Der Manager aus Nazareth - Christian Jäger - E-Book

Der Manager aus Nazareth E-Book

Christian Jäger

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Beschreibung

Noch ein Jesusbuch? Nein! Eine weitere Manager-Fibel? Auch nicht! Christian Jäger bietet einen Orientierungskompass für alle, die verantwortungsvoll und effektiv führen, leiten und managen wollen. Von der Gruppenleitung, den Kleinunternehmen, den zahlreichen Abteilungs- und Einrichtungsleitungen bis hin zu Vorständen und Konzernmanagement benötigt jeder einen solchen Kompass. Jeder, der sich im beruflichen Kontext die Frage stellt "Läuft das hier richtig, sind wir auf einem guten Weg?", wird hier praxistaugliche Antworten finden. Der ruhende Pol, der vorbildliche Ausgangspunkt für das entsprechende Führungsverhalten ist in diesem Buch Jesus Christus. Nicht seine religiöse Botschaft, sondern seine persönliche Haltung, sein praktiziertes Führungsverständnis und insbesondere sein hochmoderner Umgang mit Mitarbeitenden machen ihn zum Führungsvorbild. "Der Manager aus Nazareth" ist eine handfeste Orientierungshilfe für den Arbeitsalltag, denn verantwortungsvolles und erfolgreiches Führungsverhalten ist erlernbar.

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Seitenzahl: 133

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Christian Jäger

DERMANAGERaus Nazareth

Jesus-Wissenfür Führungskräfte

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Klimaneutrale Produktion.

Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier.

Überarbeitete und ergänzte Neuauflage 2022© 2022 Bonifatius GmbH Druck | Buch | Verlag, PaderbornAlle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden,denn es ist urheberrechtlich geschützt

Umschlaggestaltung: Melanie Schmidt, Bonfatius GmbHUmschlagabbildung: Elnur / AdobeStock, Duangjit Niljinda / shutterstock.com

Satz: Bonifatius GmbH, Paderborn

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

eISBN 978-3-89710-982-7

Weitere Informationen zum Verlag:

www.bonifatius-verlag.de

Inhalt

Vorwort

1. Führung macht den Meister

2. 32° 42' N, 35° 18' O

3. Die Spiegelneuronen

4. Tröstlich oder fatal?

5. Die drei ???

6. Woran glaubst du?

7. Werte verwandeln

8. Der größte Evokator aller Zeiten

9. Vorsicht vor dem Boss

10. Gehet hinaus in alle Welt

11. Das Schaf Elfriede

12. Tempelreinigung

13. Das Robin-Hood-Prinzip

14. Nicht von dieser Welt!

15. Jesus, Buddha und Meister Yoda

16. Rabbuni!

17. Führen im 4/4-Takt

18. Die Sprache Jesu

19. Macht macht an

20. SMART

Vorwort

„Der Manager aus Nazareth“ – wie kann so ein Titel überhaupt zustande kommen?

Geht es um einen guten Marketing-Slogan, der uns dazu animieren soll, ein Buch zu kaufen? Ist es noch ein Versuch, Gläubige und Nicht-Gläubige zu vereinen? Oder ist es doch ein Buch, das auf eine bedachte Weise beim Organisieren von Unternehmensstrukturen helfen sollte?

Nichts davon stimmt!

Als ich das Buch empfohlen bekommen habe, habe ich einfach ‚keine Ahnung‘ gehabt, was mich da erwartet. Ich habe es trotzdem gelesen, da ich eher neugierig war zu wissen, was uns ein Theologe (zugegebenermaßen, mit Erfahrung im Unternehmenscoaching) über das ‚Management‘ (auch zugegebenermaßen, ein vielfältig benutztes Wort heutzutage) zu sagen hatte. Ich habe mir insgeheim gewünscht, Hinweise über die theologischmoralische Seite des Themas Organisationsführung zu bekommen, die ansonsten meiner Meinung nach immer zu kurz (oder gar nicht) vorkommt. Interessant fand ich auch die (kleine) Größe dieses Buchs: ist es möglich, dass man in einem für ein ‚Managementbuch‘ so kurzen Raum alles erklären kann, was es zum Thema gibt? Oder gibt es einfach kaum etwas, was man zu dem Thema erzählen kann …?!

