Der nationalsozialistische `Weltflughafen´ Berlin-Tempelhof - seine Entstehung und seine Bedeutung - Andre Hoffmann - E-Book

Der nationalsozialistische `Weltflughafen´ Berlin-Tempelhof - seine Entstehung und seine Bedeutung E-Book

André Hoffmann

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Beschreibung

Magisterarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Geschichte Europas - Neueste Geschichte, Europäische Einigung, Note: 1, Philipps-Universität Marburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Noch heute rangiert der 1936 unter der Leitung von Ernst Sagebiel begonnene Gebäudekomplex des Flughafens Berlin-Tempelhof mit über 300.000 m² Bruttogeschossfläche unter den größten Bürobauten der Welt. Damit erfüllt er bis in unsere Tage die von den Nationalsozialisten bei der Konzeption geforderte Eigenschaft der Monumentalität und präsentiert sich als das von Hitler erwünschte „Wort aus Stein“. Der Flughafen Tempelhof befindet sich wiederholt innerhalb der Diskussion um einen möglichen Modernisierungsprozess in Deutschland unter dem Naziregime. Von besonderer Bedeutung präsentiert sich der Flughafenkomplex in Berlin-Tempelhof vor allem deshalb, weil er ,abgesehen von den Bauten der Olympischen Spiele 1936 in Berlin und den Überresten der Reichsparteitagsbauten in Nürnberg, als einziges architektonisches Zeugnis zur Kompensation des nationalsozialistischen Bedarfs nach Weltgeltung realisiert wurde. Dabei gilt es zu klären, in wie weit die Planungen für den Neubau des Tempelhofer Flughafens von den Machtansprüchen und dem Größenwahn der Nazis beeinflusst worden sind. Im Zusammenhang damit stellt sich ferner die Frage, ob die revolutionären Ideen innerhalb des Neubaukonzepts auf dem technischen Interesse beispielsweise Adolf Hitlers fußten oder lediglich dem nationalsozialistischen Willen nach Selbstdarstellung durch gigantische Architektur entsprangen? Gehörte damit der `Weltflughafen´ Tempelhof auf Grund seiner Megalomanie und zentralen Lage zu Albert Speers Neugestaltungsprogramm der Reichshauptstadt Berlin? Welche Bedeutung hatte der Flughafen für die Luftfahrt und gleichzeitig für den repräsentativen Anspruch der Nazis? Um die Durchsetzung des Tempelhofer Feldes gegenüber den anderen Berliner Flugplätzen sowie seine spätere Entwicklung zum `Weltflughafen´ des Dritten Reiches und seine markante Rolle in den Dreißiger Jahren beleuchten zu können, muss zudem ein Blick auf die Entstehungsgeschichte dieses Flughafens geworfen werden. Dabei rückt besonders die zentrale Lage inmitten Berlins in den Vordergrund, denn mit dieser Eigenschaft hebt sich der Flughafen Tempelhof von anderen Großstadtflughäfen der Welt ab. Auch diese Tatsache muss berücksichtigt werden, wenn die Frage nach der Entstehung und Bedeutung des nationalsozialistischen `Weltflughafens´ Berlin-Tempelhof definiert werden soll.

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Inhaltsverzeichnis
1) Einführung
2) Die frühen Berliner Flughäfen neben Tempelhof
2.1) Die Fliegerschule auf dem Truppenübungsplatz Döberitz
2.2) Die Jungfernheide als Vorläufer des heutigen Flughafens Berlin-Tegel
2.3) Der Militärflugplatz Gatow in Spandau
2.4) Der Sportflugplatz in Rangsdorf - Ein Ersatz für Tempelhof?
2.5) Die Luftschiffhäfen in Potsdam und in Staaken
2.6) Der Flugplatz Johannisthal als Wiege des deutschen Motorfluges
3.2) Erster Ausbau des Zentralflughafens Berlin in Tempelhof
3.4) Das erste Hauptgebäude auf dem Tempelhofer Flughafen
4) Die NSDAP und erste Planungen für den neuen Flughafen Tempelhof
6) Der Flughafen Tempelhof als Teil der beabsichtigten Neugestaltung Berlins
8) Der II. Weltkrieg, die Luftbrücke und der Flughafen Tempelhof
9) Schlussbetrachtung
10) Bibliographie

