Der Neue aus dem dritten Stock - Viola Maybach - E-Book

Der Neue aus dem dritten Stock E-Book

Viola Maybach

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Beschreibung

Diese Serie von der Erfolgsschriftstellerin Viola Maybach knüpft an die bereits erschienenen Dr. Laurin-Romane von Patricia Vandenberg an. Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt. Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen. Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert. »Etwas stimmt mit ihm nicht!«, stellte Pia Moor fest. »Der wohnt jetzt seit vier Wochen in der Wohnung über uns – aber glaubst du, er würde auch nur einmal kurz anhalten, um mehr zu sagen als ein knappes ›Guten Morgen‹? Fehlanzeige. Er hat sich nach seinem Einzug vorgestellt, seinen Namen gesagt, und dann ist er ganz schnell wieder ­gegangen. Seitdem: Nichts mehr, null.« Sieglinde Cornelius, Pias Tante, versuchte es mit einem Scherz. »Vielleicht hat er Angst vor dir.« Pia war jedoch nicht zum Scherzen zumute, dazu war sie zu aufgebracht. »Quatsch! Wieso das denn?« »Ich habe nur Spaß gemacht. Er könnte schüchtern sein.« »Eher nicht, glaube ich. Aber er geht wirklich jedem Kontakt ganz bewusst aus dem Weg. Neulich kam er von oben, mit zwei Mülltüten in der Hand, als ich auch gerade Müll nach unten bringen wollte. Und wie reagiert er? Er macht natürlich keine lockere Bemerkung darüber, sondern nickt nur knapp, schießt im Eiltempo an mir vorbei, damit wir ja nicht gleichzeitig bei den Mülltonnen ankommen und er eventuell doch drei Worte zu mir sagen muss. Als ich unten ankam, war er im Keller. Ich wette mit dir, er ist nur runtergegangen, damit er nicht riskiert, mit mir zusammen wieder nach oben steigen zu müssen.«

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Der neue Dr. Laurin – 26 –

Der Neue aus dem dritten Stock

Was ist los mit Marius K.?

Viola Maybach

»Etwas stimmt mit ihm nicht!«, stellte Pia Moor fest. »Der wohnt jetzt seit vier Wochen in der Wohnung über uns – aber glaubst du, er würde auch nur einmal kurz anhalten, um mehr zu sagen als ein knappes ›Guten Morgen‹? Fehlanzeige. Er hat sich nach seinem Einzug vorgestellt, seinen Namen gesagt, und dann ist er ganz schnell wieder ­gegangen. Seitdem: Nichts mehr, null.«

Sieglinde Cornelius, Pias Tante, versuchte es mit einem Scherz. »Vielleicht hat er Angst vor dir.«

Pia war jedoch nicht zum Scherzen zumute, dazu war sie zu aufgebracht. »Quatsch! Wieso das denn?«

»Ich habe nur Spaß gemacht. Er könnte schüchtern sein.«

»Eher nicht, glaube ich. Aber er geht wirklich jedem Kontakt ganz bewusst aus dem Weg. Neulich kam er von oben, mit zwei Mülltüten in der Hand, als ich auch gerade Müll nach unten bringen wollte. Und wie reagiert er? Er macht natürlich keine lockere Bemerkung darüber, sondern nickt nur knapp, schießt im Eiltempo an mir vorbei, damit wir ja nicht gleichzeitig bei den Mülltonnen ankommen und er eventuell doch drei Worte zu mir sagen muss. Als ich unten ankam, war er im Keller. Ich wette mit dir, er ist nur runtergegangen, damit er nicht riskiert, mit mir zusammen wieder nach oben steigen zu müssen.«

»Du übertreibst, Schätzchen«, sagte Sieglinde mit mildem Tadel in der Stimme. Sie musste sich Pias Ärger über den neuen Mieter aus dem dritten Stock seit seinem Einzug jeden zweiten Tag anhören.

