Der seltsame Fall des Doktor Sharif Bittermann - Sissi Kaipurgay - E-Book

Der seltsame Fall des Doktor Sharif Bittermann E-Book

Sissi Kaipurgay

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Beschreibung

Sharif leidet unter extremer Scheu. Therapiestunden bei Doktor Krüger helfen ihm nicht, setzen ihn aber unter Druck. Um zu verhindern, dass Krüger ihm Maßnahmen aufzwingt, unternimmt er einen gewagten Schritt: Er geht in einen einschlägigen Club. Dadurch ändert sich nichts an seinen Hemmungen, setzt aber etwas in Gang, womit er niemals gerechnet hätte.

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Inhaltsverzeichnis

Der seltsame Fall des Doktor Sharif Bittermann

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

Epilog – einige Monate später

Der seltsame Fall des Doktor Sharif Bittermann

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Copyright Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos

Fotos: Cover: Shutterstock 124098307, Pillen: Depositphotos_116280192_L

Cover-Design: Lars Rogmann

Korrektur: Aschure, dankeschön!

Kontakt: http://www.bookrix.de/-sissisuchtkaiser/, https://www.sissikaipurgay.de/

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Autorenservice Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Der seltsame Fall des Doktor Sharif Bittermann

Sharif leidet unter extremer Scheu. Therapiestunden bei Doktor Krüger helfen ihm nicht, setzen ihn aber unter Druck. Um zu verhindern, dass Krüger ihm Maßnahmen aufzwingt, unternimmt er einen gewagten Schritt: Er geht in einen einschlägigen Club. Dadurch ändert sich nichts an seinen Hemmungen, setzt aber etwas in Gang, womit er niemals gerechnet hätte.

1.

„Sie laufen Gefahr, in Depressionen zu versinken“, warnte Doktor Krüger. „Sie müssen unbedingt soziale Kontakte knüpfen.“

Leichter gesagt als getan. Sharif war nun mal menschenscheu.

„Ich verschreibe Ihnen ein leichtes Schlafmittel. Dann sind Sie tagsüber entspannter.“ Der Doktor, der Sharif in einem Bürosessel gegenübersaß, drehte sich zum Schreibtisch und begann, auf die Tastatur des Computers einzuhacken.

Vielleicht sollte er einfach eine Überdosis von dem Zeug schlucken. Dann hätte sein Elend ein Ende.

„Es ist rein pflanzlich. Es ist also nicht schlimm, wenn Sie es mal überdosieren“, sprach Krüger weiter.

Soweit zu seinem Plan. Nicht mal ein sanfter Tod war ihm vergönnt.

Mit dem Rezept in der Hand verließ er kurz darauf Krügers Praxis. Nachdem er sich in seinen Wagen gesetzt hatte, stellte er sein Handy - während der Sitzungen schaltete er es stets aus - wieder an. Zwei verpasste Anrufe seiner Mutter. Seufzend tippte er auf die Rückruf-Taste und hielt sich das Gerät ans Ohr.

„Hi Mama“, meldete er sich, als sie abnahm.

Sie wollte wissen, ob er am Samstag zum Kaffee kommen würde. Seine Geschwister wären auch alle da.

„Dann fällt es doch gar nicht auf, wenn ich fehle“, witzelte er.

„Mir fällt es auf.“

„Natürlich werde ich da sein“, beruhigte er sie. „Wie geht’s Papa?“

„Wie immer. Er hat Rücken.“

Sein Vater schuftete häufig im Garten und jammerte hinterher stets über Rückenschmerzen. „Gib ihm einen Cognac. Dann wird er schnell wieder gesund.“

Sie kicherte. „Das mache ich. Bis Samstag, mein Schatz.“

Er schickte ihr einen Luftkuss, bevor er die Verbindung beendete.

