Der Mann mit der eisernen Maske - Volker Ullmann - E-Book

Der Mann mit der eisernen Maske E-Book

Volker Ullmann

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Beschreibung

König Louis XIV. feiert Feste und führt Krieg, während das französische Volk unter hohen Steuern zu leiden hat. Colbert, Unterintendant der Finanzen, nutzt dabei jede Gelegenheit, um gegen seinen Vorgesetzten Fouquet zu intrigieren. Louis zeigt sich nicht nur für die Verlockungen der Macht, sondern auch für die weiblichen Reize sehr empfänglich. Sein neuester Flirt heißt Louise La Vallière. Die Hofdame ist verlobt mit Raoul, dem Sohn von Athos. Jedoch kann den König weder dieser Umstand noch die Intervention der Königin-Mutter davon abhalten, Louise den Hof zu machen. Der ehemalige Musketier Aramis schmiedet mit Gleichgesinnten einen Plan zur Beseitigung des Königs. In der Bastille schmort seit kurzem ein unbekannter Mann mit einer eisernen Maske. Es ist Philippe, Louis' Zwillingsbruder, den Aramis mit seinen Freunden Athos und Porthos wagemutig aus der Bastille befreit, um ihn heimlich an die Stelle des Königs zu setzen. Allerdings hat Aramis nicht mit der Königstreue seines engsten Freundes d'Artagnan gerechnet, der Hauptmann der Musketiere ist. Gleichzeitig plant auch Alfonso de Garacia, der ehemalige Geliebte der Prinzessin von Spanien und jetzigen Königin von Frankreich, Louis zu ermorden. Nach einem ersten Fehlschlag versucht es der Attentäter ein weiteres Mal, als Philippe bereits an Louis' Stelle getreten ist. D'Artagnan befürchtet Schlimmes und kann die Freunde nach turbulenter Flucht festnehmen. Gegen seinen König stellt er sich erst, als dieser entgegen seinem Versprechen Aramis, Athos, Porthos und Fouquet hinrichten lassen will.

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Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, Verfilmung und Übertragung durch Rundfunk und TV etc., vorbehalten.

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LITAG THEATERVERLAG MÜNCHEN

Maximilianstr. 21 80539 München Tel. 089 2880 3440 Fax. 089 2880 3445

Besetzung

(teilweise Doppelbesetzung möglich)

ARAMIS

Bischof von Vannes und Musketier a. D.

ATHOS

Musketier a. D.

PORTHOS

Musketier a. D.

D’ARTAGNAN

Hauptmann der Musketiere

LOUIS XIV.

König von Frankreich /

PHILIPPE

Mann mit der eisernen Maske

MARIA THERESIA

Prinzessin von Spanien und Gemahlin Louis‘ XIV.

ANNA VON ÖSTERREICH

Königin-Mutter

RAOUL DE BRAGELONNE

Offizier des Königs und Athos‘ Sohn

LOUISE LA VALLIÈRE

Hofdame und Verlobte Raouls

FOUQUET

Oberintendant der Finanzen

COLBERT

Unterintendant der Finanzen

ALFONSO DE GARACIA

Geliebter Maria Theresias

GRAF MALICORNE

persönlicher Berater des Königs

BAISEMEAUX

Gouverneur der Bastille

SOPHIE

Hofdame und Louises Freundin

Erster Akt

1. Szene Vor einem Landhaus

Graf Malicorne und zwei Musketiere nähern sich entweder zu Fuß oder auf Pferden. (Falls sie beritten sind, führen sie noch ein Pferd am Zügel mit sich.) Sie schauen sich immer wieder vorsichtig um. Vor dem Landhaus steigen sie ab und klopfen an die Tür. Ein älterer Mann, Jacques, öffnet ihnen.

MALICORNE

Du bist der Bauer Jacques Ronces?

JACQUES

nickt und verneigt sich umständlich.

MALICORNE

Seine Majestät, der König, hat deine Nachricht erhalten. Gnade dir Gott, wenn du nicht die Wahrheit gesagt hast.

