Der Pranayama-Effekt in der Trauma-Arbeit - Dietmar Mitzinger - E-Book

Der Pranayama-Effekt in der Trauma-Arbeit E-Book

Dietmar Mitzinger

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Beschreibung

Traumaklienten sind meist nicht auf die Belastungen vorbereitet, die in einer Traumatherapie auf sie zukommen. Ihr Nervensystem ist geschwächt und sie pendeln zwischen Angst und Panik auf der einen und Erstarrung auf der anderen Seite. Was fehlt, ist Affekttoleranz: ein weniger erregbares Nervensystem und gleichzeitig eine ausgeprägte Wachheit bzw. Wahrnehmungsfähigkeit. Pranayama – ein System von Atemübungen im Yoga – stellt diese Affekttoleranz her. Es setzt Auslöseschwellen im Nervensystem herauf und der Traumaklient wird dadurch robuster bzw. sein Nervensystem wird resilienter gegenüber Reizen. Ein weiterer Prozess, im Yoga Pratyahara genannt, nutzt die nun hergestellte Affekttoleranz und führt in eine entsprechende Traumaexposition. Pratyahara zielt auf eine intensive Körperwahrnehmung ab. Am Ende kann der Klient körperlich auch Sicherheit spüren, nicht nur Gefahr. Dieser Prozess kann zusätzlich durch Körperhaltungen des Yogas (Asanas) unterstützt werden.

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Dietmar MitzingerDer Pranayama-Effekt in der Trauma-ArbeitWie Pranayama die Affekttoleranz steigert und damit die Traumatherapie unterstützt

Über dieses Buch

Wie wird das Nervensystem resilienter gegenüber Reizen? 

Traumaklienten sind meist nicht auf die Belastungen vorbereitet, die in einer Traumatherapie auf sie zukommen. Ihr Nervensystem ist geschwächt und sie pendeln zwischen Angst und Panik auf der einen und Erstarrung auf der anderen Seite. Was fehlt, ist Affekttoleranz: ein weniger erregbares Nervensystem und gleichzeitig eine ausgeprägte Wachheit bzw. Wahrnehmungsfähigkeit. 

Pranayama – ein System von Atemübungen im Yoga – stellt diese Affekttoleranz her. Es setzt Auslöseschwellen im Nervensystem herauf und der Traumaklient wird dadurch robuster bzw. sein Nervensystem wird resilienter gegenüber Reizen. Ein weiterer Prozess, im Yoga Pratyahara genannt, nutzt die nun hergestellte Affekttoleranz und führt in eine entsprechende Traumaexposition. Pratyahara zielt auf eine intensive Körperwahrnehmung ab. Am Ende kann der Klient körperlich auch Sicherheit spüren, nicht nur Gefahr. Dieser Prozess kann zusätzlich durch Körperhaltungen des Yogas (Asanas) unterstützt werden.

Dietmar Mitzinger, Yogalehrer, Psychologischer Psychotherapeut. 2000-2008 Ausbildungsleiter für Yogalehrer beim BDY. Leiter der Arbeitsgruppe „körperorientierte Verfahren in der Traumatherapie“ bei der DeGPT, 1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Yogatherapie e.V. (DeGYT), Leiter einer psychologischen Praxis in Neuss.

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2018

Coverfoto: © Sergey Kozienko – iStock

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2018

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-680-6

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-705-6 (EPUB), 978-3-95571-707-0 (PDF), 978-3-95571-706-3 (MOBI).

Hinweis:

Dieses Buch ersetzt keine Traumatherapie oder irgendein anderes psychotherapeutisches Verfahren. Annahmen und Modelle, die in diesem Buch dargestellt sind, dienen der fachlichen und wissenschaftlichen Diskussion über den Einsatz von Pranayama in der Traumatherapie. Eine wissenschaftliche Überprüfung des hier genannten Effektes ist zurzeit in konkreter Vorbereitung.

Vorwort

Ein ganzes Buch nur über den Atem und die Beziehung zu ihm? – Ist der Atem wirklich so wichtig? Das mag sich mancher Zeitgenosse in unserer schnelllebigen, oft atemlosen Zeit fragen. Ja, er ist so wichtig, zumindest für Menschen, deren Atem aufgrund schwerer Schicksalsschläge und Traumata ins Stocken geraten ist, die um neuen Atem ringen und wieder frei atmen wollen. Aber auch viele andere Menschen, denen aufgrund einer immer schnelleren Zeittaktung oft die Luft zum Atmen fehlt, die dadurch in Stress geraten, tun gut daran, wieder in Kontakt mit einem gesunden Atemrhythmus zu kommen.

