Der unheimliche Weihnachtszirkus - Tina Singh - E-Book

Der unheimliche Weihnachtszirkus E-Book

Tina Singh

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Beschreibung

Alle halten Maxis Opa für verrückt weil er wirres Zeug redet und überall im Garten Knoblauch vergräbt. Je näher Weihnachten rückt umso schlimmer scheint Opas Zustand zu werden und selbst Maxi beginnt allmählich an Opas Verstand zu zweifeln. Doch eines Nachts vertraut sein Opa ihm ein uraltes Familiengeheimnis an das bis ins finstere Mittelalter zurückgeht: Demnach soll es sich um einen generationsübergreifenden Fluch handeln der die Familie alle 100 Jahre einholt, nämlich immer an Weihnachten und es sollen bereits schon etliche Vorfahren im Laufe der Geschichte auf mysteriöse Weise spurlos verschwunden sein! Laut Maxis Opa sind nun wieder die 100 Jahre vorbei und bald schon ist es Weihnachten... Wird es Maxi gelingen den Jahrhundertfluch diesmal noch rechtzeitig aufzuhalten?

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Seitenzahl: 223

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Die Autorin, die unter ihrem Mädchennamen und gleichzeitig auch Pseudonym Tina Singh schreibt, ist Jahrgang 1981 und erfand bereits schon in ihrer Kindheit immer wieder Geschichten. Was anfangs eigentlich nur zur Unterhaltung ihrer ehemaligen Klassenkameraden gedacht war entpuppte sich später als Leidenschaft. Heute lebt die Autorin, die eigentlich mit bürgerlichem Namen Martina Körber heißt, mit ihrem Kater Moses und ihrem Mann in ihrer Geburtsstadt Augsburg wo sie als freie Autorin arbeitet.

Mit dem Roman Der unheimliche Weihnachtszirkus hat Tina Singh im Winter 2021 ihr erstes Kinder-und Jugendbuch auf den Markt gebracht.

Der unheimliche Weihnachtszirkus

Fantasy-Roman

Tina Singh

Für Manfred

Opa spinnt

Gott sei Dank war bald Weihnachten und dann hätte ich endlich mal wieder Ferien!

Allmählich wurde es echt total Zeit dafür.

Mir rauchte nämlich schon der Kopf von den vielen Schulaufgaben der letzten Wochen. Dieses Jahr war ich dreizehn geworden und erst seit kurzem besuchte ich die siebte Klasse, die im Vergleich zu meinen früheren Klassen alles andere als easy war! Mich wunderte es daher auch nicht großartig, dass ausgerechnet in der siebten Klasse immer wieder die meisten Leute sitzenbleiben. Auch ich war heute mal wieder ganz woanders mit meinem Kopf und hatte mich seit der vierten Schulstunde schon hirnmäßig ausgeklinkt. Verträumt gaffte ich lieber aus dem Klassenzimmerfenster. Dabei bemerkte ich, dass es gerade wieder zu schneien angefangen hatte. Mir kamen die vielen kleinen Schneeflocken vor wie Millionen von weißen Federn die wild in der Luft herumwirbelten. Neben mir saß Alex. Aber das war ja nichts Neues. Seit der ersten Klasse waren wir Banknachbarn geblieben und er war ja auch mein bester Freund. Genauso wie Opa.

Manche Dinge ändern sich eben nie.

Auch dass ich mir jedes Schuljahr immer einen Fensterplatz aussuche der möglichst weit hinten im Klassenzimmer ist. Da wird man nämlich nicht so schnell von den Lehrern beim Abschreiben oder Schwätzen erwischt…

Ja, manche Dinge ändern sich eben nie.

Andere Dinge leider eben schon: wir sind nämlich dieses Jahr umgezogen. Wir, das sind außer mir noch meine Eltern und meine kleine Schwester Mia. Wir wohnten jetzt mit unserem Opa zusammen in seinem großen Haus. Darum musste ich jetzt neuerdings auch mit dem Bus zur Schule fahren, was mich ziemlich nervte. Es regte mich wirklich auf, dass ich jetzt täglich eine Stunde früher aufstehen durfte um den blöden Bus zur Schule zu erwischen! Der kam nämlich nur stündlich und weil er so selten fuhr war er in der Früh ständig so dermaßen grottenvoll, dass ich nur selten einen Sitzplatz bekam und meist die ganze Fahrt lang stehen und mich von anderen Leuten herumschubsen lassen musste. Das kann einem wirklich ganz schön auf die Nerven gehen! Und dass alles nur weil Opas Haus sehr viel weiter von der Schule entfernt war als unsere frühere Mietwohnung. Trotzdem fand ich es eigentlich ja auch nicht schlecht, dass wir jetzt bei Opa wohnten.

