Der Tote am Steinkreuz - Peter Tremayne - E-Book
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Der Tote am Steinkreuz E-Book

Peter Tremayne

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Beschreibung

Fidelma deckt ein düsteres Familiengeheimnis auf 

Der Fürst von Araglin und seine Schwester wurden ermordet. Über die Schuldigen scheint kein Zweifel zu bestehen. Doch schon auf dem Weg in das romatische Tal geraten  Schwester Fidelma und Bruder Eadulf in einen Hinterhalt. Noch mehr Morde geschehen. Man versucht sogar, die beiden zu vergiften. Wer steckt hinter all dem Bösen? 

»Das beste an diesem Buch ist Schwester Fidelma – eine kluge, emanzipierte, mutige Frau, die ihre Widersacher in Grund und Boden argumentiert.« Südwestrundfunk

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Seitenzahl: 450

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Peter Tremayne

Der Tote am Steinkreuz

Historischer Kriminalroman

Aus dem Englischen von Friedrich Baadke

Impressum

Die Originalausgabe unter dem TitelThe Spider’s Web erschien 1997bei Headline Book Publishing, London.

ISBN E-Pub 978-3-8412-0135-5

ISBN PDF 978-3-8412-2135-3

ISBN Printausgabe 978-3-7466-1527-1

Aufbau Digital, veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, 2011 © Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin Die deutsche Erstausgabe erschien 2001 bei Aufbau Taschenbuch, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG Copyright © Peter Tremayne 1997

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

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Inhaltsübersicht

HISTORISCHE ANMERKUNG

HAUPTPERSONEN

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

Für meinen guten Freund Terence,

den Mac Carthy Mór, Fürst von Desmond,

in direkter ununterbrochener männlicher Linie in der 51. Generation ein Nachkomme des Königs Eoghan Mór von Cashel (gest. 192 n. Chr.),

der Schwester Fidelma freundlich in die Familie seiner Vorfahren aufgenommen hat!

Gesetze sind wie Spinnennetze: Wenn ein armes schwaches Geschöpf dagegenfliegt, verfängt es sich darin, doch ein größeres kann es durchstoßen und entkommen.

Solon von Athen

(geb. um 640 v. Chr. – gest. nach 561 v. Chr.)

HAUPTPERSONEN

Schwester Fidelma von Kildare, eine dálaigh oder Anwältin bei Gericht im Irland des siebenten Jahrhunderts

Bruder Eadulf von Seaxmund’s Ham, ein angelsächsischer Mönch aus dem Lande des Südvolks

Cathal, Abt von Lios Mhór

Bruder Donnán, ein Gerichtsschreiber

Colgú von Cashel, König von Muman und Fidelmas Bruder

Beccan, Oberrichter der Corco Loígde

Bressal, ein Herbergswirt

Morna, Bressals Bruder

Eber, Fürst von Araglin

Cranat, Ebers Ehefrau

Crón, Ebers Tochter und seine Tanist, seine designierte Nachfolgerin

Teafa, Ebers Schwester

Móen, ein blinder Taubstummer

Dubán, Kommandeur der Leibwache Ebers

Crítán, ein junger Krieger

Menma, oberster Pferdewärter im rath von Araglin

Dignait, die Hausverwalterin

Grella, eine Dienerin

Pater Gormán von Cill Uird

Archú, ein junger Bauer aus Araglin

Scoth, seine Verlobte

Muadnat vom Schwarzen Moor, sein Vetter

Agdae, Muadnats Oberhirt und Neffe

Gadra, ein Einsiedler

Clídna, eine Bordellwirtin

KAPITEL 1

Der Donner grollte um die hohen kahlen Gipfel der Berge, die den Maoldomhnach umgaben und nach ihm genannt wurden. Gelegentlich erhellte ein Blitz die runde Kuppe und ließ die Schatten schnell über das Tal von Araglin gleiten, das inmitten seiner nördlichen Vorberge lag. Es war eine dunkle Nacht, in der sich die Gewitterwolken zusammenballten und über den Himmel jagten, als würden sie vom mächtigen Atem der alten Götter durcheinandergewirbelt.

Auf den hochgelegenen Weiden drängten sich die zottigen Rinder zusammen, manchmal aufgeregt brüllend, nicht nur, um sich vor dem drohenden Gewitter zu schützen, sondern auch, um einander vor dem allgegenwärtigen Geruch hungriger Wolfsrudel zu warnen, die durch die dichten Wälder am Rande der Bergwiesen streiften. In einer weit von den Rindern entfernten Ecke der Weiden stand ein majestätischer Hirsch und bewachte besorgt seine Hirschkühe und ihre Kälber. Ab und zu warf er den Kopf mit dem weitverzweigten Geweih hoch und sog mit zitternden Nüstern die Luft ein. Trotz der Dunkelheit, der schweren Wolken und des nahen Gewitters spürte er die heraufziehende Dämmerung hinter den fernen Gipfeln im Osten.