Dietmar Mitzingers Buch widmet sich ausführlich dieser basalen, da Lebensbeginn und Lebensende bestimmenden Energiequelle, die wir im Alltag zumeist vergessen. Mit dem Thema Atem begeben wir uns an die existenziellen Grundfesten unseres Daseins. Es macht daher Sinn, sich die beginnende Lebendigkeit eines Säuglings genauer anzusehen. Ein gesundes Baby erobert sich die Welt und bemächtigt sich des eigenen Körpers, indem es verschiedene Möglichkeiten ausprobiert: „Was können meine Beine? Was kann ich mit meinen Zähnen tun? Kann ich die Zehen in den Mund stecken?“ Usw. Gesunde Eltern freuen sich über die Fortschritte des Kleinen, was die Aneignung und Beherrschung des Körpers betrifft. Selbstwirksamkeit entwickelt sich, auf der sich ein gesundes Selbstbewusstsein aufbauen kann. Diese Fähigkeit, einen guten Kontakt zu den Möglichkeiten des Körpers zu haben und ihn zu nutzen für das, was die Seele will, haben traumatisierte Menschen verloren, sie fühlen sich hilflos und ausgeliefert – wie ein Säugling. Daher ist der Blick auf die grundliegenden Quellen unserer Lebendigkeit wichtig. Das Selbstbewusstsein und die Selbstwirksamkeit in Beziehung zu unserem Atem ist Dietmar Mitzingers Anliegen, und er erforscht den Atem in subtiler Feinarbeit gemeinsam mit seinen Patienten.

Atem und Seele, Atem und Bewusstsein, Atem und Lebendigkeit bedingen sich gegenseitig; das betonen auch viele Sprüche des Volksmunds und der Weisheitslehrer. Das Faszinierende am Atem ist, dass er gleichzeitig zum willkürlichen wie zum unwillkürlichen Nervensystem gehört. Wir können ihn beeinflussen – und diesem Aspekt widmet sich das vorliegende Buch. Aber gleichzeitig funktioniert der Atem, während wir schlafen, auch ohne unser Zutun. Bekanntlich ist es ja auch nicht möglich, sich durch Atemanhalten selbst zu suizidieren. Der Atem lässt uns erfahren: Zum Teil haben wir Einfluss, aber es gibt auch etwas, worauf wir keinen Einfluss haben und wo andere Kräfte in uns und auf uns wirken. So wie wir auch nur begrenzten Einfluss auf das Schlafen-, Essen- und Atmen-Müssen haben und darauf, wann unser letzter Atemzug sein wird. In vielen Religionssystemen wird der Atem daher mit einer göttlichen Energie gleichgesetzt: Prana bezeichnet sowohl den Atem wie die allgemeine Lebensenergie, im Hebräischen bedeutet „ruach“ Atem und Geist, ebenso im Griechischen das Wort „pneuma“ und im Lateinischen das Wort „spirit“. Atman kann Lebenshauch, Seele oder den innersten Wesenskern bezeichnen.

Diese Schnittstelle zwischen autonomem und willkürlichem Nervensystem finden wir so bei keinem anderen menschlichen Organ. Daher empfehlen die meisten spirituellen Traditionen die Zuwendung zum Atem als Eingangstor und Weg, um in höhere Bewusstseinszustände zu gelangen.

Für Therapeuten ist jedoch der Pol des Einflussnehmen-Könnens wichtiger. Und hier führt uns Mitzinger auf einen wahrnehmungsorientierten sensiblen Weg, wie ein ängstlich und hektisch verkürzter Atem wieder zu unserem eigenen Atem und zu unserem individuellen Rhythmus zurückgeführt werden kann.

Mit Dietmar Mitzinger verbindet mich seit drei bis vier Jahren ein fruchtbarer fachlicher Austausch. Als er mich bat, das Vorwort zu schreiben, habe ich mich deshalb sehr gefreut. Während Dietmar als Psychotherapeut und Dozent in der Verhaltenstherapie verwurzelt ist, habe ich meine psychotherapeutische Ausbildung an analytischen Instituten verbracht. In unserer Praxistätigkeit ergänzen wir jedoch beide die kognitiv-verbale Problembearbeitung mit körpertherapeutischen Heilungsmöglichkeiten aus dem yogischen Erfahrungswissen. Da verbale und bewusstmachende Techniken alleine nicht die Ganzheit der menschlichen Existenz erreichen, ist es uns beiden ein Anliegen, die unterhalb unserer Großhirnrinde liegenden Zentren zu erreichen: das limbisch-emotionale Zentrum und das Stammhirn. Spätestens seit Joachim Bauers Buch „Das Gedächtnis des Körpers“ und Bessel van der Kolks Buch „Verkörperter Schrecken“ wissen wir, dass Traumata im autonomen Nervensystem und im Stammhirn sitzen; das zeigt auch das vorliegende Buch auf.