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1) Einführung

Noch heute rangiert der 1936 unter der Leitung von Ernst Sagebiel begonnene Gebäudekomplex des Flughafens Berlin-Tempelhof mit über 300.000 m² Bruttogeschossfläche unter den fünf größten Bürobauten der Welt1. Damit erfüllt er bis in unsere Tage die von den Nationalsozialisten bei der Konzeption geforderte Eigenschaft der Monumentalität und präsentiert sich als das von Hitler erwünschte „Wort aus Stein“2. Auf Grund der Diskussionen um eine mögliche Stilllegung des Tempelhofer Flughafens nach der deutschen Wiedervereinigung, sind in den letzten Jahren zahlreiche Publikationen zur Geschichte des einstigen `Luftkreuzes Europas´ erschienen. Zu den Jüngsten zählen „Vom Fliegerfeld zum Wiesenmeer“ von Philipp Meuser, „Flughafen Tempelhof: Geschichte einer Legende“ von Laurenz Demps und Carl-Ludwig Paeschke sowie „Flughafen Tempelhof“ von Frank Schmitz3. Zudem befindet sich der Flughafen Tempelhof wiederholt innerhalb der Diskussion um einen möglichen Modernisierungsprozess in Deutschland unter dem Naziregime. Auf den aktuellen Forschungsstand bezüglich dieser Fragestellung wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit eingegangen werden.

Von besonderer Bedeutung präsentiert sich der Flughafenkomplex in Berlin-Tempelhof vor allem deshalb, weil er ,abgesehen von den Bauten der Olympischen Spiele 1936 in Berlin und den Überresten der Reichsparteitagsbauten in Nürnberg, als einziges architektonisches Zeugnis zur Kompensation des nationalsozialistischen Bedarfs nach Weltgeltung realisiert wurde. Dabei gilt es zu klären, in wie weit die Planungen für den Neubau des Tempelhofer Flughafens von den Machtansprüchen und dem Größenwahn der Nazis beeinflusst worden sind. Im Zusammenhang damit stellt sich ferner die Frage, ob die revolutionären Ideen innerhalb des Neubaukonzepts auf dem technischen Interesse beispielsweise Adolf Hitlers fußten oder lediglich dem nationalsozialistischen Willen nach Selbstdarstellung durch gigantische Architektur entsprangen? Gehörte damit der `Weltflughafen´ Tempelhof auf Grund seiner Megalomanie und zentralen Lage zu Albert Speers Neugestaltungsprogramm der Reichshauptstadt Berlin? Welche Bedeutung hatte der

1S. hierzu: Meuser, Philipp „Vom Fliegerfeld zum Wiesenmeer - Flughafen Berlin-Tempelhof -

Geschichte und Zukunft“ Berlin 2000, S. 27.

2Anm. d. Verf.: Adolf Hitler in seiner Eröffnungsrede zur1. Deutschen Architekturausstellung1938

in München.

3Anm. d. Verf.: Die genaueren Angaben zu diesen Publikationen finden sich in Anmerkung 1

beziehungsweise in der Bibliographie.

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Flughafen für die Luftfahrt und gleichzeitig für den repräsentativen Anspruch der Nazis? Um die Durchsetzung des Tempelhofer Feldes gegenüber den anderen Berliner Flugplätzen sowie seine spätere Entwicklung zum `Weltflughafen´ des Dritten Reiches und seine markante Rolle in den Dreißiger Jahren beleuchten zu können, muss zudem ein Blick auf die Entstehungsgeschichte dieses Flughafens geworfen werden. Dabei rückt besonders die zentrale Lage inmitten Berlins in den Vordergrund, denn mit dieser Eigenschaft hebt sich der Flughafen Tempelhof von anderen Großstadtflughäfen der Welt ab. Auch diese Tatsache muss berücksichtigt werden, wenn die Frage nach der Entstehung und Bedeutung des nationalsozialistischen `Weltflughafens´ Berlin-Tempelhof definiert werden soll.

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2) Die frühen Berliner Flughäfen neben Tempelhof

Mit dem Fortschritt in der Motorflugentwicklung gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden in vielen Städten des damaligen Deutschen Reiches kleinere und größere Flugfelder. Zunächst wurden auf diesen zwar nur mit meist geringem Erfolg Flugapparate getestet. Doch mit Beginn des Fracht- und Personenverkehrs nach dem Ende des I. Weltkrieges verdichtete sich das Luftverkehrsnetz zunehmend4.

