Der Ruf des Schattenfrosches - Fiona Seabrink - E-Book

Der Ruf des Schattenfrosches E-Book

Fiona Seabrink

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Beschreibung

Ein düsterer Wald, eine verborgene Grenze, eine bedrohliche Kreatur. Als Sophie in den tiefen Wald flieht, sucht sie Frieden – doch sie findet eine Welt, die alles infrage stellt. Eine seltsame Lichtung und ein geheimnisvoller Teich ziehen sie in eine Realität, in der die Natur unheimlich lebendig wird und Schatten dunkle Geheimnisse bergen. Ohne es zu wollen, überschreitet sie die Grenze zwischen den Welten und erweckt dabei etwas, das besser verborgen geblieben wäre: eine Kreatur aus purer Dunkelheit und Angst. Gefangen in einer albtraumhaften Welt, muss Sophie ihren Mut und Verstand einsetzen, um den Weg zurückzufinden – bevor "Der Alte" alles zerstört, was sie kennt und liebt. Ein fesselnder Horror-Fantasy-Roman für Fans von atmosphärischen, düsteren Geschichten und nervenaufreibender Spannung.

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Seitenzahl: 80

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Der Ruf des Schattenfrosches
Impressum
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Fiona Seabrink

Der Ruf des Schattenfrosches

Impressum

Texte: © Copyright by Fiona Seabrink

Umschlaggestaltung: © Copyright by Fiona Seabrink

Verlag:

Fiona Seabrink

c/o AutorenServices.de

Birkenallee 24

36037 Fulda

Herstellung: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

1.

Sophie zog ihren Umhang fester um sich, während sie sich einen Weg durch das Dickicht bahnte. Der Wald um sie herum war still – eine Stille, die sie suchte und zugleich fürchtete. Ihre Gedanken waren wie ein Sturm, ein unablässiges Dröhnen von Stimmen, Erwartungen und Entscheidungen, die nicht die ihren waren. Heute hatte sie es nicht mehr ertragen. Mit einem plötzlichen Entschluss war sie aus dem Haus gestürmt, nur mit einem Rucksack und ihrer Lieblingslaterne bewaffnet, die nun an ihrem Gürtel baumelte.

Im Wald fühlte sie sich leichter. Die Bäume schirmten die Welt ab, ihre hohen Wipfel wie eine Kathedrale aus Zweigen und Schatten. Hier war sie frei von den Blicken, den Fragen, den Zwängen. Ihre Füße traten auf weiches Moos, das jeden Schritt dämpfte, und sie ließ den Kopf hängen, um sich ganz in die Monotonie des Gehens zu verlieren.

Sophie wusste nicht genau, was sie hier suchte – vielleicht Ruhe, vielleicht nur einen Moment, der ganz ihr gehörte. Sie hatte immer das Gefühl, dass der Wald sie verstand. Er sprach nicht, forderte nichts, er war einfach da.

Doch heute schien etwas anders zu sein.

Zuerst war es lediglich diffus wahrnehmbar: ein kaum hörbares Rascheln, das nicht von ihr kam. Ein kühler Windstoß, der die Blätter flüstern ließ, obwohl die Luft schwer und unbewegt war. Die Stille des Waldes, die sie sonst beruhigte, war nun drückend, als würde sie etwas erwarten.

Sophie blieb stehen und hob den Kopf. Die Lichtung, die sie erreicht hatte, schien fremd, obwohl sie hier schon oft vorbeigekommen war. Das Licht hatte sich verändert – es war blass, fast silbrig, und legte einen Schleier über die Bäume. Der Wald atmete anders, als hätte er sich in etwas Lebendiges verwandelt, das sie beobachtete.

Sie spürte, wie eine Gänsehaut über ihre Arme kroch.

„Unsinn,“ murmelte sie zu sich selbst und schüttelte den Kopf. „Es ist nur ein Wald.“ Doch als sie weiterging, fühlte sich jeder Schritt schwerer an, als würde sie eine Grenze überschreiten, die sie nicht sehen konnte.

Die Stille war nicht mehr angenehm. Sie war zu vollkommen. Kein Vogel sang, kein Insekt summte. Selbst ihre Schritte schienen von einem unsichtbaren Teppich verschluckt zu werden. Die Umgebung wirkte vertraut und doch entfremdet, als hätte jemand die Schatten gestreckt und die Farben ausgebleicht.