Das Lesen des Buches hat mich vielfältig überrascht. Herr Jäger hat es tatsächlich geschafft, alle Erwartungen zu erfüllen und sogar Themen darüber hinaus sprachlich sehr fokussiert anzusprechen. Sämtliche Aspekte des ‚Managements‘ werden angesprochen, in einer im wahrsten Sinne des Wortes ‚glaubwürdigen‘ Art, sodass man beim Abschluss eines Kapitels gleich mit dem nächsten anfangen möchte. Dass Jesus als ein Führungsvorbild dienen könnte, ohne ‚Macht‘ zu beanspruchen – wer hätte das gedacht!

Ich wünsche dem Buch für diese Neuauflage ‚alles Gute‘, das Management des Themas ist auf jeden Fall schon mal gelungen …!

Bochum, März 2022

Prof. Dr. med. Xenofon Baraliakos

Prof. Dr. Xenofon Baraliakos ist Ärztlicher Direktor des RheumazentrumRuhrgebiet, Herne, das zur Ruhr-Universität Bochum gehört.

1.Führung macht den Meister

„Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ – starke Statussymbole für den erfolgreichen Manager. Kein Haus, kein Wagen, nur ein geliehenes Fischerboot klingen dagegen eher armselig. Und doch war das die Lebenswirklichkeit des aus meiner Sicht erfolgreichsten Managers aller Zeiten.

Was zählt denn wirklich?

Die erfolgreichsten Führungskräfte der Welt sind nach einer wissenschaftlich gut fundierten Studie die so genannten Level-5-Manager. Charakteristisch für einen Level-5-Manager sind: Bescheidenheit, Entschiedenheit, Zurückhaltung, Härte und der Verzicht auf Starallüren.1

Unser historischer Manager aus Nazareth hat dieses Level sogar noch überboten. Mit ihm als Vorbild gelingt auch Ihnen, erfolgreich zu führen.

Das angesprochene Fischerboot hat unser Top-Manager sich geliehen von seinen Mitarbeitern Jakobus und Johannes. Sie bitten eines Tages um eine besondere Belohnung für ihren Einsatz. Die Antwort ihres Chefs ist gleichzeitig die Formel für sein vorbildliches Managen: „Da traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu ihm und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Er antwortete: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen. […] Als die zehn anderen Jünger das hörten, wurden sie sehr ärgerlich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.“ (Mk 10,16-37;41-44)

Krass, oder? Der Mächtigste soll der Diener aller sein. Jakobus, Johannes und die anderen Zehn können es kaum fassen. Ob sie Jesus vollkommen verstanden haben, bleibt offen. Klar ist, dieses Machtverständnis kommt ohne Prestige und Insignien aus. Managen auf diesem Niveau ist kein Herrschen, sondern Gestalten. Jesus, der Manager aus Nazareth, macht uns vor, wie man mit unbezahlbaren Werten in Führung gehen kann.

Knappe wirtschaftliche Rahmenbedingungen, fehlende personelle Ressourcen und persönliche Überforderungen führen oft zum Scheitern. Wenn Sie verantwortlich und erfolgreich führen wollen, ohne sich selbst dabei aufzugeben, finden Sie auf den folgenden Seiten zahlreiche praxiserprobte Anwendungsbeispiele.

Der besondere Blick auf Jesus als Führungsvorbild gewährleistet zudem eine hohe Verstehbarkeit, absolute Seriosität und spannende Einblicke in die Kunst des Führens. Mit Jesus in Führung zu gehen bedeutet für Sie, auf der sicheren Seite zu sein. Nicht nur Christen oder generell religiöse Menschen, sondern alle, die gut und verantwortungsvoll führen möchten, sind mit dem „Jesus-Konzept“ auf dem richtigen Weg. Von Galiläa vor 2000 Jahren bis in die Chefetagen unserer modernen Zeit gibt es eine erstaunliche Direktverbindung. Auf geht‘s.

