Erst die Party – dann die Krise … - Viola Maybach - E-Book

Erst die Party – dann die Krise … E-Book

Viola Maybach

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Beschreibung

Diese Serie von der Erfolgsschriftstellerin Viola Maybach knüpft an die bereits erschienenen Dr. Laurin-Romane von Patricia Vandenberg an. Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt. Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen. Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert. Später fragte sich Jonas Leipold oft, ob er Cordelia jemals begegnet wäre, wenn ihn an diesem schönen Spätsommertag nicht plötzlich ein unwiderstehliches Verlangen nach etwas Süßem überkommen hätte. Wäre er dann einfach mit seinem Rad weitergefahren und hätte so die Begegnung verpasst, die sein Leben verändern sollte? Das Verlangen nach Süßem überkam ihn, als er an der verführerischen Auslage einer Konditorei vorüberkam, die erst kürzlich eröffnet worden war. Er bremste, und beim Anblick der appetitlichen kleinen Törtchen und Kuchen, der Pralinen und anderen Leckereien lief ihm buchstäblich das Wasser im Mund zusammen. Er war schlank und durchtrainiert, was ›überflüssige Pfunde‹ waren, ahnte er nicht einmal, und so überlegte er nicht lange, sondern stellte sein Rad ab und betrat den Laden. Drinnen duftete es herrlich, und beim Anblick des überwältigenden Angebots ahnte er bereits, dass es ihm schwerfallen würde, sich zu entscheiden. Als er aufblickte, stellte er fest, dass er nicht länger allein war, obwohl er die junge Frau, die ihm nun gegenüberstand, nicht hatte kommen hören. Sie war sehr hübsch und schien ihm perfekt in dieses Geschäft zu passen. Um ihren Kopf tanzten braune Locken, ihre ebenfalls braunen Augen waren mit einem fragenden Lächeln auf ihn gerichtet. »Ich will mich besinnungslos mit Zucker zuballern«, sagte er. »Ich denke«, erwiderte sie ganz ernst, »für diesen Zweck haben Sie sich den richtigen Laden ausgesucht.« Jetzt erst bemerkte er die winzigen Lachfältchen um ihre Augen, und ihm entging auch nicht, dass es um ihre Mundwinkel zuckte. Sie amüsierte sich also über ihn, was ihm nicht recht war. Gerne hätte er mit ihr gelacht, aber dass sie über ihn lachte, behagte ihm nicht. Andererseits: Er an ihrer Stelle hätte sich auch amüsiert, wenn ein Typ zur Tür hereingekommen wäre und den blödsinnigen Satz gesagt hätte, der ihm eben herausgerutscht war. So drückte er sich sonst niemals aus! Wieso hatte er ›zuballern‹ gesagt? Das Wort benutzte er normalerweise nie.

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Seitenzahl: 115

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Der neue Dr. Laurin – 31 –Erst die Party – dann die Krise …

Viola Maybach

Später fragte sich Jonas Leipold oft, ob er Cordelia jemals begegnet wäre, wenn ihn an diesem schönen Spätsommertag nicht plötzlich ein unwiderstehliches Verlangen nach etwas Süßem überkommen hätte. Wäre er dann einfach mit seinem Rad weitergefahren und hätte so die Begegnung verpasst, die sein Leben verändern sollte? Die Frage war natürlich müßig, denn er war ja nun einmal nicht weitergefahren …

Das Verlangen nach Süßem überkam ihn, als er an der verführerischen Auslage einer Konditorei vorüberkam, die erst kürzlich eröffnet worden war. Er bremste, und beim Anblick der appetitlichen kleinen Törtchen und Kuchen, der Pralinen und anderen Leckereien lief ihm buchstäblich das Wasser im Mund zusammen. Er war schlank und durchtrainiert, was ›überflüssige Pfunde‹ waren, ahnte er nicht einmal, und so überlegte er nicht lange, sondern stellte sein Rad ab und betrat den Laden.

