Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde - Robert Louis Stevenson - E-Book

Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde E-Book

Robert Louis Stevenson

0,0

Beschreibung

Robert Louis Stevenson: Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde, Neuausgabe 2019 || Mit der spannenden Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde gelang Robert Louis Stevenson (1850-1894) ein Geniestreich. Sie gehört heute zu den Klassikern des Gruselgenres, genau wie »Frankenstein«, »Dracula« oder »Der Golem«, und wurde unzählige Male verfilmt. || Was die Geschichte so universell verständlich macht, ist das Grundmotiv: Der Mensch, ringend zwischen seinen Polen, der guten und wohltätigen Seite einerseits, und der bösen und gemeinen Seite andererseits. Hier allerdings nicht sinnbildlich, sondern manifest: Das Böse bricht sich körperlich Bahn, in Gestalt des Mr. Hyde, in den sich Jekyll verwandelt, nachdem er ein lange ausgetüfteltes Geheimpulver zu sich nimmt. Wie zu erwarten, gerät die Sache außer Kontrolle ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 128

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALT

Ü

BER DAS

B

UCH

Ü

BER DEN

A

UTOR

D

IE

G

ESCHICHTE DER

T

ÜR

A

UF DER

S

UCHE NACH

M

R

. H

YDE

D

R

. J

EKYLL IST GANZ UNBEFANGEN

D

IE

E

RMORDUNG VON

S

IR

D

ANVERS

C

AREW

D

ER

B

RIEF

D

R

. L

ANYONS SONDERBARES

E

RLEBNIS

D

IE

B

EGEGNUNG AM

F

ENSTER

D

IE LETZTE

N

ACHT

D

R

. L

ANYONS

A

UFZEICHNUNGEN

H

ENRY

J

EKYLLS VOLLSTÄNDIGE

D

ARLEGUNG DES

F

ALLES

ÜBER DAS BUCH

MIT DER SPANNENDEN GESCHICHTE von Dr. Jekyll und Mr. Hyde gelang Robert Louis Stevenson (1850–1894) ein Geniestreich. Sie gehört heute zu den Klassikern des Gruselgenres, genau wie ›Frankenstein‹, ›Dracula‹ oder ›Der Golem‹, und wurde unzählige Male verfilmt.

Was die Geschichte so universell verständlich macht, ist das Grundmotiv: Der Mensch, ringend zwischen seinen Polen, der guten und wohltätigen Seite einerseits, und der dunklen, bösen und gemeinen Seite andererseits. Hier allerdings nicht sinnbildlich, sondern manifest: Das Böse bricht sich körperlich Bahn, in Gestalt des Mr. Hyde, in den sich Jekyll verwandelt, nachdem er ein lange ausgetüfteltes Geheimpulver zu sich nimmt. Wie zu erwarten, gerät die Sache außer Kontrolle ...

Im Jahr 1886, Stevenson lebte damals in Bournemouth, Südengland, entstand diese Schauernovelle, die vom authentischen Fall des Deacon William Brodie, einem Kunsttischler aus dem Edinburgh des 16. Jahrhunderts, inspiriert ist. Dieser war tagsüber ein angesehener Handwerker, trieb jedoch nachts als Verbrecher sein Unwesen. Stevenson sagte später, die Idee zur Novelle sei ihm durch einen Albtraum gekommen – möglicherweise angefeuert durch das opiumhaltige Laudanum, das bei der Lungenkrankheit, unter der er litt, häufig verabreicht wurde.

Das Buch war vom Start weg ein großer Verkaufserfolg. In Großbritannien wurden schon innerhalb der ersten sechs Monate 40.000 Exemplare verkauft; es folgte eine Lizenzausgabe in den USA und Übersetzungen in viele Sprachen. Bis heute werden immer wieder Adaptionen des Stoffes für Film und Fernsehen realisiert.