1https://de.wikipedia.org/wiki/Jim_Collins

2.32° 42' N, 35° 18' O

Der Blick nach Nazareth

Wer war Jesus? Genau weiß ich es nicht! Ich war leider nicht dabei, als er in Galiläa lebte und wirkte. Doch selbst als enger Vertrauter, als sein Zeitzeugenjünger hätte ich vermutlich auch nicht mehr bekennen können als Petrus. Petrus war ein enger Vertrauter von Jesus, so etwas wie der Spielführer, der Kapitän der Jüngermannschaft. Jesus hat ihn und die übrigen Jünger gefragt: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Mt 16,15-16) Jesus galt als der Messias, also der Gesalbte, der Bevollmächtigte Gottes. So das Bekenntnis dieses ganz engen Vertrauten. Noch erstaunlicher klingt das unfreiwillige Bekenntnis eines Kontrahenten Jesu. Die ganze Szene ist echt skurril: „Als er [Jesus] aus dem Boot stieg, lief ihm ein Mann entgegen, der von einem unreinen Geist besessen war. Er kam von den Grabhöhlen, in denen er lebte. Man konnte ihn nicht bändigen, nicht einmal mit Fesseln. Schon oft hatte man ihn an Händen und Füßen gefesselt, aber er hatte die Ketten gesprengt und die Fesseln zerrissen; niemand konnte ihn bezwingen. Bei Tag und Nacht schrie er unaufhörlich in den Grabhöhlen und auf den Bergen und schlug sich mit Steinen. Als er Jesus von weitem sah, lief er zu ihm hin, warf sich vor ihm nieder und schrie laut: Was habe ich mit dir zu tun, Jesus, Sohn des höchsten Gottes?“ (Mk 5, 2-7a) Der Dämon, der unreine Geist wusste offenbar viel mehr als die meisten Menschen. Sein Gottessohnbekenntnis entstammt keiner Verzückung oder gläubigen Überzeugung. Er kennt, erkennt Jesu göttliche Macht, wirft sich vor ihm nieder und bittet – so ist der weitere Verlauf dieser Begegnung – um Verschonung (vgl. Mk 5,7b-20).

Jesus wurde offensichtlich als Mensch und Gott wahrgenommen. Gott und Mensch, zwei Naturen in einer Person. Viele Christen der frühen Kirche, die Jesus nicht mehr live erlebt hatten, taten sich sehr schwer mit dieser Dichotomie. Intellektuelle Dispute, offene Streite und handfeste Kämpfe gingen von diesem Thema aus. Für die Glauben bekennenden Christen sollte dieses Thema seit der verbindlichen Formulierung des Credos, des großen Glaubensbekenntnisses, im 4. Jahrhundert eindeutig geklärt sein. Geklärt scheint es für viele indes bis heute nicht. Gott in der Kombination als Vater, Heiliger Geist und eben auch als Sohn gibt es nur im christlichen Glaubensverständnis und -bekenntnis. Diese Dreifaltigkeit zu verstehen und zu glauben, verlangt viel.

Wir haben es an dieser Stelle leichter. Für uns steht das irdische Wirken Jesu im Fokus. Wer war dieser Mann? Ein Freak, ein Sozialrevoluzzer, ein antemoderner Öko oder doch nur ein wohnungsloser Wanderprediger? Jede Zeit, alle Generationen sind diesem Mann und seinem Wirken im Rahmen ihrer Möglichkeiten begegnet. Je nachdem, mit welcher eigenen Lebensgeschichte man Jesus betrachtet, kann er tatsächlich als sozialer oder ökologischer Kämpfer, bestimmt auch als biblischer Hippie gesehen werden. Sicher ist: Jesus war eine herausragende charismatische Persönlichkeit, von der wir sozusagen nur aus zweiter Hand Näheres wissen.

40 bis 70 Jahre nach Jesu Tod sind vier beinahe biografische Berichte über sein Leben und Wirken entstanden. Die Verfasser waren Christen der „zweiten Stunde“. Sie selbst hatten Jesus nicht mehr live erlebt, kannten aber einen Großteil seiner Jünger und Apostel. Von vier namentlich bekannten Verfassern stammen die Evangelien, die Lebensbeschreibungen Jesu im Neuen Testament.

Die vier Evangelisten waren keine Reporter, sondern Sammler. Sammler von Augenzeugenberichten und schon existierenden niedergeschriebenen Worten Jesu.

Wie Jesus ausgesehen hat, welche Haarfarbe, Kleidergröße und besonderen körperlichen Merkmale er hatte, bleibt unbekannt. Da im Judentum, dem geschichtlichen Umfeld Jesu2, ein absolutes Bilderverbot herrschte, existiert leider auch kein Portrait oder Familienbild von Jesus.

Weitestgehend geklärt ist: Jesus hat etwa zwischen 4 vor und 30 nach dem Jahre Null in Israel gelebt, dort gepredigt, Kranke geheilt, wundersame Dinge gewirkt und Anhänger, die so genannten Jüngerinnen3 und Jünger, in seinen Bann gezogen.