Unten im Tal, an dem düsteren, murmelnden Fluß, lag eine Gruppe unbefestigter Gebäude in völliger Finsternis. Kein Hund rührte sich um diese Zeit, und es war noch zu früh für die Hähne, den Anbruch eines neuen Tages zu verkünden. Selbst die Vögel hatten ihren Morgengesang noch nicht begonnen und hockten schläfrig in den Bäumen ringsum.

Doch ein menschliches Wesen regte sich bereits in dieser finsteren Stunde, ein Mann erwachte in dieser Zeit der Stille, in der die Welt wie tot und verlassen wirkte.

Menma, der oberste Pferdewärter Ebers, des Fürsten von Araglin, ein großer, schwerfälliger Mann mit einem buschigen roten Bart und einem Hang zum Trinken, blinzelte, warf das Schaffell ab und erhob sich von der Strohmatratze seines Bettes. Ab und zu erhellte ein Blitz seine einsame Hütte. Menma stöhnte und schüttelte den Kopf, als würde ihn das von den Nachwirkungen des Besäufnisses vom Vorabend befreien. Er langte zum Tisch, suchte mit zitternden Händen nach Feuerstein und Zunder und steckte die Talgkerze auf dem Tisch an. Dann reckte er seine verkrampften Glieder. Obwohl er soff, besaß Menma ein eigentümliches angeborenes Zeitgefühl. Sein ganzes Leben lang war er in der dunklen Stunde vor dem Morgengrauen aufgestanden, wie spät er auch sinnlos betrunken auf sein Bett gefallen sein mochte.

Sein Morgenritual bestand darin, die gesamte Schöpfung zu verfluchen. Menma fluchte gern. Manche Leute begannen den Tag mit einem Gebet, andere mit ihrer Morgenwäsche. Menma von Araglin begann den Tag damit, daß er seinen Herrn, den Fürsten Eber, verfluchte und ihm alle möglichen Todesarten wünschte: Ersticken, Krämpfe, Zerfleischen, Ruhr, Gift, Ertrinken, Erdrosseln und noch ein paar andere, so weit seine dürftige Phantasie reichte. Nachdem er seinen Herrn nach allen Regeln der Kunst verwünscht hatte, ging Menma dazu über, seine eigene Existenz zu verfluchen und seine Eltern, weil sie nicht reich und mächtig waren, sondern einfache Bauern, und ihn dadurch zu einem Leben als gewöhnlicher Pferdewärter verurteilt hatten.

Seine Eltern hatten als arme Landarbeiter auf den Höfen ihrer reicheren Vettern gelebt. Sie hatten keinen Erfolg im Leben, und daraus hatte sich Menmas eigene untergeordnete Lebensstellung ergeben. Menma war neidisch und verbittert und mit seinem Schicksal unzufrieden.

Dennoch erhob er sich automatisch in der Dunkelheit des frühen Morgens und zog sich an. Er machte sich nie die Mühe, sich zu waschen oder die verfilzte Masse seines schulterlangen roten Haares und seines großen buschigen Bartes zu kämmen. Ein langer Zug aus dem Krug mit corma, dem ekelhaften Met, der immer neben seinem Bett stand, war die ganze Säuberung, die er für den Tag brauchte. Der Gestank seines Körpers und seiner Kleidung verriet allen, die ihm nahe genug kamen, um den üblen Geruch einzuatmen, daß Menma und Sauberkeit nicht zueinander paßten.

Er schlurfte zur Tür seiner Hütte und spähte hinauf zum dunklen Himmel. Der Donner grollte noch, aber er wußte instinktiv, daß es an dem Tag im Tal nicht regnen würde. Das Gewitter zog auf der anderen Seite der Berge von Osten nach Westen, also parallel zum Tal von Araglin. Es würde nicht nach Norden über die Berge gelangen. Nein, der Tag würde trocken bleiben, wenn auch bewölkt und kühl. Die Wolken verdeckten die Sterne, so daß er die Zeit nicht genau bestimmen konnte, doch er ahnte mehr als er es sah, daß die blasse Linie der Morgendämmerung nur knapp hinter den Gipfeln der Berge im Osten lag.