Seine Mutter besaß ägyptische Wurzeln. Sie war mit ihrer Familie vor ungefähr sechzig Jahren, also mit sieben, nach Deutschland gekommen. Von ihr hatte er den dunklen Teint, die schwarzen Haare und tiefbraunen Augen geerbt. Seine Schwester Amany teilte sein Schicksal. Seine zweite Schwester, Yanara, und sein Bruder Essam kamen nach seinem Vater, mit braunen Haaren und blauen Augen.

Eines hatten sie alle gemein: Die schmale Statur ihrer Mutter; sehr zu Sharifs Leidwesen. Vielleicht wäre er mutiger, wenn er die breite Gestalt seines Vaters hätte. Andererseits war Essam auch klein und schmächtig und trotzdem selbstbewusst.

Beruflichen Erfolg – und obendrein einen Doktortitel - konnte Sharif schon vorweisen. Er arbeitete bei einem großen Pharmakonzern in der Forschungsabteilung. Angebote, die Karriereleiter zu erklimmen, hatte er aber immer abgelehnt, weil er dann Untergebene führen müsste. Ein Problem, das Essam nicht kannte. Sein Bruder war bei einem Zeitarbeitsunternehmen angestellt, rekrutierte Mitarbeiter und das mit Begeisterung. Sharif schauderte schon bei dem Gedanken daran.

Er hatte Mikrobiologie studiert. Bereits in der Schule war Bio sein Lieblingsfach gewesen, daher ein logischer Schritt. Zudem musste er mit den Mikroorganismen nicht kommunizieren. In sozialer Hinsicht war er echt ein totaler Versager.

Viele Jahre hatte er sich eingeredet, mit seinem Einsiedlerdasein zufrieden zu sein. Vor einigen Monaten war ihm jedoch klargeworden, dass es so nicht weitergehen konnte. Hinzukam der Druck seiner Familie. Insbesondere seine Mutter und Schwestern drängten darauf, dass er einen Therapeuten aufsuchte. Dabei ging es nicht um seine Liebe zum eigenen Geschlecht, denn das akzeptierten sie, sondern um ihre Sorge, dass er vereinsamte.

Doktor Arnold Krüger hatte er sich aufgrund der positiven Bewertungen im Internet ausgesucht. Natürlich war ihm bewusst, dass diese vielleicht gefakt waren, aber wonach sollte er sich sonst richten? Zugegeben: Krügers Praxis lag in der Nähe seines Arbeitgebers, was ihn zusätzlich beeinflusst hatte. So konnte er seine Termine gleich nach Feierabend wahrnehmen, ohne sich Sorgen um Verspätungen durch den Berufsverkehr zu machen.

Was die Sitzungen bei Doktor Krüger bringen sollten, war ihm ein Rätsel. Der Mann erzählte ihm nichts, das er nicht bereits wusste. Überwiegend hörte Krüger ihm nur zu, wenn er über seine Arbeit laberte. Worüber sollte er sonst reden? Derzeit forschte er an einem Medikament gegen Demenz und wähnte sich vor einem Durchbruch. Für ihn war das spannend und Krüger tat zumindest so, als wäre es interessant.

Der Doktor hatte vorgeschlagen, ihm einen Coach zur Seite zu stellen, um erste Schritte in der Öffentlichkeit zu wagen. „Manchmal muss man sich kopfüber ins Abenteuer stürzen“, lauteten Krügers Worte. „Packen wir den Stier bei den Hörnern? Soll ich jemanden für Sie engagieren?“

Sharif hatte den Kopf geschüttelt. Er brauchte doch kein Kindermädchen! „Das schaffe ich allein“, hatte er behauptet.

Große Töne spucken, nichts dahinter, nannte seine Mutter solche Anwandlungen. Er zitterte nämlich wie Espenlaub, wenn er bloß daran dachte, sich allein in eine Disco, einen Club oder ähnliches zu begeben. Das meinte Krüger mit Abenteuer-Schrägstrich-soziale Kontakte knüpfen. Als ob man in solchen Etablissements Freunde finden würde.