»Im Gegenteil!«, widersprach Pia temperamentvoll. »Ich beschreibe sein Verhalten äußerst zurückhaltend, Tante Siggi. In Wirklichkeit benimmt er sich wie ein Schwerverbrecher, der etwas zu verbergen hat und in der panischen Angst lebt, jemand könnte ihm auf die Spur kommen.«

Sieglinde Cornelius fing an zu lachen, sie konnte nicht anders. »Du hättest vielleicht doch Schauspielerin werden sollen«, sagte sie amüsiert. »Dein dramatisches Talent kann niemand in Abrede stellen. Jetzt lass dem Mann doch mal ein bisschen Zeit! Er ist neu im Haus, vielleicht macht er gerade eine schwere Zeit durch. Oder er legt einfach keinen besonderen Wert auf soziale Kontakte, das soll es ja geben. Was kümmert er dich denn überhaupt? Er lebt sein Leben, Valentin und du, ihr lebt eures.«

Pia seufzte. »Er sieht aber interessant aus«, sagte sie, »und du weißt doch, wie das bei Valentin zurzeit ist. Er braucht eine weitere männliche Bezugsperson neben Onkel Kurt, einen jüngeren Mann, der in der Nähe ist, einen Vaterersatz. Er redet dauernd von den Vätern seiner Freunde, was die machen, wie sie reden, welche Ansichten sie haben – und was sie mit ihren Söhnen unternehmen. Ich kann das allein nicht ausgleichen.«

»Das ist natürlich ein Problem«, gab Sieglinde zu. »Aber es muss doch nicht ausgerechnet ein menschenscheuer Nachbar sein, der Valentin den Vater ersetzt, oder?«

»Er muss ihn ja nicht unbedingt ersetzen, aber wenn er wenigstens jemand wäre, mit dem Valentin ab und zu etwas unternehmen könnte, wäre schon viel gewonnen. Ehrlich, ich weiß manchmal nicht weiter. Ich bin nicht die Respektsperson, die ein Zwölfjähriger braucht, fürchte ich.«

»Unsinn!«, widersprach Sieglinde energisch. »Du bist doch die Einzige, von der sich dein Bruder überhaupt etwas sagen lässt, und ich finde es absolut bewundernswert, wie du dich bis jetzt schlägst.«

Pia seufzte. Sie war sechsundzwanzig Jahre alt, ihr jüngerer Bruder Valentin war zwölf, ein Nachkömmling, über den ihre Eltern sehr glücklich gewesen waren. Doch das Glück hatte nicht lange gedauert, er war noch ein Kleinkind gewesen, als sich bei ihrem Vater die ersten Anzeichen einer beginnenden Demenz gezeigt hatten. Seit dem vergangenen Jahr war Pia für Valentin verantwortlich, weil ihre Eltern sich nicht mehr um ihn kümmern konnten.

Pias und Valentins Vater Emil war der Bruder ihrer Tante Sieglinde. Seine Demenz war rasch schlimmer geworden, ihre Mutter hatte ihn jahrelang allein zu Hause betreut, bis sie im letzten Jahr zusammengebrochen war. Von diesem Zusammenbruch hatte sie sich noch immer nicht wieder erholt. Jetzt lebte sie mit ihrem Mann in einer Einrichtung, wo beide gut betreut wurden, aber Pia hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass ihre Mutter eines Tages doch wieder ganz gesund werden würde. Bei ihrem Vater gab es diese Hoffnung nicht.

Pias große Stütze war ihre Tante Sieglinde, die immer ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte hatte. Sie und ihr Mann Kurt hätten Valentin gern bei sich aufgenommen, aber der Junge hatte sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, obwohl er beide sehr gern hatte, denn er wollte bei Pia bleiben, nichts anderes kam für ihn infrage. Pia hatte sich schließlich bereit erklärt, es zu versuchen, und eigentlich lief es auch nicht schlecht. Aber sie war nun einmal erst sechsundzwanzig und hätte ihr Leben gern auch so unbeschwert genossen wie ihre Freundinnen und Freunde, zumindest gelegentlich. Aber daran war nicht zu denken, sie war jetzt für Valentin verantwortlich, und diese Last auf ihren Schultern drückte sie mitunter sehr.