Als Begleiter kann man die Freude und den Stolz spüren, den eine traumatisierte Person empfindet, wenn es ihr erfolgreich gelingt, wieder Herr im eigenen Haus zu sein: Wenn eine Triggersituation nicht mehr zu einer Eskalation von Atemanhalten und Steifwerden führt, sondern diese inneren Prozesse in Achtsamkeit und Selbstmitgefühl beobachtend wahrgenommen werden. „Ich kann (nicht: ich muss) eine unangenehme Situation auch aushalten, meine Entscheidungsfreiheit wächst!“ Ist es doch die Ohnmacht, nicht nur der Welt gegenüber, schlimmer noch: dem eigenen Körper gegenüber, die Traumapatienten verzweifeln lässt. Das Fliehen und Vermeiden, eine der drei Hauptreaktionsmöglichkeiten bei einer lebensbedrohlichen Situation, lässt dem Leben Traumatisierter oft nur wenig Spielraum; nun aber eröffnen sich wieder neue Handlungsspielräume. Der Verhaltenstherapie verdanken wir viele Ansätze, Vermeidungsstrategien langsam wieder auflösen zu können.

Sowohl Betroffene wie auch Begleiter brauchen einen langen Atem, um Verlorengegangenes und Zerstörtes wiederherzustellen. Ob äußere Gebäude oder innere Seelenqualitäten wie Vertrauen und Selbstmitgefühl: Zerstören geht immer ungleich schneller als Wiederaufbauen. Ein Mensch, der einen langen Atem hat, ist entspannt und geduldig, gleichzeitig fokussiert und klar auf ein Ziel gerichtet. Die Übungen, die Mitzinger anbietet, wollen wiederholt und geübt werden. Jedoch ist oft schon nach kurzer Übungszeit eine kleine Wirkung wahrnehmbar, die anzeigt, dass es der richtige Weg ist. Dies lässt Hoffnung entstehen. Vor allem die Erfahrung, dass Betroffene selbst etwas dazu beitragen können, macht Mut und wirkt heilend.

Dipl.-Psych. Regina Weiser

Psychotherapeutin (DGIP)

Traumatherapeutin (PITT)

Yogalehrerin (MYI)

Dozentin und Autorin

Danksagung

Für die Verwirklichung dieses Buches danke ich ganz besonders: Elisa Meyer aus Wien, Alexandra Wessels aus Köln, Lina Prykhodko aus Müritz, meinem Lehrer und Ausbilder im Yoga Sri Friedrich Schulz-Raffelt, meinem Lehrer in Integraler Somatischer Psychotherapie (ISP) Dr. Raja Selvam, meinen Patienten, die vertrauensvoll meinem Angebot gefolgt sind und sich auf Pranayama eingelassen haben. Reto Zbinden aus Villeret / Schweiz, der mich in der Darstellung vom klassischen Pranayama unterstützt hat, und Elisabeth Westhoff aus Köln, die mir entscheidend bei der Erstellung des ersten Fachartikels über den Pranayama-Effekt geholfen hat. Außerdem gebührt der Dank den vielen Teilnehmern der Ausbildungsseminare in der Yogatherapie und im traumasensiblen Yoga, die mit ihrer Aufmerksamkeit und ihren Fragen dazu beigetragen haben, dass sich viele Aspekte des Pranayama erschließen ließen. Und Petra Simon aus Düsseldorf, die mir in gemeinsamen Gesprächen neue Aspekte der Körpertherapie beschrieben hat.

Einleitung

Die Ausgangssituation

In der heutigen Traumatherapie besteht eine Lücke. Führ den Klienten gibt es keine hinreichende Vorbereitung auf die Belastung, die auf ihn zukommt. Eine Traumaexposition bedeutet, sich Erinnerungen, Gefühlen und Affekten aus der Traumatisierung auszusetzen. Für den Klienten ist das eine erhebliche Belastung, die das Risiko der Retraumatisierung in sich birgt.