Sich einem Sportverein oder irgendeiner Interessengemeinschaft anzuschließen, hatte Sharif von vornherein ausgeschlossen. Die Erinnerung an den Sportunterricht in der Schule, verursachte ihm immer noch Magenschmerzen. In den ersten Jahren hatten ihn seine Klassenkameraden, wenn er eine Übung nicht hinbekam, ausgelacht. Später blieb das zwar aus, aber die mitleidigen Blicke der anderen Kinder taten genauso weh. Was Interessengemeinschaften betraf: Da käme höchstens ein Schachclub infrage. Aus eigener Erfahrung wusste er jedoch, dass Schachspieler einzig aufs Spiel fixiert waren. Er konnte es sich also schenken, solchem Verein beizutreten, denn im Internet fand er genug Gleichgesinnte.

Nachdem er seinen Wagen in der Tiefgarage abgestellt hatte, begab er sich zur nächsten Apotheke, um Krügers Rezept einzulösen. Danach stockte er seine Lebensmittelvorräte in dem danebenliegenden Supermarkt auf, bevor er nach Hause ging.

Seine Eigentumswohnung lag im Erdgeschoss eines Neubaus. Drei große Zimmer mit Terrasse und Garagenstellplatz in Winterhude. Er liebte diesen Stadtteil, weshalb er den horrenden Kaufpreis akzeptiert hatte. Es gab vielseitige Nahversorgung und in den Straßen pulsierte das Leben. Inmitten des bunten Treibens zu wohnen, vermittelte ihm das Gefühl, weniger einsam zu sein. Manchmal war das Gegenteil der Fall, aber nur in schlechten Phasen.

Aufgewachsen war Sharif in Kayhude, einem Dorf einige Kilometer nördlich von Hamburg. Seine Eltern lebten noch dort. Sich dort eine Wohnung zu suchen, war nie eine Option gewesen. Zum einen wegen des langen Arbeitsweges, der zudem hohe Staugefahren barg, zum anderen wollte er der dörflichen Enge entfliehen. Zu vieles erinnerte ihn an schmachvolle Situationen aus seiner Kindheit und Jugend.

Zum Abendessen stand heute Chinesisch auf dem Plan. Kochen entwickelte sich zu seiner dritten Leidenschaft. Anfangs aus der Not geboren, weil er Fertiggerichte satthatte, verbrachte er mittlerweile gern Zeit am Herd. Es war ein bisschen wie bei seiner Forschung: Dinge zusammenschütten und gucken, wie sie miteinander reagierten. Kochbücher bewahrten ihn davor, toxische Kombinationen auszuprobieren. Also, nicht toxisch in dem Sinne von giftig, sondern in dem von Beleidigung für den Gaumen.

Während er den Garvorgang des Reises bewachte, dachte er über das Gespräch mit Krüger nach. Er befürchtete, dass der Doktor, wenn er nicht aktiv wurde, Maßnahmen ergriff; Maßnahmen in der Form, ihm einen Babysitter zu beschaffen. Ihm war nämlich wohl aufgefallen, dass Krüger zunehmend die Geduld mit ihm verlor. Sehr unprofessionell. Andererseits brachte er dafür Verständnis auf. Er ging sich ja selbst mit seiner zögerlichen Art auf die Nerven.

Als er etwas später vor seinem Teller Chop Suey saß, beschloss er, am Wochenende ins No. Six zu gehen. Von dem Club schwärmten die Leute in einschlägigen Magazinen in den höchsten Tönen. Zweimal hatte er sich dem Etablissement bereits bis auf wenige Meter genähert und war wieder umgekehrt. Diesmal würde er ein bisschen vorglühen, bevor er loszog. Vielleicht fand er alkoholisiert den Mut, einen Fuß in den Laden zu setzen. Ihm war bewusst, dass er beim nächsten Termin mit Krüger besser Ergebnisse präsentierte, um drohendes Unheil abzuwenden.

Am folgenden Morgen widmete er sich auf der Arbeit seiner privaten Forschung. Da sein aktuelles Projekt 48 Stunden ruhen musste, bevor er weitere Schritte einleitete, fand er das völlig legitim.