Drinnen duftete es herrlich, und beim Anblick des überwältigenden Angebots ahnte er bereits, dass es ihm schwerfallen würde, sich zu entscheiden. Als er aufblickte, stellte er fest, dass er nicht länger allein war, obwohl er die junge Frau, die ihm nun gegenüberstand, nicht hatte kommen hören. Sie war sehr hübsch und schien ihm perfekt in dieses Geschäft zu passen. Um ihren Kopf tanzten braune Locken, ihre ebenfalls braunen Augen waren mit einem fragenden Lächeln auf ihn gerichtet.

»Ich will mich besinnungslos mit Zucker zuballern«, sagte er.

»Ich denke«, erwiderte sie ganz ernst, »für diesen Zweck haben Sie sich den richtigen Laden ausgesucht.«

Jetzt erst bemerkte er die winzigen Lachfältchen um ihre Augen, und ihm entging auch nicht, dass es um ihre Mundwinkel zuckte. Sie amüsierte sich also über ihn, was ihm nicht recht war. Gerne hätte er mit ihr gelacht, aber dass sie über ihn lachte, behagte ihm nicht. Andererseits: Er an ihrer Stelle hätte sich auch amüsiert, wenn ein Typ zur Tür hereingekommen wäre und den blödsinnigen Satz gesagt hätte, der ihm eben herausgerutscht war. So drückte er sich sonst niemals aus! Wieso hatte er ›zuballern‹ gesagt? Das Wort benutzte er normalerweise nie.

Wahrscheinlich hatte er lässig wirken wollen, schoss es ihm durch den Kopf – angesichts der unerwartet attraktiven jungen Frau hinter der Verkaufstheke. Sie musste ihn für ziemlich dämlich halten, er war schließlich ein erwachsener Mann und kein Teenager, dem man es durchgehen ließ, wenn er versuchte, ›cool‹ zu wirken.

»Kuchen?«, fragte sie hilfsbereit. »Pralinen? Schokolade? Marzipan? Nougat? Was mit Nüssen oder ohne? Sehr süß oder weniger süß? Na ja, blöde Frage, ›zuballern‹ ist ja eindeutig. Also sehr süß.«

»Zuballern ist ein blödes Wort«, sagte Jonas reumütig. »Ich hätte mich anders ausdrücken sollen: Ihre Auslage hat mir einen plötzlichen Heißhunger auf etwas Süßes beschert, und diesen Heißhunger würde ich jetzt gerne stillen.«

Jetzt lachte sie ganz offen, und es war um ihn geschehen. Nie zuvor hatte er ein so hinreißendes Lachen gesehen – und gehört. Sie lachte frei heraus und zeigte dabei, dass sie neben ihren anderen Vorzügen auch noch schöne Zähne hatte. Wie sie das wohl machte, bei all dem süßen Zeug um sie herum?

»Das haben Sie jetzt aber sehr schön ausgedrückt«, stellte sie fest. »Also?«

»Kein Nougat. Gerne Marzipan, gerne Nüsse. Kuchen und unbedingt ein paar von den Pralinen. Und Schokolade.«

»Zum Mitnehmen?«, fragte sie. »Oder würden Sie sich den Zuckerschock gerne hier verabreichen?«

»Geht das denn?«

Sie machte eine Handbewegung, und er drehte sich um.

Den kleinen Raum neben der Konditorei hatte er noch gar nicht wahrgenommen.

»Es sind nur fünf Tische«, sagte sie, »eine Art Mini-Café. Im Augenblick sind alle fünf Tische frei.«

»Wieso das denn?«, fragte er verwundert. »Wo das doch alles so verführerisch aussieht …«

»Ich habe eigentlich schon zu, deshalb. Als Sie hereingekommen sind, war ich gerade auf dem Weg, um die Tür abzuschließen.«

»Tut mir leid, das wusste ich nicht. Wenn Sie schon zu haben, nehme ich alles mit und esse es zu Hause, sonst müssen Sie meinetwegen Überstunden machen, dafür will ich nicht verantwortlich sein.«

Sie betrachtete ihn nachdenklich. »Wissen Sie was? Ich schließe ab, koche uns beiden einen schönen milden Cappuccino, und dann sehe ich Ihnen zu, wie Sie sich den Zuckerschock geben. Wie klingt das?«

