Deutschland im Schuldensog - Paul Kirchhof - E-Book

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Paul Kirchhof

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Beschreibung

Zum Werk Die Staatsverschuldung stellt ein drückendes und weit in die Zukunft reichendes Problem dar, mit dem sich noch kommende Generationen auseinandersetzen müssen, wenn die gegenwärtige Praxis weiter verfolgt wird. Den Weg aus der Staatsverschuldung zeigt der Autor sowohl durch juristisch als auch nationalökonomisch fundierte Vorschläge zur Abhilfe in eindrucksvoller Manier auf. Inhalt - Verschuldung als staatliches Handlungsmittel (Vorbelastung der Zukunft, Rettungsschirme, Garantieversprechen, Ratingagenturen) - Verbindlichkeit der Staatsschulden (europarechtl. Stabilitätskriterien, Kreditschranken - Vermeiden neuer Schulden (Abschirmen des Staatshaushalts gegen fremden Zugriff, Transparenz, Stabilitäts- und Wachstumspakt) - Schuldenabbau (Verteilungsgerechtigkeit, Finanztransaktionssteuer, Subventionsabbau, Veräußerung von Staatsvermögen) - Ergebnisse Vorteile auf einen Blick - fundiert - verständlich - höchst aktuell Zum Autor Der Verfassungs- und Steuerrechtler Prof. Dr. Paul Kirchhof ist Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg und engagiert sich seit geraumer Zeit u.a. für ein vereinfachtes Steuersystem und gegen eine weitere Staatsverschuldung. Er ist mit einer Reihe von Veröffentlichungen und Vorträgen zu finanzpolitischen Themen einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Zielgruppe Für Juristen, Ökonomen, Finanzexperten, Verbände, Politiker, Journalisten, Staatsbürger.

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Zum Inhalt

Paul Kirchhofs Buch ist eine umfassende Untersuchung zum Problem der deutschen Staatsverschuldung von mittlerweile über zwei Billionen Euro. Ausgehend von einer fundierten Analyse der Hintergründe legt das Werk dar, dass die jetzige Lage verfassungs- und europarechtswidrig ist. Der Bürger wird zum Bürgen.

Wissenschaftlich fundiert zeigt es dann auf,

– wie wir uns als Mitglied der Euro-Gemeinschaft künftig verhalten müssen,

– wie wir wieder zu einer Kultur des Maßes zurückfinden,

– welche Wege konkret aus der Schuldenkrise führen,

– warum diese Wege unverzüglich begangen werden müssen und

– wie Staatsschulden in Zukunft vermieden werden können.

Der Autor

Paul Kirchhof ist einer der führenden Finanzexperten und bekanntesten deutschen Autoren. Er ist Professor für Öffentliches Recht sowie Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg und war zwölf Jahre Richter des Bundesverfassungsgerichts. Unter anderem sind von ihm erschienen „Der sanfte Verlust der Freiheit“, „Das Gesetz der Hydra“ und „Das Maß der Gerechtigkeit“.Deutschland im Schuldensog