Insbesondere in den Großstädten und Ballungsgebieten des Deutschen Reiches, gleiches galt natürlich auch für die anderen Staaten Europas und die USA, eröffnete sich darüber hinaus die lukrative Möglichkeit, mit attraktiven Flugschauen die Bevölkerung als zahlungswillige Zuschauer auf die Flugfelder zu locken. Dementsprechend häufig wurden daher freie Flächen inner- und außerhalb der deutschen Großstädte, oftmals handelte es sich hierbei um Pferderennbahnen, zu Zwecken der Luftfahrt umfunktioniert. Vor allem in der Reichshauptstadt Berlin, die mit etwa 3,5 Mio. Einwohnern über eine große Zahl von potenziellen Zuschauern verfügte, vollzog sich dieser Prozess.

Bereits bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges 1914 und dann mit dem Beginn der Fracht- und Personenbeförderung in der Luft entstanden in Berlin zahlreiche Flugfelder. Zu diesen frühen Konkurrenten Tempelhofs gehörten neben vielen kleineren speziell die Jungfernheide in Berlin-Tegel, die Flugplätze Adlershof-Johannisthal und Gatow, das Flugfeld in Döberitz sowie die Luftschiffhäfen in Potsdam und in Staaken. Das Reichsluftfahrtministerium des Dritten Reiches baute dann in den Dreißiger Jahren das Flugfeld in Rangsdorf zum Flugplatz für die neue deutsche Luftwaffe aus.

4Anm. d. Verf.: Bereits 1927 waren etwa 70 Flugplätze am innerdeutschen Luftverkehrsnetz beteiligt.

Vgl. hierzu: Gärtner, Ulrike „Flughafenarchitektur der 20er und 30er Jahre in Deutschland“ Inaugural-

Dissertation, Marburg 1990, S. 7.

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2.1) Die Fliegerschule auf dem Truppenübungsplatz Döberitz

Die Voraussetzungen für einen späteren Gebrauch der Flächen in Döberitz bei der Ortschaft Elsgrund wurden bereits ab 1892 geschaffen. Zwar dachte zu dieser Zeit noch niemand an eine Verwendung als Flugfeld, jedoch befand sich das Areal in militärischem Besitz. Dies sollte dann, nachdem sich das preußische Militär von einer möglichen Tauglichkeit des Flugzeuges im Kriegseinsatz überzeugen wollte, die nähere Zukunft des Flugfeldes in Döberitz bestimmen. Zuvor allerdings diente die Freifläche in Elsgrund dem Gardekorps Oberstleutnant Karl von Bülow als Truppenübungsplatz. In den Jahren zwischen 1892 und 1895 erwarb der Militärfiskus durch Ankauf und Enteignung eine Fläche von insgesamt 4078 Hektar. Nach der Installation einer Schmalspurbahn und diversen Baracken konnte dann schließlich im Beisein von Kaiser Wilhelm II. die Kommandantur Döberitz eingeweiht werden.

Bereits 1901 kam der Truppenübungsplatz erstmals in direkten Kontakt mit der Luftfahrt. Auf militärischen Befehl hin wurde Döberitz Standort des Luftschiffbataillon Nr. 1. Fünf Jahre später erweiterte das Militär dieses Bataillon zur Luftschifftruppe und Versuchskompanie zur Entwicklung der Motorluftschifffahrt unter Major Groß. Ab 1910 begann sich nun die Militärverwaltung für das Flugzeug zu interessieren. Aus diesem Grunde richtete man am 1. Mai 1910 in Döberitz dieProvisorische Militärfliegerschuleunter der Leitung von Hauptmann de la Roi ein. Allerdings ergaben sich nun erste Probleme, denn „die freiwilligen künftigen Fliegeroffiziere [...] hatten zwar eine Fliegerschule und einen bescheidenen Flugplatz, aber keine Flugzeuge und keine Lehrer“5. Daher schloss die Versuchsabteilung der Verkehrstruppen, die auch den Befehl über die noch junge Fliegertruppe innehatte, mit dem Gründer der Albatros-Flugzeugwerke, Dr. Huth, einen Vertrag ab. Der Chauffeur des Firmenchefs avancierte zum ersten Fluglehrer und Dr. Huth besorgte nicht nur das erste Flugzeug in Form eines französischen Farman-Doppeldeckers, sondern baute auch in der Folgezeit Flugzeuge für das Militär. Kurz nach dem Ausbruch des I. Weltkrieges konnte im Herbst 1914 in Döberitz die erste Fliegerkaserne durch das Fliegerbataillon Nr. 1 bezogen werden. Zu den berühmtesten Schülern gehörte sicherlich das spätere Fliegerass Manfred

5Conin, Helmut „Gelandet in Berlin - Zur Geschichte der Berliner Flughäfen“ Köln 1974, S. 41.

