Ein Frauenheld - Irrtum ausgeschlossen? - Viola Maybach - E-Book

Ein Frauenheld - Irrtum ausgeschlossen? E-Book

Viola Maybach

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Beschreibung

Diese Serie von der Erfolgsschriftstellerin Viola Maybach knüpft an die bereits erschienenen Dr. Laurin-Romane von Patricia Vandenberg an. Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt. Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen. Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert. Der Typ hatte unglaublich blaue Augen und ein allzu siegessicheres Lächeln. Natürlich wusste er, wie attraktiv er war, seine ganze Haltung drückte ein gelassenes Selbstbewusstsein aus. Er hatte dichte dunkle Haare, die er ziemlich lang trug, war groß und gut gebaut, hatte ein klassisches Profil mit edler Nase und einen Mund, dessen Winkel stets nach oben zu zeigen schienen. Dennoch war Viktoria sicher, dass dieser Mund auch sehr schnell zu einem schmalen, energischen Strich werden konnte, wenn sein Besitzer es für angebracht hielt. Und dann hatte er eben diese Augen, die sie an das Mittelmeer im Sommer erinnerten, dessen tiefes Blau sie schon als Kind fasziniert hatte. Es war ein Blau, das unweigerlich Sehnsucht nach dem Süden in ihr hervorrief. So war es früher gewesen, so war es heute. Er hieß Jonathan von Stetten und war ein stadtbekannter Frauenheld – so hätte man früher gesagt. Heute hieß das ›womanizer‹, was sie albern fand. Dass Jonathan von Stetten einer war, wusste sie von ihren Freundinnen, die sich für Klatsch- und Tratschgeschichten von mehr oder weniger ›Prominenten‹ interessierten. Jonathan von Stetten war zumindest in München eine bekannte Persönlichkeit: jung, gutaussehend, klug, gebildet, aus einer vermögenden Unternehmerfamilie stammend und zudem auch noch adelig. Viel mehr brauchte ein Mann ja nicht, um das öffentliche Interesse auf sich zu ziehen. Aber in seiner weitverzweigten Familie gab es eine ganze Reihe von schillernden Persönlichkeiten, die das Interesse bestimmter Medien schon lange vor Jonathans Geburt auf sich gezogen hatten. Die Familie von Stetten stand also unter öffentlicher Beobachtung, wo sich zumindest der junge Mann, den Viktoria jetzt schon ­einige Minuten lang verstohlen beobachtete, ziemlich wohlzufühlen schien. Er war von fünf jungen Frauen umringt, die er bestens zu unterhalten schien, denn sie hingen wie gebannt an seinen Lippen. »Frau Schönemann!«, sagte eine Stimme hinter, und sie drehte sich um. Ohnehin hatte sie genug von Herrn von Stetten gesehen, es reichte ihr. Jetzt wusste sie, wie er aussah, wie er auf Frauen wirkte, wie schön seine Augen waren. Wenn ihre Freundinnen das nächste Mal mit einer neuen Geschichte über ihn aufwarteten, konnte sie ganz lässig sagen: ›Ich bin ihm kürzlich bei einer Ausstellungseröffnung begegnet.

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Seitenzahl: 115

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Der neue Dr. Laurin – 34 –Ein Frauenheld - Irrtum ausgeschlossen?

Viktoria glaubt nicht an Jonathans Liebe

Viola Maybach

Der Typ hatte unglaublich blaue Augen und ein allzu siegessicheres Lächeln. Natürlich wusste er, wie attraktiv er war, seine ganze Haltung drückte ein gelassenes Selbstbewusstsein aus. Er hatte dichte dunkle Haare, die er ziemlich lang trug, war groß und gut gebaut, hatte ein klassisches Profil mit edler Nase und einen Mund, dessen Winkel stets nach oben zu zeigen schienen. Dennoch war Viktoria sicher, dass dieser Mund auch sehr schnell zu einem schmalen, energischen Strich werden konnte, wenn sein Besitzer es für angebracht hielt. Und dann hatte er eben diese Augen, die sie an das Mittelmeer im Sommer erinnerten, dessen tiefes Blau sie schon als Kind fasziniert hatte. Es war ein Blau, das unweigerlich Sehnsucht nach dem Süden in ihr hervorrief. So war es früher gewesen, so war es heute.