JACQUES

Ich würde niemals meinen König belügen! Louis ist die Sonne Frankreichs. Hell erleuchtet sie den ganzen Weltkreis.

MALICORNE

Red’ nicht! Wo steckt er? Im Haus?

JACQUES

Haben Sie das Geld?

MALICORNE

reicht ihm einen Geldbeutel

JACQUES

greift gierig danach

Goldmünzen?

MALICORNE

Goldmünzen, wie abgemacht. Jetzt führe uns endlich zu dem Burschen.

MANN

öffnet den Beutel, um das Geld nachzuzählen

Geduld, Ihr Herren, nur Geduld!

ERSTER MUSKETIER

Werde nicht frech, Kerl! Sonst bekommst du unseren Degen zu spüren.

Man hört die Stimme der Ehefrau aus dem Landhaus.

FRAU

(im Off )

Jacques! Mit wem sprichst du da?

JACQUES

Reg’ dich nicht auf, Frau. Alles ist gut, alles gut. Wir werden es ab jetzt besser haben, viel besser. Goldene Zeiten brechen für uns an! Goldene Zeiten, hörst du, Frau?

FRAU

erscheint an der Tür

Die Heilige Dreifaltigkeit stehe uns bei! Das sind ja Musketiere.

JACQUES

Soldaten unseres erlauchten Königs, ja.

FRAU

sieht das Geld in seiner Hand

Jesus, hilf! Woher hast du so viel Geld?

Sie schaut entsetzt auf die Musketiere, dann wieder auf ihren Mann.

Der Herrgott verzeihe dir! Du musst etwas Unrechtes getan haben!

MALICORNE

schiebt die Frau beiseite

Genug jetzt! Wo steckt der Bursche?

FRAU

Oh nein! Heilige Dreifaltigkeit!

Malicorne und die Musketiere dringen ins Haus ein. Die Frau folgt ihnen, während ihr Mann draußen weiter das Geld zählt. Von drinnen hört man, wie sich ein junger Mann (Philippe) wehrt. Stühle und ein Tisch fallen um.

PHILIPPE

(im Off)

Was wollen Sie von mir? Ich habe nichts verbrochen. Das muss ein Irrtum sein.

FRAU

(im Off)

Mein Junge ist unschuldig. Er ist gar nicht fähig, Böses zu tun! Lassen Sie ihn doch los, um Himmels willen! Nehmen Sie ihn uns nicht weg!

MALICORNE

(im Off)

Wir tun bloß unsere Pflicht. Und Euer Schaden ist es nicht. Dein Mann wurde reichlich dafür belohnt.

Die Musketiere zerren Philippe gefesselt heraus. Ein Sack wurde ihm über den Kopf gestülpt. Die Frau klammert sich an den Gefangenen. Die Musketiere haben alle Hände voll zu tun, sie abzuhalten. Philippe entkommt dadurch zwar für kurze Momente dem Griff seiner Häscher, kann sich aber unter dem Sack nur schwer orientieren.

FRAU

Was hast du getan, Jacques?

JACQUES

Ich hab’ uns reich gemacht!

FRAU

Komm zu dir! Du hast dich gegen die Heilige Dreifaltigkeit versündigt! Das ist Judaslohn, in deiner Hand da! Judas! Judas!

Die Frau klammert sich wieder an Philippe, den die Musketiere jetzt fest zwischen sich genommen haben. (Falls Pferde vorhanden sind, bemühen sie sich, ihn auf das mitgebrachte Reittier zu setzen.)

PHILIPPE

Beruhige dich, Mutter! Alles wird sich aufklären.

FRAU

lässt ihn nicht los

Nehmt mir meinen Jungen nicht weg! Heerscharen des Himmels, eilt uns zu Hilfe!

MALICORNE

Weg, Frau!

Die Frau beißt ihn so kräftig in den Arm, dass er vor Schmerz schreit. Der zweite Musketier zieht seinen Degen und sticht sie nieder. Jacques schreit vor Entsetzen auf, wirft das Geld fort und stürzt zu seiner am Boden liegenden Frau.

