Der Zauberring - Friedrich de la Motte Fouqué - E-Book

Der Zauberring E-Book

Friedrich De La Motte Fouqué

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Beschreibung

Ein romantisch-phantastischer Ritterrroman aus der Zeit des Mittelalters.

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Der Zauberring

Friedrich de la Motte Fouqué

Inhalt:

Friedrich Heinrich Karl Freiherr de la Motte Fouqué – Biografie und Bibliografie

Der Zauberring

Erster Teil

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebentes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Eilftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Funfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Siebzehntes Kapitel

Achtzehntes Kapitel

Neunzehntes Kapitel

Zwanzigstes Kapitel

Einundzwanzigstes Kapitel

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Dreiundzwanzigstes Kapitel

Vierundzwanzigstes Kapitel

Fünfundzwanzigstes Kapitel

Sechsundzwanzigstes Kapitel

Zweiter Teil

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebentes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Eilftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Funfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Siebenzehntes Kapitel

Achtzehntes Kapitel

Neunzehntes Kapitel

Zwanzigstes Kapitel

Einundzwanzigstes Kapitel

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Dreiundzwanzigstes Kapitel

Vierundzwanzigstes Kapitel

Fünfundzwanzigstes Kapitel

Dritter Teil

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebentes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Eilftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Funfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Siebzehntes Kapitel

Achtzehntes Kapitel

Neunzehntes Kapitel

Zwanzigstes Kapitel

Einundzwanzigstes Kapitel

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Dreiundzwanzigstes Kapitel

Vierundzwanzigstes Kapitel

Fünfundzwanzigstes Kapitel

Sechsundzwanzigstes Kapitel

Siebenundzwanzigstes Kapitel

Letztes Kapitel

Der Zauberring, F. de la Motte Fouqué

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849613938

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Friedrich Heinrich Karl Freiherr de la Motte Fouqué – Biografie und Bibliografie

Deutscher Dichter, geb. 12. Febr. 1777 in Brandenburg, gest. 23. Jan. 1843 in Berlin, erhielt eine militärische Erziehung, trat als Leutnant in das Regiment Gardedukorps, nahm am Rheinfeldzug von 1794 teil und lebte dann privatisierend seinen poetischen Neigungen. Durch A. W. v. Schlegel mit den »Dramatischen Spielen«, die unter dem Pseudonym Pellegrin (Berl. 1801) erschienen, in die Literatur eingeführt, trat er nacheinander mit den »Romanzen vom Tal Ronceval« (das. 1805), dem Roman »Historie vom edlen Ritter Galmy und einer schönen Herzogin von Bretagne« (das. 1806), dem Roman »Alwin« (das. 1808) und dem Heldenspiel »Sigurd, der Schlangentöter« (das. 1808) hervor, Werke, die in Stoff, poetischer Auffassung und Darstellungsweise seine spätere Dichtung bereits kennzeichneten. Die Sagen des Nordens und die französischen Rittergeschichten des Mittelalters regten Fouqués Phantasie gleichzeitig an und flossen ihm zu einer wunderlich phantastischen Welt zusammen. Zwischen den Jahren 1808–20 nahm Fouqués Leben und Dichten den größten Aufschwung. Patriotische Begeisterung führte ihn 1813 in die Reihen der preußischen Armee zurück; er nahm als Leutnant und Rittmeister bei den freiwilligen Jägern an den Schlachten des Befreiungskrieges teil, erhielt 1815 den Abschied als Major und lebte dann wieder auf seinem Gut Nennhausen bei Rathenow, Gastfreundschaft übend und im lebendigen Verkehr mit allen romantischen Zeitgenossen rasch produzierend. Für sein bestes Werk gilt mit Recht »Undine« (Berl. 1811, 26. Aufl. 1887), eine Erzählung, deren Frische und schlichter, nur an einigen Stellen gekünstelter Märchenton über die wenigen schatten- und spukhaften Stellen leicht hinwegsehen ließen. Dann folgten die Ritterromane: »Der Zauberring« (Nürnb. 1813; neue Ausg., Braunschw. 1865) und »Die Fahrten Thiodulfs, des Isländers« (Hamb. 1815, 2. Aufl. 1848), die neben wirklich kräftigen Szenen schon viel Manier und künstliche Reckenhaftigkeit aufwiesen. Die »Kleinen Romane« (Berl. 1814–19, 6 Bde.), »Sängerliebe« (Stuttg. 1816), »Die wunderbaren Begebenheiten des Grafen Alethes von Lindenstein« (Leipz. 1817) wurden durch »Neue Schauspiele« (»Alf und Yngwi«, »Die Irmensäule«, »Runenschrift«), ritterliche Tragödien (»Die Pilgerfahrt«, »Der Jarl der Orkneyinseln«), epische Gedichte, wie »Corona« (Stuttg. 1814), »Karls d. Gr. Geburt und Jugendjahre« (Nürnb. 1814), »Bertrand du Guesclin« (Leipz. 1821), und zahllose kleinere Erzählungen, Dramen und Abenteuer ergänzt; in allen wirkte die gleiche Mischung von »süßlicher Kraft und minniglicher Tugendhaftigkeit«. Nach 1820 ward Fouqués Produktion immer unerquicklicher und verlor alle Frische, so daß sich das Publikum von dieser Manier mehr und mehr abwendete. Nach 1830 siedelte F., der Nennhausen verkaufen mußte, nach Halle über, wo er unter anderm auch mit öffentlichen Vorlesungen über und gegen den Zeitgeist hervortrat. Seine harmlose Romantik verwandelte sich in eine gallige feudale und frömmelnde Verdammung der modernen Welt. Unter seinen spätern Schriften gehören »Ritter Elidouc«, altbretagnische Sage (Leipz. 1823), »Die Saga von Gunlaugar, genannt Drachenzunge, und Rafn dem Skalden. Eine Islandskunde des 9. Jahrhunderts« (Wien 1826), »Jakob Böhme«, ein biographischer Denkstein (Greiz 1831), »Die Weltreiche zu Anfang der Jahre 1835–1840«, Dichtungen (Halle 1835–40,6 Hefte), »Preußische Trauersprüche Und Huldigungsgrüße für das Jahr 1840« (das. 1840), »Der Pappenheimer Kürassier; Szenen aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs« (Nordh. 1842; 2. Aufl., Bautzen 1853) zu den besonders charakteristischen. Durch die Munifizenz Friedrich Wilhelms IV. von Preußen wurde F. den äußern Lebenssorgen entrückt und nach Berlin berufen, wo er in Gemeinschaft mit L. v. Alvensleben die »Zeitung für den deutschen Adel« (Leipz. 1840–42) herausgab. Seine »Lebensgeschichte« (Halle 1840) hatte er ebenso wie die Sammlung seiner »Ausgewählten Werke« (das. 1841, 12 Bde.) noch selbst veröffentlicht. Nach seinem Tod erschienen der Roman »Abfall und Buße oder die Seelenspiegel« (Berl. 1844); »Geistliche Gedichte« (das. 1846, 2. Aufl. 1858) und »Christliche Gedichte« (das. 1862). Eine Auswahl aus seinen Schriften gab M. Koch in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur« (Bd. 146), die »Undine« I. Dohmke (zusammen mit Novalis' Werken) in Meyers Klassiker-Bibliothek (Leipz. 1892) heraus.

Der Zauberring

An den günstigen Leser!

Der Schreiber der nachfolgenden Geschichten begibt sich in dieser Stunde mit banger Freudigkeit an sein Geschäft. Es gibt Leute, welche darüber lachen, daß man zu irgend einem Tun den lieben Gott mit rechter Inbrunst um Hülfe anrufen könne; demungeachtet scheut sich der Schreiber nicht, zu gestehen, daß er solches jetzt eben von ganzem Herzen getan habe. Schon früher hat ihm das bei ähnlichen Unternehmungen geholfen, und er verhoffet zuversichtlich, es soll auch diesmal helfen. Denn wie ein reiches Meer mit wunderlichen Ufergestaltungen, mit Regenbogenfarben auf den Wassern, mit vielfach wechselnder Strömung und gestaltungsreichem Wolkenhimmel drüber hin, schwebt mir diese Geschichte vor. Den großen Weg, den ich zu steuern habe, kenne ich wohl, aber von den Abenteuern, die sich mir einzeln entgegenstellen werden, ahne ich bei weitem mehr, als ich weiß. Ich lade dich dennoch ein, mein günstiger Leser, schiffe nur getrosten Mutes mit mir hinaus. Es wäre denn, daß du den Namen des lieben Gottes, den ich eben angerufen habe, nicht gut leiden könntest, sonst, meine ich, sollst du mit dem, was ich dir geben will, und was mir zukam und noch zukommen wird, wohl zufrieden sein. Nur wisse, daß das, was dir am besten gefällt, nicht mein eigen ist, sondern eine süße Gabe von oben herab, die mir nur dann wird, wenn ich selbsten besser bin, als es in der gewöhnlichen Art meines verderbten Wesens liegt. Ich gebe dir also in den nachfolgenden Blättern das Allerbeste, so mein Selbst erschwingen mag, wie hier die reine Wahrheit, für welche ich dir mein ehrliches Wort verpfände. Und somit sei mir in den Hainen und Wiesen, und Schlachten und Festen, und Trauer- und Hochzeittagen, die sich demnächst erschließen werden, aus ganzer Seele willkommen!