Es war wirklich super Opa nun täglich zu sehen und immerhin musste ich mit meiner kleinen Schwester Mia nicht mehr ein gemeinsames Zimmer teilen. Denn das Haus meines Opas war groß genug, so dass jetzt jeder von uns ein eigenes Zimmer hatte. Ich schaute wieder aus dem Fenster. Mittlerweile hatte es aufgehört zu schneien. „Dein Opa ist aber schon etwas verrückt, oder?“ riss mein Freund Alex mich plötzlich aus den Gedanken und sah mich dabei etwas komisch von der Seite an.

„Wie kommst du denn darauf?“ entgegnete ich etwas beleidigt. Klar, mein Opa war in den letzten Jahren schon ziemlich alt geworden und sicherlich war er auch nicht mehr ganz der Hellste unter uns. Das war ja auch einer der Gründe gewesen warum wir zu ihm gezogen sind. Opa konnte sich also schon länger nicht mehr selbst um das riesige Haus und seinen Garten kümmern und musste neuerdings ziemlich oft zum Arzt. Darum kümmerte sich jetzt meine Mutter um ihn und da meine Eltern nun bei Opa ja auch keine Miete mehr bezahlen mussten hatten wir nun viel mehr Geld übrig und mussten nicht mehr so sparsam leben wie vor kurzem noch. Mittlerweile gab es auch zum Frühstück wieder die echten Kellog`s und nicht mehr diese Fake-Marke, die meine Mama sonst gekauft hatte. Daher kam es meinen Eltern sehr gelegen, dass Opa vorgeschlagen hatte doch zu ihm zu ziehen. Alex guckte mich immer noch ernst an. „Naja, du weißt schon wie ich das meine, Maxi!“ Ich sagte nichts darauf und zuckte nur mit den Schultern. Ja, ich ahnte schon was Alex damit meinte. Dass mein Opa langsam verrückt zu werden schien hörte ich von meinen Eltern mittlerweile ja oft genug.

Mich wunderte nur, dass Alex jetzt auch schon damit anfing meinen Opa für verrückt zu halten. Alex hatte mich nämlich mal am Wochenende besucht und blöderweise ausgerechnet genau dann bei uns geklingelt als mein Opa gerade mal wieder etwas wirr im Kopf zu sein schien. „Wir sind in Gefahr! Wir brauchen Knoblauch, viel mehr Knoblauch!“ hatte Opa immer wieder aufgeregt aus dem Fenster gerufen. „Aber Vater, du hast doch schon genug Knoblauch.“ hatte meine Mutter genervt zurückgerufen nachdem sie Alex die Tür geöffnet hatte. Doch Opa hatte nur energisch den Kopf geschüttelt. „Nein! Ihr versteht mich nicht! Wir brauchen noch mehr Knoblauch, viel mehr! Bald ist Weihnachten und sie kommen! Sie werden kommen und uns entführen!“ schrie mein Opa aus Leibeskräften als sei er völlig irre geworden. Da hatte meine Mutter seufzend die Augen verdreht und uns zugeflüstert, dass wir unseren Opa um Gottes Willen ja nicht ernst nehmen sollten. Alex hatte nur verwundert dabei zugeschaut wie mein Opa daraufhin beleidigt sein Fenster zugeschlagen hatte, aber er hatte mich wenigstens nicht darauf angesprochen. Ich weiß wirklich nicht genau seit wann Opa damit angefangen hatte auf einmal massenweisen Knoblauch in seinem Zimmer zu horten und ständig daran zu glauben, dass wir alle in Gefahr sein könnten. Aber ich dachte mir einfach, dass es eben damit zu tun hatte, dass Opa mittlerweile schon ziemlich alt war…

„Kommst du noch mit zu mir? Wir könnten doch wieder gemeinsam die Hausaufgaben machen und dann noch etwas zocken.“ schlug ich Alex nach der Schule vor.