ÜBER DEN AUTOR

ROBERT LOUIS STEVENSON (1850–1894) war ein schottischer Schriftsteller des viktorianischen Zeitalters. Er verfasste ein umfangreiches Werk von Reiseerzählungen und Abenteuerliteratur – am bekanntesten sind ›Die Schatzinsel‹ und die Horrorgeschichte ›Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde‹. Beide Romane sind heute noch populär und wurden vielfach verfilmt und anderweitig adaptiert. 1890 wanderte Stevenson mit einem Teil seiner Familie in die Südsee aus, auf die Insel Samoa; dort ließ er sich in wilder Natur eine Villa errichten. Bereits im Alter von 44 Jahren starb Robert Louis Stevenson jedoch an Tuberkulose in seiner Villa ›Vailima‹ am Fuße des Mount Vaea – an dessen Spitze sich sein Grab befindet.

DIE GESCHICHTE DER TÜR

DER RECHTSANWALT Utterson hatte ein zerfurchtes Gesicht, über das nie ein Lächeln huschte; er war kühl, wortkarg und verlegen in der Unterhaltung, schwerfällig in Gefühlsangelegenheiten, lang, hager, verstaubt und farblos – und doch irgendwie liebenswert. Kam er mit Freunden zusammen und war der Wein nach seinem Geschmack, so leuchtete aus seinem Blick etwas ungemein Menschliches – etwas, das sich beileibe nie in seine Rede verirrt hätte, das aber nicht nur bei solchen Gelegenheiten aus den Zügen seines Gesichtes, sondern öfter und deutlicher noch im Leben aus seinen Handlungen sprach. Er war hart gegen sich selbst, trank, wenn er allein war, Wacholderschnaps, um seine Schwäche für edlen Wein zu unterdrücken, und war, obgleich er eine Vorliebe fürs Theater hatte, seit zwanzig Jahren in keinem gewesen.

Dabei war er voll Duldsamkeit gegen andere, ja bestaunte, manchmal fast neidisch, das Draufgängertum, das ihre Missetaten beseelte, und war im Notfall eher zu helfen als zu tadeln bereit. »Ich neige zu Kains ketzerischer Ansicht«, pflegte er bedächtig zu sagen: »Ich lasse meinen Nächsten zur Hölle fahren, wie es ihm beliebt.« Daher war es häufig sein Schicksal, dass er die letzte achtbare Bekanntschaft und der letzte gute Einfluss im Leben von Menschen war, die sich auf abschüssiger Bahn befanden. Und gerade sie ließ er auch nicht den Schatten eines veränderten Benehmens merken, solange sie bei ihm aus und ein gingen.

Allerdings war dies kein Kunststück für Mr. Utterson, denn er war von Natur aus zurückhaltend und auch seine Freundschaften schienen in einer ähnlich gutmütigen Vorurteilslosigkeit begründet zu sein. Es ist das Kennzeichen eines bescheidenen Mannes, dass er seinen Freundeskreis fix und fertig aus den Händen der Vorsehung entgegennimmt, und so erging es dem Rechtsanwalt. Seine Freunde waren Verwandte oder Leute, die er schon lange kannte. Seine Zuneigungen waren mit der Zeit gewachsen, gleich Efeu, und machten keinen Anspruch auf Tauglichkeit des Objekts. Daraus erwuchs zweifellos auch das Band, das ihn mit Mr. Richard Enfield, einem entfernten Verwandten und stadtbekannten Mann, verknüpfte. Vielen war es ein Rätsel, was diese beiden zueinander zog oder was sie wohl für gemeinsame Interessen haben mochten. Leute, die ihnen auf ihren Sonntagsspaziergängen begegneten, wussten zu berichten, dass sie nichts miteinander sprachen, außerordentlich gelangweilt dreinschauten und mit offensichtlicher Erleichterung das Erscheinen eines Dritten begrüßten. Dabei aber legten beide Männer den größten Wert auf diese Ausflüge, betrachteten sie als Höhepunkt der Woche und gingen, um sie ungestört genießen zu können, nicht nur Vergnügungen aus dem Wege, sondern ließen auch Geschäft Geschäft sein.