Inhalt

A. Übermäßige Staatsverschuldung

I. Der Krisenbefund

1. Stetig wachsende Schulden

2. Die Staatsschuld im europäischen Vergleich

3. Finanzkraft und Schulden

4. Steigende Zinsverpflichtungen

5. Steuereinnahmen und Schulden

6. Entsolidarisierung durch Überforderung des Staates

7. Besondere Risiken

8. Verbindlichkeit des Rechts und Sog des Geldes

a) Entwertung der europarechtlichen Stabilitätsmaßstäbe

b) Zweckwidrige Verwendung von Vorsorgefonds

c) Scheinbarer Subventionsabbau

d) Bevorzugende Steueränderungen

e) Maßstabloser Länderfinanzausgleich

II. Rechtfertigungslehren zur Staatsverschuldung

1. „Furchtbarste Geißel“ oder eine der „segensreichsten Institutionen“

2. Verschuldung in Höhe der Investitionssumme

3. Konjunktursteuerung

a) Magie im Recht

b) Zwei Schwächen kreditfinanzierter Konjunktursteuerung

III. Folgen des Übermaßes

1. Verwendung von Steuererträgen nicht für Allgemeinaufgaben

2. Vorbelastung der Zukunft

3. Rettungsschirme und Garantieversprechen

a) Die Regel: Geldzuwendung als Entgelt, Subvention, Entschädigung

b) Begünstigung systemisch verbundener Unternehmen

c) Formen moderner Feudalherrschaft

4. Gefährdung der inneren Souveränität

a) Abhängigkeit vom Kapitalmarkt

b) Die Ratingagenturen

c) Staaten als Gegenstand des Ratings

d) Krise der Generationengerechtigkeit

IV. Leistungsfähigkeit des Rechts

1. Verlust des Rechtsgedankens

2. Der Drang zum Mehr und das Maß des Rechts

3. Rechtliches Maß und ökonomisch Mögliches

4. Abstraktion in Zahlen und Bilanzen

5. Gesamtwirtschaftliche Statistiken

6. Rechtsschwäche durch Sprachschwäche

B. Verbindlichkeit des Rechts

I. Privatkredit und Staatsschuld

1. Schuld und Schulden

a) Das Einlösungsvertrauen der Geldwirtschaft

b) Darlehensvermittelte Wirtschaftskraft

c) Der Darlehensschuldner

2. Staatsfinanzierung in der Zeit

II. Die vertragliche Rückzahlungspflicht

1. Nichtrückzahlung als Geschäftsgrundlage

2. Bestandteil eines Konzeptes der Staatssanierung

III. Dauerzinsen bei Darlehen ohne Rückzahlungswillen

1. Die unerfüllt bleibende Schuld

2. Die zerstörende Macht langfristiger Zinslasten

3. Gesamtzinslast allenfalls bis zu 100 Prozent der Darlehenssumme

IV. Verletzung grundgesetzlicher Kreditschranken

1. Die Staatsverschuldung als stetige Rechtsverletzung

2. Die alte Schuldenbremse des GG und der Übergang zur neuen Schuldenbremse

a) Der Weg in die deutsche Schuldenkrise

b) Art. 115 GG alte Fassung – die verfehlte Investitionsgrenze

c) Der Übergang zur neuen Schuldenbremse

V. Verletzung europarechtlicher Kreditschranken

1. Verstoß gegen die Verschuldensobergrenze

2. Der Weg zurück zum Recht auf schwankendem Rechtsboden

a) Marktabhängige Zinsen

b) Finanzielle Eigenverantwortlichkeit

c) Außergewöhnliche Ereignisse

d) Die gesamtwirtschaftliche Vermögensbilanz

VI. Annäherung an das Recht, keine Pflicht zur Untätigkeit

1. Geschriebenes Recht gibt keine Antwort

2. Not braucht ein Gebot

3. Überdehnung von Rechtstatbeständen

4. Annäherung an den rechtlich gebotenen Zustand

VII. Legitimation der Annäherung in größtmöglicher Rechtsbindung

1. Der Ausgangsbefund

2. Rückkehr zu Verantwortlichkeitsstrukturen

3. Das Konzept der Stabilitätsgemeinschaft

C. Vermeiden neuer Schulden

I. Abschirmen des Staatshaushaltes gegen fremden Zugriff

1. Die Steuerzahler finanzieren ihre gemeinsamen Anliegen

2. Anerkennung dieser Haushaltsautonomie durch die europäischen Verträge

3. Rechtsfolgen solidarischer Hilfe

II. Das neue europäische und deutsche Staatsschuldenrecht

1. Die neuen grundgesetzlichen Grenzen der Staatsverschuldung

a) Materieller Haushaltsausgleich und die Ausnahmen

b) Die 0,35-Prozent-Grenze

c) Kreditaufnahme in außergewöhnlichen Fällen

d) Konjunkturbedingte Kredite

e) Verpflichtung auf europäische Stabilitätsmaßstäbe

2. Der europäische Verbund der Stabilität im Recht

a) Der neue Stabilitäts- und Wachstumspakt

b) ESM-Vertrag

c) Der Fiskalvertrag

d) Das Problem der konjunkturbedingten Kreditaufnahme

e) Der Anpassungspfad

III. Budgettechnische Verselbständigung der Schulden

1. Transparenz in einer Sonderverwaltung

2. Das Verbot haushaltsflüchtiger Schulden

3. Warnfunktion der verwaltungstechnischen Verselbständigung

4. Entwicklungsgerechte Darstellung der Schulden

IV. Gegenwärtige Merklichkeit der Staatsschulden

1. Das Beharren auf weiterer Verschuldung

2. Je höher die Schuld, desto geringer die Staatsleistung

V. Konzeptionelles Sparen

1. Normalisierung auf Normalwegen

2. Aufgaben, Verfahren, Ausstattungen, Einnahmestrukturen

3. Exemplarische Anregungen

VI. Aufgaben der öffentlichen Hand

1. Pflichtaufgaben

2. Kompetenzrechtlich vorausgesetzte Aufgaben

3. Intensität der Aufgaben

4. Schwerpunkte staatlicher Eigenverantwortlichkeit

VII. Der öffentliche Dienst

1. Das Amt

2. Stellenabbau in der Bundesverwaltung