»Dieses Angebot kann ich unmöglich ablehnen. Ich heiße übrigens Jonas. Jonas Leipold.«

»Cordelia Cramer. Wenn du willst, duzen wir uns.«

Er grinste sie an. »Und ob ich will.«

Sie schloss die Tür ab, ließ ihn aussuchen, was er essen wollte und bereitete währenddessen den Cappuccino zu. Als Jonas seine Wahl getroffen hatte, standen bereits zwei Tassen auf einem der Tische im Café. Cordelia nahm einen großen Teller und ließ sich von Jonas zeigen, was er sich ausgesucht hatte. Dann schaltete sie das große Licht aus und eine kleine, gemütliche Stehlampe im Café ein und sagte: »Lass es dir schmecken! Danke übrigens, dass du nicht gefragt hast: ›Cordelia? Nicht Cornelia?‹ Das ist sonst nämlich die Standardfrage.«

Er grinste sie an. »Ich kann sie ja nachholen. Also: Wieso Cordelia?«

»Kleiner Spleen meiner Eltern. Zunächst habe ich den Namen gehasst, weil ihn alle immer falsch verstanden haben, aber mittlerweile ist er etwas Besonderes, deshalb gefällt er mir.«

Sie sprachen fünf Stunden lang miteinander, ohne zu merken, wie die Zeit verging. Er erzählte ihr Dinge aus seinem Leben, die er noch niemandem anvertraut hatte, und sie tat das Gleiche. Sie hatten sich gerade erst kennengelernt, aber da war kein Gefühl von Fremdheit. Sie waren sich in vielem einig, in manchem nicht, aber das fanden sie erst recht interessant. Als sie sich endlich voneinander verabschiedeten, taten sie es mit einem ersten Kuss, der das Versprechen enthielt, dass viele weitere folgen würden, und sie verabredeten sich gleich für den nächsten Tag. Jonas hätte – natürlich! – gern die Nacht mit Cordelia verbracht, aber er wusste instinktiv, dass er ihr noch Zeit lassen musste, und drängen wollte er sie auf keinen Fall. Also schwang er sich glücklich und ziemlich durcheinander auf sein Fahrrad, um nach Hause zu fahren. Ein bisschen schlecht war ihm auch, wegen des vielen Zuckers – und weil sie nach dem ersten Cappuccino noch drei weitere getrunken hatten.

Auf dem Weg kam er an dem Fahrradladen vorbei, den er einige Jahre zuvor mit seinem Freund Clemens Wiemer gegründet hatte. Sie reparierten Fahrräder, einige wenige Modelle verkauften sie auch. Der Laden war, man konnte es nicht anders sagen, eine Goldgrube. Zwei Angestellte hatten sie, und sie waren tatsächlich rund um die Uhr beschäftigt. Clemens kümmerte sich vor allem um die Finanzen, Jonas war für die Organisation zuständig.

Am Anfang hatten sie Tag und Nacht Fahrräder gewartet und repariert, zu zweit – das war eine harte, aber auch schöne Zeit gewesen. Schon nach dem ersten Jahr hatten sie Mehmet Usal eingestellt, ein weiteres halbes Jahr später war Tina Prange dazugekommen.

Zwei Fahrradverrückte, die alles wussten, was man über Fahrräder wissen konnte. Wenn sie ein Rad nicht reparieren konnten, konnte es niemand.

Seit einiger Zeit schon halfen Jonas und Clemens in der Werkstatt nur noch aus, wenn den beiden anderen alles über den Kopf wuchs. Sie hatten auch so genug zu tun, zumal sie seit einiger Zeit auch immer mehr Fahrräder verkauften.

Als Jonas Licht sah, bremste er. Das konnte eigentlich nur Clemens sein. Aber um diese Zeit? Er betrat das Büro, das gleich neben der Werkstatt und dem Laden lag. Tatsächlich, Clemens saß am Schreibtisch.