Ich sehe Jesus als großes Vorbild an. Von seiner Art mit Menschen umzugehen, deutlich Position für das Gute zu beziehen, können wir enorm viel lernen. Ein Aspekt zu Jesus und seinem Verhalten, so wie es in den vier Evangelien beschrieben wird, ist allerdings aus meiner Sicht bislang viel zu wenig beleuchtet worden. Jesus war eine Führungsperson. Jesus hatte einen ganz eigenwilligen und aus heutiger Sicht betrachtet unglaublich modernen Führungsstil. Er war nicht nur eine charismatische Persönlichkeit, sondern er hat sehr situationsgemäß und erstaunlich personenzentriert geführt. Daher lohnt sich ein intensiver Blick auf Jesu Umgang mit seinen Mitarbeitern, den Jüngern. Jesus hatte die Fähigkeit, Menschen in seinem Umfeld zu bewegen, ja zu begeistern. Angesichts meiner langjährigen und intensiven Arbeit mit Führungskräften unterschiedlicher Berufe und Systeme bin ich davon überzeugt: Jede moderne Führungsperson kann sehr viel Nützliches und Alltagsrelevantes von Jesus, der Führungsperson des Neuen Testaments, lernen. Ausdrücklich erhebt dieses Buch nicht den Anspruch, alle biblischen Belegstellen ausführlich anzuführen. Auch wird die historisch-kritische Exegese, die mir als Theologen selbstverständlich vertraut ist, nicht in allen Belangen ausgeschöpft.

Für mich gilt: Jesus war ein echter Mensch, ist der wahre Sohn Gottes und kann auch für Sie zum Vorbild für erfolgreiches Führungsverhalten werden. 2000 Jahre Management-Erfahrung sind hochmodern, lesen Sie selbst …

2Bis in die heutige Zeit gilt das für das orthodoxe Judentum.

3Es ist an dieser Stelle von entscheidender Bedeutung, dass es eben auch weibliche Anhänger/ Mitarbeiterinnen Jesu gab. Ansonsten wäre sein Unternehmen niemals so erfolgreich geworden. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für die gesamte Gender-Diversity.

3.Die Spiegelneuronen

Unser Führungserbe

Wer hat Sie geprägt? Wessen und welche Führungseigenschaften sind Ihnen in Fleisch und Blut übergegangen? Manche davon haben wir willentlich, bewusst verinnerlicht. Andere sind fast unbemerkt in unserem Gedächtnis abgespeichert worden. Die sogenannten Spiegelneuronen haben hier ganze Arbeit geleistet. Giacomo Rizzolatti hat 1992 erstmals diese Zellen nachgewiesen und benannt. Es handelt sich um bestimmte Nervenzellen, die für unser Imitationslernen von großer Bedeutung zu sein scheinen.4

Die Art, wie wir sprechen, unser intuitiver Umgang mit Konflikten und Stress, unser Autofahrstil, ganz viele tagtägliche Verhaltensweisen und Begegnungen sind spiegelneuronal gesteuert. Lassen Sie uns beispielhaft Ihre Konfliktbewältigungsstrategien betrachten. Wie war es bei Ihnen zuhause als Sie klein waren? Wie sind Ihre Eltern, Oma und Opa oder Ihre älteren Geschwister mit Streit und Krisen umgegangen? Wurde es laut, gab es geknallte Türen, emotionale Ausbrüche, vielleicht sogar körperliche Gewalt? Oder haben Ihre Prägungspersonen diskutiert, versöhnlich miteinander geredet, eventuell nur geschwiegen? Auch das Davonlaufen, regelrechtes Wegrennen vor Konflikten ist häufiger zu beobachten. Ihre Spiegelneuronen haben die dort erlebten Verhaltensmuster für Sie verfügbar, in Konfliktfällen abrufbar gespeichert. Daher ist es völlig normal, dass Sie – wenigstens in Ihren ersten eigenen Konfliktsituationen – unbewusst, automatisch auf die abgespeicherten Erfahrungserkenntnisse zurückgegriffen haben. Sie haben in großen Teilen das erlebte Verhalten Ihrer ‚Vorbilder‘ imitiert. Bei manchen Menschen hört diese unreflektierte Dauerimitation gar nicht auf.

Ein mir bekanntes Ehepaar mit zwei schulpflichtigen Kindern versucht gerade eine heftige Ehekrise zu bewältigen. Beide Partner haben sich trotz beidseitig empfundener Liebe voneinander entfernt. Auch eine andere Frau war im Spiel. Wutausbruch, Rauswurf aus dem gemeinsamen Haus seitens der Ehefrau waren die Folge. Bei dem Versuch sich wieder anzunähern, die Familie zu erhalten, kam auch eine professionelle Eheberatung ins Spiel. Die Beraterin machte beiden Ehepartnern Folgendes klar: Sie haben in Konfliktsituationen kein einziges Mal ein gemeinsames Bewältigungsrezept gefunden. Er war es von zuhause gewohnt, Konflikte redend, sich aussprechend zu lösen. In ihrem Elternhaus gab es nur Schreierei und väterlich rigoroses Bestimmen. Viele Konflikte wurden nie gelöst, nur verdrängt.