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Freiherr von Richthofen. Mit dem Ende dieses Krieges und den Bestimmungen des Versailler Vertrages kam auch für den Flugplatz Döberitz das vorläufige Aus. Erst nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 rückte der Militärflugplatz Döberitz wieder in den Blickpunkt. Im Zuge der beabsichtigten Wiederaufrüstung erfolgte unter der TarnbezeichnungVerkehrsfliegerschule Döberitzdie erneute Inbetriebnahme. Stationiert wurde hier eine Fliegertruppe unter dem NamenReklamestaffel Mitteldeutschland.Bis zum Ende des II. Weltkrieges und damit dem des Naziregimes trat der Flugplatz nur noch durch die Verabschiedung derLegion Condornach Spanien am 13. Juli 1936 in Erscheinung. Im April des Jahres 1945 eroberten sowjetische und polnische Truppen den Flugplatz und beendeten damit dessen Existenz bis heute.

Zwar bot die Fläche in Döberitz von Anfang an beste Voraussetzungen für einen Flugplatz, litt aber besonders unter dem militärischen Besitz des Areals. Durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages daher stark betroffen, spielte der Flugplatz Döberitz in den entscheidenden Jahren zwischen 1918 und 1923 keine größere Rolle beim Wettbewerb um den ersten zivilen Verkehrsflughafen Berlins.

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2.2) Die Jungfernheide als Vorläufer des heutigen Flughafens Berlin-Tegel

Auch bei der Jungfernheide im heutigen Berliner Bezirk Reinickendorf handelte es sich zunächst um eine freie Nutzfläche in der Nähe der Stadt, die ab 1870 dem preußischen Militär zu Übungszwecken diente. Auf dem Gelände des heutigen Volksparks sowie des Flughafens Tegel führte die Artillerie Schießübungen durch. Wie in Döberitz, so schuf also auch hier die Militärverwaltung die Voraussetzungen für eine Nutzung der Fläche als Flugfeld. Bis zum Jahre 1900 war der Bau neuer Kasernenanlagen in der Jungfernheide abgeschlossen und ermöglichte auf diese Weise die Stationierung einer Luftschifferabteilung. Diese wurde dafür vom Tempelhofer Feld abgezogen. In den folgenden Jahren erprobte das Militär in der Jungfernheide verschiedene Prototypen von Fluggeräten, darunter auch zahlreiche Luftschiffkonstruktionen unterschiedlichster Bauweise. Auf Anregung Kaiser Wilhelms II. entstand 1906 die Motorluftschiff-Studiengesellschaft, die in der Jungfernheide Werkstätten und Hallen errichtete. Bereits ein Jahr später konnten die ersten Versuchsfahrten mit einem Parsevalschen Luftschiff unternommen werden. Obwohl die militärischen Anforderungen6mit diesem unstarren Typen erfüllt wurden, konzentrierte sich die preußische Luftschifferabteilung weiterhin auch auf das halbstarre Prinzip. Die Erprobungen dieser Konstruktionen erfolgten von 1906 bis 1910 ebenfalls in der Jungfernheide. Der endgültige Durchbruch beim Bau von Luftschiffen gelang allerdings dem Grafen Zeppelin am Bodensee. Nach zahlreichen Fehlversuchen und finanziellen Krisen erreichte das starr gebaute Z 3 am 29. August 1909 von Friedrichshafen kommend Berlin. Um 13.52 Uhr landete der Zeppelin unter Glockengeläut und Militärmusik in der Jungfernheide, wo „die Besatzung von Kaiser Wilhelm II. und seiner Familie sowie von den Spitzen der preußischen Generalität empfangen“7wurde. Da die Vorlagen der Militärverwaltung für den Zeppelin wesentlich schwieriger gewesen waren8, jedoch trotzdem erfüllt werden konnten, verdrängte diese Konstruktion in den nächsten Jahren sämtliche Konkurrenten.