Er fuhr zusammen, als Jonas fragte: »Was machst du denn hier um diese Zeit?«

»Meine Güte, hast du mich erschreckt!«

»Tut mir leid, das wollte ich nicht. Ich kam vorbei und habe das Licht gesehen …«

Clemens schob die Papiere auf dem Schreibtisch zusammen und stand auf, nachdem er einen Blick auf die Uhr geworfen hatte.

Er war ein langer schlaksiger Blonder mit offenem Gesicht und blauen Augen.

Er sah unschuldig aus, aber Jonas wusste es besser: Clemens konnte knallhart rechnen und verhandeln, er war ein sehr guter Geschäftsmann. Zum Glück, sonst wären sie mit ihrem Laden vermutlich auch nicht so erfolgreich. »Ich habe die Zeit vergessen«, gestand er. »Ich wollte noch einmal durchrechnen, ob es sich für uns lohnt, noch ein weiteres Modell zum Verkauf anzubieten.«

»Wir haben zu wenig Platz«, gab Jonas zu bedenken.

»Ja, das ist ein Problem. Wenn wir dieses Haus kaufen könnten, wären wir unsere Sorgen los.«

»Dieses Haus kaufen? Bist du größenwahnsinnig geworden?«

»Überhaupt nicht«, erklärte Clemens ungerührt. »Immobilienkredite sind so günstig wie lange nicht mehr. Wir hätten Mieteinnahmen, würden gleichzeitig die Miete für den Laden sparen, könnten ihn erweitern – und nebenbei bequem die Tilgungsraten bedienen.«

»Ein Haus hat auch laufende Kosten, und wir müssten uns dann auch noch darum kümmern. Wir haben doch auch so schon genug Arbeit.«

»Das stimmt, aber wir müssen auch an später denken. Jetzt läuft alles wunderbar, aber der Laden soll uns ja noch möglichst lange ernähren, oder?«

»Das Haus steht doch gar nicht zum Verkauf, soviel ich weiß.«

Clemens lächelte. »Das kann sich aber bald ändern«, sagte er. Er wurde wieder ernst. »Es sind nur Überlegungen, Jonas. Wir verdienen hier im Augenblick sehr gut, und wir müssen mit dem Geld, das übrigbleibt, etwas Vernünftiges anfangen, weil es ja vielleicht nicht immer so gut läuft wie heute.«

»Ich hatte keine Ahnung, dass so viel übrigbleibt, dass wir über den Kauf eines Hauses nachdenken können.«

»Das hättest du normalerweise auch erst erfahren, wenn ich mit meinen Überlegungen etwas weiter bin. Dann hätte ich dir ein ordentlich durchdachtes Konzept vorgelegt. So hast du mich überrascht, und ich habe dir von meinen Überlegungen erzählt, obwohl sie noch unausgegoren sind.«

»Das heißt, wir sind wohlhabend?«, fragte Jonas. »Komisch, mir war schon klar, dass wir gut verdienen, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass wir uns vielleicht ein Haus leisten könnten.«

»Wohlhabend sind wir noch nicht, aber wir können es werden.«

»Wahnsinn«, sagte Jonas. »An den Gedanken muss ich mich erstmal gewöhnen.«

»Es kann auch sein, dass ich zu dem Ergebnis komme, wir lassen das mit einem möglichen Hauskauf besser. Ich will jetzt auch keine falschen Hoffnungen wecken, aber ich denke schon, dass ein bisschen Vorsorge für die Zukunft nicht schaden würde. Viele leben von der Hand in den Mund, so wie wir ganz am Anfang auch, aber so sollte es nicht bleiben.«

»Wir haben doch auch noch Schulden, oder?«

»Nicht mehr viel, leider, Schulden sind nämlich gut für uns, dadurch zahlen wir weniger Steuern.«

Jonas winkte ab. »Davon verstehe ich nichts, wie du weißt. Ich kann Fahrräder reparieren und unseren Laden organisieren, aber alles, was mit Geld zu tun hat, wird mir wahrscheinlich für immer unverständlich bleiben.«

Wieder lächelte Clemens. »Gib mir noch ein paar Wochen Zeit zum Rechnen und Überlegen, dann weiß ich mehr.«

Er verstaute die Papiere in seiner Tasche, gemeinsam verließen sie das Büro.