Erster Teil

Erstes Kapitel

In dem gesegneten Schwabenlande, hart an den Ufern des Donaustroms, liegt eine schöne Aue, darauf sich einstmalen im Monat Mai, just als die letzten Sonnenstrahlen von den Blumen Abschied nehmen wollten, ein junger Knappe erging, der Otto von Trautwangen geheißen war. Von seines Vaters, Herrn Hugh von Trautwangens Veste, die unweit auf einem hohen Berge stand, pflegte er oftmals in diese anmutige Gegend zu kommen, bald sich mit der Angel im Strom ergötzend, bald auch mit Bolzen nach Zielen schießend, die er sich von mancherlei wunderlichen Gestalten, als Drachen, Hexen, Kobolden mit grellen Farben ausgemalt hatte, und dann hier auf der grünen Ebne hinstellte, wo er sicher war, niemanden unversehens zu beschädigen. Heute nun lagen Armbrust und Bolzen bei ihm im Grase, und er ließ die Angel ruhig auf dem glatten Wasserspiegel hin und her schwimmen, wohl mehr als ein leichtes Gedankenspiel, als um des Fischefangens willen. Es mochte nicht einmal ein Würmchen am Haken sitzen. Da kam Bertha von Lichtenried gegangen, seines Vaters Nichte, und mit ihm von frühester Kindheit an auf der Burg erzogen. Die setzte sich neben ihn auf dem Rasen, und fragte ihn halb neckend und halb in lieber Besorgnis, wovon er denn so gar anmutig träume? Er wußte es selbst nicht recht zu sagen, und wußte es noch minder, seit ihn des Mühmleins holdes Gesichtchen aus dem Wasser anlächelte. Es sahe gar zu schön aus den Fluten heraus; sie mochte wohl das gleiche bei ihm finden, denn sie lächelte unverwandt auf seinen Widerschein hin, und so besprachen sich die zwei holden Kinder wie im Spiegel miteinander. Nachdem sich Otto eine Weile besonnen hatte, fiel ihm ein, daß er zuerst durch den Anblick eines Pilgers im rotbekreuzten Mantel, der jenseits des Flusses vorübergezogen war, so nachdenklich geworden sei. Er erzählte der Jungfrau davon, und wie es ihm besonders feierlich vorgekommen sei, daß der Wallbruder immer so ganz grade aus auf seinen Weg geblickt habe, nicht zur Rechten, nicht zur Linken, wie von ganz unbezwinglicher Sehnsucht fortgezogen, so daß man nicht einmal wissen könne, ob Alter, ob Demut, ob heißes Sehnen nach dem Ziele sein Haupt so vornüber gebogen halte. Dann fing er an zu sagen, wie es doch so eigen und herrlich sein möge, wenn man fern über Land und Strom und See etwas wisse, das einem unendlich und über alles teuer sei, und wie auf solchen Wanderungen nicht sowohl das Wandern eine Plage sein müsse, als nur das böse Ausruhn ganz allein. – »Du willst doch nicht etwa so wandern?« fragte die Jungfrau mit zuversichtlichem Lächeln. – »Behüt!« entgegnete der Jüngling. »Mir sind die Wiesenmatten hier mein Ziel, oder vielmehr mein Zauberring; es sei dann Sach', daß du sie jemals verließest, mein wunderschönes Mühmlein.« – Bertha errötete so hell, daß es im Wasser aussah, als habe sich ein Sternlein darin entzündet, und sie sagte zu ihrem Vetter: »Weil du denn so ganz gewißlich bleibst, darf man wohl mit dem Abschiede spaßen. Laß uns einmal das Trennungsliedlein singen, das der alte Meister Walther gedichtet hat. Da wird's einem nachher noch heimlicher und wohler, daß man nicht voneinander braucht. « – Und Otto begann folgendergestalt zu singen:

»Du Heimat süße, Du lieber Ort, Ich grüß' dich, grüße Mit bitterm Wort. Mein bittres Wort das heißt: Ade! Das schlimmste von allen Dingen, Denn weil ich dich nicht fürder seh', Macht's Tränenquellen springen.«

Bertha antwortete:

»Du böse Ferne, Du glatte Bahn. Dir folgt' ich gerne, Doch geht's nicht an. Denn ach, es heißt Ade! Ade! Jungfrau muß einsam warten, Und gießt mit ihrer Augen Weh Die Blümchen an im Garten.«

Sie hörten auf, zu singen, denn es kam ein großer Zug von Pilgerleuten jenseit des Stromes vorbei, und zwar in so mannigfacher Gestaltung, daß die jungen Leute ihr ganzes Aufmerken dorthin kehrten. In der Mitte des Gewimmels ragten schöne Frauen auf prächtigen Maultieren hervor, und zu ihrer Hut gingen dicht neben ihnen Kriegsmänner mit großen Hallebarten. Dann zeichneten sich wieder einige Pilgrime aus, denen man, trotz ihrer grauen Kleider und Muschelhauben, ansah, daß sie vom Hofe kamen, indem eine gewisse vornehm-sittige Zierlichkeit sie verriet und seltsam gegen einen ganzen Haufen bäurischen Volkes abstach, welcher sich um sie her und zwischen sie durch drängte. Doch wurden darunter auch anständige Bürgersleute sichtbar, mit festem, ehrsamem Wesen, und Maler und Sänger in ihrer Zahl, wie es das mitgeführte Kunstgerät anzeigte, womit sie auch jenseit des Meeres, unmittelbar an den heiligen Leidensstätten, Gott und ihrem Heiland zu dienen verhofften. Endlich kamen auch einige Ritter auf schönen Hengsten, im vollen blanken Harnisch, und nur an den rotbekreuzten Schultern als Pilgersleute kennbar. Als eben der Zug der beiden gegenüber war, fingen die Frauen an, folgende Worte zu singen:

»Nach Morgen hin, nach Morgen! Im dunkeln Abend laßt daheim die Sorgen! Der Morgen funkelt hell. Da predigen süße Blumen Von Christi Heiligtumen, Da singt der Kidrons-Quell. Da ist die Herd in Vaters Schoß geborgen, Da wächst nur frommer Mut; Stirbt einer, stirbt er gut; Nach Morgen, Schwestern, Brüder, auf nach Morgen!«

Sie sangen so schön und freudig, daß es war, als wolle die Sonne vor dem heiter sehnenden Liede noch einmal im funkelnden Spätrot wieder aufgehn, und ihnen zu Gefallen Morgen aus Abend machen. Als nun die holden Töne langsam und feierlich verhallt waren, fielen die Ritter mit einer lustigen Kriegsweise ein. Die Bewaffneten, welche die Damen geleiteten, sangen mit, und ein Trompeter, hinter den Rittern herreitend, blies abgebrochene gewaltig schmetternde Töne dazu. Die Worte des Gesanges klangen etwa folgendermaßen:

»Sarazene, mußt nicht wetzen Dein gebognes Schwert; Sarazene, magst dich letzen Mit dem eignen Herd. Mußt nun bald von hinnen! Magst dir wohl gewinnen Tief in Asia neues Land; Vom gelobten wirst verbannt.

Löwenherz, ein Königsritter, Tat viel ernsten Schwur, Kommt, befruchtendes Gewitter, Bald zur heil'gen Flur. Dann, wo Christ gelitten, Wird ein Kampf gestritten; Wer da fällt, hat Gloria, Wer da lebt, Victoria!«

Der Zug war vorüber, die jungen Leute schwiegen noch immer, bis endlich Otto mit glühenden Wangen sagte: »Es ist wahr, der König Richard von England, den sie seiner Tapferkeit und Großmut wegen Löwenherz nennen, hat einen Kreuzzug angelobt. Der Vater und Meister Walther redeten noch vorgestern abend davon. O Gott, was wird das ein herrlicher Krieg werden!« – Bertha seufzte und sprach: »Wenn du immer so lebhaft von Krieg und Fortreisen anfängst, sobald nur irgend etwas vorbeizieht, hab ich kaum den Mut mehr, das Liedlein vom Abschied weiter zu singen.« – »Ach, sei kein Kind!« sagte der Jüngling lächelnd, »es ist ja noch gar nicht die Rede von irgend dergleichen. Gib nur hübsch auf deine Stimme acht; du weißt, nun singen wir beide zusammen.«

Es war aber, als sollten sie das Lied heute durchaus nicht zu Ende bringen, denn eben, als sie das letzte Verslein anfangen wollten, ließ sich hinter ihnen ein Geräusch auf der Aue vernehmen, wie von vielen Rossen, und sie wandten sich eilig darnach hin.

Zweites Kapitel

Eine Schar von prächtig gekleideten Knappen sprang eben von den Pferden, und fing an, einige bunte und reiche Gezelte auf dem Anger aufzuschlagen, während eine wunderschöne Dame, im Gefolge mehrerer edler Jungfrauen geritten kam, und durch einen bewaffneten Herrn von ihrem weißen Zelter ehrerbietig herabgehoben ward. Es gab einen hübschen Anblick, wie nun die Frau und der Ritter sich lustwandelnd nebeneinander auf dem Rasen ergingen: der Dame Gewand von himmelblauem Sammet, mit großen Bogen von goldner Stickerei am Saume; des Ritters Harnisch in tiefer Schwärze glänzend, und mannigfache Sinnbilder von leuchtendem Silber darauf eingelegt. Seine ganze Gestalt war fast seltsam anzusehn, dieweil die Waffenstücke in wunderlichen Ecken und Ründungen aneinander stießen; dabei nahm er sich vornehm und feierlich aus, auch zeigte sein enthelmtes Haupt, daß er noch ein junger und recht anmutiger Herr sei.