Aus diversen Antidepressiva stellte Sharif eine Mischung her, von der er sich erhoffte, dass sie gegen Scheu wirkte. Mittags nutzte er die Gelegenheit, als sämtliche Arbeitsplätze wegen der Pause verwaist waren, einem der Versuchskaninchen eine geringe Dosis zu verabreichen. Nach vollbrachter Tat richtete er eine der Kameras auf den Käfig und programmierte sie so, dass die Bilder nur auf seinen Monitor übertragen wurden.

Anschließend kehrte er in sein Büro zurück, setzte sich an seinen Schreibtisch und verfolgte, wobei er seine mitgebrachte Käsestulle verspeiste, das Geschehen. Einige Zeit passierte gar nichts. Das Kaninchen mümmelte ein bisschen Heu und hockte ansonsten reglos da. Dann – es waren neun Minuten vergangen – begann es, interessiert an dem Gitter, das es vom Nachbarkarnickel trennte, zu schnuppern. Ob diese Reaktion vom Medikament hervorgerufen oder durch etwas anderes verursacht wurde, war unklar. Vielleicht spürte das Kaninchen bloß ein dringendes Bedürfnis nach Kontakt. Dennoch wertete Sharif den Testlauf als Erfolg, denn zumindest zeigte der Nager keinerlei Vergiftungserscheinungen.

Offiziell wurden im Unternehmen keine Tierversuche durchgeführt. Um den Schein zu wahren, suchte man regelmäßig Testpersonen, denen man aber lediglich Placebos verabreichte. Mal im Ernst: Würde bei solchen Versuchen jemand sterben, könnte sein Arbeitgeber den Laden dichtmachen.

Natürlich taten Sharif die Versuchskaninchen und Laborratten leid. Bei anderen Produkten, beispielsweise Cremes und Seifen, die maximal Hautirritationen hervorriefen, war er auch dagegen, damit Tiere zu malträtieren. Medikamente mussten jedoch an lebenden Probanden ausprobiert werden.

Bis zum Feierabend tat sich im Käfig nichts Neues. Das Kaninchen wechselte ab und zu die Seite, um mal den linken, mal den rechten Nachbarn näher zu beäugen. Auffällig war nur das mangelnde Interesse an dem Futter, das ein Kollegin zwischendurch verteilte.

2.

„Und? Wie läuft deine Therapie?“, fragte Amany, als sie am Samstagnachmittag in trauter Runde an der Kaffeetafel ihrer Eltern saßen.

Sharif zuckte mit den Achseln. „Ich rede, der Doktor hört zu.“

„Sollte er dich nicht analysieren?“, erkundigte sich Yanara.

„Das haben wir schon hinter uns.“ Doktor Krüger hatte weder in seiner Kindheit noch Jugend Anhaltspunkte für ein Trauma gefunden, mit Ausnahme des Mobbings in der Schule.

„Hauptsache, dir bringt der Kram was“, brummelte Essam.

„Auf jeden Fall ein leeres Bankkonto.“ Sharif seufzte übertrieben.

Im Kreis seiner Familie konnte er sich frei entfalten. Seine Scheu gegenüber Fremden schien daraus zu resultieren, dass er Angst davor hatte, abgelehnt zu werden.

„Warum stellst du keinen Antrag auf Kostenübernahme bei deiner Krankenkasse?“, wollte sein Vater wissen.

„Dafür müsste ich krank sein.“

„Die zahlen doch nur, wenn man schon im Arsch ist“, meinte Essam.

„Essam! Böses Wort!“, schimpfte ihre Mutter.

Sharifs Bruder grinste bloß.

„Es kann sein, dass ich mich bald verlobe“, verkündete Yanara, womit das Thema glücklicherweise vom Tisch war.

Ihre Mutter freute sich stets, wenn eines ihrer Kinder sowas erzählte. Essam war schon zweimal verlobt gewesen, Yanara einmal und Amany sogar verheiratet. Bisher hatte keine dieser Verbindungen gehalten, dennoch glaubte sie immer, dass es diesmal gutgehen würde.

