, um vor dem Klimawandel zu fliehen, hatten sie dank ihrer Bemühungen und ihrer Arbeit in einen wunderschönen Ort verwandelt, der vollständig von landwirtschaftlichen Nutzflächen und Wäldern aller Arten bedeckt war. Und noch weniger wahr war das mit der Einsamkeit, denn hunderte Tiere aller Arten waren überall verbreitet.

Um genau zu sein, waren die Äste unserer geliebten Bäume Piñeiro und Tanea schon seit einiger Zeit der Lieblingsort von einer Art der Brazzameerkatzen und einer großen Vogelart mit einem gebogenen Schnabel, die als Aras bekannt sind. Und so sagten sie zueinander: »Weißt du, Tanea, ich denke mit Wehmut an die Freunde des Rates …, an Bubo, Óctupus und so viele andere …«

»Du bist zu rührselig! Du solltest nicht in diesen Erinnerungen schwelgen, Piñeiro. Es sind nicht nur unheimlich viele Jahre vergangen, wie das die Ringe bestätigen, die in deinem Stamm wachsen, sondern uns begleiten auch andereganz, ganz neue Freunde. In meinem Fall sind das die Brazzameerkatzen, sehr unruhige Tiere, und was die Aras betrifft … sehr lärmende Tiere. Was ich sagen will ist, wir sind doch gut bedient, oder? Es wäre unfair zu sagen, dass wir ganz allein sind.«

Und der alte Kastanienbaum, Tanea, hatte Recht. Dieses Land, das früher so kalt, verfroren und für die Entwicklung des Lebens kaum attraktiv war, hatte sich in einen Garten verwandelt … in einen Garten, dank der Hilfe von allen. Pflanzen und Tiere hatten durch gemeinsame Bemühungen dieses erfolgreiche Ereignis ermöglicht …

Braza

In der Spitze von Tanea hatten sich die Brazzameerkatzen angesiedelt. Eine von ihnen, Braza genannt, hatte sich zur Anführerin der Gruppe gemausert und führte sie mit eiserner Hand, gleichzeitig aber auch mit großer Weisheit. In der Spitze von Piñeiro nisteten die Aras. Hier war es Guaca, der alle in Schwung brachte, gleichzeitig aber auch für Ordnung unter den lärmenden Vögeln sorgte – immer wenn er konnte. Sie hatten ihn nämlich gerade wegen seiner außergewöhnlichen Sympathie gewählt.

Untereinander sagten sie sich Folgendes, von Baum zu Baum: »Guaca, du solltest mal unter den Deinen für Ordnung sorgen. Bei dem Radau, den ihr verursacht, scheint es, als wären wir im Dschungel!«

»Braza, misch dich in deine eigenen Angelegenheiten! Wenn du uns beneidest, weil wir so fröhlich sind, dann finde dich damit ab! Und das ist übrigens nichts gegen den Lärm, den wir machen würden, könnten wir auf Palmen sitzen. Aber uns bleibt nichts anderes übrig, als in dieser hässlichen Kiefer zu wohnen. Außerdem seid ihr auch nicht gerade ruhig.«

Piñeiro, die dieses Gespräch hörte, fühlte sich nicht angesprochen. Sie war schon an die »netten Bemerkungen« von Guaca gewöhnt, den sie trotzdem schätzte.

Tanea, der aufmerksam zugehört hatte, hatte auch den negativen Kommentar von Guaca über seinen Kumpel Piñeiro gehört und nahm die Gelegenheit wahr, ihr zu sagen: »Ich weiß, dass du den Vogel ignorierst, und das ist auch gut so, aber ich erinnere dich noch mal daran, was ich vorhin gesagt habe. Wir sind nicht allein, besonders, wenn wir daran denken, dass es hier auch Menschen gibt …«

Daraufhin antwortete Piñeiro: »In all diesen Jahren war das Verhalten der Menschen das, was mich am meisten überrascht hat …«

Tanea wusste sehr wohl, worauf er sich bezog. Auch Braza und Guaca wussten das, ebenso wie der Rest der Tiere und Pflanzen … Denn die Veränderung bei den Menschen war sehr spektakulär gewesen …, so überraschend, dass wir darüber reden müssen, um es zu verstehen.