JACQUES

Nein!

MALICORNE

zum zweiten Musketier

Mein Gott, war das nötig?

PHILIPPE

Mutter, was haben sie dir getan? Sag doch was!

Jacques greift nach einer Mistgabel und attackiert die Musketiere, während Malicorne auf Philippe aufpasst.

JACQUES

Ihr verdammten Schweine! Ihr miesen Schufte!

Die Musketiere wehren sich mit ihren Degen und stechen Jacques gleichfalls nieder.

PHILIPPE

Vater? Vater? Was ist passiert? Hörst du mich?

MALICORNE

Halt endlich dein Maul, sonst stopfen wir es dir auch!

ZWEITER MUSKETIER

zeigt auf Jacques und die Frau

Es ist sicher besser so, wie es jetzt gekommen ist. Die beiden hätten ihren Mund sowieso nicht gehalten.

Er sammelt das Geld auf.

MALICORNE

Lass es liegen. Es ist Blutgeld.

ZWEITER MUSKETIER

Um keinen Preis.

Er sammelt noch die letzten Münzen auf.

MALICORNE

Komm jetzt!

ERSTER MUSKETIER

Und die beiden da?

MALICORNE

Irgendwann wird sie schon jemand finden und begraben. Los jetzt, wir haben uns schon zu lange hier aufgehalten.

Malicorne und die Musketiere gehen (reiten) mit ihrem Gefangenen ab. Jacques rappelt sich mühsam auf und schleift seine regungslose Frau ins Haus.

2. Szene Louvre - Terrasse - Park

Die Hofgesellschaft spielt Blindekuh. Eine Hofdame, Louise La Vallière, wird von allen anderen mit verbundenen Augen fröhlich lärmend gejagt. Auch König Louis XIV. ist unter ihnen. Alle lugen unter ihren Binden immer wieder durch, um nach ihm Ausschau zu halten. Wer Louise beinahe schon gefangen hätte, wendet sich sofort in eine andere Richtung, um dem König nicht in die Quere zu kommen. Doch auch Louis schummelt, achtet aber nur auf Louise. Er stellt sie, nimmt sie in die Arme, löst die Augenbinde und küsst sie leidenschaftlich.

LOUISE

Aber Sire! Ich bin verlobt.

LOUIS

Und ich bin dein König, Louise La Vallière, und habe jedes Recht, die bezauberndste meiner Hofdamen zu küssen.

LOUISE

Sie sind der König, gewiss, aber ...

LOUIS

Kein Aber! Das Schicksal hat uns füreinander bestimmt. Glaubst du denn, es ist Zufall, dass ich Louis heiße und du Louise?

Eine Truppe fahrender Schauspieler springt unter großem Hallo mitten unter die Hofgesellschaft und erwartet den König auf der Terrasse.

HOFMARSCHALL

Sire, Ihr Auftritt!

LOUIS

zu Louise

Die Meute will mich wie immer tanzen sehen. Aber heute mag ich nicht.

LOUISE

Sire, Sie können doch Ihre Untertanen nicht enttäuschen!

LOUIS

Dieses elende Kroppzeug? Diese Speichellecker?

LOUISE

Sire, so dürfen Sie nicht sprechen!

LOUIS

Ich darf nicht? Ich könnte sogar mit ihren Köpfen kegeln, wenn ich wollte.

LOUISE

Sire!

LOUIS

Nein, nein, sorge dich nicht, Louise! Heute werde ich nicht kegeln, sondern für diese Banausen tanzen. Aber nur unter einer Bedingung! Du versprichst mir einen Kuss. Das ist mein schönster Lohn – fürs erste.

Louis will sie wieder küssen, doch sie kann sich ihm entziehen. Raoul de Bragelonne, Louises Verlobter, kommt dazu und will einschreiten, zögert aber, als von einer anderen Seite die Königin-Mutter Anna von Österreich mit Maria Theresia auftritt und den König anspricht. Louise knickst.

KÖNIGIN-MUTTER

Ein König sollte sich zu jeder Stunde seiner Pflichten bewusst bleiben.