Sophie blieb erneut stehen und sah sich um. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, obwohl sie keinen Grund dafür erkennen konnte. Dann fiel ihr Blick auf eine Stelle vor ihr, wo die Luft flimmerte, als wäre dort ein unsichtbares Tor, das in der Sonne schimmerte – doch die Sonne konnte hier unmöglich scheinen.

Ein eigenartiger Sog zog sie näher.

Sophie spürte ein unbehagliches Kribbeln im Nacken, als sie das Flimmern vor sich betrachtete. Es schien wie ein Vorhang aus Luft, der sich bewegt, ohne dass ein Windstoß ihn antreibt. Ein Teil von ihr wollte es berühren, wissen, was dahinter lag – doch ein tiefer Instinkt hielt sie zurück. Etwas stimmte nicht.

„Ich sollte umkehren,“ murmelte sie, doch ihre Stimme klang fremd in der völligen Stille.

Sie wich einen Schritt zurück, dann einen zweiten, bemüht, den flimmernden Bereich zu meiden. Doch als sie sich umsah, merkte sie, dass sie sich verlaufen hatte. Der Weg, den sie gekommen war, war verschwunden – oder hatte er je existiert?

Sophie wandte ihren Blick von dem Flimmern ab und richtete ihn auf die Bäume. Vielleicht würde sie sich an ihrem Anblick orientieren können, wie sie es immer tat. Doch etwas war merkwürdig.

Die Bäume sahen seltsam aus. Ihre Stämme waren glatt und glänzend, wie polierter Stein, doch das war nicht das Merkwürdigste. Es war die Art, wie sie sich zu den Kronen hin verzweigten – die Äste verliefen in unregelmäßigen, fast geometrischen Mustern, als hätte jemand sie gezeichnet statt wachsen lassen.

„Was sind das für Bäume?“ Sophie flüsterte die Worte und berührte einen Stamm vorsichtig mit den Fingern. Die Rinde fühlte sich nicht wie Holz an. Sie war kühl, beinahe wie Metall, doch sie vibrierte leicht, als ob Leben durch sie pulsierte.

Ihr Blick wanderte weiter, und sie bemerkte, dass auch der Boden verändert war. Anstelle von Moos und Farnen wuchsen hier Pflanzen, die sie noch nie gesehen hatte. Einige hatten leuchtende Farben, die im dämmrigen Licht des Waldes seltsam schimmerten, andere bewegten sich leicht, obwohl kein Wind sie berührte.

Sophie war oft in Wäldern unterwegs gewesen. Sie kannte die Bäume, die Kräuter, die Pilze, die sie auf ihren Streifzügen entdeckte. Sie hatte gelernt, die Muster der Natur zu lesen, und selbst seltene Pflanzen erkannte sie mühelos. Doch diese hier – sie entzogen sich jeglicher Einordnung.

„Das ist nicht normal,“ dachte sie und spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Es war, als hätte sie den Wald verlassen und sei in einen fremden Ort eingetreten, der sich nur als Wald tarnte.

Ein kaltes Gefühl kroch ihr den Rücken hinauf, und sie war sich plötzlich sicher, dass sie nicht allein war.

Sophie drehte sich um, entschlossen, sich von dem Flimmern in der Luft so weit wie möglich zu entfernen. Doch wohin sie auch blickte, die Landschaft wirkte verändert, fremd. Der vertraute Pfad, den sie gekommen war, war nicht mehr zu erkennen. Die Bäume standen dichter, die Stämme schienen ihre Form zu verändern, je länger sie hinsah.

Ein unangenehmes Gefühl des Eingesperrtseins breitete sich in ihr aus. Trotzdem setzte sie einen Fuß vor den anderen, ihren Blick auf den Boden gerichtet, um nicht erneut von den seltsamen Pflanzen irritiert zu werden. „Einfach weitergehen“, sagte sie leise zu sich selbst, als ob die Worte ihr Sicherheit geben könnten.

2.

Nach einer Weile öffnete sich der dichte Wald plötzlich, und Sophie fand sich am Ufer eines Teiches wieder. Sie blieb stehen, überrascht und verwirrt.