»Ja, eigentlich läuft es ganz gut, das stimmt schon«, sagte sie jetzt, »aber mir wird das manchmal zu viel, Tante Siggi, und dann wünsche ich mir jemanden, der mir die Last eine Weile einfach mal abnimmt.«

»Du weißt, wir hätten das gern gemacht, aber …«

»Ja, ich weiß. Was Valentin nicht will, das will er nicht, da hilft kein gutes Zureden. Jedenfalls: Es wäre nett gewesen, wenn ein zugänglicher, freundlicher, aufgeschlossener Mann hier ins Haus gezogen wäre, der gerne mal etwas mit einem Zwölfjährigen unternommen hätte und mit ihm die Gespräche führen könnte, die ich nicht führen kann. Ich interessiere mich nicht für Fußball oder Motorsport, ich kann diese Filme nicht ausstehen, in denen nur herumgeballert wird, ich kann mit Spielekonsolen nichts anfangen, und wie ich mit einem Jungen an der Schwelle zur Pubertät über feuchte Träume reden soll, weiß ich auch nicht.«

Sieglinde musste wieder lachen. »Das zumindest könnte Kurt auch nicht besonders gut«, sagte sie. »Die Aufklärung unserer Töchter hat er mir überlassen – und zwar vollständig.«

»Weil sie Mädchen waren, oder? Ich meine, bei Jungs hätte er das doch sicherlich selbst übernommen.«

»Da bin ich mir gar nicht so sicher. Ich gebe dir einen guten Rat, Pia: Lass das auf dich zukommen. Und denk nicht mehr an euren neuen Nachbarn. Wenn er keinen Kontakt haben will, lass ihn in Ruhe.«

»Das mache ich ja, denkst du, ich bin aufdringlich? Ich hadere nur ein bisschen mit meinem Schicksal, weil ich finde, es hätte auch jemand in die Wohnung ziehen können, der aufgeschlossener als Herr Klebert ist. Das hätte mein Leben enorm erleichtern können. So, jetzt habe ich genug gejammert, erzähl mir, was es bei euch Neues gibt.«

»Kurt ist erkältet und wehleidig, wie viele Männer, sobald sie sich nicht ganz wohlfühlen. Er hat aber im Büro so viel zu tun, dass er es sich nicht leisten kann, mal einen Tag zu Hause zu bleiben und sich ein bisschen zu pflegen. Und meine Museumsführungen laufen weiterhin gut, ich habe genug zu tun und Freude an der Arbeit.« Sieglinde machte eine kurze Pause. »Eurem Vater geht es schlechter«, sagte sie, »aber das weißt du ja wahrscheinlich.«

»Ja, ich war vorgestern da.«

»Ich bin gestern bei euren Eltern gewesen. Eure Mutter weint viel, sie hat das Gefühl, dass sie versagt hat, weil sie es nicht mehr geschafft hat, sich allein um ihren Mann zu kümmern. Das lässt sie sich leider nicht ausreden.«

»Ich weiß«, sagte Pia bedrückt. »Deshalb kommt sie ja auch nicht wieder richtig auf die Beine. Sie sorgt sich nach wie vor unablässig um Papa und vergisst sich selbst dabei.«

»Ich habe mit dem Pflegepersonal gesprochen, und die waren auch der Ansicht, dass sie psychologische Unterstützung braucht. Sie muss sich von diesem Schuldkomplex befreien.«

»Wenn das gelänge …«, murmelte Pia, aber sie hörte selbst, dass ihre Stimme nicht hoffnungsvoll klang.