Der rath des Fürsten von Araglin ruhte noch still in der Dunkelheit. Es war nur ein unbefestigtes Dorf, doch die Höflichkeit gebot, den Sitz eines Fürsten als rath oder Burg zu bezeichnen.

Menma stand in der Tür und begann nun leise den Tag selbst zu verfluchen. Es ärgerte ihn, daß alle noch schlafen konnten, er aber als erster aufstehen mußte. Als er mit dem Tag fertig war, konnte er immer noch über das ganze Araglin herziehen und tat das mit dem vollen Einsatz seines bescheidenen Vokabulars.

Er wandte sich kurz zurück in seine Hütte und blies die Kerze aus, dann schlurfte er den Weg entlang, der zwischen den friedlichen Gebäuden zu den Ställen des Fürsten führte. Dazu brauchte er keine Kerze, denn diesen Weg war er oft genug gegangen. Seine erste Aufgabe war es, die Pferde auf die Weide zu treiben, die Jagdhunde des Fürsten zu füttern und dann das Melken der Kühe des Fürsten zu beaufsichtigen. Wenn die Pferde auf der Weide und die Hunde gefüttert waren, dann wurden die Frauen in der Wirtschaft wach und kamen zum Melken. Das war keine Männerarbeit, und Menma ließ sich nicht dazu herab. Aber kürzlich waren in dem Tal Rinder geraubt worden, und Fürst Eber hatte ihn angewiesen, vor jedem Melken die Herde zu kontrollieren. Es kränkte die Ehre eines Fürsten, wenn jemand es wagte, auch nur ein Kalb aus seiner Herde zu stehlen, und Eber war außerdem wütend darüber, daß Rinderdiebe den Frieden seines Landes störten. Seine Krieger hatten die ganze Gegend nach den Räubern abgesucht, doch ohne Erfolg.

Menma näherte sich der mächtigen dunklen Festhalle, einem der wenigen großen Steingebäude innerhalb des alten rath. Das andere steinerne Gebäude war Pater Gormáns Kapelle. Die Ställe lagen auf der anderen Seite des Runddorfs gleich hinter dem Gästehaus. Menma mußte dorthin im Halbkreis hinter den hölzernen Anbauten an der steinernen Halle entlanggehen, in denen sich die Privatzimmer des Fürsten und seiner Familie befanden. Menma blickte sie neiderfüllt an. Eber würde noch den ganzen Morgen schnarchend im Bett liegen.

Menmas Bart verbarg sein lüsternes Grinsen. Er fragte sich, ob wohl in dieser Nacht jemand Ebers Lager teilte. Dann runzelte er ärgerlich die Stirn. Warum Eber und nicht er selbst? Was war so Besonderes an Eber, daß er Reichtum und Macht besaß und Frauen in sein Bett locken konnte? Welches Schicksal hatte ihn selbst zum Pferdewärter bestimmt? Warum …?

Plötzlich blieb er stehen und hielt den Kopf schief.

Die Dunkelheit schien ohne jeden Laut. Der rath lag noch im Schlummer. Von hoch oben in den Bergen durchbrach das langgezogene Heulen eines Wolfs die Stille. Doch das war es nicht, was ihn den Schritt verhalten ließ. Es war ein anderes Geräusch. Ein Ton, den er nicht einordnen konnte.

Er wartete einen Moment, aber es blieb still. Er wollte das nur halb vernommene Geräusch schon als ein Spiel des Windes abtun, als er es wieder hörte.

Ein leises, klagendes Stöhnen.

War das wirklich der Wind?

Menma bekreuzigte sich plötzlich und erschauerte. Gott wende alles Übel von mir ab! War es etwa einer von denen, die im Berge wohnten? Von den sídh-Leuten, den Zwergen, die nach Seelen suchten und sie in ihre dunklen Höhlen schleppten?

Da ertönte ein plötzlicher Schrei, nicht laut, aber durchdringend genug, um Menma zusammenfahren zu lassen. Sein Herz schlug schneller. Dann hörte er wieder das leise Stöhnen, diesmal etwas lauter und länger.

Menma schaute sich um. Nichts regte sich zwischen den dunklen Schatten der Gebäude. Niemand anders schien den Laut vernommen zu haben. Er versuchte ihn zu orten. Er kam aus der Richtung von Ebers Zimmern. Er klang zwar geisterhaft, doch Menma erkannte nun, daß es eine Menschenstimme war. Erleichtert atmete er auf, denn so grob seine Sicht auf die Welt auch war, er hielt es nicht für geraten, sich mit den sídh-Leuten anzulegen, wenn sie darauf ausgingen, Seelen zu stehlen. Rasch sah er sich um. Das Gebäude schien dunkel und still. War Eber krank? Unschlüssig runzelte er die Stirn. Eber war sein Fürst, und was auch kam, Menma hatte eine Verpflichtung gegenüber seinem Fürsten. Diese Verpflichtung ließ ihn selbst seine Verbitterung nicht vergessen.