6Anm. d. Verf.: 10 Stunden ununterbrochene Fahrt, 1 Stunde ununterbrochene Fahrt in 1500 m Höhe,

mindestens 11 bis 12 m/sec Eigenfahrt, Füllen und Fertigmachen zum Aufstieg im Freien. Nach:

Conin „Gelandet in Berlin“ S. 25.

7Demps/ Paeschke „Flughafen Tempelhof“ S. 14.

8Anm. d. Verf.: 24 Stunden ununterbrochene Fahrt, 700 km ununterbrochene Fahrstrecke, ein

vorbestimmtes Ziel muss erreicht werden, Landung auf festem Boden. Nach: Conin „Gelandet in

Berlin“ S. 24.

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Die Jungfernheide hatte sich somit dem Luftschiffverkehr gewachsen gezeigt und trat in den folgenden Jahren wiederholt als Ausgangspunkt von Zeppelinfahrten in Erscheinung. Bereits seit 1910/11 bot ein Privatunternehmen von hier aus Rund- und Werbefahrten über Berlin an. Mit einem Parseval-Luftschiff konnten nicht nur die ersten Passagiere in die Luft steigen. Die Werbewirksamkeit wurde, ähnlich wie bei den heutigen Blimps, ebenfalls erkannt und genutzt. Doch wie in Döberitz so erschien auch hier bald das Flugzeug als Alternative. Nach dem Erfolg der Gebrüder Wright mit ihrer Vorführung auf dem Tempelhofer Feld, stieg das Interesse der Zuschauer am Erlernen des Fliegens drastisch an. Um größtmögliches Kapital aus dieser neuen Begeisterung zu ziehen, eröffneten die Wrights 1909 in der Jungfernheide dieFlugmaschine Wright GmbH.Hier wurde nicht nur das Fliegen unterrichtet, sondern man produzierte auch Flugzeuge in unmittelbarer Nachbarschaft der Luftschifferabteilung der Berliner Garnison. Die große Stunde des Flughafens Tegel in der Jungfernheide schlug allerdings erst nach dem Ende des II. Weltkriegs. Bis dahin lösten 1930 die Raketenkonstrukteure die Luftschiffer ab. Hermann Oberth, Rudolf Nebel und Wernher von Braun unternahmen hier ihre ersten Versuche. Zur Zeit der Berliner Blockade durch die Sowjets 1948 richtete das französische Militär seinen Flughafen Tegel zur Unterstützung der Luftbrücke innerhalb dreier Monate her. So konnte das alte Flugfeld in der Jungfernheide erst nach dem II. Weltkrieg durch seine größeren Ausbaumöglichkeiten zu einer ernsthaften Konkurrenz für den Flughafen Tempelhof werden.

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2.3) Der Militärflugplatz Gatow in Spandau

Der Flugplatz Gatow gehörte zwar nicht zu den frühen Berliner Flugfeldern, entstand aber etwa gleichzeitig mit dem Neubau in Tempelhof unter Ernst Sagebiel in den Dreißiger Jahren. Analog zu den Beispielen in Döberitz und Tegel war auch hier militärisches Interesse an der Luftfahrt ausschlaggebend. Direkt nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler forcierten die Nationalsozialisten, zunächst noch im Verborgenen, die Wiederaufrüstung der deutschen Streitkräfte. Besonderes Interesse an der Luftwaffe zeige dabei der ehemalige Pilot im I. Weltkrieg und seit 5. Mai 1933 amtierende Reichsluftfahrtminister Hermann Göring. Neben anderen diesbezüglichen Einrichtungen wurde daher 1934 im Westen Berlins in der Gatower Heide eineSportschulemit einem angegliedertenForst- und landwirtschaftlichen Flugversuchsinstitutgegründet.