„Warum nicht? Gute Idee.“ meinte Alex dazu. Er schrieb seiner Mutter noch eine kurze SMS um bei sich zu Hause Bescheid zu geben.

„Geht klar!“ sagte er dann und wir machten uns gemeinsam auf den Weg zur Bushaltestelle.

„Ich glaube meine Mutter hat heute sicherlich wieder was Geiles gekocht! Dann essen wir erst einmal sobald wir da sind.“ meinte ich im Bus zu Alex. „Au ja, super! Mir knurrt eh schon der Magen.“ freute er sich.

Es war ja immerhin nicht das erste Mal, dass ich Alex zum Essen mitbrachte und meine Mutter kochte gerne größere Portionen auf Vorrat. Denn mit unserem Opa gab es manchmal Tage an denen sie nicht mehr dazu kam groß zu kochen und so reichte das Essen dann für alle noch einen Tag länger aus.

Doch als wir Zuhause ankamen lief es dann doch nicht ganz so wie wir es eigentlich geplant hatten. Es gab weder ein fertiges Essen, noch war meine Mutter daheim. Stattdessen fand ich nur einen kleinen Zettel auf dem Küchentisch mit Mamas Nachricht drauf. „Oh Mann, Fehlanzeige! Meine Mutter ist mit meiner kleinen Schwester beim Einkaufen und ich soll mir ein Sandwich machen.“ murmelte ich nachdem ich die Nachricht gelesen hatte.

Für einen kurzen Moment verzog Alex enttäuscht das Gesicht. „Schade.“

Doch dann grinste er doch wieder.

„Na ja, ein Sandwich ist ja auch nicht so schlecht. Kommt darauf an was ihr so im Kühlschrank habt…“ Wir öffneten den Kühlschrank und schauten nach.

„Immerhin gibt es Salami!“ stellte ich fest. „Einverstanden. Habt ihr auch noch Essiggurken?“ wollte Alex wissen. „Klar.“ antwortete ich. „Na dann, ist doch okay. Hau drauf!“ rief Alex begeistert. Wir waren heilfroh als wir im Brotschrank auch noch ein paar Semmeln fanden und innerhalb von einigen Minuten hatte auch schon jeder von uns beiden zwei fertige Wurstsemmeln, die wir uns schmecken ließen. Dazu teilten wir uns noch eine Flasche Cola. „Wo ist eigentlich dein Opa?“ wunderte sich Alex nach einer Weile. „Der wird sicherlich noch seinen Mittagsschlaf halten, so wie immer.“ antwortete ich schmatzend. Keine Frage: so eine Wurstsemmel konnte wirklich eine absolute Delikatesse sein, gerade wenn man nach der Schule stets so einen Bärenhunger hatte wie ich und Alex! „Ich glaube du irrst dich, Maxi.“ stieß Alex jetzt aus und deutete Richtung Fenster. „Irren?“ fragte ich im ersten Moment und warf einen neugierigen Blick aus dem Fenster. Doch dann verstand ich auf einmal was Alex meinte: draußen im Garten humpelte mit einer Krücke doch tatsächlich mein Opa umher und schien etwas im Schnee zu suchen… Noch dazu war er nur mit einem leichten T-Shirt bekleidet, das er über seine Hose trug! „Das gibt es doch nicht! Er hat ja nicht mal seine Jacke angezogen und dabei ist es verdammt kalt draußen!“ sorgte ich mich um ihn. Ich schluckte gerade noch den letzten Bissen meiner Wurstsemmel herunter, an dem ich gerade noch genüsslich gekaut hatte, ehe ich mir meine Jacke schnappte und raus zum Garten stürmte. Alex folgte mir.

„Opa, was machst du denn da?“ rief ich ihm zu. Überrascht schaute mein Opa mich an.

„Ach, du bist schon zu Hause?“

Mehr sagte er nicht.

Er bückte sich jetzt wieder und grub mit seiner freien Hand ein Loch in den Schnee.

Wie ich feststellte war es nicht das erste Loch das er grub. Opa musste wohl schon eine Zeit lang überall im Garten herumgebuddelt haben denn es wimmelte nur so von kleinen Schneehäufchen. „Opa, jetzt komm schon rein. Es ist doch kalt hier draußen.“ bat ich ihn ungeduldig als sei er ein kleines Kind.