Auf einem dieser Streifzüge geschah es, dass ihr Weg sie durch eine Seitenstraße in ein Geschäftsviertel Londons führte. Es war eine schmale, sogenannte ruhige Straße, in der jedoch an Werktagen ein ersprießlicher Handel getrieben wurde. Ihren Bewohnern ging es anscheinend gut, und alle strebten danach, dass es ihnen noch besser ginge. Was ihnen vom Gewinn übrig blieb, legten sie in der Verschönerung ihrer Häuser an, sodass die Läden dieser Durchgangsstraße etwas Einladendes an sich hatten, gleich einer Reihe lächelnder Verkäuferinnen. Selbst sonntags, wenn sie ihre wahren Reize verbarg und verhältnismäßig menschenleer dalag, wirkte die Straße im Gegensatz zu ihrer schmutzigen Nachbarschaft wie ein weißer Rabe und bestach mit ihren frisch angestrichenen Rolläden und blankpolierten Messingschildern, ihrer allgemeinen Sauberkeit und einer gewissen heiteren Note sofort die Augen der Vorübergehenden und erregte ihr Wohlgefallen.

Zwei Häuser hinter einer Kreuzung wurde die Straßenfront linker Hand, und zwar nach Osten, von einem Hofeingang unterbrochen, und dort ragte der Giebel eines düsteren Gebäudes über die Straße empor. Es war zwei Stockwerke hoch, hatte keine Fenster, nur eine Tür im unteren Stockwerk und darüber eine leere, missfarbene Wand und trug allenthalben den Stempel jahrelanger Verkommenheit und Vernachlässigung. Die Tür, an der man vergeblich nach Klingel und Klopfer gesucht hätte, war verwittert und schmutzig. Landstreicher fanden Unterschlupf in der Mauernische und entzündeten ihre Streichhölzer an den Türfüllungen, Kinder spielten auf den Stufen Kaufladen; Schuljungen bearbeiteten die Gesimse mit ihren Taschenmessern, und seit fast einem Menschenalter war niemand gekommen, der diese Zufallsgäste vertrieben oder ihre Spuren beseitigt hätte.

Mr. Enfield und der Anwalt gingen auf der anderen Seite der Straße, und als sie sich dem Eingang gegenüber befanden, hob Mr. Enfield seinen Stock und wies hinüber.

»Haben Sie jemals die Tür dort bemerkt?« fragte er und fuhr, als der andere genickt hatte, fort: »Sie ist in meiner Erinnerung mit einer äußerst seltsamen Geschichte verknüpft.«

»So?« sagte Mr. Utterson mit leichtem Schwanken in der Stimme, »und was war das?«

»Das war so«, berichtete Mr. Enfield: »In einer schwarzen Winternacht gegen drei Uhr kam ich vom anderen Ende der Stadt und wollte nach Hause. Mein Weg führte mich durch einen Stadtteil, in dem buchstäblich nichts anderes zu sehen war als Laternen. Weit und breit – die Leute schliefen alle – waren die Straßen wie für eine Prozession erleuchtet und still wie eine Kirche, und schließlich geriet ich in den Zustand, in dem man sein Gehör anstrengt und immerfort lauscht und anfängt, sich nach dem Anblick eines Schutzmannes zu sehnen. – Auf einmal sah ich zwei Gestalten: Die eine, ein sehr gedrungener Mann, der mit schnellen, schweren Schritten in östlicher Richtung dahinging, und die andere, ein Mädchen von etwa acht bis zehn Jahren, das, so schnell es konnte, eine Querstraße heruntergelaufen kam.

Die beiden prallten natürlich an der Ecke aufeinander; und jetzt kommt das Schreckliche an der Sache: Der Mann schritt ruhig über den Körper des Kindes hinweg und ließ es schreiend am Boden liegen. Wenn man das hört, klingt es nach gar nichts; aber es war gräulich anzusehen. Das war kein Mensch, das war wie ein unheimliches Fabelwesen, das alles niedertritt, was sich ihm in den Weg stellt. – Ich rief ihn an, lief ihm nach, ergriff den Burschen beim Kragen und brachte ihn zu der Stelle zurück, wo sich bereits eine Gruppe um das schreiende Kind gebildet hatte. Er war vollkommen ruhig und leistete keinen Widerstand, doch streifte er mich mit einem so widerwärtigen Blick, dass mir der kalte Schweiß ausbrach. Die Leute auf der Straße waren die Verwandten des Mädchens, und bald darauf erschien auch der Arzt, von dem es vorhin gekommen war.