a) Stelleneinsparungen

b) Aufgabenverringerung oder Aufgabenerleichterung

c) Der Abwägungsauftrag

VIII. Wachstum durch Kinder

1. Nachhaltiges Wachstum dank der Kindergeneration

2. Sechs Erneuerungserwägungen

IX. Subventionsabbau

1. Die Rechtspflicht zum Subventionsabbau

2. Verzicht auf Steuersubventionen

a) Verhältnismäßigkeit und Gleichheit

b) Intransparenz der Steuersubventionen

3. Zurückhaltung bei den Leistungssubventionen

a) Wirkungen und Arten

b) Ausnahmeinstrument

c) Strukturelle Entbehrlichkeit

X. Finanzausgleich

1. Ursache wachsender Verschuldung, kein Gegenmittel

a) Eigenständigkeit und Solidarität

b) Das Deckungsquotenverfahren

c) Haushaltsnotlagen

d) Eigenverantwortliche Krisenvorsorge

2. Das dreistufige Verteilungsrecht: GG, Maßstäbegesetz, FAG

a) Generalklauselartiger Regelungsauftrag

b) Maßstabgebung

3. Vierstufiger Ausgleich

4. Kein Verschuldungswettlauf

5. Der konzeptionelle Weg zur Nullverschuldung

D. Schuldenabbau

I. Nominalwachstum ausschließlich zur Schuldentilgung

1. Der Auftrag zum Defizitabbau ab 2011

2. Erforderlichkeit von Sondermaßnahmen

3. Rückholen der Entscheidung in das Parlament

4. Entschuldung aus den Haushaltszuwächsen

II. Staatenresolvenzordnung

1. Verpflichtung auf eine Sanierungsgerechtigkeit

2. Die Souveränität des Staates

3. Beteiligung der Gläubiger an der Staatssanierung

4. Die Staatenresolvenz

5. Rechtsgrundlagen

III. Staatshilfe allenfalls auf Gegenseitigkeit

1. Fremdhilfe als Ausnahme

2. Verteilungsgerechtigkeit und Tauschgerechtigkeit

3. Nutzung fremder Früchte

4. Gegenseitigkeit und Solidarität

5. Die Rechtsfolge

IV. Steuererhöhungen

1. Ausrichtung der Ausgaben auf die Steuereinnahmen

2. Rückgabe des Steueraufkommens an die Allgemeinheit der Inländer

3. Das Maß der Steuergewalt

a) Traditionelle Mäßigung der Steuerlast

b) Schutz durch die Eigentumsgarantie

c) Der Weg zur grundrechtlichen Mäßigung der Verschuldenskompetenz

4. Die freiheitsgerechte Ausgestaltung des Steuerzugriffs

a) Nutzung der gemeinschaftlichen Erwerbsstruktur

b) Stärkung der Erwerbs- und Tauschgrundlagen

V. Die Finanztransaktionsteuer

1. Die möglichen Abgabetypen

2. Die Tobin-Steuer

3. Die Besteuerung aller Finanztransaktionen

a) Finanzwetten

b) Ergänzende Regeln

4. Wirkungen der Finanztransaktionsteuer

a) Die Besteuerungslücke

b) Die Lenkungswirkung

c) Die Ertragswirkung

VI. Einmalige Vermögensabgabe

1. Einmalige, auf zehn Jahre gedehnte Abgabe auf Großvermögen

2. Vermögensteuer und einmalige Vermögensabgabe

3. Der finanzverfassungsrechtliche Maßstab

a) Finanzzweck

b) Drei Vorgaben für einmalige Vermögensabgaben

c) Die gegenwärtige Staatsschuldenkrise

4. Eigentumsrechtliche Grenzen von Vermögensabgaben

a) Vermögensteuer

b) Einmalige Vermögensabgaben

5. Gleichheitsgerechte Bemessung und Erhebung der Vermögensabgabe

VII. Umwidmung von Steuererträgen

1. Grundsatz: Autonome Verwendung der Steuererträge

a) Demokratischer, grundrechtlicher, finanzverfassungsrechtlicher Geltungsgrund

b) Das Beispiel der Wiedervereinigung

2. Der Solidaritätszuschlag

a) Die Ziele des Gesetzgebers

b) Politische Zweckbindung

c) Zeitliche Begrenzung

d) Wegfall des Finanzierungszwecks

e) Fortführung der Ergänzungsabgabe zum Schuldenabbau

3. Die Erbschaftsteuer

a) Rechtfertigung der Erbschaftsteuer

b) Die Herkunft des Erbes verpflichtet auf die Zukunft

c) Ertragswirkung

VIII. Sanierung durch Veräußerung von Staatsvermögen

1. Der Auftrag zur Überprüfung von Staatsvermögen

2. Das Vermögen des Staates

a) Vermögen des Bundes

b) Vermögen der Länder

3. Staatsvermögen als Funktionsbedingung staatlicher Tätigkeit

a) Verwaltungsvermögen

b) Finanzvermögen

4. Privatisierungsauftrag

5. Verkappte Kreditaufnahmen

6. Vorsorgevermögen

IX. Schuldentilgung durch Inflation?

1. Die Stabilitätsgarantie

a) Verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Geltungsgrund

b) Unaufgebbare Haushaltsverantwortung des Parlaments

c) Gewährleistungsversprechen

2. Geldwert und Eigentumsgarantie

a) Das Geld als Schutzgut der Eigentumsgarantie

b) Die Gemeinschaftsabhängigkeit des Geldwertes

c) Das Einlösungsvertrauen als Grundlage des Geldwertes

3. Gleichheitswidrige Betroffenheit der Geldeigentümer

E. Ein rechtlich stabiler Sanierungsweg – Ergebnisse –

Anlagen

Vorwort

Deutschland ist hoch verschuldet. Die Bürger fordern vom Staat immer mehr Leistungen, wollen jedoch immer weniger Steuern zahlen. Der Staat aber erzielt kaum Gewinn aus eigener wirtschaftlicher Tätigkeit, kann den Menschen deshalb nur das geben, was er vorher steuerlich genommen hat. Er nimmt Kredite auf, um den Menschen von heute mehr zu bieten, als ihnen gebührt, belastet dafür aber unsere Kinder mit den Rückzahlungs- und Zinspflichten der Darlehen. Die Schulden wachsen ständig. Die Kultur des Maßes geht verloren.