Das kränkte ihn. Er erhob jetzt mahnend seinen Zeigefinger. „So redest du nicht mit mir, Maxi! Immerhin bin ich hier der Ältere von uns beiden und ich werde ja wohl wissen was ich tue!“ „Ist ja gut, Opa.“ antwortete ich etwas hilflos. Während ich und Alex nun etwas unschlüssig neben ihm standen, machte Opa einfach weiter mit dem Buddeln und kümmerte sich nicht weiter um uns. Endlich merkte Alex, dass ich bei Opa nicht mehr weiterkam und versuchte auch mal sein Glück bei ihm.

„Suchen Sie etwas?“ mischte er sich nun ein. Jetzt guckte Opa Alex wie ein Auto an.

„Ach, “ machte Opa nur und winkte gelangweilt ab, „Ihr glaubt mir ja doch nicht wenn ich es euch sage! Lassen wir das also lieber!“

„Aber Opa, natürlich werden wir dir glauben!“ versuchte nun ich es wieder.

Opa warf uns beiden einen kritischen Blick zu, so als überlegte er momentan ob er uns beiden auch wirklich vertrauen kann. „Also gut“, fing Opa nun an und sah uns dabei nacheinander geheimnisvoll in die Augen, „aber zuerst gehen wir wieder zurück ins Haus. Mir ist nämlich kalt!“ Dagegen hatten wir sicher nichts. Endlich schien er wieder vernünftig zu werden!

„Ach Opa, mach es doch nicht so spannend!“ maulte ich dabei nur noch und tauschte mit Alex triumphierende Blicke aus. Sobald wir im Wohnzimmer waren steuerte Opa mit seiner Krücke direkt auf seinen Lieblingssessel zu wo er Platz nahm und erst einmal verschnaufte.

„Es geht um meinen Knoblauch.“ meinte Opa dann endlich und sah uns dabei geheimnisvoll an. „Deinen Knoblauch?“

Ich verstand meinen Opa mal wieder rein gar nicht und tauschte mit Alex nur ratlose Blicke aus. Opa wurde nun lauter. „Er ist weg! Verschwunden!“ Dabei bekam er einen hochroten Kopf vor lauter Aufregung. Sogar seine Hände begannen zu zittern.

„Alle Knoblauchknollen sind weg, spurlos verschwunden! Und dabei hatte ich sie gestern erst im Garten vergraben!“ schimpfte er.

Insgeheim begann ich mir die ganze Knoblauchgeschichte zusammenzureimen: sicherlich hatte Opa wieder Knoblauch im Garten vergraben und meine Mutter hatte den Knoblauch wieder heimlich ausgegraben während Opa seinen Mittagsschlaf gehalten hatte. Das ging ja schon eine ganze Weile so seit wir bei Opa eingezogen waren. „Aber Opa, jetzt ist es doch Winter. Da ist es einfach zu kalt um Knoblauch anzupflanzen.“ versuchte ich ihn zu beruhigen. Doch ich erntete dabei von meinem Opa nur einen verständnislosen Blick. Er wirkte jetzt auf einmal noch nervöser und gleichzeitig auch ängstlich. Mit einem Taschentuch wischte er sich nun den Schweiß von seiner Stirn. „Es ist wieder soweit“, murmelte Opa leise vor sich hin, „die hundert Jahre sind um. Denn es geschieht alle hundert Jahre und immer an Weihnachten.“

Er klammerte sich nun mit beiden Händen so fest an die Lehnen seines Lieblingssessels, dass man denken könnte Opa hätte Angst plötzlich herunterzufallen. Zum Glück kam in diesem Moment meine Mutter mit meiner kleinen Schwester Mia wieder vom Einkaufen zurück, denn so langsam waren Alex und ich mit unserem Latein bei Opa echt am Ende.