Der schreckliche Klimawandel hatte nicht nur den großen Umzug der Pflanzen und Tiere hervorgerufen, wie wir bereits durch die Geschichte von Termópilo und Óctupus wissen, sondern verursachte auch den Umzug der Menschen, obwohl diese erst viel später reagiert hatten. Das Ergebnis war schrecklich gewesen, dramatisch, dantesk, denn Millionen Menschen waren gestorben, es gab keinen, der bei diesem Umzug nicht den Vater, die Mutter, einen Bruder oder eine Schwester, ein Kind, einen Verwandten oder eine andere geliebte Person verloren hatte. Und das, ohne die Opfer des Weges zu berücksichtigen. Das Schlimmste für die, die es geschafft hatten, zu überleben …, war die entstandene Entwurzelung, die Tatsache, ihre Heimat, ihren Lebensraum zurückgelassen zu haben, den Ort, an dem sie immer gewohnt hatten, um in der Taiga und Tundra neues Leben zu beginnen, einem Land und einer Umgebung, die ihnen völlig fremd waren.

Das Bedauern und das Unbehagen, die diese Tatsachen in den Menschen hervorriefen, waren so gewaltig, dass es sie dazu brachte, ihre Einstellung zum Leben radikal zu ändern. Das kam in einer einfachen Sache zum Ausdruck: sie verloren ihren Hochmut, den sie immer den Tieren und Pflanzen gegenüber an den Tag gelegt hatten. Sie hielten sich nicht mehr für die Schlausten, die Weisesten, die Könige der Welt. Die Menschen hatten zum ersten MalAngst, und dies führte zu dieser spektakulären Veränderung. Das führte zu einer Veränderung in ihrer Beziehung zur Tier- und Pflanzenwelt.

Sie erlangten ein Bewusstsein für die Umwelt, ein ökologisches Bewusstsein, könnte man sagen. Und sie hörten auf, Chemikalien freizusetzen, die ihrem Lebensraum schaden könnten; alle Kernkraftwerke und ähnliche Einrichtungen, die eine Gefahr für die Lebewesen – wirklich alle, ohne Ausnahme – darstellen könnten, wurden verboten. Jeder Schadstoffausstoß wurde strikt kontrolliert. Man könnte also sagen, dass die Menschen in Bezug auf das, was sie vorher gekannt hatten,beschränkt lebten, mit einem Wort: arm. Oder auch nicht … und vielleicht nicht ganz so arm, denn jetzt hatten sie einen Grad der Ebenbürtigkeit erreicht, der vorher unbekannt und von vielen von ihnen sogar abgelehnt worden war. Das war viel besser für ihre Lebensqualität, für das Wohlergehen aller, für ihre eigene Menschlichkeit. Jetzt waren sie viel menschlicher … Sie hatten die Unsolidarität, mit der sie bis zu diesem Zeitpunkt gelebt hatten, zurückgelassen. Endlich waren alle Menschen wie Brüder …, oder fast.

Besser aber als die Menschen könnten das vielleicht die Tiere und die Pflanzen ausdrücken, die sie immer hatten ertragen müssen. Im Schatten unserer jahrhundertealten Freunde Tanea und Piñeiro konnte man nicht nur Braza und Guaca antreffen, sondern auch andere Freunde, die auf der Suche nach einem Gespräch gekommen waren. Diese Tatsache – die der Suche nach Unterhaltung – war ein himmlisches Gefühl für unsere betagten Bäume, denn es erinnerte sie an alte Zeiten. Kurz, es ließ sie der traurigen Einsamkeit entfliehen.

2 – Die Einstellung zum Leben

Der Anfang der Unterhaltung war nicht sehr schmeichelhaft – eher etwas schaurig – zwischen diesen ganz, ganz neuen Freunden, die daran teilnahmen, nämlich: der Fuchs Vulpi, die Maus Roden, die Heuschrecke Celífero und der Esel Asinus. Begleitet wurden sie von einigen Vögeln, wie dem Adler Áquila, dem Flamingo Fénico und dem Schwan Cinus, von einigen Wasserliebhabern, wie dem Frosch Anfi oder der Schildkröte Quelo, und von jemandem, der immer anwesend war, weil sie an diesem Ort geboren worden war … der Hortensie Idrangea.