Zudem verwendet der Staat die Steuererträge nicht nur, um die Staatstätigkeit zu finanzieren. Er setzt den Staatshaushalt auch ein, um die Wirtschaft zu steuern. Bei schwacher Inlandsnachfrage nimmt er Kredite auf, um Konsum und Investitionen zu beleben. Er verspricht dabei, diese Schulden bei guter Konjunktur zurückzuzahlen, erfüllt dieses Versprechen aber nicht. So verstrickt sich unser Gemeinwesen in immer höhere Schulden.

Deutschland ist Mitglied der Euro-Gemeinschaft, gewinnt dadurch Kraft, um in einem weltoffenen, anonymen und unübersichtlichen Finanzmarkt zu bestehen. Grundlage dieser Währungsunion ist eine Stabilität des Rechts und des Geldes. Die Währung wird durch klare Verschuldensgrenzen gesichert, auf die finanzielle Eigenverantwortlichkeit jedes Mitgliedstaates gestützt, in der täglichen Erfahrung bekräftigt, dass gute Bonität zu niedrigen Zinsen, schlechte Bonität zu hohen Zinsen führt. Doch dieses Konzept der Eigenverantwortlichkeit droht zu einer Gemeinschaft der Fremdbelastung und damit der finanziellen Leichtfertigkeit zu werden. Deutschland wird in Garantie- und Einstandsverpflichtungen für fremde Schulden gedrängt, die es aus eigener Kraft nicht erfüllen kann. So drohen neue Schulden. Der Bürger wird zum Bürgen.

Die Demokratie ist erkämpft worden, damit der Steuerzahler selbst, repräsentiert durch seine Abgeordneten, im Parlament über die Höhe der Staatsausgaben, der Steuern und der Schulden entscheide. Dieses Verfahren soll die maßvolle und gleichmäßige Last für alle Bürger sicherstellen und zugleich gewährleisten, dass der Steuerzahler mit seinen Zahlungen den staatlichen Rahmen seiner Lebens- und Erwerbsbedingungen finanziert. An fremdbestimmte „Finanzmechanismen“ und an die Finanzierung anderer Staaten war nicht gedacht. Das Demokratieprinzip geht davon aus, dass die Bürger ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln. Das setzt voraus, dass der Staat sich nicht durch Schulden in Abhängigkeit von seinem Kreditgeber begibt. Wenn er ständig seine Schulden verlängern und neue Kredite nachfragen muss, hat er dafür letztlich einen „politischen Preis“ zu zahlen. Eine zu hohe Schuld mindert die Souveränität des Staates. Die Entscheidungsmacht des Staatsvolkes ist bedroht. Wieder einmal wird eine Finanzkrise zur Stunde der Demokratie.

Die Krise ist entstanden, weil wir das Recht missachtet haben. Das Grundgesetz schreibt vor, dass die Schulden abgebaut und die Neuverschuldung in naher Zukunft auf Null zurückgeführt werden müssen. Das Europarecht setzt für die Neuverschuldung eine Grenze von 3 %, für die Gesamtverschuldung eine Grenze von 60 % des Bruttoinlandsprodukts. Beide Regeln werden gegenwärtig nicht befolgt. Hätten wir das Recht beachtet, gäbe es die Schuldenkrise nicht. Deswegen ist es hohe Zeit, die Autorität des Rechts wieder herzustellen.

Deutschland wird allerdings nicht mit einem einzigen gewaltigen Sprung zum Recht zurückkehren können. Bei einer Gesamtschuldenlast von mehr als 2 Billionen Euro müssten wir bald fast 800 Milliarden Euro zurückzahlen, um die 60 %-Grenze zu erreichen. Dieses ist bei einem Gesamtsteueraufkommen Deutschlands von rund 530 Milliarden Euro schlechthin nicht möglich. Doch deshalb gilt jetzt nicht die Regel „Not kennt kein Gebot“. In einer Wüste des Rechts würden auch die Verbindlichkeit des Stabilitätsziels, die Rechtsgrundlage eines politischen Mandats und die Erfüllungspflicht aus dem Darlehensvertrag verloren gehen. Geboten ist eine stetige Annäherung an das Recht, die jeden Schritt der Sanierung aus dem Stabilisierungserfolg rechtfertigt. Erlaubt sind nur vorläufige Maßnahmen. Änderungen des Unionsvertrages oder die dauerhafte Einrichtung von Finanzierungsmechanismen sind auf diesem Weg nicht möglich. Entscheidend wird sein, dass der Staat zum Gestaltungsmittel des Rechts zurückkehrt, weniger die Macht des Geldes nutzt. Die Stabilität des Euro setzt voraus, dass der Bürger dem Recht vertraut, er sich seinem Staat und der Europäischen Union zugehörig fühlt.