„Opa!“ rief meine sechsjährige Schwester glücklich und rannte auf ihn zu sobald die Haustür aufgegangen war um ihn zu umarmen. „Aber um Gottes Willen, was ist denn hier schon wieder los!“ schimpfte meine Mutter als sie bemerkte, dass mein Opa sich gerade mal wieder ziemlich aufgeregt hatte. Sie stellte ihre Tüten ab, ging dann ebenfalls geradewegs auf Opa zu und half ihm auf die Beine. „Ach Kinder, lasst den Opa doch jetzt lieber in Ruhe, ja? Er sollte jetzt wirklich schlafen gehen. Er hat sich sicherlich schon wieder zu sehr aufgeregt.“ sagte meine Mutter besorgt. Dann wandte sie sich wieder an Opa. „Ist schon gut, Vater.“ hörte ich dann immer wieder die beruhigende Stimme meiner Mutter auf ihn einreden, „Ist das schon wieder so eine Vampirgeschichte? Aber Vater, so beruhig dich doch. So etwas gibt es doch gar nicht!“ Meine kleine Schwester Mia stand bei uns und lachte amüsiert.

„Der Opa ist lustig! Der erzählt immer spannende Geschichten, gell Maxi?“

Ich nickte nur etwas verstört und streichelte dabei meiner kleinen Schwester übers Haar.

„Nicht wahr, Vater? Du solltest dich jetzt wirklich hinlegen. Du brauchst viel Ruhe. Das hat der Arzt dir gestern doch auch gesagt. Und deine Tabletten brauchst du auch wieder.“

Während meine Mutter unseren Opa in sein Schlafzimmer führte, sahen Alex und ich ihnen immer noch verwirrt hinterher. Dabei rief Opa immer wieder aufgeregt: „Der Knoblauch ist weg! Wir sind in Gefahr! Alle sind wir in Gefahr! Bald wird es geschehen!“

Dann ging die Schlafzimmertür von Opa zu während ich und Alex immer noch eine Weile wie angewurzelt stehen blieben. Endlich bewegte sich Alex wieder indem er energisch seinen Kopf schüttelte. „Genaudas habe ich heute in der Schule gemeint: dein Opa spinnt!“ Ich sagte dazu immer noch nichts. Ich musste aber wirklich zugeben, dass ich keine Ahnung hatte was die letzte Zeit mit meinem Opa los war.

Aber ich begann mir allmählich so langsam ernsthafte Sorgen um ihn zu machen…

Opa hat ein Geheimnis

Gegen Abend schien Opa sich endlich wieder einigermaßen beruhigt zu haben, doch trotzdem konnte ich in dieser Nacht nur schlecht einschlafen. Es gingen mir einfach viel zu viele Gedanken durch den Kopf.

Wird mein Opa jetzt bald ganz und gar so richtig verrückt werden? Werden meine Eltern ihn bald in ein Altenheim stecken weil meine Mutter die letzte Zeit nur noch überfordert mit ihm ist? Das wollte ich jedenfalls auf keinen Fall! Das durfte einfach nicht mit meinem Opa passieren! So dauerte es eine Weile bis ich endlich eingeschlafen war. Doch mitten in der Nacht schreckte ich plötzlich hoch. Ich hörte ein seltsames Geräusch! Es klang wie ein klägliches Wimmern, als sei jemand in großer Not oder hätte Schmerzen. Angespannt lauschte ich. Ob meine Eltern es auch hörten? Ich wartete ab. Doch alle schienen fest zu schlafen… Nun hörte ich das Wimmern immer deutlicher. Es kam von oben her wo Opas Schlafzimmer war. Oh nein, Opa!

Besorgt sprang ich aus meinem Bett und eilte die Treppe hinauf zu Opas Schlafzimmer.

Ja, das Wimmern wurde immer deutlicher je näher ich kam!

Vorsichtig öffnete ich die Tür von Opas Zimmer und lugte hinein. Es war ziemlich dunkel aber durch den Vorhang von Opas Fenster konnte ich ganz klar den schattigen Umriss einer Person erkennen. Ja, es war tatsächlich mein Opa, der da so wimmerte! Er saß aufrecht auf seinem Bett und stöhnte leise. Ich machte mir Sorgen um ihn. Vielleicht brauchte er ja wieder seine Tabletten.

„Alles klar, Opa? Geht es dir denn nicht gut? Soll ich Mama aufwecken?“

Erstaunt starrte Opa mich an, während sich meine Augen allmählich an die Dunkelheit gewöhnten und ich Opas Gesicht nun etwas deutlicher erkennen konnte.