Auf dem Heimweg breitete sich ein mulmiges Gefühl in seiner Magengegend aus. Bisher hatte er seinen Plan verdrängt, doch nun wurde dieser ihm wieder bewusst. Am liebsten würde er sein Vorhaben aufs folgende Wochenende vertagen oder auf eines nach seinem Tod, aber das war keine Option. Dienstag stand der nächste Termin mit Doktor Krüger an. Bis dahin musste irgendwas geschehen.

Seinen Recherchen zufolge, öffnete das No. Six um neun. Als er zu Hause eintraf, war es erst halb sieben. Was sollte er bloß mit der ganzen Zeit anfangen?

Eine Stunde verbrachte er damit, Runden durch seine Wohnung zu drehen, eine weitere damit, in seinem Kleiderschrank nach einem passenden Outfit zu fahnden. Viermal zog er sich um, bis er einigermaßen zufrieden war. Schwarze Jeans, dazu ein graues T-Shirt und schwarze Sneakers. Nicht spektakulär, aber er wollte ja auch gar nicht auffallen.

Im Bad kümmerte er sich um seine Frisur. Viel gab es daran nicht zu tun. Seine dicken, schwarzen Haare unterlagen der Schwerkraft, egal, was er damit anfing. Anschließend mixte er sich einen Wodka-Orange, mit dem er sich im Wohnzimmer auf der Couch niederließ. Wenig erfolgreich versuchte er, mögliche Horrorszenarien aus seinem Kopf zu verbannen. Was war schlimmer: Gar nicht erst in den Club gelassen zu werden (weil seine Kleidung/sein Gesicht/was auch immer nicht akzeptabel war) oder rein zu dürfen und von allen angegafft zu werden? Wenn er bereits an der Tür scheiterte, würde Doktor Krüger ihm bestimmt einen Babysitter zur Seite stellen. Im anderen Fall hätte er den nächsten Therapietermin bitter nötig.

Der Inhalt seines Glases verflüchtigte sich im Nu. Er besorgte Nachschub und kehrte auf die Couch zurück. Inzwischen war es fast neun. Rasch lenzte er seinen Drink, rülpste und zückte sein Handy, um ein Taxi zu rufen. Nachdem das erledigt war, guckte er einige Momente ins Leere. Der Alkohol hatte ihn entspannt … vielleicht ein bisschen zu sehr. Plötzlich fühlte er sich total müde. Das war doch nicht gut, wenn man weggehen wollte, nicht wahr? Er sollte sein Vorhaben verschieben und lieber ins Bett gehen. Kommt nicht infrage!, pflaumte ihn sein Verstand an. Du ziehst das jetzt durch!

Schicksalergeben begab er sich in den Flur, stopfte einige Geldscheine, sein Schlüsselbund und ein Paket Papiertaschentücher (ohne die er nie das Haus verließ) in seine Hosentasche. Nach einem letzten Blick in den Garderobenspiegel begab er sich vor die Tür, wo bereits das Taxi wartete.

Die Fahrt dauerte nur zehn Minuten. Schon hielt der Wagen, obwohl Sharif noch gar nicht bereit war, sich seinen Ängsten zu stellen. Er entlohnte den Taxifahrer, stieg aus und atmete tief durch, wobei er drei Leute, die vor dem Club standen, betrachtete. Kleidungstechnisch schien er nicht völlig danebengegriffen zu haben, denn die Männer trugen ebenfalls causal Look, nur wesentlich figurbetonter.

Abermals versuchte er, seinen ängstlich rasenden Puls mittels Atemtechnik zu beruhigen. Da es dumm ausgesehen hätte, allzu lange wie angewurzelt am Bordstein rumzustehen, näherte er sich dem Eingang zur Hölle. Als die Tür aufsprang und jemand nach draußen trat, warf er einen Blick ins Innere. Anscheinend gab es keinen Türsteher. Somit war Horrorszenario eins schon mal ausgeschlossen.

---ENDE DER LESEPROBE---