Dieses Buch will nicht klagen, schon gar nicht anklagen. Es unterbreitet Lösungsvorschläge, die dem allgemeinen Willen zum Besseren einen Weg weisen mögen. Peter Heesen, Bundesvorsitzender des dbb-beamtenbund und tarifunion, hat dieses Werk angeregt, es mit vielen Informationen und Gedanken begleitet. Wir sind einig im Auftrag des Grundgesetzes: Die Null-Neuverschuldung soll bald rechtliche Normalität werden. Deshalb sind keine Sondermaßnahmen erforderlich. Doch der Gesetzgeber sollte den deutschen Staatshaushalt energisch gegen den Zugriff anderer abschirmen, die Staatsschulden in einer – dem Parlament jährlich verantwortlichen – Sonderverwaltung sichtbar machen, die Notwendigkeit bestimmter Staatsaufgaben überprüfen, Verwaltungsmaßstäbe und Verwaltungsverfahren vereinfachen, Subventionen abbauen. Die Zukunftslast des Darlehens würde gegenwärtig spürbar, wenn ein Gesetz die Höhe aller Staatsleistungen mit wachsenden Schulden generell verringert. Ein neues Denken der Familienfreiheit und der Familienpolitik sollte unserer Gesellschaft eine bessere Zukunft geben, ein Wachstum durch Kinder.

Der Abbau der gewaltigen Staatsschulden fordert Sondermaßnahmen. Alle nominalen Haushaltszuwächse sollten für die Schuldentilgung reserviert, die Steuererträge einzelner Steuern – des Solidaritätszuschlags und der Erbschaftsteuer – dem Schuldenabbau vorbehalten werden. Zur Erhöhung des Steueraufkommens ist an eine Finanztransaktionsteuer zu denken, die eine Gerechtigkeitslücke bei den indirekten Steuern schließen und die Mitverursacher der Schuldenkrise zur Verantwortung ziehen wird. Auch die Veräußerung von Staatsvermögen kann zur Sanierung beitragen. Finanzhilfen sollten nur auf Gegenseitigkeit gewährt werden. Sind Staaten oder Unternehmen durch Hilfe eines Staates saniert worden, haben sie nach ihrer Sanierung zur Entschuldung dieses Staates beizutragen. Eine sanierte Bank verzichtet auf Zinsen oder Kreditrückzahlung, eine Automobilfirma leistet unentgeltlich Fahrzeuge, ein sanierter Staat teilt den Sanierungserfolg als fremde Frucht mit dem sanierenden Staat. Eine faktische Schuldentilgung durch Inflation ist nicht zulässig, weil sie die Schuldenlast vor allem den Geldeigentümern aufbürdet, im Übrigen das Vertrauen in das Geld, die Grundlage unserer Wirtschaft, zerstört.

Erstes Ziel der Sanierung ist es, den Staat zu festigen. Es geht um inneren und äußeren Frieden, die Sicherheit im Recht, die Rahmenbedingungen unserer Freiheit, um Bildung und Ausbildung, um ein ökonomisches und kulturelles Existenzminimum für jedermann. Die Anliegen des Finanzmarktes – der Finanzinstitute und Finanzakteure, der Versicherungen und Anlegerfonds, der Kapitaleigentümer und Spekulanten – sind beachtlich, aber zweitrangig. Unsere Freiheit und unsere Demokratie brauchen einen Staat voll Kraft und Maß. Wir wollen Bürger, nicht Bürgen sein.

Heidelberg, Juni 2012

Paul Kirchhof

A. Übermäßige Staatsverschuldung

I. Der Krisenbefund

1. Stetig wachsende Schulden

Deutschland ist hochverschuldet und der Gesamtschuldenstand von Bund, Ländern und Gemeinden steigt ständig.1 Während die Staatsverschuldung in den ersten 15 Jahren der Bundesrepublik maßvoll blieb, setzte sich seit 1967 – markiert durch die 15.2 und die 20. Änderung des Grundgesetzes3 – der Gedanke durch, die Konjunktur durch den Staatshaushalt und insbesondere den Staatskredit steuern zu sollen. Seit Mitte der 70er Jahre ist die Staatsverschuldung dann deutlich gestiegen, seitdem – mit einer Ausnahme 1990/91 – jährlich überproportional gewachsen.4 Die Schulden sind in den letzten 20 Jahren besonders markant vermehrt worden: Während der Schuldenstand für die Bundesrepublik Deutschland 1991 600 Milliarden Euro betrug, erreichte er 2000 bereits eine Summe von 1 200 Milliarden Euro und hat im Jahre 2010 die 2-Billionen-Grenze überschritten.5

Diese gewaltige Schuldenlast wird begleitet von einer stets wachsenden Geldmenge in privater Hand.6 Das Geld dient nicht mehr nur der persönlichen Freiheit, um ein Haus und eine Fabrik zu erwerben, den Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen und mit der Familie in ferne Länder zu reisen, die Wohnung mit Kunst und wertvollen Büchern auszustatten. Weiteres Geld wird flüssig, überflüssig. Mit diesem Geld werden nicht mehr Güter und Dienstleistungen gekauft. Es dient vor allem dazu, das Wissen vom wachsenden Geldkonto zu genießen, die Macht des Geldes zu erleben, immer wieder zu versuchen, Geld gegen Geld gewinnbringend zu tauschen, das Geld im Abenteuer von Spiel und Wette zu mehren.