Die Lustwandelnden kamen unweit der Stelle vorbei, wo Otto und Bertha standen, und diese grüßten die vornehmen Fremden mit sittiger Demut. Die Dame, den Gruß freundlich erwidernd, verweilte wohlgefälligen Blickes bei den zwei zarten, nach deutscher Weise hochschlank emporgeschossenen, und dennoch kindlich anmutigen Gestalten. Sie winkte sie endlich herbei, und es entspann sich ein zierliches Gespräch, in welchem Ottos und Berthas immer vereintes, nimmer gestörtes und durchaus heimatliches Leben bald gänzlich entfaltet dalag. Ihre Geschichte war kurz, und die einfachen, höchst gewöhnlichen Begebenheiten darin hatten sich in wenigen, eben so einfachen Worten kundgegeben. Da sahe die Fremde mit wehmütigem Lächeln ihren Begleiter an, und sagte: »Graf Archimbald, wenn wir erzählen sollten, würden wir auch so schnell zu Ende sein?« – »Und dennoch«, fuhr sie gegen Otto und Bertha gewendet fort, »ist mir, als sei ich euch das wundersame Märlein meines Reisens schuldig, ihr lieben Kinder. Ihr werdet eure Lust daran haben, und seht mir aus, als hielte nur eure sittige Bescheidenheit euch vom Fragen zurück. Wer gegen mich so treuherzig war, gegen den muß ich es billig wieder sein.« – Damit führte sie die beiden jungen Leute, denen das Herz vor anmutiger Neugier nach den seltsamen Geschichten brannte, in ihr derweilen völlig aufgeschlagenes Zelt, und während Ritter Archimbald hinausging, nach der Ordnung des kleinen Lagers zu sehn, ließ sie sich auf ein zierliches Ruhebettlein nieder, winkte Otto und Bertha an ihre Seite und hub folgendermaßen zu erzählen an:

»Ich bin Gabriele geheißen, und aus dem uralt edlen Geschlechte der Portamour entsprossen. Von früher Kindheit an zur Waise geworden, hörte ich oftmals von meinen Erziehern, ich könne eine der reichsten und vornehmsten Frauen in Frankreich sein, nur daß mir ein gewisser Ring fehle, welchen eine Dame aus der normännischen Familie der Montfaucon mit allerhand ungerechten Listen an sich zu bringen gewußt habe, und den jetzt ihre Tochter, gleichen Alters mit mir, als Erbin besitze. Der Ring ward mir immer vor Augen gestellt, wie das Paradies andern Kindern, aber doch mindestens in ähnlicher Wichtigkeit und süßer Hoffnungsfülle. So geschah es denn, daß alle meine Träume, schlafende und wachende, sich um den wundervollen Ring drehten, ohne daß ich eben mehr von ihm gewußt hätte, als wie er ein Recht auf einige große Ländereien erteile, und, was mir noch endlich wichtiger erschien, seine Besitzerin mit vielen magischen Geheimnissen und Ansprüchen auf das Reich der Geister vertraut mache. Wie mußte mir nun zumut werden, als ich eines Abends am Hofe des Königs, den ich nur eben zum erstenmale betrat, einem Fräulein vorgestellt wurde, welches Blancheflour von Montfaucon hieß, und an dessen wunderschöner Hand – wie sie denn überhaupt für einen Spiegel alles Reizes und aller Anmut gelten durfte – ich den magischen Ring, nach der mir gegebenen Beschreibung, unmöglich verkennen konnte. Diesen das erstemal in meine Gewalt zu bringen, ward mir sehr leicht, denn man ließ uns in demselben Zimmer herbergen, und Blancheflour zog ihren Ring so sorglos von der Hand, daß ich mich meines angebornen Eigentums leicht nach ihrem ersten Einschlafen bemächtigte; ja, daß sie am andern Morgen des Verlustes kaum inne ward, und nach einigem vergeblichen Suchen leichtsinnig, und als ob nichts geschehen wäre, zu dem Feste des Ringelrennens hinaushüpfte, welches soeben begann. Es kam aber ein herrlicher Ritter gegen sie herangesprengt, welcher, wie ich auf Befragen erfuhr, Herr Folko von Montfaucon, ihr Bruder, war und mit seinen hellen Falkenaugen schon von weitem sowohl das Verschwinden des Ringes von ihrer Hand, als auch das Erscheinen desselben an der meinigen bemerkt hatte. Nach einigen, mit seiner Schwester gewechselten Worten ritt er höflich, aber sehr ernst, gegen mich heran, neigte seine Lanze, und sagte: ›Dame, wollet Euch einen Kämpfer wählen, auf daß ich ihm den Ring abgewinne, der an Eurem schönen Händlein prangt, und der meiner Schwester gehört.‹ – Ich tat nach seinem Begehr, und einen der berühmtesten Lanzenrenner Frankreichs, den ich mir zu meinem Helfer ausgesucht hatte, warf er so schnell und entschieden in den Sand, daß mir, nach den früher ausgemachten Gesetzen des Kampfes, nichts übrig blieb, als unter Vergießung der bittersten Tränen mein nur kaum wieder errungenes Familienkleinod dem Sieger für seine schöne Schwester Blancheflour zurückzugeben.

Ich ging betrübt in mein Gemach, ohne von den Spielen etwas hören zu wollen, für welche mich die andern adeligen Jungfrauen auf diesen Abend einluden, und wies meine Zofe mürrisch zurück, als sie mir eine schöne perlenmuttereingelegte Angelrute mit langem Goldfaden und silbernem Angelhaken daran ins Zimmer brachte: ich hatte Gebrauch davon bei einer bevorstehenden Wasserfahrt des Hofes machen wollen, aber was sollte mir nun das alles, da ich um meinen Ring gekommen war! Mißmutig lehnte die Zofe das zierliche Gerät ans Fenster, und ließ mich mit meinen Tränen allein. Gegen Abend hatte ich mich ausgeweint, und das Lachen meiner Gefährtinnen, die unten auf einem Rasenplatze des Gartens Ball spielten, lockte mich, wenigstens durch die Scheiben zu sehn. Da bemerkte ich, daß Blancheflour eben, um bequemer zu spielen, meinen Ring vom Finger zog, ihn dicht unter meinem Fenster auf eine Moosbank legte, und leichtsinnig wieder zum Spiele zurückrannte. Mit heißer Begier und schlagendem Herzen tat ich das Fenster auf; die Angelrute fiel mir, wie hülfebietend, bei dieser Bewegung in die Arme, und schnell hielt ich sie hinaus, und fand, daß der goldne Faden bequem zum Ringe hinabreichte, welcher gleich beim ersten Versuche auf dem silbernen Angelhaken schwebte, und, von mir emporgezogen, mit tausend Küssen empfangen ward. – Was half mir aber die kurze Freude! – Kaum hatte die kindische Blancheflour ihrem Bruder das neue Leid geklagt, und kaum hatte er den Ring an meinem Finger wahrgenommen – denn ich war zu stolz, um mein rückgewonnenes Eigentum nicht öffentlich zu tragen – so bat er mich schon wieder, mir einen Kämpfer auszusuchen, dem er das Kleinod abgewinnen könne. Und wie mochte der vor Folkos tapferm Arme bestehen! Er lag bald am Boden, Blancheflour aber gab ihrem Bruder meinen Ring aufzuheben, so daß mir nun zu dessen Wiedergewinnen noch viel weniger Hoffnung blieb. Dennoch ließ ich nicht ab, das teure Zeichen im Auge zu halten, und als wir einstmalen beim Ruhen nach der Jagd zu den Wurzeln eines beinahe ganz ästelosen Baumes saßen, und davon gesprochen ward, wie er wohl unersteigbar sei, rief ich Herrn Folko neckend auf, sein Heil zu versuchen. Wie ich es gehofft hatte, rückte ihm Lust und Ehrgeiz für ritterliche Übungen alles andere aus den Augen. Er legte den Ring, den er sonst nicht vom Finger ließ, auf den Rasen, weil er ihn am Klettern hinderte, und begann das gewagte Spiel. Als er, wie ich später erfuhr, nach vielen vergeblichen Anstrengungen den Gipfel endlich erreicht hatte, war ich mit meinem Kleinode schon lange verschwunden, und nach England unterwegens, um am Hofe des Königs Richard Löwenherz einen Ritter aufzufinden, der mein Recht gegen den furchtbar sieghaften Folko behaupten möge.