Vorsichtig ging er zur Tür von Ebers Wohnung und klopfte leicht an.

»Eber? Bist du krank? Brauchst du Hilfe?« rief er leise.

Es kam keine Antwort. Er klopfte noch einmal an, diesmal etwas stärker. Als er wieder keine Antwort erhielt, nahm er seinen Mut zusammen und hob die Klinke an. Die Tür war nicht verschlossen, was er auch erwartet hatte. Niemand verschloß seine Tür im rath des Fürsten von Araglin. Er trat ein. Ohne Mühe gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Das Zimmer war leer. Er wußte, daß Ebers Wohnung aus zwei Zimmern bestand. Das erste, in dem er sich befand, hieß das »Gesprächszimmer« und war das private Empfangszimmer des Fürsten, in dem er besondere Gäste vertraulich bewirtete, fern von der Öffentlichkeit der Festhalle. Dahinter lag das Schlafzimmer des Fürsten.

Nachdem Menma festgestellt hatte, daß das erste Zimmer leer war, wandte er sich dem zweiten zu.

Sogleich bemerkte er einen Lichtstreifen unter der Tür. Dann fiel ihm ein anschwellendes Stöhnen auf, das aus dem Zimmer drang.

»Eber!« rief er laut. »Fehlt dir etwas? Ich bin’s, Menma der Pferdewärter.«

Es kam keine Antwort, und das Stöhnen wurde nicht leiser.

Er ging zur Tür und klopfte heftig an.

Nach kurzem Zögern trat er ein.

Auf dem Tisch brannte eine kleine Lampe. Menma blinzelte rasch, um die Augen an das Licht zu gewöhnen. Er spürte, daß jemand zusammengekauert neben dem Bett hockte, hin und her schaukelte und wimmerte. Das war das Stöhnen, das er vernommen hatte. Er bemerkte dunkle Flecken auf der Kleidung der Gestalt. Dann weiteten sich seine Augen. Es waren Blutflecke, und etwas blinkte und funkelte im Lampenlicht, etwas in den Händen der Gestalt. Es war ein langes Messer.

Einen Augenblick stand Menma unbeweglich da, gebannt von dem Anblick.

Dann erkannte er eine zweite Gestalt in dem Zimmer. Jemand lag auf dem Bett, neben dem die stöhnende Gestalt kniete.

Menma trat einen Schritt vor.

Auf dem Bett, nackt bis auf die verrutschte Zudecke, lag der blutverschmierte Leichnam des Fürsten Eber. Eine Hand ruhte locker hinter dem Kopf. Die Augen waren starr und weit offen und wirkten in dem flackernden Lampenlicht wie lebendig. Die Brust war voller blutiger Wunden. Menma hatte oft genug das Schlachten von Tieren gesehen und erkannte sofort die Wunden von Messerstichen. Jemand mußte voller Wut das Messer immer wieder in die Brust des Fürsten von Araglin gestoßen haben.

Menma hob die Hand, um sich zu bekreuzigen, ließ sie aber sofort wieder sinken.

»Ist er tot?« fragte er mit hohler Stimme.

Die Gestalt neben dem Bett wiegte sich weiter hin und her und stöhnte. Sie blickte nicht auf.

Menma trat noch einen Schritt vor und schaute ungerührt auf den Liegenden. Dann ging er dichter heran, ließ sich auf ein Knie nieder und suchte den Puls am Hals des Fürsten. Der Leichnam fühlte sich bereits kalt an. Als er ihm nun näher in die Augen schaute und das Lampenlicht ihn nicht mehr täuschte, sah er, daß sie starr und glasig waren.

Menma richtete sich auf und starrte angeekelt auf das Bett. Er zögerte und spürte, daß er sichergehen mußte, daß Eber tot war. Er hob den Fuß und stieß die Leiche mit den Zehen an. Keine Reaktion. Dann holte er aus und trat dem Leichnam kräftig in die Seite. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Fürst Eber war tot.

Menma wandte den Blick auf die immer noch stöhnende Gestalt, die das Messer umklammerte. Er stieß ein rauhes Lachen aus. Plötzlich wurde ihm klar, daß er, der Pferdewärter Menma, so reich und mächtig werden würde wie die Vettern, die er sein ganzes Leben lang beneidet hatte.