Doch Opa schüttelte entschieden den Kopf. „Bloß nicht, Maxi! Weck bloß keinen auf. Das hätte mir gerade noch gefehlt! Deine Eltern glauben mir doch sowieso nichts und würden mich nur wieder für verrückt erklären!“

„Ist gut, Opa. Dann wecke ich sie nicht. Aber was hast du denn? Kannst du etwa nicht schlafen?“ Ich setzte mich neben ihm aufs Bett.

Opa nickte. „Ja, ich kann nicht schlafen. Das ist ja aber auch kein Wunder, denn ich weiß dass es bald schon geschehen wird! Ich habe wirklich furchtbare Angst davor!“ Ich verstand nicht wovor Opa denn so schreckliche Angst haben könnte. „Was genau soll denn geschehen, Opa?“ versuchte ich herauszufinden, obwohl ich mir im Moment auch nicht mehr wirklich so ganz sicher war ob Opa gerade mal wieder spinnt oder tatsächlich bald etwas Schlimmes geschehen würde.

Aber ich nahm mir vor ihm zuerst einfach nur mal zuzuhören damit er sich seine Sorgen von der Seele reden konnte.

„Bald ist Weihnachten.“, fing Opa also an, „Und, Maxi glaube mir bitte, ich habe total Angst vor diesem Weihnachten!“ Wie immer bei Opa verstand ich nur Bahnhof.

„Aber Weihnachten ist doch eine sehr schöne Zeit, Opa! Was soll denn daran nur so schlimm sein?“ entgegnete ich ihm achselzuckend. Kaum hatte ich das gesagt starrte Opa mich erneut mit einem so ängstlichen Blick an, dass ich fast schon selber erschrak. Augenblicklich wurde mir ganz flau im Magen! „Maxi, wir waren ja schon immer sehr dick miteinander, oder? Und du bist ja auch inzwischen schon fast erwachsen und nicht mehr so klein wie deine Schwester Mia.“ erwiderte Opa seufzend. Ich nickte. „Ja, das stimmt Opa.“ Nun sah mir Opa ernst in die Augen.

„Kann ich dir etwas anvertrauen, Maxi? Aber du musst es unbedingt für dich behalten weil mich sonst noch alle für unzurechnungsfähig halten. Schließlich will ich ja auf keinen Fall in einer Irrenanstalt landen! Versprichst du mir das?“ Ich zuckte mit den Achseln. „Na klar, Opa. Versprochen. Ich werde es für mich behalten.“ Forschend musterte er mich, gerade so, als würde er nun innerlich abwägen ob er mir denn in meinem Alter auch wirklich noch vertrauen konnte. Dabei runzelte er nachdenklich die Stirn. „Früher, als du noch so klein warst wie deine Schwester Mia, da war alles noch so viel leichter. Ich konnte dir immer viele Geschichten erzählen und du hast sie mir immer alle blind geglaubt. Doch jetzt wirst du langsam erwachsen und ich weiß nicht ob du nicht genauso wirst wie deine Eltern. Denn die Erwachsenen glauben mir nichts. Sie sind schwierig.“ „Ich werde dir immer glauben, Opa!“ versicherte ich nochmals. Opa fasste schließlich doch wieder Vertrauen zu mir. „Handschlag drauf, Maxi?“

„Na klar, Opa!“ Als ich darauf eingeschlagen hatte, verschwanden zum Glück auch noch seine letzten Zweifel. „Nun gut“, meinte Opa nickend, „ich muss dir aber zuerst mal eine alte Geschichte erzählen damit du auch alle Zusammenhänge begreifen kannst. Es handelt sich nämlich um ein uraltes Geheimnis, dass bisher nur ich kenne. Und ich werde dich darin einweihen.“ Aufgeregt schluckte ich und wurde sofort hellhörig. Ein altes Geheimnis?

Gespannt wartete ich darauf was mein Opa mir wohl gleich erzählen würde.

Eine uralte Überlieferung

„Ich muss weit ausholen“, sagte Opa, „denn die Geschichte, die ich dir zu erzählen habe, geht zurück bis ins finstere Mittelalter.“

„Soweit?“ meinte ich erstaunt. Opa nickte.