Der große Richard nahm mich auf, wie es diesem Spiegel aller Ritterschaft geziemte, und als ich ihn bat, einen Verteidiger für mich aus seinem Heldengarten zu wählen, führte er seinen liebsten Waffenbruder vor mich hin, hieß ihn niederknien, und um die Gunst und Ehre bitten, mir Leben und Blut weihen zu dürfen. Wie stolz ich nun war, und mit wie gleichgültigen Blicken ich Folko am Hofe erscheinen sah, um den Kampf wegen des Ringes zu erneuen! Ach, mein Hoffen war dennoch vergebens. Ich hätte es ja wissen sollen, daß die fränkischen Ritter den englischen meist in der Gewandtheit des Turnierens überlegen sind. Mein tapfrer Verteidiger, sich dessen bewußt, hatte zwar als Bedingung des Gefechtes ausgemacht, das Lanzenrennen solle nicht alles entscheiden, sondern der Gefällte noch zum Gefecht mit geschliffnen Schwertern Zuflucht nehmen dürfen. Dadurch aber ward Folkos Sieg nur mühsamer, glorwürdiger und nicht minder gewiß. Mit drei tiefen Klingenwunden trug man meinen Kämpfer ohnmächtig aus den Schranken, und Folko kniete vor mir, mit sittigen Gebärden den Ring zurücke begehrend. Der edle Löwenherz redete ihm zu, er solle sich an dem wiedererfochtenen Rechte begnügen, den Ring selbsten aber der Dame lassen, welche sich mit so bittern Tränen von ihm trenne. – ›Mein großer König, und edles Haupt aller Christlichen Ritterschaft‹ entgegnete Folko, ›wär' es für mich, so sollte der Ring dieser wunderholden Frau verbleiben, und obendrein ihr mein Leben verfallen sein, weil ich an den Zähren Schuld bin, die aus so schönen Augen rinnen; so aber steht das Kleinod meiner Schwester Blancheflour von Montfaucon zu, und ein Ritter darf seiner Dame nichts vergeben, wie Euer ritterliche Majestät selber am besten weiß.‹ – Dagegen hatte König Löwenherz nichts einzuwenden, und ich zog mich, abermals meines Ringes verlustig, in tiefer Trauer vom Hofe zurück. Dennoch verweilte ich in der Nähe, hoffend, wie dem Ritter Montfaucon die Waffen immer günstig gewesen waren, solle auch mir Zufall und List fortdauernd günstig sein. Da erfuhr ich, daß Folko gesonnen sei, nach dem Lande Wales zu reisen, um die Stätten und Burgtrümmer mit eignen Augen zu sehn, wo der alte Tafelrundenkönig Artur samt seinen Rittern gefochten habe und gehaust. Entschlossen, das Äußerste zu wagen, eilte ich ihm in die unwegsamen Gebirge voraus, und in einen uralten rostigen Harnisch mit fest geschloßnem Helme gesteckt, wartete ich seiner in einem abgelegnen Tale, durch welches er notwendig reiten mußte. Er kam, und ich forderte ihn mit tiefverstellter, und glücklicherweise durch meinen Eisenkorb noch verdumpfter Stimme zum Kampf auf Leben und Tod. Er wollte die Ursach wissen und meinen Namen; das schlug ich ab, und tat, als glaube ich, daß er nur Ausflucht suche. Da sprang er nun, weil ich zu Fuß war, vom Rosse, so heftig rasselnd und leuchtend in seinen schweren Waffen, daß ich beinahe vor Schrecken zusammengesunken wäre. Aber ich hielt mich noch, und sagte, ich werde nicht eher mit ihm fechten, als bis er seinen Zauberring vom Finger getan hätte; man wisse es wohl, daß nur der ihn unbezwinglich mache, und er sonsten schwach und feige sei, wie ein Kind. Mit einem Ruf des Zornes riß er den Eisenhandschuh von der Faust, und warf den Ring ins Gras. Den hatte ich alsobald erfaßt, und ebenso schnell den Helm gelöst und abgeworfen, worauf ich ihm sagte: ›Hoffentlich erkennt nun Ritter Folko Gabrielen von Portamour, und hat der edlen Sitte zu viel, um einer Dame ohne Verteidiger ihren Ring wegnehmen zu wollen, oder auch nur ihre Reise zu hindern.‹ – Er schwieg, und neigte sich, sprach aber: ›Ich werde die Ehre haben, Euch an bewohnten Orten wieder aufzusuchen, wo es Euch nicht an Kämpfern fehlen kann.‹ – So verschwand ich vor seinen Augen, und gelangte auf bereit gehaltenen Rossen mit Pfeilesschnelle an die Ufer des Meers. Dann aber wehten mich günstige Lüfte nach Deutschland herüber, welches ich aufgesucht habe, weil mir zu Ohren gekommen ist, daß man es einen wahren Ehrensaal von tapfern und biederherzigen Rittersleuten nennen mag. Und wirklich hat sich der edle Graf Archimbald von Walbeck mir auf Tod und Leben verpflichtet, so daß ich keine Sorge mehr kenne, weil er ein so gar ruhmvoller Kriegsheld ist, und noch vor keinem Feind erlegen; in welcher Zuversicht ich auch die Farben der Familie Montfaucon trage, blau und gold, um dadurch die Rechte anzudeuten, welche mir der Ring auf ihre Besitztume gibt. Die will ich ihnen aber gerne lassen, wenn ich nur meinen teuern wundervollen Ring behalte. Vielleicht hat ihn auch der furchtbare Folko nun aufgegeben und längst vergessen, denn seit England hörte ich nicht das mindeste mehr von ihm, so daß ich meine List und mein Glück wohl preisen mag, verhoffend, in ungestörter Ruhe mit den Geheimnissen meines Kleinodes vertraut zu werden, von denen ich bis jetzo nicht viel mehr als ungelöste Rätselsprüche weiß.«

Otto und Bertha dankten der schönen Gabriele für ihre Geschichte mit den allerhöflichsten und zierlichsten Worten. Dann aber sagte Bertha leise: »Der Ring muß wohl wunderschön anzusehen sein.« – »Ich will ihn dir gern zeigen, du freundliches Kind«, sagte die lächelnde Gabriele, und zog ihn an einem goldnen Kettchen aus ihrem weißen Busen hervor.

Während ihn nun die beiden betrachteten, Bertha die seltsamen Zeichen bewunderte, und die grünen und blutroten Steine, welche sich darauf zeigten, Otto aber unbemerkt und mit hochglühenden Wangen einen Kuß darauf hinhauchte, öffneten sich die Vorhänge des jetzt schon kerzenhellen Zeltes, und herein trat Archimbald, ein anderer Ritter ihm nach.

Drittes Kapitel

So wie der Fremde sich näherte, riefen Otto und Bertha wie aus einem Munde: »Ei Gott, da ist ja der starke Ritter Folko von Montfaucon selbst!« – Wie es wohl zu geschehen pflegt, hatten sich beide während des Erzählens ein Bild von diesem sieghaften Helden im Gemüte ausgedacht, und nun paßte der Ankömmling auf eine gar wunderbare Weise dazu. Daß sie sich nicht darin geirrt hatten, bewies das Erblassen Gabrielens und des Ritters sittige Anrede, der sich ehrerbietig vor der Dame neigte, und sie fragte, ob sie den Herrn, welcher ihn auf sein Bitten soeben eingeführt habe, für ihren Verteidiger erkenne, von welchem es erlaubt sei, das Ringeskleinod durch die Waffen zurückzufordern? – Gabriele winkte bejahend, und Herr Archimbald sagte: »Mein fremder Degen, so liegt mir noch ob, Euch kund zu tun, daß ich der Graf von Walbeck bin. Ihr werdet von mir gehört haben, und es kommt nun auf Euch an, ob Ihr noch um den Preis mit mir ringen, oder Euch dessen in Frieden begeben wollt.« – Ein hohes Rot flog über Ritter Montfaucons Wangen, und seine dunkeln Augen funkelten, wie ein fernes Wettergewölk, aber dennoch verneigte er sich höflich, und sagte mit sanfter Stimme: »Ich weiß nicht, Herr Graf, ob es Euch der Mühe wert dünkt, den Freiherrn Folko von Montfaucon zu besiegen; soviel aber weiß ich, daß mir die Lust, mit dem berühmten Archimbald von Walbeck zu fechten, Kampfesbegier erwecken würde, fehlte mir es auch sonst an Ursachen dazu.« – »Wollen wir noch heute abend an den Reihen?« fragte Archimbald. »Das wird dieses edle Fräulein entscheiden«, entgegnete Folko, »es ist ihr vielleicht auf die Ermüdung der Reise nicht mehr gelegen, unsern Wettkampf anzusehn.« »Lieber heute als morgen«, sprach Gabriele mit ängstlicher Hast. Da ging Archimbald hinaus, den Kampfplatz zu ordnen, nachdem die Ritter vorher einig geworden waren, daß wer aus dem bezeichneten Runde um irgend einer Ursache halben weiche, für überwunden gelten solle, und nichts mehr fürder mit diesem Abenteuer zu schaffen haben dürfe. Sonst gelte auch nach dem Lanzenrennen der Kampf mit geschliffenen Schwertern wie es im Rittergarten König Löwenherzens ausgefochten worden sei. Derweil nun Archimbald draußen die Vorbereitungen machte zum ernsten Spiel, hatte Folko Gabrielens Laute ergriffen, ließ sich auf eine zierlich leichte Weise zu ihren Füßen nieder, und tändelte anmutig mit den Saiten. Er war hübsch anzusehn in seinem Harnisch vom tiefblauesten Stahle, mit reichen güldnen Zieraten prächtig eingefaßt und überblitzt, mit seinem schwarzbraunen Haar und zierlich gestutztem Knebelbart, unter welchem der frische Mund anmutig hervorlächelte, und zwei Reihen perlenweißer Zähne blicken ließ. Gabriele sah in stummer Ungeduld und Unsicherheit vor sich nieder. Wer die beiden so im gleichen himmelblau und goldnen Schmucke hätte sitzen sehn, wäre wohl nicht auf den Gedanken gekommen, daß sie Feindliches mitsammen zu teilen hätten, sondern eher, daß die Dame dem Ritter die schöne blau und gold gewobene Schärpe geschenkt habe, die von seinen kräftigen Schultern nach den schlanken Hüften hernieder wehte, und daß er ihr nun mit den anmutigen Zitherklängen Dank dafür zuspielen wolle. Es blieb aber nicht lange so friedlich: Archimbald erschien alsbald am Eingange des Gezeltes in furchtbarer Gestalt, denn er hatte den geschlossenen Helm bereits auf, dessen wunderliches Visier das Antlitz eines Adlers mit gewaltigem Silberschnabel nachbildete, und zu den übrigen seltsamen Formen seiner Rüstung so eigentümlich paßte, daß man ihn wohl für einen Bewohner irgend fabelhafter Wunderländer hätte ansehn mögen. – »Es ist fertig!« sagte er, und Folko war federleicht auf den Füßen, legte die Laute mit großer Sorgfalt auf die Teppiche hin, und verließ zierlich grüßend das Gezelt. Dann bot Graf Archimbald der Dame seinen Arm, und führte sie hinaus; Otto und Bertha folgten, mit glühenden, staunenden Blicken, als seien sie träumend in die Märchenwelt ihrer oft gelesenen und gesungenen Sagen entrückt.