Nun, dem Kinde war nichts weiter geschehen; es war, nach des Knochensägers Aussagen, mehr erschrocken – und jetzt werden Sie wahrscheinlich denken, dass die Geschichte zu Ende ist. Aber da war ein merkwürdiger Umstand. Mich hatte auf den ersten Blick ein heftiger Widerwille gegen den Mann gepackt, genauso ging es der Familie des Kindes, was nur natürlich war; was mich jedoch aufs Äußerste erstaunte, war das Verhalten des Doktors. Er war der übliche Feld-, Wald- und Wiesen-Apotheker, dessen Alter ebenso unbestimmbar war wie seine Haarfarbe, sprach starken Edinburgher Dialekt und hatte so ungefähr das Temperament einer Dudelsackpfeife. Nun, ihm erging es nicht anders als uns allen; jedesmal, wenn der Knochenklempner nach meinem Gefangenen hinblickte, merkte ich, dass es ihm rot vor Augen wurde, in dem Wunsch, ihn zu töten. Ich wusste, was in ihm vorging, genauso wie er es von mir wusste, und da Totschlagen nicht in Frage kam, taten wir das Nächstbeste. Wir sagten dem Mann, dass wir von dieser Sache ein solches Aufhebens machen wollten und würden, dass sein Name von einem Ende Londons bis zum andern gen Himmel stinken wollte. Wenn er irgendwelche Freunde und Kredit besäße, so wollten wir dafür sorgen, dass er sie verlor. Und während wir das, weißglühend vor Wut, auf ihn niederprasseln ließen, wehrten wir, so gut wir konnten, die Frauen von ihm ab, denn sie waren wild wie Furien.

Ich habe nie einen Kreis von so hasserfüllten Gesichtern gesehen, und in ihrer Mitte stand der Mann mit finsterer, ja spöttischer Kaltblütigkeit, obgleich er selbst erschrocken war – das konnte ich sehen –, doch wusste er das teuflisch gut zu verbergen. »Wenn Sie Kapital aus dieser Begebenheit zu schlagen gedenken«, sagte er, »so bin ich natürlich machtlos. Jeder Ehrenmann wünscht einen Skandal zu vermeiden, nennen Sie Ihre Forderungen!« Wir verlangten hundert Pfund für die Familie des Kindes. Er hätte sich sicher gern darum gedrückt, doch es lag etwas über uns allen, das nichts Gutes verhieß, darum gab er schließlich nach.

Nun hieß es, das Geld zu bekommen, und denken Sie sich, da führte er uns zu eben jener Tür dort, zog einen Schlüssel aus der Tasche, ging hinein und kam kurz darauf mit zehn Pfund in Gold und einem Scheck über die Restsumme auf eine Bank zurück. Der Scheck lautete auf den Überbringer und war mit einem Namen unterzeichnet, den ich nicht nennen kann, obgleich er einer der springenden Punkte meiner Geschichte ist; jedenfalls war es ein wohlbekannter Name, den man häufig gedruckt liest. Es war eine große Summe, aber die Unterschrift bürgte für noch mehr – vorausgesetzt, dass sie echt war. Ich nahm mir die Freiheit, den Mann darauf hinzuweisen, dass die ganze Sache einen höchst zweifelhaften Eindruck mache, denn im gewöhnlichen Leben gehe kein Mensch nachts um vier in eine Kellertür und komme mit dem Scheck eines anderen Mannes über annähernd hundert Pfund wieder heraus. Er war aber ganz unbesorgt und lächelte spöttisch. ›Beruhigen Sie sich‹, sagte er, ›ich werde bei Ihnen bleiben, bis die Bank geöffnet wird, und den Scheck selbst einlösen.‹ So machten wir uns alle auf, der Arzt, der Vater des Kindes, unser ›Freund‹ und ich, und verbrachten den Rest der Nacht in meiner Wohnung. Am Morgen, als wir gefrühstückt hatten, gingen wir dann gemeinschaftlich zur Bank. Ich gab den Scheck eigenhändig ab und bemerkte dazu, ich hätte allen Grund anzunehmen, dass es eine Fälschung sei. – Aber nicht die Spur! Der Scheck war echt!!«

»Na, na«, meinte Mr. Utterson.