Die Flüchtigkeit, Ungebundenheit, Beliebigkeit des Geldes braucht einen klaren rechtlichen Rahmen. Doch der Finanzmarkt verbirgt sich als Akteur, der Geld vermehrt und Kredite in der Anonymität des Globalen gibt. Er kennt kaum Grenzen und folgt in der Gewinnmaximierung einem Prinzip des Nimmersatt. Der Staat hält sich bislang in der Regulierung des Marktes zurück, erfährt auch im weltumspannenden Markt von Geld und Krediten die Grenzen seiner Regelungsmacht. Die Europäische Union kennt klare Regeln der Kapitalverkehrsfreiheit und der Schuldengrenzen, neigt gegenwärtig aber zu stetigen Grenzüberschreitungen, zum wechselnden Handeln innerhalb und außerhalb des Rechts, zu einem pragmatischen Arrangement. Das Ziel, die Stabilität des Geldwerts zu sichern, gerät aus dem Blickfeld. Die haushaltswirtschaftliche Eigenverantwortlichkeit der Mitgliedstaaten weicht einer Hoffnung auf eine im Irgendwo verankerten Stabilität. Die Europäische Union sucht die Geld- und Finanzentscheidungen zu zentralisieren und verbindet damit die Erwartung, der große Etat werde den Finanzmarkt nicht begehrlicher machen, sondern könne so viel Druck entfalten, dass Kreditgeber und Ratingagenturen weichen werden. Doch der Griff in eine große Kasse ist oft ertragreicher als die Auseinandersetzung mit vielen autonomen Haushaltsgesetzgebern.

In dieser Entwicklung wird das Recht von einer verbindlichen Regel zu einem Verhaltensvorschlag, wird zu einem Recht auf Rädern, das sich stetig bewegt, sich fast ohne Ziel und Haltepunkt verändert. Die pauschalen Ziele von Wirtschaftswachstum, gesamtwirtschaftlichem Gleichgewicht, Integration bleiben vage. Nur ein Rechtsatz scheint prägnant und unerbittlich: Die Darlehensschuld muss erfüllt werden.

Ob ein Staat seine Schulden tragen kann, hängt von der Wirtschaftsleistung und der Steuerkraft des Landes ab, ebenso von der Entwicklung seiner Bevölkerung und deren Bildung. Wesentlich ist auch die Bereitschaft der politischen Organe, ihre Ausgabenpolitik zu mäßigen und ihre Steuererträge zum Maß der Staatsleistungen zu machen. Der verschuldete Staat wird von der Geschäftsstrategie der Kreditgeber abhängig, die in Würdigung seiner Bonität über die Zinsen für neue Staatsanleihen entscheiden.

Die Europäische Union begrenzt den zulässigen Schuldenstand eines Mitgliedsstaates. Die geplante oder tatsächliche Neuverschuldung darf nicht 3 Prozent, der öffentliche Schuldenstand nicht 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu Marktpreisen überschreiten.7 Hätten Deutschland und die anderen Euro-Staaten dieses Recht beachtet, gäbe es die Schuldenkrise nicht.

Nach diesem Maßstab betrug der Schuldenstand Deutschlands 1991 noch 39,07, 1995 dann 55,11 Prozent des BIP. 2002 näherte sich die Gesamtschuld mit 59,90 Prozent schon bedenklich der Obergrenze von 60 Prozent des BIP. Im Jahre 2003 wurde erstmals der europarechtlich zulässige Gesamtschuldenstand von höchstens 60 Prozent des BIP überschritten. Der Schuldenstand betrug 63,22 Prozent des BIP. Die Schuld ist bis 2005 ständig weiter auf 66,98 Prozent des BIP gestiegen, hat sich in den folgenden Jahren bis 2008 auf 63,78 Prozent des BIP verringert, ist danach wieder gestiegen, 2009 auf 71,36, 2010 auf 81,22 Prozent des BIP.8 Mit dem Schuldenabbau ist bisher nicht begonnen worden, obwohl das Grundgesetz den Abbau des bestehenden Defizits ab dem Haushaltsjahr 2011 ausdrücklich vorsieht.9

Setzt man den Schuldenstand Deutschlands in Beziehung zu den Inländern, die diese Schulden zu tragen haben, so zeigt der Vergleich,10 dass ein Einwohner in Deutschland 1991 7 498 Euro Schulden hatte. Im Jahre 2000 betrugen seine Schulden bereits 14 734 Euro, im Jahre 2005 18 066 Euro. Im Jahre 2010 haben sie den Stand von 24 606 Euro erreicht.

2. Die Staatsschuld im europäischen Vergleich

Die rechtliche Schuldengrenze von 60 Prozent des BIP ist in vielen Jahren immer wieder verletzt worden. Aus der Obergrenze zulässiger Schulden wird ein Zieldatum, auf das die Schulden zurückzuführen sind. Innerhalb der Euro-Gemeinschaft geraten einige Mitgliedstaaten in noch größere Schuldenbedrängnisse. Das Verhältnis von Staatsschulden und BIP dient als Maßstab, um unter den Schuldnerstaaten finanzstärkere und finanzschwächere Staaten zu bestimmen und daraus politische Verpflichtungen zu Sanierungshilfen abzuleiten. Damit gewinnt die Frage aktuelle Bedeutung, ob die Sanierungsfähigkeit eines Landes sich nach seiner Produktivität, nach den Inländern, die für diese Schulden aufzukommen haben, nach der Steuerkraft der Inländer oder der Erwerbsfähigen bemisst.