Draußen schlug ihnen eine glänzende Helle blendend aus der alten Nacht entgegen. Ein weiter Kreis, geräumig genug zum Anlauf und Tummeln zweier Rosse, war ringsum durch festlich lodernde Fackeln umkränzt, die ihre roten Flammenwolken gegen das verdunkelte Firmament hinaufwirbelten, und die Gegend außerhalb in das tiefste, gestaltloseste Schwarz versenkten, während sie jedes Blümchen in der ernsten Rundung mit fast mehr als Mittagsklarheit umleuchteten. Archimbald führte Gabrielen zu einem Sitz, aus Rasen zierlich errichtet, mit den prächtigsten Decken überlegt, und so angebracht, daß sie gerade der Mitte des Kampfplatzes gegenüber saß, wo sich die Ritter bei ihrem Zusammenrennen treffen mußten. Um die Dame her stand ihr und Archimbalds reiches Gefolge, Otto und Bertha zu ihren Seiten, während jenseits zwischen den roten Fackellichtern durch, allerlei fremde, reich geschmückte Gestalten sichtbar wurden, die wohl zu der Dienerschaft des Freiherrn von Montfaucon gehören mußten. Während sich nun Archimbald von der Dame beurlaubte, und rechtshin nach seinem Streithengste ging, ward man zur Linken schon Folkos ansichtig, der auf einem schlankgehälsten, leichtfüßigen Pferde von silbergrauer Farbe, den ganz goldnen, bereits geschlossnen Helm von der allerzierlichsten Form auf seinem Haupte, am Ende der Bahn zum Vorschein kam. Da sein Gegner noch nicht kampffertig war, trabte er in spielender Übung über den Rasen hin, sein artiges Pferd mehr mit Worten, schien es, als mit Zügeln lenkend. So wie es in Gabrielens Nähe kam, beugte es, auf seines Reiters Wink, die Vorderfüße, fuhr dann gewaltigen Sprunges wieder in die Höh, und mit so schlanken Sätzen, daß es fast zu fliegen schien, und die goldnen Schellen an Sattel und Hauptgestell anmutig ertönten, wieder an seinen Platz zurück. Da stand es gehorsam still, ein geschmücktes Bild, und drehte dann den feinen gelenken Kopf unter den reichen Decken, wie schmeichelnd und fragend, ob es alles recht gemacht habe, nach seinem Ritter zurück, der den Stahlhandschuh von seiner Rechten zog, und ihm freundlich den Hals klopfte.

Wunderlich stach es dagegen ab, wie Archimbalds Rappe, von weißem Schaume getigert, die silbernen Kettenzügel, an welchen ihn zwei Reisige mit angestrengten Kräften festhielten, steigend und hauend zu sprengen drohte, wie Archimbald mitten im Bäumen dreisten Schwunges auf des unbändigen Tieres Rücken flog, es mit heftig strafenden Spornstößen zu wildern Sprüngen trieb, und, nachdem er sich einigemal ungestüm hin und her getummelt, Zügel und Schenkel mit ungeheurer Kraft und Sicherheit brauchend, der Hengst seinen Meister erkannte, und ganz eingewurzelt nach dessen Willen stehen blieb. Aber die Augen des Rappen flammten so lodernd, daß sie sich wohl mit den Fackelbränden messen konnten, und mit dem rechten Vorderfuße hieb er gewaltig in die Erde, als höhle er dem Feinde seines starken Reiters ein Grab.

Da neigten sich beide Ritter, zum Zeichen, sie seien des Kampfes gewärtig, gegen Gabrielen, tief, daß die riesig schwankenden Federbüsche beinahe den Boden berührten, dann saßen sie wieder grade und still, die Lanzen eingelegt.

Und Gabrielens weißes Tuch flog in die nächtliche Dunkelheit empor, und helle Trompetenstöße schmetterten, davor die Kämpfer wie Blitze gegeneinander fuhren, daß man fast später ihr Zusammentreffen sah, als man das Krachen der splitternden Lanzen hörte, und das laute Klingen der Waffenstücke von dem ungeheuern Stoß. Aber die Kämpfer waren vorbeigejagt, ohne sich im Sattel zu rühren, warfen nun wieder ihre Rosse an den umgetauschten Enden der Bahn herum, und hielten still, jeglicher, wie es schien, erstaunt, den Gegner noch zu Pferde zu erblicken. – »Neue Stechstangen!« rief Archimbald, und Knappen sprangen herzu, den Herren die Wahl unter mannigfachen gewaltigen Speeren lassend. Als sie nun die neuen Waffen gewählt und gewogen hatten, sprach Archimbald: »Nicht wahr, Ritter Montfaucon, noch zwei Lanzen? Ist es dann nicht fertig, so macht man's mit blanken Schwertesecken aus.« – »Ich bin hier Gast«, sagte Folko, mit höflichem Verneigen, »und was auch mein edler Wirt mir zutrinken mag, ich tue bescheid« – Wieder schmetterten die Trompeten, und wieder flogen die Ritter zusammen; diesmal mit so ungeheurer Gewalt, daß beide Streithengste auf die Kroppen niedersaßen, aber, von ihren Herren heftig gespornt, bald wieder in die Höhe sprangen und aneinander vorbei nach ihren Plätzen rannten. Folkos Lanze war in tausend Trümmer auf seines Gegners Brustharnisch zerstoben, Archimbalds Speer war nur geknickt. Darüber jubelten sowohl Walbecks Knappen und Reisige, als Montfaucons, denn jene sahen es als ein günstiges Vorzeichen an, und diese riefen, ihr Herr müsse fester gestoßen haben, des Grafen Lanze nur abgeglitten sein. Die Herren waren neu bewehrt, der dritte Trompetenruf klang und wie sie mit brennendem Ingrimm zusammenstießen, sahe man Folkos Silbergrauen hoch emporbäumen, schwanken von der Gewalt des Stoßes, aber den Reiter, besonnen gegen den Roßhals gebeugt, die goldnen Sporen brauchen, und das Pferd zum leichten Sprunge nach vorwärts treiben, während Archimbalds Rappe in die Knie stürzte, dann sich brausend wieder aufriß, aber, von des Ritters Faust, der halb ohnmächtig droben schwankte, nicht mehr gebändigt, in toller Wut über den Kampfplatz hinsetzte, daß er und sein wunderlich geharnischter Ritter wie böse Geister anzusehen waren, dann zwischen den lodernden Fackeln aus dem Kreise hinausfuhr, und verschwand. Draußen im mächtigen Dunkel hörte man am Gerassel der fallenden Rüstung, daß Archimbald am Boden lag. Folko hielt eine Zeitlang ruhig an seinem Platze, dann saß er ab, streichelte dem Silbergrauen die Mähne, warf den gebrochnem Lanzenschaft von sich, und trat mit gezücktem Schwerte, das im Fackelschein wie eine Flamme loderte, in die Mitte des Kreises. Niemand schritt ihm entgegen, und draußen im Finstern hörte man der Reisigen und Knappen dumpfes Gemurmel und Hin- und Hergehen bei ihrem gestürzten Herrn. Da rief endlich Folko: »Herr Graf von Walbeck, Euch trug Euer Rappe wider Willen aus dem Rund. Das soll nicht gelten, und Euch gestattet sein, mit geschliffenem Schwert den früheren Unfall zu bessern. Ich stehe hier und warte. « – Es blieb aber lange still; endlich rief ein Knappe zurück: »Mein Herr ist ohnmächtig!« – »Er kann nicht fechten«, sagte eine andere Stimme. »Wir bringen ihn nach dem nächsten Kloster zu den heilkundigen Mönchen«, eine dritte, und gleich darauf hörte man, wie der Zug langsam und trübselig über die Wiese ritt.