Er hieß Jonathan von Stetten und war ein stadtbekannter Frauenheld – so hätte man früher gesagt. Heute hieß das ›womanizer‹, was sie albern fand. Dass Jonathan von Stetten einer war, wusste sie von ihren Freundinnen, die sich für Klatsch- und Tratschgeschichten von mehr oder weniger ›Prominenten‹ interessierten. Jonathan von Stetten war zumindest in München eine bekannte Persönlichkeit: jung, gutaussehend, klug, gebildet, aus einer vermögenden Unternehmerfamilie stammend und zudem auch noch adelig. Viel mehr brauchte ein Mann ja nicht, um das öffentliche Interesse auf sich zu ziehen. Aber in seiner weitverzweigten Familie gab es eine ganze Reihe von schillernden Persönlichkeiten, die das Interesse bestimmter Medien schon lange vor Jonathans Geburt auf sich gezogen hatten. Die Familie von Stetten stand also unter öffentlicher Beobachtung, wo sich zumindest der junge Mann, den Viktoria jetzt schon ­einige Minuten lang verstohlen beobachtete, ziemlich wohlzufühlen schien. Er war von fünf jungen Frauen umringt, die er bestens zu unterhalten schien, denn sie hingen wie gebannt an seinen Lippen.

»Frau Schönemann!«, sagte eine Stimme hinter, und sie drehte sich um. Ohnehin hatte sie genug von Herrn von Stetten gesehen, es reichte ihr. Jetzt wusste sie, wie er aussah, wie er auf Frauen wirkte, wie schön seine Augen waren. Wenn ihre Freundinnen das nächste Mal mit einer neuen Geschichte über ihn aufwarteten, konnte sie ganz lässig sagen: ›Ich bin ihm kürzlich bei einer Ausstellungseröffnung begegnet.‹ Auf die Reaktionen freute sie sich jetzt schon.

Die Frau, die sie angesprochen hatte, war Heike Waller. Sie betrieb zusammen mit ihrem Mann Walter in der Nähe von Viktorias Wohnung einen kleinen Bioladen, in dem Viktoria regelmäßig einkaufte. Als sie Viktorias überraschtes Gesicht sah, lachte sie. »Mit mir hatten Sie an diesem Ort wohl nicht gerechnet, oder?«

»Wenn ich ehrlich sein soll, das hatte ich wirklich nicht, Frau Waller.«

»Ich habe früher mal Kunst studiert, wissen Sie? Ich habe von einem Leben mit der Kunst und für die Kunst geträumt. Sehr gerne wäre ich in ein Museum gegangen, hätte Ausstellungen betreut … aber es ist anders gekommen.«

Viktoria konnte es nicht fassen. Sie kannte Heike Waller nur in ihrem Laden, wo sie sich jedes Mal freundlich unterhielten, aber über ein paar Belanglosigkeiten waren sie noch nie hinausgekommen. Und jetzt stellte sich heraus, dass die etwas bieder wirkende Frau Waller, eine Frau in den Fünfzigern, einmal ganz andere Träume gehabt hatte, als den, eines Tages mit ihrem Mann einen Bioladen zu betreiben.

»Was ist passiert?«, fragte sie. »Ich meine, warum haben Sie Ihren Traum begraben?«

»Ganz einfach: Ich bin schwanger geworden, mit unseren Zwillingen. Das war’s dann erst einmal mit meinem Kunststudium, ich hatte gerade erst zwei Semester hinter mir, als ich Armin begegnet bin. Damals war es so, dass man heiratete, wenn ein Kind unterwegs war – und bei uns waren es ja gleich zwei. Armin wollte eigentlich Ingenieur werden, aber das ging dann auch nicht mehr. Er hat eine kaufmännische Lehre gemacht und ist in den Laden seiner Eltern eingestiegen, aus dem wir dann, als meine Schwiegereltern aufgehört haben, unseren Bioladen gemacht haben.«