»Es kann gelingen, Pia! Jedenfalls ist es einen Versuch wert.«

»Hat Papa dich erkannt?«

Sieglinde antwortete nicht sofort. »Nein«, sagte sie dann. »Das ist das Schwerste, Pia, dass er sich an nichts mehr erinnert. Er guckt mich ratlos an, wenn ich ihm von früher erzähle, und ich kann sehen, dass er nichts mehr davon weiß. Aber wir haben zusammen gesungen, das funktioniert immer noch. Ich fange an, und nach ein paar Takten fällt er ein. Seine Stimme klingt noch immer schön und voll, nur leider kommen mir dann immer die Tränen und ich kann nicht weitersingen. Aber wenn deine Mutter das merkt, springt sie ein.«

Wieder machte Sieglinde eine Pause, bevor sie weitersprach. »Das geht mir zu Herzen, weißt du? Dass alles, was die beiden noch gemeinsam tun können, das Singen ist. Nein, das stimmt nicht, manchmal gehen sie auch spazieren, Hand in Hand, wie früher. Aber viel mehr ist da nicht. Sie waren so lebensfrohe Menschen früher, sind gereist, waren neugierig auf die Welt, hatten viele Freunde und Bekannte, haben gerne gefeiert. Und das ist davon übriggeblieben. Das ist schon hart.«

»Für uns auch«, sagte Pia. »Wobei ich sagen muss, dass Valentin manchmal besser mit der Situation fertig wird als ich. Er nimmt Papa einfach so, wie er ist, aber das hängt natürlich auch damit zusammen, dass er sich an die Zeit, als er noch gesund war, gar nicht mehr erinnert. Er kennt seinen Vater eigentlich nur so, wie er jetzt ist. Bei mir ist das anders, ich habe noch so viele Bilder von früher im Kopf …«

»Am schlimmsten ist es sicherlich für eure Mutter«, erwiderte Sieglinde leise. »Ihr Mann verschwindet Stück für Stück vor ihren Augen. Ich stelle mir das sehr, sehr schwer vor.«

Das Gespräch ging Pia noch lange, nachdem sie sich von ihrer Tante verabschiedet hatte, durch den Kopf, aber als ihr Bruder von einem Fußballspiel nach Hause kam, erzählte sie ihm nichts davon, denn er hatte eine klaffende Wunde an der Stirn, das Blut lief ihm über das Gesicht, und er war außer sich vor Zorn, weil es ihm nicht gelungen war, dem Jungen, der ihn so zugerichtet hatte, eine ähnliche Verletzung zuzufügen.

Pia säuberte die Wunde, wies ihren Bruder an, ein Stück Mullbinde fest darauf zu pressen, und fuhr mit ihm zu Frau Dr. Laurin in die Praxis – nicht zum ersten Mal.

*

Leon Laurin, Nachfolger von Professor Joachim Kayser als Leiter der Kayser-Klinik, Gynäkologe und Chirurg, steuerte auf ein Patientenzimmer in der Neurologie zu, als sich dessen Tür öffnete und seine Kollegin Linda Erdem herauskam. Sie lächelte ihn an. »Du wirst mit dem Patienten zufrieden sein«, sagte sie. »Es geht ihm mit jedem Tag besser, ich denke, wir können ihn bald entlassen.«

»Ich habe noch immer jede Nacht diesen Albtraum, dass er in die Klinik eingeliefert wird und wir ihm nicht helfen können, Linda.«

»Und dann wachst du auf und bist erleichtert?«

»Nicht sofort, es dauert immer ein paar Augenblicke, bis ich begreife, dass ich nur geträumt habe. Zuerst wirkt der Albtraum noch nach.«

»Wenn er nicht allmählich verschwindet, hol dir Hilfe dagegen«, sagte Linda. »Diese ganze Geschichte war schlimm, ihr standet ja alle unter Schock. Sind Herrn Daumes Schwestern noch immer bei euch?«

»Ja, und da werden sie auch bleiben, bis er wieder richtig fit ist. Das kann also noch ein Weilchen dauern. Aber die beiden sind keine Belastung für uns, im Gegenteil.« Leon lächelte. »Wir haben halt für eine Weile sechs Kinder statt vier.«

»Ich bewundere euch«, erwiderte Linda. »Und jetzt geh hinein und überzeug dich davon, dass Herrn Daumes Genesung rasante Fortschritte macht.« Sie eilte davon.