LOUIS

Der König, verehrte Mutter, bestimmt selbst, was seine Pflicht ist.

KÖNIGIN-MUTTER

Die Pflicht, mein Sohn, kennt keinen Spaß.

LOUIS

zu seiner Gattin

Und Sie, Madame? Haben Sie als meine Gattin auch etwas an Ihrem König auszusetzen?

MARIA THERESIA

Sire, Sie sind eine öffentliche Person. Aber ich wünschte, Sie könnten Ihrer Belustigung weniger öffentlich frönen.

LOUIS

Es liegt mir fern, Madame, Sie zu kränken. Nur müssen Sie bedenken, dass ich Sie heiratete, weil Sie die Prinzessin von Spanien sind. Zur Königin-Mutter. Wie es meine Pflicht gewesen ist. Sie wollen mich nun sicher entschuldigen. Die Welt verlangt nach meiner Kunst.

Der König setzt sich lachend eine goldene Maske auf, die er vom Hofmarschall erhält, und geht zu den Schauspielern auf die Terrasse. Musiker beginnen zu spielen. Der König stellt Orpheus als Tänzer dar. Beim Anblick seiner eleganten Bewegungen werden sogar die wilden Tiere zahm (wie alle anderen Figuren von den Schauspielern dargestellt). Nur die Schlange ist eifersüchtig auf Orpheus und gibt vor, sich noch eleganter als er zu bewegen. Doch die Tiere applaudieren nur Orpheus. Aus Rache beißt die Schlange Orpheus’ Gattin Eurydike, die daraufhin stirbt. Orpheus zertritt die Schlange und weist den Gott Hades mit majestätischen Gebärden zurecht, um dann Eurydike aus der Unterwelt zurückzuholen. (Anm.: Wenn eine andere Geschichte choreografisch erzählt wird, sollte der Tanz vor allem die Eitelkeit des Königs veranschaulichen.) Nach dem Spiel verlogener Applaus der Höflinge. Der König verneigt sich gönnerhaft und schaut nach Louise, die neben Raoul und Athos steht. Er geht auf Louise zu.

LOUISE

Sire, darf ich Ihnen meinen Verlobten vorstellen: Raoul de Bragelonne, einen verdienten Offizier Ihrer Armee.

RAOUL

verbissen

Es ist mir eine Ehre.

LOUIS

Offenbar hat sich dieser junge Mann auch um dein Herz verdient gemacht, Louise.

Zu Athos

Ich kenne Sie!

ATHOS

Ich hatte die Ehre, als Musketier Ihrem Vater zu dienen.

LOUIS

Natürlich, Sie sind Athos. Einer der berühmten vier Musketiere. „Einer für alle und alle für einen!“ War es nicht so?

ATHOS

So wird es immer bleiben, Sire.

LOUIS

Das hat schon mancher gedacht. Nichts bleibt, wie es ist. Jetzt rebellieren plötzlich die Bürger, weil ich ihnen angeblich zu hohe Steuern abverlange. Wie undankbar sie doch alle sind. Nicht wahr, Louise,du würdest deinen König lieber küssen als tadeln?

RAOUL

aufbrausend

Sire, ich ...

ATHOS

packt Raouls Arm

Sire, mein Sohn Raoul hofft Louise La Vallière zum Traualtar zu führen. Als sein Vater und Ihr ergebener Untertan bitte ich Sie um Ihren königlichen Segen für das Paar.

LOUIS

Eine Heirat? Dafür bin ich heute wirklich nicht in Stimmung. Sprecht ein anderes Mal in dieser Angelegenheit vor!

Fouquet geht mit Aramis auf den König zu.

FOUQUET

Seit Kardinal Mazarin nicht mehr lebt, reißt Louis alles an sich.

ARAMIS

Ja, er ist ein Machtmensch wie Mazarin, der die Staatsgeschäfte fest in seiner Hand behielt.

FOUQUET

Wären Sie jetzt Kardinal, dann könnten Sie vielleicht an Mazarins Stelle treten.

ARAMIS

lachend