»Wo bist du eigentlich jetzt hergekommen?«

Jonas lächelte versonnen. »Ach«, sagte er, »ich habe eine Frau kennengelernt …«

*

»Fünf Stunden?«, fragte Cordelias Freundin Svenja Marx ungläubig. »Worüber kann man sich denn fünf Stunden lang mit jemandem unterhalten, den man überhaupt nicht kennt?«

»Das hat sich ja dann geändert«, erklärte Cordelia. »Je länger wir miteinander geredet haben, desto besser haben wir uns kennengelernt, das ist doch logisch.«

Svenja schüttelte den Kopf, so dass ihre zurzeit pechschwarzen Haare flogen. Sie wechselte die Farbe häufig, je nach Stimmung. Vor drei Wochen war sie noch blond gewesen. Wer sie nach ihrer natürlichen Haarfarbe fragte, erntete ein Achselzucken und die Antwort: »Keine Ahnung, sie war jedenfalls uninteressant.«

Cordelias Erklärung hatte sie noch nicht überzeugt. »Man lernt sich doch nicht allein durchs Reden kennen, Delia! Und überhaupt: fünf Stunden! Ist das nicht irgendwann langweilig geworden?«

»Überhaupt nicht, nicht eine Sekunde.«

»Und weiter ist nichts passiert? Ihr habt nur geredet?«

»Zum Abschied haben wir uns geküsst.«

»Mehr nicht?«

»Mehr nicht.«

»Du bist schon eine komische Nummer, aber er ist ja offenbar auch eine. Hat er nicht versucht, dich ins Bett zu kriegen?«

»Nein, hat er nicht.«

»Dann ist er schwul.«

»Ist er nicht.«

»Und woher willst du das wissen?«

»Ich weiß es eben.« Der Abschiedskuss, fand Cordelia, war ein ziemlich eindeutiger Hinweis gewesen, aber das wollte sie ihrer Freundin jetzt nicht auch noch erzählen. Das war ein intimes kleines Detail, das sie unbedingt für sich behalten wollte. Es war ein sehr zärtlicher und sehr langer Kuss gewesen, der ihr noch jetzt, wenn sie daran dachte, einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. »Wir sind heute Abend wieder verabredet, er holt mich hier ab.«

»Und wann lerne ich ihn kennen?«

»Kannst du dich noch ein paar Tage gedulden?«

Svenja grinste. »Wenn’s sein muss!« Sie bezahlte ihren Milchkaffee und das Hörnchen – darauf bestand sie – und wandte sich zum Gehen. Svenja arbeitete im Friseursalon nebenan, sie kam jeden Morgen vor der Arbeit, um bei Cordelia zu frühstücken, wie sie es nannte. »Bis später, meine Süße. Überleg dir schon mal, ob es nicht doch noch ein paar interessante Einzelheiten gibt, die du mir bis jetzt verschwiegen hast.«

Cordelia sah ihr lächelnd nach. Svenja und sie hatten, seit sie sich kannten, schon vieles miteinander geteilt, schöne und weniger schöne Erfahrungen. Sie hoffte, dass das noch lange so blieb.

Das Türglöckchen bimmelte, eine junge Frau mit zwei kleinen Kindern kam herein, die aufgeregt durcheinandersprachen und auf dieses und jenes zeigten, was ihre Mama ihnen unbedingt kaufen sollte.

Cordelia richtete sich auf einen längeren Entscheidungsprozess ein, es ging dann aber überraschend schnell.

Ihre Kundin entschied sich für einen Schokoladenkuchen, und sie erklärte ihren Kindern, sie dürften jetzt ein kleines Stück davon probieren, aber ein etwas größeres Stück bekämen sie erst nachmittags, nach dem Kindergarten.

Es gab noch ein wenig Protest, der aber sofort erstarb, als die Kinder ihre kleinen Kostproben in der Hand hielten und ganz glücklich damit den Laden verließen.