»Wie geht es Ihnen heute, Simon?«, fragte Leon Laurin, als er das Zimmer des jungen Mannes betrat, der seiner Familie den Haushalt führte und sie mit seiner Kochkunst verwöhnte. Das tat er, seit Leons Frau Antonia beschlossen hatte, noch einmal in ihren Beruf als Kinderärztin zurückzukehren, nachdem sie sich mehr als fünfzehn Jahre lang ausschließlich der Familie gewidmet hatte. Simon Daume war erst zweiundzwanzig Jahre alt, hatte sich aber in kürzester Zeit ›zum besten Haushaltsmanager der Welt‹ gemausert – so jedenfalls drückte es Leons jüngerer Sohn Kevin aus.

›Diese ganze Geschichte‹, die Linda Erdem angesprochen hatte, war ein Überfall gewesen: Es hatte morgens an der Haustür von Laurins geklingelt, Simon hatte geöffnet und war mit einem heftigen Schlag auf den Kopf niedergestreckt worden. Der oder die Räuber – die Fahndung der Polizei lief noch – hatten Bargeld, Schmuck und Wertsachen mitgenommen und waren anschließend spurlos verschwunden.

Da Simon zwei minderjährige Schwestern hatte, Lili und Lisa, für die er verantwortlich war, seit sie in kurzem Abstand beide Eltern verloren hatten, waren Leon und seine Frau Antonia übereingekommen, den beiden Mädchen anzubieten, für die Dauer von Simons Genesungszeit zu ihnen ins Haus zu ziehen. Lili war sechzehn, Lisa zwölf Jahre alt, sie hatten das Angebot ohne zu zögern angenommen. Seitdem mussten Hausarbeit und Kochen von allen gemeinsam übernommen werden, was bislang erstaunlich reibungslos klappte. Zwar waren die Mahlzeiten deutlich einfacher als das, was Simon kochte, und insgeheim sehnten sich alle nach seinen interessanten und abwechslungsreichen Menüs, aber niemand beklagte sich. Alle waren froh, dass Simon sich keiner Operation hatte unterziehen müssen – diese Möglichkeit hatte zunächst durchaus im Raum gestanden, aber jetzt war klar: Er würde auch ohne OP wieder ganz gesund werden, das allein zählte.

»Eigentlich könnten Sie mich entlassen«, antwortete Simon auf Leons Frage. »Ehrlich, ich fühle mich wieder fit, und ich möchte gern so schnell wie möglich wieder arbeiten. Es liegt mir nicht, den ganzen Tag nichts zu tun, das macht mich nur nervös.«

Leon lachte. »Sie wollen mir doch aber nicht erzählen, dass Sie sich nicht wenigstens neue Rezepte ausdenken, jetzt, wo Sie so viel Zeit haben?«, fragte er.

Simon lächelte verlegen. »Doch, das mache ich natürlich, aber ich kann sie ja nicht ausprobieren, deshalb ist das ziemlich unbefriedigend. Wenn ich jetzt eine Küche hier hätte und ein bisschen herumprobieren könnte, würde ich garantiert schneller wieder vollständig gesund.«

»Und die Kopfschmerzen?«

»Na ja, die habe ich manchmal noch«, gab Simon zu. »Wenn ich zu lange aufbleibe oder mich zu sehr anstrenge, tut mir der Kopf weh. Aber auch das wird besser.«

»Es zeigt aber, dass Ihr Kopf noch Ruhe braucht. Dr. Erdem hat Ihnen das doch sicher auch schon gesagt.«