Als am meisten Betroffene begannen der Esel Asinus und der Frosch Anfi das Gespräch. Der Erste sagte: »Wenn du wüsstest, wie schlecht mich die »Menhen« (wenn der Esel sprach, gab er eine Art Gewieher von sich, also fiel es ihm schwer, »Menschen« zu sagen) behandelt haben! Früher musste ich den ganzen Tag arbeiten, so viel, dass sie mich nicht mal mehr als ein Tier, als einen »Esel«, sahen, sondern einfach nur noch als ein Lasttier, was ich sehr erniedrigend fand. Jetzt muss ich wenigstens nur einige Stunden arbeiten und kann mich dann ausruhen. Und juhu! So hat sich sogar mein Leben verlängert!«

Das Schicksal von Anfi war noch schwerer gewesen: »Du beschwerst dich über die Arbeit, aber in meinem Fall rühmten die Menschen meine Schenkel, meine Gliedmaßen!, dass sie sehr köstlich seien. Sie mochten sie so sehr, dass sie sie ohne Scham »schlemmten«. Das Ungeheuerlichste dabei – und das sage ich ironisch – ist, dass sie den Rest des Körpers des Frosches – meines Körpers! – verschmähten, als wäre er nicht auch lecker!«

Guaca, der aus einer gewissen Entfernung dem Gespräch lauschte, redete dazwischen, mischte sich ein und fällte mit einer besonderen Philosophie ein Urteil, das alle ziemlich verdutzte: »Schlussendlich … dienen wir alle für alles … und für alle …«

Guaca

Wie um das zu bestätigen, was Guaca gesagt hatte, antwortete ihm daraufhin die Schildkröte Quelo, in diesem folgenden Sinn: »Anfi, dich zerschneiden sie in Stücke … und mich kochen sie! Sie kochen mich bei lebendigem Leibe, um eine Suppe zu machen, die – und das sage ich jetzt nicht meinetwegen – sehr lecker ist. Es gibt keinen menschlichen Gaumen, der dabei nicht in Verzückung gerät … Also mit der Suppe, will ich sagen. Das Schlimme …, das Entsetzliche ist, dass sie uns lebendig! in einen kochenden Topf geben, um diese Delikatesse zu erhalten. Das ist ein schrecklicher Tod!«

»Worüber beschwert ihr euch? Mich verachten sie, ich ekle sie an. Und trotzdem haben die Menschen in Zeiten des Hungers, zum Beispiel im Krieg, keinerlei Bedenken, mein Fleisch anzuknabbern, auch wenn es nicht gerade reichlich ist«, fügte Roden, die Maus, hinzu.

Ohne es zu wollen, hatten der Frosch, die Schildkröte und die Maus eine sehr wichtige Tatsache in der Beziehung mit den Menschen angesprochen: nämlich dass diesen die Tiere im Allgemeinen als Essen dienten!

Keiner von unseren ganz, ganz neuen Freunden konnte bei dieser Beteuerung einen gewissen Schauder vermeiden, der andererseits sehr real war. Der Fuchs Vulpi versuchte, die Aufmerksamkeit mit folgender Bemerkung abzulenken: »Nicht alle von uns haben das Glück, den Menschen als Leckerbissen zu dienen. Mich töten sie ganz einfach nur, damit ich keine Hühner fresse.«

In diesem Fall war der Schauder, der sie ergriff, unendlich heftiger. Der Fuchs war hoffnungslos ins Fettnäpfchen getreten, letzten Endes aber hatte er eine andere, bereits bekannte Tatsache verlauten lassen: dass sich die Tiere untereinander fraßen.

Und Guaca wiederholte noch einmal, mit triftigerem Grund als vorher: »Schlussendlich … dienen wir alle für alles … und für alle …«

Um abzuschwächen, was im Begriff war, sich in eine schaurige Unterhaltung zu verwandeln, mischte sich die Hortensie Idrangea ein: »Nicht alles, was ihr sagt, erfüllt sich immer. Wir, die Pflanzen, dienen der Zierde und schmücken Häuser in den schönsten Blumenvasen, die ihr je gesehen habt. Und die Menschen sind stolz auf unsere Schönheit.«

Sie hatte den Satz noch nicht einmal zu Ende gesprochen, als Guaca die Sache sarkastisch abrundete: »Natürlich haben sie euch dafür vorher an den Stielena b g e s c h n i t t e n…«

Womit Idrangea stark erblasste, was hätte sie auch tun sollen. Würde man sie abschneiden, würde sie sehr schnell sterben … und nur, um die Eitelkeit der Menschen zu befriedigen.