Da steckte Herr Folko von Montfaucon sein leuchtendes Schwert in die Scheide, ging offnen Helmes hin, wo Gabriele ihren Sitz genommen hatte, und bat sie mit gebognem Knie um den Kampfpreis. Das schöne Fräulein zog mit heißen Tränen an der Goldschnur, und holte den Ring aus dem zarten Busen hervor; viel anders, als da sie ihn vor kurzem den beiden jungen Leuten triumphierend gezeigt hatte. Aber noch war er nicht von der Schnur gelöset, da trat schon Otto vor den Ritter Montfaucon hin, und sagte: »Herr, laßt mir eine Rüstung geben, und Roß und Lanze und Schwert; ich fecht Euch das Kleinod im Namen der edlen Frauen ab, dafern sie mich solcher Ehren nicht unwert hält.« – Ein leichter Strahl der Hoffnung und Freude flog über Gabrielens Antlitz. Sie mußte plötzlich an die vielfachen alten Märchen denken, wie junge Helden, kaum der Knabenzeit entwachsen, über berühmte Kämpfer und ungeheure Riesen zum Schutz bedrängter Jungfrauen gesiegt. Folko hatte sich in die Höhe gerichtet, und maß mit den Augen seinen unversehrten Widersacher. Plötzlich aber wandte er sich lächelnd ab und sagte über die Achsel hin zu Otto:»Junger Knappe, junger Knappe, ei wo hast deine goldnen Sporen? Meinst du, es wäre schon jetzt an der Zeit, daß du könntest mit Rittern fechten? Drei Schwertschläge und eine Waffenwache, dann komm mir wieder, so will ich den Kampf recht gerne bestehn.« – Darauf kniete er abermals vor Gabrielen, und bat sie um den Ring, welchen er kaum in den Händen hielt, als er nach einer höflichen Verneigung schon wieder auf dem silbergrauen Rosse saß, und mit seinen Knappen davonsprengte.

Gabriele aber wandte sich in bittern Tränen zu ihrem Gefolge, das gleich nach dem unglücklichen Ausgang des Rennens auf ihren Wink angefangen hatte, die Zelte abzubrechen, alles Gepäcke auf die Saumrosse zu laden, und nun mit diesem Geschäfte zu Ende war. Kein Viertelstündlein länger, sagte das klagende Fräulein, wolle sie an einem so unseligen Orte verharren! Und ohne auf Ottos Reden und Hülfserbietungen nur im geringsten zu achten, kehrte sie sich von ihm ab, wie man sich von einem töricht vorlauten Kinde abkehrt, und ritt in die Schatten hinein. Otto rief ihr nach: »So Gott mir helfe, edle Dame, ich will nicht rasten, bis ich Ritter bin, und Euch Euren Ring zu Euern schönen Füßen lege.« – Aber auch dieses Beteuerns schien sie nicht zu gewahren. Man hörte bald nur noch fernher die leichten Hufe ihrer Zelter über die Aue schreiten.

Einsam und verlassen standen Otto und Bertha an der verhängnisvollen Stätte. Es war, als hätten sie geträumt; nur die niederbrennenden Fackeln, die versengten und zerstampften Gräser taten die Wahrheit jener wunderlichen Erscheinungen kund. Es wußte keines von beiden dem andern etwas zu sagen, und so traten sie schweigend in der mächtig tiefen Finsternis den Rückweg nach der Heimat an, um ein großes anders, als sie vor wenigen Stunden von da auf den Anger hernieder geschritten waren. Nur ein paarmal fragte Otto unterwegens: »Weinst du, liebe Bertha?« – Sie antwortete aber immer: »Nein!« und wand ihr Tuch dicht um das Haupt, so daß Otto dachte, er habe sich nur geirrt, und sein eignes unwilliges Seufzen für Berthas Weinen gehalten.

Viertes Kapitel

Hoch auf seiner alten Veste saß Herr Hugh von Trautwangen in dem gewölbten Saal, darinnen seine eignen Waffenstücke und die der Ahnherrn aufgehangen waren, und wo er sich den größten Teil des Tages hindurch zu befinden pflegte, seitdem er Alters halben nicht mehr auf Jagd, Ringelrennen, Turnier oder Fehde hinausritt. Diesmal waren die beiden Kerzen, welche vor ihm den großen runden Tisch auf schwersilbernen Leuchtern erhellten, schon fast heruntergebrannt, und Sohn und Nichte ließen wider ihre Gewohnheit noch immer vergeblich auf sich warten. So oft jemand die Wendelsteige heraufgeschritten kam, dachte der Alte, es seien die zwei jungen Leute, und blickte freundlich verlangend nach der Tür; wenn aber dann nur ein Knappe hereintrat, der etwa sehn wollte, ob der Herr noch Licht habe, und noch Wein in dem großen, aus silbernen Schaustücken geformten Kruge zu seiner Seite, da tat Herr Hugh, als habe er eben nichts erwartet, und auf irgend eine befremdende Äußerung des Dieners kam keine Antwort zurück; oder höchstens hieß es. »Junges Blut, lust'ger Mut! Was ist da viel zu sorgen. Es wird sich schon finden.«

Aber die Uhr im Schloßturme schlug neun, schlug zehn, und weder Sohn noch Nichte trat aus dem tiefen Dunkel draußen in den heimatlichen Saal. Da nahm der Greis sein grünsamtnes Käpplein vom kahlen Haupte, hielt es in den gefaltnen Händen, und betete inbrünstig, der Herr wolle doch die vielfachen Sünden seiner Jugend den unbewußten Kindern nicht zurechnen, und beide nach seiner ewigen Gnade schuldlos und gesund in die Veste zurückführen.

Noch betete er, da ging die große eichne Tür ihm gegenüber auf, und die zwei Ersehnten standen verneigend mit ihren jugendlich frischen Gesichtern in der Halle. Diesmal hatte er nichts auf der Steige gehn hören, und die Erfüllung trat nun ganz unerwartet vor ihn, wie es die rechten Erfüllungen denn überhaupt an der Art haben, vorzüglich, wenn eins darum betet. Den jungen Leuten aber ward es gar beweglich und reuevoll zu Sinn, als sie so den großen eisgrauen Alten barhaupt in seinem Lehnsessel sich gegenüber mit gefaltnen Händen sitzen sahen, bleich durch viele Jahre und eben jetzt erlittne Besorgnis, gebleicht noch durch die abgebrannten Kerzen zwischen ihnen und ihm. Sie fühlten wohl, für wen er gebetet habe, und hoben zugleich und in selber Stellung die Hände dankend und Verzeihung flehend in die Höhe. Aber Herr Hugh war wieder in seiner gewohnten Fassung, bedeckte sein Haupt, und fragte, die beiden näherwinkend, mit ernst freundlichem Wesen, was sie so lange draußen getrieben hätten. Da sagte der junge Ott' von Trautwangen: »Herr Vater, wenn wir noch ein ganz klein wenig länger geblieben wären, ständ es nach meinem Bedünken besser und leichtherziger um uns alle, und um die schöne Dame mit dem Ringe auch, denn alsbald wäre der Strauß bereits ausgefochten, und hoffentlich sieghaft für uns; so aber weiß Gott, wie lang ich nach meinem Gelübde durch die Welt nachziehn muß, und das alles kommt davon her, daß Ihr mich nicht früher zum Ritter geschlagen habt.« – Herr Hugh sah mit großer Verwunderung seinem jungen kecken Sohn in das Antlitz, nicht allein wegen der seltsamen Worte, die er sprach, sondern noch mehr wegen seines so gar veränderten Wesens, als sei er in den wenigen Stunden ganz anders geworden. Bertha aber fing unverhohlen und bitterlich zu weinen an, wohl noch viel bitterlicher, als vorhin Gabriele um ihren Ring. Darüber sahe sich Otto ganz verwundernd um, und als er nun bemerkte, daß des Mägdleins Augen schon von vielen früher vergessenen Tränen rot und trübe waren, sprach er: »Ach, liebe Bertha, so hast du ja doch unterwegens geweint! Warum sagtest du denn immer nein, wenn ich dich fragte? Und warum weinst du denn überhaupt?« – Bertha antwortete ihm nur durch ein freundlich schmerzhaftes Lächeln, dann bat sie den alten Herrn, er möge ihr vergönnen, zur Ruhe zu gehen, und somit schritt sie verhüllten Angesichts aus dem Saal. Otto wollte sie aufhalten, aber Herr Hugh bannte ihn mit einem strengen Blick an den Tisch, und sagte, als Bertha hinaus war: »Junger Bursch, du hast entweder geträumt und gefaselt, und dann gibt sich morgen alles von selbst; oder es ist Ernst mit Gelübde und Ritterfahrt, und dann haben ein paar Tränen deines Mühmchens nicht so viel Recht mehr mitzusprechen, als vordem. Setze dich nun mir gegenüber, und erzähle mir ausführlich und besonnen, was sich mit dir zugetragen hat, so wollen wir baldigst mit einander im reinen sein.«

Wie nun der Knabe zu erzählen anhub, und immer weiter und weiter sprach, hub auch der Alte an, sehr ernst zu werden, und ward es immer und immer mehr, wobei er vorzüglich gegen das Ende der Geschichte die Augen gar nicht von einem großen Schwerte wegbrachte, das unfern von den beiden an der Wand hing, und halb aus der Scheide hervor sah.