Hier sollte kein Teich sein. Sie kannte diesen Wald – zumindest hatte sie das immer gedacht. Es gab keinen Teich in dieser Gegend, da war sie sich sicher.

Der Teich lag reglos vor ihr, seine Oberfläche glatt wie ein dunkler Spiegel, doch irgendetwas daran war nicht richtig. Es dauerte einen Moment, bis sie bemerkte, dass er kein Spiegelbild zeigte. Weder die Bäume noch der Himmel darüber waren auf der Wasseroberfläche zu sehen. Stattdessen wirkte es, als würde das Wasser eine bodenlose Tiefe preisgeben, die in völliger Dunkelheit verschwand.

Und dann war da der Nebel.

Ein dichter, weißlicher Dunst stieg langsam vom Wasser auf, doch er bewegte sich nicht wie gewöhnlicher Nebel. Statt sanft aufzusteigen und sich zu verflüchtigen, schien er gezielt zu wachsen, als hätte er ein Eigenleben. Die Schwaden zogen in komplizierten Mustern durch die Luft, als würden sie nach etwas suchen.

Sophie hielt den Atem an, als sie sah, wie ein Nebelschleier sich in ihre Richtung bewegte. Die Kälte, die von ihm ausging, war fast greifbar, wie eine unsichtbare Hand, die nach ihr griff.

Der Teich selbst schien in der Dunkelheit zu summen, ein leises, fast unhörbares Geräusch, das in ihren Ohren vibrierte. Es war kein Summen, das sie je gehört hatte – es war tiefer, fremder, und es schien von etwas zu stammen, das unter der Oberfläche lauerte.

„Ich sollte hier nicht sein,“ flüsterte Sophie und machte einen Schritt zurück, doch der Nebel schien sich immer weiter auszubreiten, schloss langsam den Raum zwischen ihr und dem unnatürlich stillen Wasser.

Sophie wich weiter zurück, doch der Nebel ließ ihr kaum eine Chance. Die Schwaden bewegten sich, als hätten sie Augen und Sinne, die sie fixierten. Sie schlängelten sich durch die Luft, formten immer wieder neue Muster – und dann, zu ihrem Entsetzen, begannen sie Gestalten anzunehmen.

Die Formen waren vage und schemenhaft, aber eindeutig humanoid. Lange Gliedmaßen, die sich langsam in ihre Richtung streckten, und Köpfe ohne Gesicht, nur glatte, leuchtende Flächen, die sie dennoch zu beobachten schienen.

Sophie hielt die Luft an. Ihr Herz raste, und ihre Beine fühlten sich wie Blei an. „Bleib weg... bitte bleib weg,“ flüsterte sie, doch ihre Stimme ging in dem unheimlichen Summen unter, das vom Teich ausging.

Als sie einen weiteren Schritt zurückmachte, spürte sie plötzlich eine Bewegung hinter sich. Ein Scharren auf dem Boden, kaum hörbar, aber genug, um ihr einen Schauer über den Rücken zu jagen. Sie drehte sich ruckartig um und sah ihn.

Ein Mann trat aus dem Schatten der Bäume, gebückt, als wäre er alt, doch seine Bewegungen waren zu geschmeidig, zu unnatürlich. Seine Haut war blass und glänzend, fast wie Schuppen, und seine Augen glühten in einem trüben Grün. Er hielt eine Hand hoch, um sie zu beruhigen, doch seine Stimme war alles andere als beruhigend.

„Du darfst nicht hier sein,“ sagte er, seine Worte rau und kehlig, als hätte er lange nicht gesprochen. „Dieser Ort... ist keine Zuflucht. Er ist eine Pforte. Du hast das Flimmern gesehen, nicht wahr? Du hast es gespürt!“

Sophie konnte nur nicken, unfähig, Worte zu finden.

Der Mann trat näher, und sie wich zurück, bis ihre Fersen fast den Teich berührten. „Du musst gehen,“ drängte er, „sofort. Bevor es dich findet. Bevor die Grenze zerbricht.“

Doch bevor Sophie reagieren konnte, schoss ein Nebelschwaden aus dem Teich hervor und umschlang den Mann. Er schrie, ein kehliger, verzweifelter Laut, während der Nebel ihn in Richtung des Teichs zog. Sein Körper wand sich, kämpfte, und dann – mit einem letzten, grauenhaften Laut – war er verschwunden.