»Ich sehe, Sie haben das gleiche Gefühl wie ich«, sagte Mr. Enfield.

»Ja, es ist eine tolle Geschichte, denn der Mann war ein Bursche, mit dem man nichts zu tun haben möchte – ein ganz verbotener Kerl, und der Aussteller des Schecks ist der Inbegriff der Wohlanständigkeit, geradezu bekannt dafür und, was das Schlimmste ist, einer der Leute, die viel Gutes tun. Ich taxiere: Erpressung! Ein ehrenwerter Mann, der für irgendeine Jugend-Eselei blechen muss. Erpresserhaus nenne ich seither das Gebäude mit der Tür. Obgleich auch das bei Weitem nicht alles erklärt«, fügte er hinzu und verfiel darauf in tiefes Nachdenken.

Mr. Utterson rief ihn in die Wirklichkeit zurück, indem er etwas plötzlich fragte: »Und Sie wissen nicht, ob der Aussteller des Schecks hier wohnt?« »Der Ort scheint mir nicht recht geeignet zu sein«, entgegnete Mr. Enfield. »Nein, zufällig weiß ich seine Adresse; er wohnt irgendwo anders.«

»Und haben Sie nie nachgeforscht, was es mit dem Haus mit der Tür auf sich hat?« fragte Mr. Utterson.

»Nein, ich scheute mich davor«, war die Antwort. »Ich vermeide nach Möglichkeit, Fragen zu stellen, es erinnert zu sehr an das Jüngste Gericht. Wenn Sie eine Frage aufwerfen, so ist es, als ob Sie an einen Stein stoßen. Sie sitzen ganz ruhig oben auf einem Berg, und der Stein gerät ins Rollen und reißt andere mit sich, und plötzlich wird irgendein biederer alter Knabe – an den Sie am allerwenigsten gedacht hätten –, während er arglos in seinem Garten sitzt, am Kopf getroffen, und die Familie muss sich nach einem neuen Ernährer umsehen. Nein, ich habe es mir zur Regel gemacht: Je mehr ich Unrat wittere, desto weniger frage ich.«

»Das ist ein sehr guter Grundsatz«, sagte der Anwalt.

»Doch habe ich die Örtlichkeit auf eigene Faust untersucht«, fuhr Mr. Enfield fort. »Man kann es kaum ein Haus nennen. Es existiert keine andere Tür, und durch diese geht niemand aus noch ein, außer in großen Zeitabständen der Held meines Abenteuers. Im ersten Stock befinden sich drei Fenster, die nach dem Hof gehen, unten ist keins. Die Fenster sind immer geschlossen, doch sind sie sauber. Und dann ist da noch ein Schornstein, der gewöhnlich raucht, also muss jemand dort wohnen, aber auch das ist nicht sicher, denn die Häuser kleben in dem Hof so dicht aneinander, dass es schwer zu sagen ist, wo das eine aufhört und das andere anfängt.«

Die beiden Männer gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, dann sagte Mr. Utterson: »Enfield, das ist ein guter Grundsatz, den Sie da haben.«

»Das glaube ich auch«, entgegnete Enfield.

»Und doch«, fuhr der Anwalt fort«, möchte ich Sie etwas fragen: Ich möchte den Namen des Mannes wissen, der über das Kind weggeschritten ist.«

»Nun«, meinte Mr. Enfield, »ich trage keine Bedenken. Es war ein Mann namens Hyde.«

»Hm«, machte Mr. Utterson. »Was für eine Sorte Mensch ist er dem Äußeren nach?«