Als das Abenteuer vom Anger zu Ende war, sagte Herr Hugh zu dem alten Schwerte: »Du hast doch wahrhaftig beständig etwas gegen die Verborgenheit einzuwenden gehabt, und durchaus nicht gänzlich hinein gewollt, so oft ich's auch versucht habe, dich in Ruh und Frieden zu bringen. Nun seh' ich's wohl, du tatest so gar unrecht nicht daran. Frisch heraus, mein alter Fehdegesell, und Otto, hol mir ihn ungesäumt herunter.«

Mit einigem Schauer wendete sich der Jüngling nach dem Gegenstande zurück, zu welchem sein Vater sprach. Es war ihm, als könne es auch wohl ein plötzlich heraufgestiegenes Gespenst, oder irgend etwas dergleichen sein. Aber es leuchtete ihm nichts, als die wohlbekannte Waffe in die Augen, nur daß sie vom Schimmer der einen heruntergebrannten Kerze in ganz ausnehmender Helle funkelte. Da faßte er freudig das große Goldgefäß, und achtlos dessen, daß die schwerbeschlagene Scheide klirrend auf das Pflaster der Halle fiel, trug er das blanke Gewehr zu seinem Vater, sprechend: »Ei fröhlicher Anblick! Nicht lustiger selbst hat Ritter Montfaucons Klinge im Fackelkreise gefunkelt!« – »Von Ritter Montfaucons Klinge wäre vieles zu sprechen«, sagte der Alte, das große Schwert in seinen Händen haltend und wägend, »und noch mehr wäre zu sprechen von übereilten Gelübden und sonst dergleichen; aber davon nachher, aber auch wohl gar nicht, denn Gelübde wollen gehalten sein, und du hast Gabrielen das deine geleistet. Nur wenn du einmal einen Juwelier antriffst, der einen kostbaren Stein auf keine Weise von sich lassen, sondern an dessen Karfunkelschein die Augen bis in den Tod laben und erstärken wollte, und dem eine reisende Fürstin sein Kleinod wider Dank und Willen mit fortnahm, oder einen Gärtner, der ein Blümlein zu seiner stillen Freude im heimlichsten Winkel seines Geheges zog, und es schoß plötzlich eine gaukelnde Taube herab, und raffte es ihm mit Stiel und Wurzel aus, und schwang sich damit über die See, – wenn du einmal das oder etwas Ähnliches siehst, so ermiß ungefähr, wie dem alten Herrn Hugh in dieser Stunde zumute war.« – Dabei drängten sich ihm zwei große, kristallhelle Tropfen in die alterstiefen Augen, während er festen Trittes in die Mitte der Halle vorschritt, und Otto wollte ihn mit Demut und Rührung umfassen, aber der Rittersmann sagte: »Junger Degen, die Stunde ist allzu ernst und feierlich, als daß man sich nur das geringste darin verstatten könnte, was irgend jemand Narrenteidung oder Weichlichkeit nennen dürfte. Kniet nieder, junger Herr von Trautwangen. Es ist an dem, daß man Euch zum Ritter schlägt.«

Otto beugte andächtig die Knie und faltete die Hände. Er war fast anzusehen, wie eines von den ernsten Steingebilden, die man auf Grabstätten junger Herren anzutreffen pflegt, fromm, einfältiglich, einer seligen Auferstehung wartend. Herr Hugh aber nahm das große Schwert, berührte mit dessen Klingenfläche dreimal die Schultern des Sohnes, und sagte dazu: »Das leide du jetzt von mir, und von keinem wieder.« – Dann trat er vor den Jüngling hin, und sprach: »Herr von Trautwangen, ich habe Euch nun Kraft meines Rechtes als Ritter und Bannerherr die heilige Ritterwürde übertragen. Übt solches Amt recht ehrbar aus, zum Horte der Frauen, der Witwen, und der Waisen; vor allem aber zur Glorie unsres Allerheiligsten Erlösers Jesu Christi. Für jetzo nun erhebt Euch, kommt in meine Arme und laßt uns gute Waffenbrüder mitsammen sein.«

So herzinnig hatten sich Vater und Sohn noch niemalen umfangene als in diesem feierlichen Augenblick, wo sie über alles hinaus, was sie sonsten verknüpfte, auch noch Brüder und Genossen geworden waren. Darauf ging Herr Hugh mit dem alten Schwerte nach einem goldhellen großen Schilde, welches grade über seinem Sessel hing, und schlug dreimal gewaltig und in gemessenen Zeiträumen dagegen, daß die Hallen dröhnten, und alsbald sich der Saal von den bewaffneten Hausleuten füllte.

»Das ist der Ritter Otto von Trautwangen«, sagte Herr Hugh zu ihnen, indem er seinen Sohn an der Hand hielt. »Dieser teure junge Degen wird heute nacht seine Waffenwache halten. Tragt ihm deshalben die silberhelle Rüstung – denn sie soll sein gehören – hinunter in die Kapelle, und wer es gut meint mit dem Hause der Trautwangen und dessen jüngster Blüte, halte sich munter zu Nacht, und bete zu Gott, daß diese ernsten Stunden eine erquickliche Saat und Frucht tragen mögen für Zeit und Ewigkeit. Amen!«

Und sie schritten hinunter die Wendelsteigen nach der Kapelle, die, wie zum Schutze des Baues, weit hinaus an dem vorspringendsten Gemäuer gegen Morgen stand. Dann legten die Kriegsknechte das glänzende Waffengerät vor dem Altar nieder. Herr Hugh segnete seinen ritterlichen Sohn, ihm das alte Schwert in die Hand drückend, während dieser sich edlen Anstandes und gezückter Wehr, wie ein Paradieseswächter, vor das silberreine Metall hinstellte, betend und schweigend mit seinen Dienstmannen an geheiligter Stätte.

Fünftes Kapitel

In der Höhe der Kapelle brannte fern oben eine einzige Lampe, das Gewölb mit all seinen reichen Bogen, welche gleich Orgelklängen pfeilernd emporstiegen und einander umfaßten, so wunderbar erleuchtend, daß man meinte, durch Waldesäste in den offnen Himmel hinaufzuschauen, während der untre Teil des Gebäudes in zweifelhafte Dämmerung versenkt blieb, so wie es die Erde mit ihren Gebilden ja auch vor unsern blöden Menschenaugen tut. Die Frommheit des Gedankens erfaßte zu Anfang den jungen Ritter ausschließlich; er kniete nieder, die Hände um seine Schwertklinge faltend, und den goldnen Griff als ein Kreuzesbild in die Höhe hebend, und dabei schaute er immer recht inbrünstig nach der obern Helle des Gewölbes empor, und dachte an seine selige Mutter, von der er sich nur erinnern konnte, daß sie auf der Reise im freien Walde gestorben sei, und ihm, dem weinenden Knaben, immer mit süßem Lächeln nach dem lichtblauen Frühlingshimmel hinauf gedeutet habe, denn sprechen konnte sie schon nicht mehr. An der Mutter Tod knüpften sich andre Erinnerungen fest, und so kam das Gemüt des Jünglings nach und nach wieder vorgeschritten in die gegenwärtige Stunde. Da fiel es Ihm auf, wie bis heute diese Kapelle ein unbekannter, verbotner Raum für ihn gewesen war, und mit einem Gemisch von Neugier und Grauen sprang er in die Höhe. Bild an Bild ward neben ihm an den Wänden sichtbar, einige so weit aus der Mauer vorgeschritten, daß die Dämmerung sie fast mit ihrem wechselnden Dunkel und Licht zu lebendigen Leibern gestaltete; andere wieder nur mit Farben leicht auf die Fläche hingehaucht, selbst Schatten in den Schatten, die von der lodernden Ampel daran hinstreiften. Es war ihm, als müßten alle diese Gestaltungen in das Leben seines Vaters gehören, welches er auch nicht viel anders kennengelernt hatte, als eben jetzt die Wände der Kapelle: einzelne Bilder deutlich, die mehrsten aber kaum geahnt, und der Zusammenhang des Ganzen unbegriffen, und von nebligem Dunkel überhüllt. Soviel sah er wohl, daß hier teils Grabstätten mit ihren ernsten Verzierungen standen, teils auch erbeutete Waffen und ganze Rüstungen von unerhörter Gestalt, denn Herr Hugh war sehr weit umhergekommen, sowohl in die heiligen Morgenlande, als auch durch den blühenden Westen von Europa, und hinauf gen Mitternacht, wo es mehr Winter gibt als Sommer, und die Sonne oft viele Wochen hintereinander unsichtbar bleibt. Aus allen solchen fernen Regionen schienen sich hier Bilder oder sonst Andenken eingefunden zu haben, um in dem engen Raume Kunde zu geben von dem reichen Leben des alten Ritters, welches jetzt einem noch weit engeren Raume schon ganz nahestand. Es wehten im Nachthauche große Banner, und muhammedanische Roßschweife daneben, und krumme Säbel funkelten mit reichen Juwelengefäßen neben uralt rostigen Schwertern und Streitäxten; wie zum Treffen geschart standen Harnische da, und neben ihnen sahen ernste Greisenantlitze, hart gemeißelt, oder milde Frauenangesichter mit bleichen Farben wie Mondschein von den Wänden heraus. Ach, unter diesen war eines, das ihn mit dem allersüßesten Zauber anzog, dessen er sich je bewußt geworden! Er konnte es kaum vor einigen finstern Rüstungen recht gewahr werden, und doch meinte er, es müsse niemand anders als seine selige Mutter sein. Es war ordentlich, als winke es ihm mit der einen in die Höhe gereckten Hand zu sich hin. Er wäre auch gleich gegangen: nur wußte er nicht, ob es seinem Ritterstande gebührlich sei, die Waffen, welche er bewachen sollte, so weit zu verlassen, denn das Bild stand fast am andern Ende der Kapelle. Da erwachte ein wunderliches Kämpfen in seinem Gemüt, und ließ ihm keinen Frieden; die Mutter schien immerfort zu winken, und endlich meinte er gar die süße Stimme zu vernehmen, die aus der frühen Kindheit herauf noch oftmals durch seine Träume gegangen war, und daß sie spreche: »Ach du herzlieber Sohn, ach nur den einen, einen Augenblick! Ich bin ja schon so lange tot und fern von dir. Ach nur den einen Augenblick! Die Waffen liegen ja in Gottes Hut!« – Wohl sagte sich der junge Ritter, daß er das alles nicht von außen höre, aber weil es doch allzurührend in seinem Herzen klang, neigte er sich endlich vor dem Bilde des Gekreuzigten, das lebensgroß in weißem Marmor über dem Altare stand und sagte: »Ach Gottmensch, du hast ja auch deine Mutter so sehr lieb gehabt! Schirme mir meine Gewaffen, derweil ich nachsehe, ob das dort das Bildnis der meinigen ist!« – Und damit schritt er getrost nach der ersehnten Stelle hinab.