Er räusperte sich noch kurz und begann mir dann folgende Geschichte zu erzählen:

Damals hatte es einen Bauern gegeben der Johannes hieß. Dieser Bauer hatte auch eine Tochter gehabt. „Sie hieß Minna und war damals vielleicht ein paar Jährchen älter als du es jetzt bist.“ guckte Opa mich nachdenklich an. Der Knecht des Bauern hieß Hans und war ein sehr tüchtiger Bursche. „Hans war ein klein wenig älter als Minna und der Bauer Johannes hatte ihn einst als Waisenkind bei sich in seinen Haushalt aufgenommen. Mit der Zeit liebte der Bauer den Hans sogar als wäre er sein eigener Sohn! Auch mit Minna verstand sich Hans sehr gut.“ erklärte Opa mir.

Ich erfuhr von Opa, dass die Beziehung zwischen den beiden aber noch weitaus mehr gewesen war als sich bloß gut zu verstehen.

„Hans liebte Minna von Herzen und Minna liebte Hans. Sie wollten eines Tages heiraten.“

teilte Opa mir stirnrunzelnd mit.

Weiter erfuhr ich, dass das aber nicht sein durfte. „Ein Knecht, der eine Bauerstochter heiraten wollte, schon allein die Vorstellung daran war damals verpönt! Im Mittelalter wurde so eine, nicht standesgemäße Heirat nur ungern gesehen. Darum stimmte der Bauer dem Wunsch der beiden nicht zu. Schließlich wollte er ja seinen guten Ruf nicht verlieren.“ fuhr Opa fort. So verlangte der Bauer von den beiden, dass sie sich aus dem Weg gehen sollten. Dennoch hatten sich Minna und ihr Hans nicht von ihrer Liebe abbringen lassen und sich weiterhin heimlich getroffen, ohne dass es der alte Bauer Johannes mitbekam…

Doch bald schon sollte etwas äußerst Grausames geschehen, etwas, wovon sich der alte Johannes niemals mehr erholen würde! Doch davon ahnte zu dieser Zeit noch keiner etwas. Denn es war mitten in der Weihnachtszeit des Jahres 1321 und die Menschen waren voller Freude. Die Leute waren nämlich gerade dabei ihre Hütten und Häuser mit Mistelzweigen zu schmücken und summten dabei vergnügt vor sich hin.

Überall roch es lecker nach weihnachtlichem Gebäck. Die Menschen buken nämlich damals schon in der besinnlichen Zeit viel Brot und Früchtekuchen um sich auf das bevorstehende Weihnachtsfest einzustimmen.

„Sie nannten die Weihnachtszeit „ze wihen nath“, was auf Mittelalterdeutsch zur geweihten Nacht bedeutet. Seit den Germanen war diese dunkle Winterzeit für die damaligen Menschen nämlich gleichzeitig auch eine sehr bedrohliche Zeit und damit die Opferzeit der sogenannten Mittwinternächte. Sie glaubten daran, dass gerade in dieser dunklen Winterzeit die dunklen Mächte wie Dämonen und Hexen sehr aktiv seien.“ verkündete Opa. Um sich vor diesen finsteren Mächten zu schützen, räucherten die Menschen darum ihre Häuser aus und veranstalteten lärmende Umzüge mit denen sie alle bösen Mächte vertreiben wollten. So mischte sich auch während dieser dunklen Tage, mit sehr viel Krach und lauter Musik, ein fremder Wanderzirkus unter das Volk. Die Menschen waren begeistert von den vielen bunten Wägen und den vielen, seltsam gekleideten Akrobaten. Doch irgendetwas seltsames, ja düsteres, ging von ihnen aus und so waren die meisten Menschen doch lieber vorsichtig und blieben auf Abstand zu diesen Fremden. Ein alter Bettler, den damals kaum jemand ernst nahm, warnte die Leute damals sogar davor mit diesen fremden Leuten etwas zu tun zu haben. Doch manche glaubten ihm und ahnten, dass diese Fremden direkt aus der Hölle gekommen waren…

Doch unter dem Gesindel, das sich völlig von dem Fremdartigen faszinieren ließ und die vielen bunten Kleider der Künstler bestaunte, waren leider auch Minna und ihr Hans.