Da schaltete sich auch die Heuschrecke Celífero ein: »In Anbetracht der Dinge, die ihr erzählt, kann ich mich glücklich schätzen. Von den Menschen betrachten mich nur die Asiaten als kulinarische Köstlichkeit. Und was diese Menschen betrifft … muss ich euch gestehen, dass ich sehr zufrieden war, wenn meine Verwandten, die Wanderheuschrecken, als Plage über ihre Felder und Ernten herfielen. Und unter den Tieren … muss ich mich vor einigen Vögeln hüten. Das mache ich, indem ich die Pflanzen nachahme, das heißt, sie können mich dann nicht mehr erkennen.«

Als Nächstes waren die Flamingos an der Reihe und Fénico trug Folgendes vor: »Obwohl mein Fleisch essbar ist, haben die Menschen nie eine besondere Vorliebe dafür gezeigt. Stattdessen mussten meine Geschwister und ich immer aufpassen, weil sie sehr an unseren Federn interessiert waren und uns deshalb jagten. Ja, ja, an unseren Federn, die eine leuchtende rosa Farbe haben, die schon fast ins Rote übergeht. Sie benutzen die Federn als Verzierung für Hüte und andere wertlose Schmuckgegenstände. Das war ja noch in Ordnung, man könnte sogar sagen, dass wir zufrieden waren, dass unsere Schönheit den Menschen diente, sich herauszuputzen. Nicht so gefällig war uns dann aber, wenn wir nur dazu dienten, mit unseren Federn Kopfkissen zu füllen! Das war empörend! Aber von all dem abgesehen hatten wir nur wenige Feinde unter den anderen Tieren und waren für die Menschen sogar eine geschützte Art. Was hätten wir sonst noch haben wollen!«

Cinus platzte fast vor Ungeduld zu reden und hätte beinahe Fénico unterbrochen: »Also ihr müsst wissen, dass wir in bestimmten Ländern Eigentum des Königshauses waren und …«

Es war Guaca, der ihn jetzt nicht weiterreden ließ: »Ja, und neben euren Verbindungen zum Adel wart ihr auch eine Delikatesse bei den Festbanketten, die sie organisierten …«

Cinus, ein wunderschöner großer weißer Schwan, war so von dem überrascht, was der Ara gerade geäußert hatte – was obendrein die Wahrheit war –, dass er ohne ein Wort zu sagen oder ihm zu antworten, losflog, zurück zu dem See, auf dem er lebte. Der arme Vogel war so verärgert, dass er fast mit einem Strommast, der in der Nähe stand, zusammenstieß, sodass unsere ganz, ganz neuen Freunde erschrocken zurückblieben.

Guaca murmelte reumütig: »Ich hätte mir den Kommentar über die Festbankette ersparen sollen.«

Alle warteten gespannt darauf, was der Adler sagen würde und schauten ihn aufmerksam an. Er umklammerte plötzlich mit seinen kräftigen Krallen einen Ast, streckte seine Flügel großer Spannweite aus und öffnete seinen großen, gekrümmten Schnabel, als wolle er die Zuhörerschaft beeindrucken. Dann sprach Áquila mit lauter Stimme: »Wir, die Adler, sind privilegiert.«

Alle waren bei diesen Worten wie gelähmt …, überrascht …, erwartungsvoll … Er fuhr hoheitsvoll fort: »Im Laufe der Geschichte waren wir das Symbol! Das Banner römischer Legionen, der Ureinwohner von Mittelamerika, der mitteleuropäischen Reiche, ja sogar von ganzen Nationen … Wir waren nicht nur ein ziviles und militärisches Symbol, sondern auch ein religiöses Sinnbild. So erscheinen wir bei der Bestrafung des Prometheus durch Zeus, repräsentieren den Gott Jupiter, werden mit dem Evangelisten Johannes in Verbindung gebracht. Was könnten wir uns sonst noch wünschen, wonach könnten wir sonst noch streben! Wir sind sogar wirtschaftlich von Nutzen, denn wir sind auf Münzen abgebildet.«