In der Traumaforschung hat sich gezeigt, dass traumatisierte Klienten eine niedrigere Herzfrequenzvariabilität aufweisen und eine verringerte Toleranz gegen Affekte und Emotionen haben (verkleinertes Resilienzfenster). Die Reizschwellen senken sich immer weiter ab und selbst kleine Reize können erhebliche Reaktionen im Nervensystem auslösen. Die heutigen Methoden in der Traumatherapie können keine Herzfrequenzvariabilität herstellen, sie können keine Toleranz für Affekte oder Emotionen herstellen, sie können keine Reizschwellen im Nervensystem heraufsetzen, aber sie gehen trotzdem in eine Traumaexposition. Um das Ganze irgendwie durchführen zu können, wird hochfrequent mit Entspannungsbildern (Ankertechnik) oder mit motorischen Bewegungen gearbeitet, die die beginnende Erstarrung reduzieren sollen. Dabei bekommt der Klient den Eindruck, dass er vor seinen eigenen Wahrnehmungen in das Entspannungsbild flüchten muss, weil er sich selbst sonst nicht aushalten kann. Dieses Vorgehen ist hoch problematisch, denn der Klient lernt nur, dass er weiterhin auf der Flucht vor sich selbst bleiben muss.

Besser wäre es, wenn wir die Möglichkeit hätten, mithilfe einer gezielten Intervention auf das Nervensystem des Klienten so einwirken zu können, dass die Nerven robuster werden gegen starke Affekte und Emotionen, anstatt immer wieder mit einem desolaten Nervensystem in eine belastende Erfahrung hineingehen zu müssen; eine Prozedur, durch die Klienten nur hilfloser und depressiver werden.

Zusätzlich gibt es das Pendelproblem: Wenn ein Traumaklient sich erregt, gleitet er schnell in Angst und Panik hinein. Arbeitet man dann mit Entspannungsmethoden, rutscht er viel zu schnell in eine Erstarrung. Wenn man den Klienten dann wieder aktiviert, gleitet er sehr schnell erneut in Angst und Panik ab. Der Traumaklient pendelt also zwischen Angst und Panik auf der einen und Erstarrung auf der anderen Seite. Um dieses Pendelproblem zu lösen, muss die Erregbarkeit des Nervensystems insgesamt verändert werden. Sie muss grundsätzlich herabgesenkt werden, ohne die Wahrnehmungsfähigkeit des Klienten zu reduzieren. Besser ist es sogar, die Wahrnehmungsfähigkeit heraufzusetzen.

Nach Möglichkeit sollte die Erregbarkeit ohne Medikamente herabgesetzt werden, denn diese haben die Nebenwirkung, die Wahrnehmung des Traumaklienten stark zu beeinträchtigen. Er ist dann nicht mehr in der Lage, bewusst zu erleben, dass er seinen Zustand verändern kann. Dieses bewusste Erleben einer selbst herbeigeführten positiven Veränderung ist aber die Voraussetzung für die Gesundung des Klienten.

Gesucht wird also eine Methode, die es dem Klienten ermöglicht, sich selbst so zu regulieren, dass er in seinem Nervensystem sowohl die Neigung zu Angst und Panik als auch die Neigung zur Erstarrung reduziert und so robuster gegenüber Reizen werden kann. Diese Robustheit gegenüber Reizen lässt sich mit dem Begriff der Affekttoleranz fassen.

Affekttoleranz ist eine Befähigung auf zwei Ebenen: 1) eine neuronale Befähigung, stärkere Reize tolerieren zu können, ohne direkt in Reflexe zu gehen. Und 2) eine kognitive Befähigung, offen sein zu können für Reize, ohne direkt in das Katastrophendenken hineingleiten zu müssen.

Die Behandlungsleitlinie: Mangelnde Affekttoleranz ist eine Kontraindikation für Traumatherapie. Eine Traumatisierung führt zu einer verminderten Körperwahrnehmung; der Körper wird viel weniger gespürt. Die Ursache dafür ist zweifelsohne das extrem starke Leiden der Patienten. Ihr emotionales und affektives Erleben ist extrem intensiv, nicht mehr aushaltbar. Die natürliche Reaktion darauf ist die Reduktion der Körperwahrnehmung, der Preis dafür ist eine sehr geringe Affekttoleranz.

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) e.V. weist in ihrer Leitlinie 11 für die Posttraumatische Belastungsstörung auf die Kontraindikation für Trauma bearbeitende Verfahren hin. Diese besteht u. a. in der „mangelnden Affekttoleranz“.