»Und die Kunst? Das Ingenieurstudium?«

Heike Waller zuckte mit den Schultern. »Wir haben beide einen Traum begraben, aber dafür haben wir andere Träume wahrmachen können. Wir sind jung Eltern geworden, wir haben dann ja noch zwei Kinder bekommen. Wir haben früh auf eigenen Beinen gestanden, und wir sind jetzt so weit, dass unsere Kinder uns vertreten können, wenn wir reisen wollen, und das werden wir ab jetzt häufiger tun. Noch sind wir fit, und wir finden, wir haben es verdient.«

»Aber Ihre Träume von damals? Sind Sie nicht manchmal traurig, dass nichts daraus geworden ist?«

»Doch, das schon, aber wir haben ja trotzdem ein gutes Leben, und nirgends steht geschrieben, dass es uns besser gegangen wäre, wenn sich unsere damaligen Wünsche erfüllt hätten. Armin interessiert sich immer noch brennend für technische Konstruktionen, und ich gehe, so oft ich kann, in Ausstellungen oder, wie jetzt, zu einer Ausstellungseröffnung.«

»Ich bin eher zufällig hier«, gestand Viktoria, »eine Freundin hatte eine Einladung, konnte sie aber nicht wahrnehmen. Also bin ich an ihrer Stelle hier und finde es unerwartet interessant – nicht nur die ausgestellten Werke, auch das Publikum.«

Heike Waller zwinkerte ihr zu. »Es war klar, dass auch etliche Prominente hier sein würden«, sagte sie, »denn die Werke, die hier gezeigt werden, sind nur sehr selten zu sehen. Die Ausstellung wird bestimmt ein großer Erfolg.« Sie winkte jemanden zu, gleich darauf verabschiedete sie sich.

Viktoria blickte ihr nachdenklich hinterher. Sie hatte offenbar einen völlig falschen Eindruck von Frau Waller gehabt. Wie schnell man doch geneigt war, über jemanden ein vorschnelles Urteil zu fällen!

»Ich glaube, wir kennen einander noch nicht«, sagte eine dunkle Stimme in ihre Gedanken hinein. Sie zuckte zusammen und sah diese tiefblauen Augen auf sich gerichtet, über die sie vorher eine ganze Weile nachgedacht hatte.

»Ich bin Jonathan von Stetten«, fuhr der Mann fort, während sich um seine Augen charmante Lachfältchen bildeten, »und gehöre gewissermaßen zu den Gastgebern dieser Veranstaltung.«

»Ich weiß«, erwiderte Viktoria und war froh, dass sie sich die Mühe gemacht hatte, vor der Eröffnung zumindest die Einladung gründlich durchzulesen, »Ihrer Stiftung ist es zu verdanken, dass diese Aus­stellung überhaupt so gezeigt werden kann.« Sie nannte nun auch ihren Namen und setzte hinzu: »Ich bin für eine Freundin eingesprungen, die nicht kommen konnte, die Karte aber auch nicht verfallen lassen wollte. Es gefällt mir sehr, aber ich sage Ihnen gleich, dass ich sonst mit Kunst nicht allzu viel am Hut habe.«

Er lachte. »Das allerdings höre ich heute zum ersten Mal. Alle anderen haben mir bisher beteuert, wie groß ihr Interesse an Kunst ist.« Er sah sie neugierig an. »Wie bemerkenswert!«

Sie merkte zu ihrem Ärger, dass sie errötete, denn sie hatte sich keineswegs wichtigmachen wollen, indem sie sich von den anderen abhob. »Es ist nicht bemerkenswert, nur die Wahrheit«, sagte sie knapp.

»Würden Sie mir gestatten, Ihnen etwas zu zeigen? Vielleicht kann ich Sie zumindest ein bisschen für die Kunst erwärmen.«

Sie sah keine Möglichkeit, sein Angebot abzulehnen, ohne grob unhöflich zu erscheinen, und so ließ sie sich von ihm zu einem Gemälde führen, das etwas versteckt in einem der kleineren Säle hing. »Die Mona Lisa?«, fragte sie verblüfft. »So klein ist sie? Ich dachte immer, das sei ein Riesengemälde.«

»Nein, sie ist klein, das erstaunt alle, die das Bild zum ersten Mal sehen. Riesig ist sie nur in unserer Vorstellung, weil sie auf der ganzen Welt bekannt ist. Aber das hier ist natürlich nicht das Original, das gibt der Louvre in Paris nicht her, es ist eine Fälschung. Jetzt drücken Sie bitte auf diesen Knopf.«

Der Knopf befand sich unter einem Monitor neben dem Bild, der ihr bis dahin nicht einmal aufgefallen war. Sie drückte darauf, und die Mona Lisa erschien ein zweites Mal.