Im selben Jahr verkündete das Reichsluftfahrtministerium dann offiziell die Einrichtung einerLuftkriegsakademieund einerLufttechnischen Akademiein Gatow. Bis zum November 1935 entstanden „mit einem finanziellen Aufwand von 147 Millionen Reichsmark [...] unter Einsatz von 4000 Arbeitern in nur knapp einjähriger Bauzeit gewaltige Gebäudekomplexe, darunter auch die Anlagen des heute noch bestehenden Flugplatzes“9. Neben den Rollbahnen umfasste das Gelände noch 10 unterschiedliche Flugzeughallen, die Fliegerschule, die Luftwaffenakademie, die Luftkriegsschule und das Luftfahrttechnische Institut. Die am 1. November 1935 von Adolf Hitler eingeweihte Anlage stellte damit „ob [ihrer] klaren militärischen Ausrichtung einen deutlichen Verstoß gegen den Versailler Vertrag dar“10. Wie bei der Planung des `Weltflughafens´ Tempelhof, so hatte auch beim Entwurf des Komplexes in Gatow der Architekt Prof. Dr. Ing. Ernst Sagebiel die Gesamtleitung inne.

Während des II. Weltkrieges wurde die Militäranlage in Gatow nicht etwa für Kriegseinsätze zur Heimatverteidigung umfunktioniert, sondern sie behielt ihre ursprüngliche Aufgabe und bildete weiterhin Piloten für die Luftwaffe aus. Darüber hinaus betrieb man zusätzlich militärische Forschungsarbeit und richtete eine Funk-

9Aus:„Volksblatt Extra“ vom 26. Juni 1988: „Gatow - Spandaus Flugplatz im Wandel der

Zeitgeschichte“ S. 2.

10Best, Peter/ Gerlof, Andreas „Flugplatz Gatow“ Aus der Reihe: Der historische Ort Nr. 63, Berlin

1998, S. 6.

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und Radarschule ein. Erst gegen Ende des Krieges starteten auch in Gatow deutsche Kampfflugzeuge zur Verteidigung von Berlin. Diese Aktivitäten unterband die sowjetische Armee durch die Eroberung des Flugplatzes am 26. April 1945. Kurz darauf, am 1. August 1945, übernahm die britische RAF (Royal Air Force) die Anlagen in Gatow als Militärflugplatz für ihren Sektor in Berlin. Für den Flugplatz Gatow stellten sich die Rahmenbedingungen ähnlich dar wie für die Einrichtung in Döberitz. Auch hier stimmten alle Voraussetzungen für die Anlegung eines größeren Verkehrsflughafens. Doch in gleichem Maße verhinderte dies wiederum der militärische Charakter, der allerdings in Gatow noch stärker in Erscheinung trat. Aus diesem Grunde war jeglicher Konkurrenzgedanke gegenüber Tempelhof als neuer Zentralflughafen für Berlin zumindest in den entscheidenden Dreißiger Jahren aussichtslos.

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2.4) Der Sportflugplatz in Rangsdorf - Ein Ersatz für Tempelhof?

Eine ganz ähnliche Entstehungsgeschichte wie Gatow erfuhr der Flugplatz in Rangsdorf im Berliner Süden. Auch dieser zählte nicht zu den ganz frühen Flugfeldern wie beispielsweise die Jungfernheide oder Tempelhof, sondern verdankte seine Gründung dem nahe gelegenen Rangsdorfer See. Den ersten Schritt zur Errichtung eines Land - und Wasserflugplatzes unternahm im Frühjahr 1935 wiederum das Reichsluftfahrtministerium. Noch im Herbst desselben Jahres zog das am 3. Oktober 1933 gegründete Privatunternehmen Bücker-Flugzeugbau GmbH vom alten Flugplatz Adlershof-Johannisthal in das neu erbaute Werk nach Rangsdorf um. Dort begann es mit dem Serienbau der Schul- und Sportflugzeuge Bü 131Jungmannund Bü 133Jungmeister.Rangsdorf blieb bis zum Kriegsende 1945 der Werksflugplatz von Bücker. Im Zuge der allgemeinen Wiederaufrüstung nutzte auch das Reichsluftfahrtministerium das Gelände für militärische Zwecke. So wurde der Flugplatz offiziell alsReichssportflughafen Rangsdorfmit einer angeschlossenenReichsschule für Motorflug (RfM)geführt. Der Bau dieser Anlagen sowie des Aero-Club-Hauses unterstand wie in Gatow der Gesamtleitung des Prof. Dr. Ing. Ernst Sagebiel. Am 30. Juli 1936, kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Berlin, wurde der Gesamtkomplex eröffnet.