Er kicherte noch vor sich hin, als er die Wohnung des Fürsten verließ und sich auf die Suche nach Dubán machte, dem Kommandeur von Ebers Leibwache.

KAPITEL 2

Die tiefklingende Glocke der Abtei verkündete das neuerliche Zusammentreten des Gerichts. Es war am frühen Nachmittag, doch die Luft war nicht warm. Die kühlen grauen Granitmauern des Gebäudes schützten sein Inneres vor der Sonne. Die kleine Seitenkapelle der Abtei, die der Gerichtsverhandlung diente, war fast leer. Nur wenige Leute hatten auf den Holzbänken Platz genommen. Dabei hatte sich die Kapelle am Vortag bis zum Bersten gefüllt mit Klägern, Beklagten und Zeugen. Doch an diesem Nachmittag stand nur noch der letzte Fall, der vor diesem Gericht verhandelt wurde, zur Entscheidung an. In den zahlreichen anderen Fällen war bereits das Urteil gesprochen worden.

Die Teilnehmer an dieser letzten Verhandlung, etwa ein halbes Dutzend, erhoben sich respektvoll, als der Brehon, der Richter, eintrat und seinen Platz am oberen Ende des Raumes einnahm. Es war eine Richterin, Mitte bis Ende zwanzig, und sie trug das Gewand einer Nonne. Sie war hochgewachsen, hatte ein hübsches Gesicht und rotes Haar, das sich unter ihrer Kopfbedeckung hervordrängte. Die Farbe ihrer Augen war schwer zu bestimmen, denn sie konnten je nach ihrer Stimmung in eisigem Blau leuchten oder in feurigem Grün funkeln. Ihre jugendliche Erscheinung entsprach nicht der allgemeinen Vorstellung von einem erfahrenen, weisen und gelehrten Richter, aber als sie in den letzten Tagen die Beweislage in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten prüfte und abwog, hatte diese so jung wirkende Frau die Parteien vor ihr mit ihren Kenntnissen, ihrer Logik und ihrem Mitgefühl beeindruckt.

Schwester Fidelma war tatsächlich eine ausgebildete dálaigh, eine Anwältin an den Gerichten der fünf Königreiche von Éireann. Sie besaß den Rang eines anruth, was bedeutete, daß sie nicht nur Fälle vor dem Richter vertreten, sondern auch, wenn sie dazu berufen wurde, selbst Fälle verhandeln und entscheiden durfte, die nicht die Anwesenheit eines Richters höheren Ranges erforderten. Fidelma war ausgewählt worden, als Richter dem Gericht vorzustehen, das in der Abtei von Lios Mhór tagte. Die Abtei lag außerhalb der »großen Befestigung«, die ihr den Namen gab. Lios Mhór stand am Ufer des ansehnlichen Flusses, der einfach Abhainn Mór, »der große Fluß«, genannt wurde, südlich von Cashel im Königreich Muman.

Der Sekretär der Abtei, der als Gerichtsschreiber fungierte und die Verhandlungen protokollierte, blieb stehen, als Fidelma und die anderen sich setzten. Er hatte eine melancholische Stimme und würde, dachte Fidelma, sich als berufsmäßiger Totenkläger sehr gut machen.

»Die Verhandlung ist hiermit eröffnet. Die Klage von Archú, Sohn der Suanach, gegen Muadnat vom Schwarzen Moor wird fortgesetzt.«

Er ließ sich nieder und warf Fidelma einen erwartungsvollen Blick zu. In der Hand hielt er seinen Schreibgriffel, denn das Protokoll wurde zunächst auf feuchten Ton in einem Holzrahmen geschrieben und nach Beendigung der Gerichtssitzungen auf das dauerhaftere Pergament übertragen.

Fidelma saß hinter einem großen reichgeschnitzten Eichentisch, auf dem ihre Hände mit den Flächen nach unten ruhten. Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und sah die Beteiligten auf den Bänken vor ihr fest an.

»Archú und Muadnat, bitte tretet vor und stellt euch vor mir auf.«

Ein junger Mann erhob sich eilig. Er war gerade erst siebzehn Jahre alt und kam mit eifriger Miene nach vorn, wie ein Hund, dachte Fidelma, der eine Gunst von seinem Herrn erbetteln will. Der andere Mann stand in mittlerem Alter und hätte fast der Vater des Jungen sein können. Er hatte ein ernstes Gesicht und machte eine beinahe finstere Miene. Von Humor war bei ihm wenig zu spüren.

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