Sie waren sich sicher, dass sie unbedingt heiraten wollten und hatten es satt sich immer alles verbieten zu lassen. Auch fühlten sie sich von diesem seltsamen Zirkus irgendwie magisch angezogen. So stahlen sie sich eines Nachts, nämlich genau am Heiligen Abend des Jahres 1321, heimlich davon und besuchten das buntbemalte Zirkuszelt. Was dann dort mit ihnen geschehen war hatte nie einer erfahren. Aber am nächsten Tag war der Wanderzirkus spurlos verschwunden und mit ihm auch Hans und Minna! Keiner hatte sie jemals wiedergesehen. Opa machte eine Pause und schaute mich nun traurig an. „Echt abgefahren! Eine wirklich düstere Geschichte.“ musste ich betroffen zugeben. „Und der alte Johannes hat die beiden wirklich nie mehr wieder gesehen?“ hakte ich nach. Opa schüttelte langsam den Kopf. „Nein, niemals wieder!“ Er seufzte und erzählte mir nun das Ende dieser schaurigen Geschichte.

Wie du dir wohl sicher vorstellen kannst, war der alte Johannes untröstlich weil er seine geliebte Tochter für immer verloren hatte. Insgeheim machte er sich dazu auch noch schwere Vorwürfe. Mit schwerem Herzen dachte er daran, dass er vielleicht doch lieber zu einer Hochzeit einwilligen hätte sollen oder dass er gar zu wenig auf die beiden aufgepasst hätte, sie nicht oft genug vor dem seltsamen und fremden Zirkus gewarnt hätte. Sein ganzes Leben lang bis zu seinem Tod sann er darüber nach ob seine Tochter und Hans ihn freiwillig verlassen hätten und darum mit dem Zirkus durchgebrannt oder ob sie von den Akrobaten des Zirkus gar entführt worden waren.

Beides jedoch war für ihn sehr, sehr schlimm. Denn wenn seine geliebte Tochter ihn tatsächlich heimlich für immer verlassen wollte, hatte sie ihm das Herz gebrochen. Aber selbst wenn sie tatsächlich gegen ihren Willen entführt worden war, dann war das für ihn ein großer Grund zur Sorge. Eines Tages starb der alte Bauer dann vor lauter Gram als unglücklicher, alter Greis.

„Das ist wirklichziemlich traurig.“ beteuerte ich. Obwohl ich Opas Geschichte wirklich sehr interessant gefunden hatte, verstand ich aber trotzdem nicht so ganz warum Opa mir ausgerechnet diese Geschichte erzählt hatte.

Immerhin hatte sie sich schon etliche Jahrhunderte vor meiner Geburt ereignet.

Was also sollte diese uralte Geschichte denn mit uns und vor allem ausgerechnet mit mir zu tun haben? „Viel mehr als du im Moment vielleicht ahnst hat diese Geschichte mit uns zu tun!“ Opas Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, als hätte er gerade meine Gedanken gelesen. „Aber Opa, woher weißt du überhaupt davon? Du hast doch im Mittelalter noch gar nicht gelebt!“ kam es mir.

Opa machte ein finsteres Gesicht. „Es wurde mir aber so überliefert. Seit Generationen schon wird diese Geschichte in unserer Familie mündlich weitergereicht. Mir hat diese Geschichte damals mein Opa erzählt, also dein Ururgroßvater. Damals war ich in etwa so alt wie du als er sie mir erzählt hat.“

In alten Erinnerungen schwelgend starrte Opa aus dem Fenster. Mittlerweile wurde es draußen auch schon wieder so langsam hell. Wir hatten tatsächlich die ganze Nacht durchgeredet! Zumindest hatte es was gebracht, denn das Gesicht meines Opas wirkte jetzt sehr viel ruhiger und entspannter seit er mir seine Mittelaltergeschichte erzählt hatte. Er sah nun sogar äußerst zufrieden aus. Gerade so, als ob er damit endlich etwas recht Unangenehmes erledigt hätte.

Alle hundert Jahre

„Das schlimme daran für uns ist aber, dass der Weihnachtszirkus alle hundert Jahre plötzlich wieder auftaucht!“, fuhr Opa fort,

„Und zwar immer zur Weihnachtszeit. Dann entreißt er geliebte Menschen aus unserer Mitte, die mit diesem unheimlichen Weihnachtszirkus für immer spurlos verschwinden! Genauso wie Minna und Hans damals. Verstehst du, Maxi? Das ist wichtig, dass du es begreifst!“ Opas Stimme begann zu zittern. Ich wusste noch immer nicht so recht was ich von Opas Schauergeschichte halten sollte. Sollte ich sie glauben?