»Das ist das Original«, sagte Jonathan von Stetten. »Und jetzt vergleichen Sie die beiden Bilder.«

Sie tat es, amüsiert und verärgert zugleich, weil sie sich von ihm herumkommandieren ließ, aber sie war mittlerweile auch neugierig, worauf er eigentlich hinauswollte. Außerdem gefiel es ihr, einmal in die Rolle der Schülerin zu schlüpfen, das geschah nicht mehr allzu oft, seit sie ihr Studium beendet hatte.

»Das Lächeln«, sagte sie schließlich zögernd, »auf der Fälschung ist es viel deutlicher zu sehen.«

»Sie sind ein Naturtalent!«, rief Jonathan von Stetten aus. »Das geheimnisvolle Lächeln der Mona Lisa ist auf der Fälschung viel zu ausgeprägt. Aber soll ich Ihnen etwas sagen? Die meisten Leute, die dieses Bild sehen, halten es für das Original. Die Unterschiede sehen Sie erst, wenn sie beide Bilder neben­einander sehen.«

»So wie ich«, stellte Viktoria fest.

»Keineswegs. Den meisten Menschen fällt auf, dass die Kleidung etwas anders gemalt ist. Das unterschiedliche Lächeln bemerkt kaum jemand.«

»Seltsam«, murmelte Viktoria, »das springt einen doch sofort an, da muss man ja noch nicht einmal genau hinschauen!«

»Darf ich fragen, was Sie beruflich machen?«

»Ich unterrichte Mathematik und Physik.« Sie nannte ihm den Namen des Gymnasiums, an dem sie arbeitete.

Er blieb stehen. »Nicht Ihr Ernst!«

Ihre Augenbrauen hoben sich, ihre Stimme klang unwillig, als sie fragte: »Was soll daran spaßig sein?«

Er erfasste sofort, warum sie so ärgerlich reagierte. »Das ist also ein wunder Punkt«, stellte er fest. »Die meisten Menschen reagieren wie ich, oder?«

»Die meisten Männer«, korrigierte sie. »Komisch, bevor Sie mich angesprochen haben, dachte ich über vorgefasste Meinungen nach, weil ich einer Nachbarin begegnet bin, die ich hier nicht erwartet hätte. Es war ein klassisches Vorurteil von meiner Seite, dabei sollte ich es eigentlich besser wissen.«

»Wieso?«

»Weil ich selbst schon mein Leben lang mit dem Vorurteil zu tun habe, dass Frauen in naturwissenschaftlichen Fächern Männern nicht das Wasser reichen können. Ich war in diesen Fächern immer besser als alle Jungs meiner Klasse. Konkurrenz hatte ich nur von einem anderen Mädchen.«

»Ich entschuldige mich«, sagte er, und es klang aufrichtig. »Kommt nicht wieder vor.«

Sie musste lachen. »Natürlich kommt es nicht wieder vor, denn unsere Wege trennen sich gleich, da bleibt Ihnen nicht mehr viel Gelegenheit, noch einmal ins Fettnäpfchen zu treten.«

»Müssen Sie schon weg?«, fragte er.

»Nein, aber Sie sind hier einer der Gastgeber, wie Sie mir selbst erklärt haben, da können Sie es sich kaum leisten, sich nur mit einem Gast zu beschäftigen.«

»Oh, ich habe meine Pflichten längst erfüllt«, entgegnete er. »Ich habe alle wichtigen Menschen begrüßt und noch ein paar darüber hinaus, jetzt darf ich auch ein bisschen an mich denken.« Seine blauen Augen hielten ihren Blick fest – oder besser, sie versuchten es, denn sie durchschaute ihn. So also machte er das: Er sah die Frauen so lange an, bis ihnen schwindelig wurde. Aber nicht mit ihr!