Die Widersprüchlichkeit: Eines der Hauptsymptome der Traumatisierung ist jedoch genau dieser Mangel an Affekttoleranz. Hier entsteht ein eigenartiger Zirkelschluss: Einerseits dürfen Klienten mit Traumatisierung nicht in eine Traumatherapie, wenn sie mangelnde Affekttoleranz aufweisen, andererseits brauchen sie gerade wegen der mangelnden Affekttoleranz eine Traumatherapie, weil sie diese selbst nicht herstellen können. Betrachtet man diese Situation von außen, dann mutet sie sehr widersprüchlich an. Hier ist also dringend eine Veränderung vonnöten.

Die Lösung: Pranayama stellt die erforderliche Affekttoleranz her. Es verändert Auslöseschwellen im Nervensystem, es setzt sie nämlich herauf. Der Traumaklient wird robuster oder, anders ausgedrückt: Sein Nervensystem wird resilienter gegenüber Reizen. Durch die Erfahrung, dass sein Nervensystem robuster geworden ist, wird der Klient offener für das Wahrnehmen von Reizen. Auf Pranayama baut ein Prozess auf, der im Yoga Pratyahara genannt wird. Dieser nutzt die hergestellte Affekttoleranz und führt danach in eine entsprechende Traumaexposition. Das Pratyahara zielt nicht auf Erinnerungen ab, sondern auf eine intensive Körperwahrnehmung. Durch die Exposition auf Affekte und Emotionen aus dem eigenen Körper (bottom-up) werden auf der Basis der vorhandenen Affekttoleranz gute Ergebnisse erreicht. Das Nervensystem ist „ruhiger“ und der Klient macht die Erfahrung, in seinem Körper Sicherheit zu spüren und keine Gefahr.

Der Pratyahara-Prozess wird in Kapitel 5 ausführlich beschrieben. In Kapitel 6 gibt es flankierend Informationen darüber, wie die Körperhaltungen des Yoga (Asanas) so eingesetzt werden können, dass dieser Prozess unterstützt wird.

1. Was ist Pranayama?

1.1 Pranayama beginnt mit dem Herzen

Das Herz kann in verschiedenen Zuständen sein. Gefühlt ist es manchmal geöffnet, manchmal geschlossen. Auch auf der zwischenmenschlichen Begegnungsebene spüren wir den Zustand unseres Herzens, nehmen wahr, ob jemand in der Lage ist, mit uns mitzuschwingen oder nicht.

Um das zu verdeutlichen, stellen Sie sich drei oder vier Personen vor, die sich seit vielleicht einer halben Stunde unterhalten. Das Thema ist eher nebensächlich, aber es ist mittlerweile eine Art Gruppenenergie entstanden. Man fühlt sich verstanden und schwingt mit der Gruppe. Nun kommt von außen eine neue Person hinzu, die sich in einem geschlossenen Zustand des Herzens befindet. In einer solchen Situation kann leicht ein Kommunikationsproblem entstehen. Die neue Person versteht gar nicht so richtig, worum es geht, und hängt sich vielleicht an einem Begriff auf, den der Rest der Gruppe für vollkommen unproblematisch hält. Die Gruppe schwingt nicht mit der neuen Person und umgekehrt die neue Person auch nicht mit der Gruppe. Die schöne Unterhaltung ist vorbei, es wird anstrengend.

Dieser geschlossene oder offene Zustand des Herzens ist auch medizinisch nachweisbar. Im geöffneten Zustand ist Herzfrequenzvariabilität – so der Fachbegriff – gegeben, im geschlossenen Zustand fehlt sie.

Im Pranayama kommt es zu einer inneren Kommunikation zwischen Körper und Bewusstsein. Hierfür sollte das Herz schwingungsfähig und die Reizschwelle der Nerven sollte angehoben sein. Erst so ist auch die Kommunikation von Erlebnissen tiefer Verletzung möglich.

Es gibt eine Reihe von Vorübungen des Pranayama, durch die sich die Schwingungsfähigkeit des Herzens herstellen lässt. In diesem Kapitel beschreibe ich das kurz und beispielhaft an Kapalabhati. In Kapitel 7 vertiefe ich dieses Thema und gehe auf weitere Pranayama-Vorübungen ein. Sie alle haben differenzierte Wirkungen, aber ihnen gemeinsam ist die Erzeugung der Herzfrequenzvariabilität. Diese entsteht intuitiv. Hat er die Vorübung für eine längere Zeit ohne Anstrengung durchgeführt, korreliert der Übende intuitiv den Atemrhythmus mit dem Herzrhythmus.

Lesen Sie weiter in der vollst?ndigen Ausgabe!

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