Einsicht ist der erste Weg zur Besserung, sagt ein altweises Wort. Stimmt. Nur wie soll ich mein Fehlverhalten einsehen, wenn es von meiner Wahrnehmungs- und Deutungsposition aus als normal wahrgenommen wird? Beim Spaghetti-Essen tropft halt regelmäßig Bolognesesauce auf das weiße Hemd. Wenn man sauer ist, unter Druck steht, muss der Ärger halt rausgeschrien werden. Unsere Spiegelneuronen sind nur Speichermedien und keine moralischen Bewertungsinstanzen.

Dem Ehepaar hat die Reflektion durch die Eheberaterin neue Sichtweisen und Wege eröffnet. Konfliktmanagement und ein positiver resilienter Umgang mit Stress lassen sich erlernen. Auch ist es nachweislich möglich – und wie ich finde auch waschtechnisch viel praktischer – Spaghetti kleckerfrei zu genießen. Führungskräfte sollten beides können. In Seminaren, Team- und Einzelcoachings vermittle ich zum Erstgenannten probate Methoden. (Im Spaghettifall hilft bestimmt Herr Knigge weiter.) Es ist sehr spannend, gemeinsam mit Teilnehmenden und Klienten das eigene bisherige Konfliktverhalten zu beleuchten. Auf den Spuren der Spiegelneuronen geht es auf eine Zeitreise in die jeweils eigene Vergangenheit. Wie wurde im Kindergarten, in der Schule und vor allem im Elternhaus mit Konflikten umgegangen? Wie reagieren Sie heute auf Stress, Meinungsverschiedenheiten und Disharmonien? Der Abgleich der erinnerten Situationen aus der Prägungszeit mit dem aktuellen automatisierten Konfliktverhalten führt meist zu vielen Ahs und Ohs.

„Stimmt, ich reagiere wie mein Vater.“ „Das habe ich von meiner Oma geerbt.“ „Mein erster Chef war sehr gerecht und wurde mein großes Vorbild.“ Dies sind O-Ton-Ergebnisse einiger spiegelneuronaler Zeitreisen.

Gekoppelt mit dem Erkenntnisgewinn aus der biografischen Rückbetrachtung, gilt es, alternative Bewältigungsformen für kritische Situationen adressatengerecht zu vermitteln. Wenn uns Optionen zur Verfügung stehen, sind die gespeicherten Muster nicht mehr der alleinige Handlungsmotor. Dem weitverbreiteten Impuls loszuschreien oder wegzurennen steht ein neuerworbener Mediationsansatz entgegen. Der Vermittlungsansatz, erst den Anderen zu verstehen und dann verstanden werden zu wollen, stellt für viele einen Quantensprung dar. Führungskräfte mit Konfliktmanagementausbildung sind im Handling schwieriger Mitarbeiter und Situationen klar im Vorteil. Sie handeln bewusst reflektiert und somit nicht nur zufällig adäquat.

Wenn es im Umgang mit Konflikten und Stress und bei den Tischmanieren funktionieren kann, wieso dann nicht auch beim Führungsverhalten?

Also nochmal: Wer hat Sie geprägt? Wessen und welche Führungseigenschaften sind Ihnen in Fleisch und Blut übergegangen? Hatten Sie einen Lieblingslehrer in der Schule, der für Sie positiv-prägende Akzente gesetzt hat? Wenn die Teilnehmenden in meinen Managerseminaren ihre Vorbildlehrer beschreiben, stechen spannenderweise immer drei Eigenschaften heraus. Er war durchsetzungsfähig, manchmal autoritär, gerecht und an jedem einzelnen Schüler interessiert. Die Softielehrer, Rumschreipädagogen und die unengagierten Dienst-nach-Vorschrift-Pauker haben in diesem Ranking ausnahmslos keine Chance.

Wie ging es nach der Schulzeit prägungstechnisch weiter? Überlegen Sie bitte einmal, welche Unarten Ihr Ausbilder, Ihr Praxisanleiter, Ihre erste Abteilungsleitung hatte, und schauen Sie dann in den Führungsspiegel. Hat dieses Verhalten möglicherweise auf Sie abgefärbt? Dann sollten Sie bewusst einige kosmetische Korrekturen vornehmen.