Ob staatliche Schulden am Maßstab der jährlichen Produktivität einer vom Staat repräsentierten Erwerbsgemeinschaft beurteilt oder aber auf die Menschen bezogen werden, die für die Schulden einzustehen haben, ist für den Schuldenvergleich in der Europäischen Union von erheblicher Bedeutung. Bei einem – dem Europarecht folgenden – Vergleich in Prozent des BIP ist Deutschland 2010 mit etwa 83,2 Prozent verschuldet.11 Griechenland (mit 142,8 Prozent), Irland (mit 96,2 Prozent), Italien (mit 119,0 Prozent) und Portugal (mit 93,0 Prozent) sind höher verschuldet. Frankreich (mit 81,7 Prozent) und Spanien mit 60,1 Prozent tragen eine geringere Schuldenlast.12

Bezieht man die Bruttogesamtverschuldung jeweils auf die Person des Inländers, so trägt in Deutschland jeder Einwohner im Jahr 2010 eine Staatsschuld von 24 606 Euro.13 Bei diesem Vergleich wären die Inländer in Spanien (mit 13 883 Euro) und in Portugal (mit 15 066 Euro) deutlich besser gestellt. Auch Frankreich hat mit 24 347 Euro je Einwohner eine geringere Schuldenlast. Die Einwohner in Griechenland (29 131 Euro), in Italien (30 464 Euro) und in Irland (33 093 Euro) haben höhere Lasten zu tragen. Bei einem Gesamtvergleich der Staatsschulden pro Kopf ist Deutschland unter den 27 Mitgliedstaaten der EU, aber auch unter den 17 des Euro-Verbundes keineswegs in der Gruppe der gering verschuldeten – deshalb finanzstarken – Länder.14 Berücksichtigt man bei diesem Vergleich der Staatsverschuldung pro Inländer den zu erwartenden Bevölkerungsrückgang in Deutschland,15 so wird sich die Kraft Deutschlands, Staatsschulden abzubauen, im Vergleich zu anderen Staaten weiter verschlechtern.

Da ein verschuldeter Staat Kreditzinsen und Kredittilgungen letztlich aus Steueraufkommen finanzieren muss, liegt es nahe, die Sanierungsfähigkeit eines Staates in einem Vergleich zwischen der Schuldenlast und der Steuerkraft pro Kopf der Gesamtbevölkerung zu beurteilen. Bei diesem Maßstab ist allerdings zu beachten, dass die Steuerkraft pro Person je nach Land von unterschiedlichen Vorgaben abhängt. Das eine Land belastet seine Einwohner höher, das andere Land geringer. Das eine Land vollzieht seine Steuergesetze folgerichtig, das andere Land nimmt die Nichterfüllung gesetzlicher Steuerpflichten hin. Das eine Land finanziert den Staatshaushalt mit Steuern, die Sozialversicherungssysteme mit eigenen Sozialabgaben, das andere Land finanziert auch die Sozialsysteme ganz oder teilweise aus Steuererträgen. Das eine Land belastet im Einkommen eher den Erwerbserfolg, das andere im Umsatz eher den Konsum. Dennoch bietet auch ein Steuerkraftvergleich eine grobe Orientierungshilfe, die einen ausschließlichen Vergleich nach dem BIP fragwürdig macht. Vergleicht man die Steuereinnahmen pro Kopf der Gesamtbevölkerung – also die Steuerkraft dank Einkommen und dank Konsum –, so beträgt die Steuerkraft pro Kopf in Deutschland im Jahre 2010 6,92 Tausend Euro. Die Steuerkraft in Italien (7,49 Tausend Euro), in Irland (7,78 Tausend Euro) und in Frankreich (8,20 Tausend Euro) ist höher, die in Spanien (4,69 Tausend Euro), im Griechenland (4,20 Tausend Euro) und in Portugal (3,66 Tausend Euro) geringer.16

Vergleicht man die Steuereinnahmen mit den Personen in erwerbsfähigem Alter, so richtet sich der Vergleich auf die Menschen, die durch Erwerb zur Steuerkraft beitragen könnten. Offen bleibt bei diesem Vergleich aber, ob Menschen auf Erwerb verzichten, weil sie sich der Erziehung ihrer Kinder widmen, damit langfristig einen wesentlichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum erbringen, oder ob sie wegen Fehlens eines Arbeitsplatzes, wegen Krankheit, wegen unzulänglicher Bildung oder Erwerbsbereitschaft am Erwerbsleben nicht beteiligt sind. Bei diesem Vergleich der Gesamtsteuereinnahmen pro Kopf der Personen im erwerbsfähigen Alter erwirtschaftet in Deutschland im Jahr 2010 eine Person 10,44 Tausend Euro. Italien (11,38 Tausend Euro), Irland (11,60 Tausend Euro) und Frankreich (12,59 Tausend Euro) erzielen höhere Gesamtsteuereinnahmen, Spanien (6,87 Tausend Euro), Griechenland (6,32 Tausend Euro) und Portugal (5,47 Tausend Euro) geringere Steuereinnahmen.17