Wohl war es sein süßes Mütterlein, die in einem dichten Forste abgebildet war, die Arme beide gegen die Wolken ausgestreckt, und weil er vorhin nur den einen davon hatte sehen können, war es ihm vorgekommen, als winke sie ihm damit. Jetzt sahe er wohl, daß sie nach nichts winke, als nach Gott, denn ihre lichtbraunen Augen waren hoch empor nach einem güldnen Dreieck gerichtet, das oben im tiefblauen Gewölke sichtbar ward. Was dem Bilde an Frische und wahrhaftem Leben mangelte, trug des jungen Ritters feuchtes Auge leicht hinein. Ihm ward vollkommen, als sehe er nun wieder den hellen Frühlingshimmel vor sich, nach welchem die Mutter damals hinaufgewinkt habe, und den tiefschattigen saftgrünen Forst, welcher so heimlich umherstand. Selbst daß die Farben auf dem Angesichte der Mutter beinahe gänzlich ausgebleicht waren, rührte ihn unaussprechlich. Er drückte einen ehrfurchtsvollen Kuß darauf, und sagte: »Hab' schönen Dank, du lieber, treuer Maler, daß du sie mir als Leiche gemalt hast, denn als Leiche wollten ja Vater und die andern nicht, daß ich die Vielholde sähe. Nun ist es dennoch nach meinen Wünschen ergangen.« – Er schwieg nachdenklich, und überlegte, ob dies wohl die Grabstätte seiner Mutter sei. Er hätte es gar zu gern geglaubt, und hier ein stilles Gebet bei den teuern Gebeinen gehalten, aber er konnte sich durchaus nicht entsinnen, daß ein Sarg mit her in die Burg gekommen, oder hier ein feierliches Begräbnis gehalten worden sei.

Indem streifte ein Luftzug durch die Halle. Die Türe klirrte im Schloß, ein altes Banner über des Ritters Haupte begann zu rauschen, und er fuhr überrascht aus dem tiefen Sinnen empor, schnell umblickend nach seinen Waffen. Da war es plötzlich, als strecke zwischen diesen und ihm eine riesige Gestalt den langen schwarzen Arm aus, und greife nach seinem anvertrauten Schatze. Ringfertig sprang er auf die finstre Erscheinung los, und wie er sie faßte, rasselte der Helm, den sie trug, auf den Boden und andre Waffenstücke mit, und hinter dem Staubdampfe, der aufstieg aus dem rostigen Gezeug, grinste ihn vom Rumpfe seines Feindes ein entfleischter Totenschädel höhnisch an. In tollem Entsetzen hieb er mit dem Schwerte danach, und Totenschädel und Rüstung und alles fiel klappernd zu seinen Füßen. Da sah er erst, daß ihn nicht ein Kobold äffe, oder ein gottloser Bewohner des Grabes, sondern daß eine der Gestalten an den Mauern ihm feindlich regsam vorgekommen war, und er sie zu Boden gehauen hatte. Es gab nun ein seltsames Geschäft, die alten Waffen wieder in ihre Stellung emporzurichten, vor allem den Totenkopf, der im Helme gesteckt hatte, auf die Schultern der Rüstung zu setzen, und die rostige Eisenhaube darüber zu stülpen. Es kam ihm auch bei der Arbeit vor, als habe er dem Schädel eine tiefe Schramme gehauen, und dieser greine ihn nun deswegen in Schmerzen an. Diese Vorstellung verwirrte ihn ganz, und als schon alles fertig war, riß er noch einmal den Helm ab, um sich besser zu überzeugen. Zwar sah er nun wohl unterschiedliche tiefe Wunden auf dem bleichen Kopfe, und wußte sehr wohl, daß er nur einmal gehauen, aber eine davon, dachte er doch immer, käme von ihm her, und eilte sich, das grause Haupt wieder zu bedecken. Dann trat er an seine Waffen, neigte sich, Vergebung flehend, vor dem Kreuzesbilde, und sagte: »Herr, ich habe gesündigt, daß ich von meiner Stelle ging. Du bist allmächtig, und aller Dinge bester Hort, aber mir war die Wache anvertraut und nicht dir.« – Da kam es ihm vor, als blicke ihn der Herr freundlich an, und er faßte wieder einen frischen Mut. So oft es auch grausend in ihm aufsteigen wollte, daß er seinen ersten Ritterkampf mit einem furchtbar wehrlosen Toten gehalten habe, war es doch immer, als sagte ihm seine Mutter tröstende Reime ins Ohr, die er in einem Liede, das der alte Meister Walther gedichtet, wohl oft vernommen hatte. Sie hießen also:

    »Man geht aus Nacht in Sonne, Man geht aus Graus in Wonne, Aus Tod in Leben ein.«

So schritt er denn keck und freudig vor den Waffen auf und nieder, und wenn es ihm wieder vorkam, als winke das holde Bild, nickte er nur freundlich mit dem Kopfe dahin, und grüßte adlig mit dem blanken Schwerte, sprechend: »Kann jetzt nicht fort, lieb Mütterlein; bin auf der Ehrenwacht.«

Darüber sah endlich das helle Morgenrot frisch und duftig an den hohen Fenstern herauf, der Schlüssel drehte im Schloß, und Herr Hugh trat in die Kapelle.

Sechstes Kapitel

Der alte und der junge Ritter grüßten einander mit großem Ernste und wehmütiger Innigkeit; dann schritt Herr Hugh gegen den Altar herauf, nahm die Waffen von den Stufen, und fing an, seinen Sohn darin zu kleiden. Dieser konnte es kaum dulden, daß er von so verehrten Händen Dienste empfangen solle, aber er kannte die Gesetze der Ritterschaft, und hielt also still, während ihm der Greis Küris und Halsberge und Schienen anlegte, und ihm den Helm auf das Haupt setzte, ja endlich zu seinen Füßen kniete, und ihm die goldnen Sporen anschnallte. Vater und Sohn waren dabei gleich verwundernd, daß nun das große Schwert, zu welchem der Alte die Scheide mitgebracht hatte, ganz folgsam in diese hineinging, da es doch vorher immer kaum bis über die Hälfte hineingewollt hatte. – »Es ist fast«, sagte Herr Hugh, »als hätte der wunderliche Gesell zu Nacht eine Scharte minder gekriegt, oder eine mehr«. – Otto mußte mit einigem Schaudern des Hiebes gedenken, welchen er auf den Totenkopf geführt hatte, und da sie eben im Hinausgehn an der Rüstung vorüberschritten, welche diesen verbarg, fiel ein scheu unwilliger Blick aus seinen Augen darauf hin. – Herr Hugh stand, und sagte: »Hat dich der verstört? Es sollte mich nicht wundern, denn im Leben war so was oftmalen seine Art.« Otto erwiderte nichts. Er staunte aber im helleren Licht noch mehr über die ungewohnten Formen des Harnisches, vorzüglich jedoch über zwei ungeheuer große Geierflügel, die goldgetrieben vom Helme emporragten, und die er in der Nacht für zwei gewaltige Hörner gehalten hatte. In dieser Gestaltung waren sie fast noch gräßlicher anzusehen, und der junge Ritter mußte an einige wunderlich schauervolle Märchen denken, die ihm sein Vater ehedem von einem entsetzlichen Manne mit solchen Geierflügeln auf dem Helme vorerzählt hatte.