Sie wandte sich entschlossen ab und strebte aus dem kleinen Nebensaal, in den er sie geführt hatte. »Denken Sie ruhig an sich«, sagte sie leichthin, »aber ich hatte ohnehin vor, zu gehen, und das werde ich jetzt auch tun. Ich danke Ihnen für den Ausflug zur Mona Lisa und Ihre Erklärungen, und ich gratuliere Ihnen zu dieser Ausstellung, die ich sehr gelungen finde.«

Sie war schnell gegangen, aber natürlich hatte er sie mit Leichtigkeit wieder eingeholt. »Halt!«, bat er. »Sie werden doch jetzt nicht einfach gehen wollen, Frau Schönemann.«

Sie blieb stehen und sah ihn verwundert an. »Wieso nicht? Natürlich will ich jetzt gehen.«

Er schüttelte den Kopf. »Unmöglich! Wir haben uns gerade erst kennengelernt …«

»Herr von Stetten«, sagte sie, »ich allein entscheide, wann ich gehe und wann nicht. Und ich bin nicht anfällig für Ihren Charme, also verschwenden Sie Ihre Zeit nicht mit mir.«

»Ein Zusammensein mit Ihnen kann niemals Zeitverschwendung sein«, sagte er ganz ernst. »Ich möchte nur einen Kaffee mit Ihnen trinken und mich mit Ihnen unterhalten. Wenn es Sie interessiert, kann ich Ihnen noch ein bisschen mehr über die Mona Lisa erzählen.«

Sie lächelte ihn an. »Das ist natürlich ein Angebot, das ich eigentlich nicht ablehnen kann, aber ich tue es trotzdem. Es war nett, Sie kennenzulernen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden?«

Nach diesen Worten drehte sie sich um und eilte zurück zur Garderobe, wo sie ihren Mantel abgegeben hatte. Er folgte ihr nicht mehr, und das gab ihr das Gefühl, gesiegt zu haben. Zugleich verspürte sie einen winzigen Stich des Bedauerns. Er war klug und charmant, es hatte Spaß gemacht, mit ihm zu reden.

Ein unverbindlicher Kaffee mit ihm wäre vielleicht doch nett gewesen.

*

»Sie hat dich abblitzen lassen.« Christian von Haardt grinste über das ganze Gesicht. »Dass ich das noch erleben darf.«

Jonathan warf ihm einen grimmigen Blick zu, aber noch musste er gute Miene zum bösen Spiel machen, waren doch noch immer zahlreiche Gäste anwesend, und so zwang er sich ein Lächeln ins Gesicht, das seine Augen freilich nicht erreichte. Doch wer ihn nicht so gut kannte wie sein langjähriger Freund Christian, würde das gar nicht bemerken.

»Wie ich dich kenne«, fuhr Christian unbekümmert fort, »hast du wenigstens ihren Namen herausbekommen und wirst alles daransetzen, sie doch noch herumzukriegen.«

»Halt endlich die Klappe«, zischte Jonathan, denn es näherten sich einige betuchte Herrschaften, von denen er nicht wollte, dass sie hörten, wie Christian sich über ihn lustig machte.

Dabei hätte er eigentlich wissen müssen, dass sein Freund viel zu diskret war, um so etwas zu tun. So gern er Jonathan mit seinem Ruf aufzog, wenn sie unter sich waren, so zurückhaltend verhielt er sich, sobald andere ihre Gespräche hören konnten. Christian kannte einige von Jonathans Geheimnissen, und noch nie war eins davon an die Öffentlichkeit gelangt. Das galt im Übrigen auch umgekehrt.

Christian nahm seine Frotzelei erst wieder auf, als sie sich gemeinsam auf dem Heimweg befanden, denn sie hatten schon vor der Veranstaltung beschlossen, abends zusammen zu essen – und zwar in Christians gemütlicher Junggesellenwohnung. Christian war begeisterter Hobbykoch und hatte eine entsprechend ausgestattete Küche, während sich Jonathans Kochkünste auf ein paar wenige Standardgerichte beschränkten.

»Mein Rührei ist erste Klasse«, sagte er gern, und das stimmte sogar. Aber viel mehr brachte er auch nicht zustande.