3. Finanzkraft und Schulden

Ein Vergleich zwischen dem Schuldenstand je Einwohner in Deutschland im Jahre 2010 (24 606 Euro)18 und den Gesamtsteuereinnahmen pro Kopf (6920 Euro)19 zeigt, dass jeder Einwohner in seiner Bilanz als Staatszugehöriger völlig überschuldet ist. Die Sanierungsprognose für einen in dieser Weise finanzierten Staat ist düster. Wenn der Staat nicht bald seine Rechtspflicht zum Schuldenabbau erfüllt, ist seine Finanzkraft gefährdet. Und diese Kraft ist durch Kredit nicht gesteigert worden.

Von 1950–2008, also bis zum Beginn der aktuellen Schuldenkrise, hat die öffentliche Hand in Deutschland rund 1,6 Billionen Euro Kredite zur Haushaltsfinanzierung aufgenommen, im gleichen Zeitraum für diese Kredite rund 1,5 Billionen Euro für Zinsen bezahlt.20 Zieht man von den staatlichen Krediteinnahmen die dafür geschuldeten Zinsen ab, so bleiben kaum noch Kreditmittel zur Finanzierung der staatlichen Aufgaben. Der Staat hätte ohne Neuverschuldung nahezu dieselbe Finanz- und Leistungskraft. Doch die Schulden sind geblieben. Das widerspricht dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und der Sozialstaatlichkeit.

Die Staatsschulden wachsen stetig, sind chronisch geworden. Deutschland hat in den vergangenen 150 Jahren zwei extreme Phasen der Staatsverschuldung (1914–1922 und 1938–1946)21 durch tiefgreifende Veränderungen hinter sich gebracht. Dabei haben Staat und Wirtschaft substantielle Verluste im Wirtschaftssystem und in der staatlichen Verfassungskultur erlitten. Der Auftrag der Gegenwart lautet deshalb, in den friedenswahrenden, vertrauensbildenden Strukturen des Rechts die Neuverschuldung zu beenden, die Gesamtverschuldung abzubauen.

4. Steigende Zinsverpflichtungen

Aufgrund der wachsenden Verschuldung und des damit verbundenen hohen Kreditbedarfs wird die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte in Deutschland durch hohe Zinszahlungsverpflichtung eingeschränkt. Während die öffentlichen Haushalte im Jahre 1980 15,0 Milliarden Euro an Zinsen zu zahlen hatten, stieg die Zinslast 1990 auf 33,5 Milliarden Euro, im Jahre 2000 auf 67,8 Milliarden Euro und betrug im Jahre 2010 – trotz des niedrigen Zinsniveaus – 64,6 Milliarden Euro.22 Diese Zinsbelastung birgt die Gefahr eines chronischen Belastungsanstiegs. Würde sich das Zinsniveau um 1 Prozent erhöhen, stiege die Zinsbelastung der öffentlichen Haushalte um ca. 17 Milliarden Euro.23 Der Staat hat durch seine Verschuldung – ungeachtet der zusätzlichen Gewährleistungsversprechen im Euro-Raum – die Selbstbestimmung über seinen Haushalt zu einem beachtlichen Teil aus der Hand gegeben. Zeitweilig reicht die Neuverschuldung nicht einmal aus, um die Zinsen zu tilgen.24 Der Staat übernimmt Darlehensverbindlichkeiten, ohne auch nur einen Euro zusätzlicher finanzpolitischer Gestaltungsmacht zu gewinnen. Er lässt seine Schulden ansteigen, obwohl dadurch seine Zinslasten wachsen.

Die stetig steigende Staatsverschuldung führt im System von Zins und Zinseszins grundsätzlich zu einer überproportional steigenden Zinsverpflichtung. Dennoch sind die Zinsausgaben des Bundes – einschließlich der Sondervermögen – durch Stabilisierungsinterventionen gesunken. Sie belaufen sich im Jahre 2008 auf 40,1 Milliarden Euro, im Jahre 2009 auf 38,1 Milliarden und im Jahre 2010 auf 33,5 Milliarden Euro.25 Dieser Rückgang der Zinsausgaben beruht auf einer Niedrigzinsphase seit Juli 2008, die insbesondere auf Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Stabilisierung der Finanz- und Bankenmärkte zurückzuführen ist.26 Damit stellt sich die Frage, inwieweit Zinsentlastungen dadurch erkauft werden, dass der Geldwert gefährdet oder geschwächt wird. Bei schier endlosen Darlehensverträgen, die nicht getilgt, sondern immer wieder vertraglich verlängert werden, ist zu prüfen, ob dem Staat eine Weiterzahlung von Zinsen zuzumuten ist, wenn die Summe der gezahlten Zinsen inzwischen fast die gesamte Darlehenssumme erreicht.27

5. Steuereinnahmen und Schulden

Der Staat kann seine Darlehensverpflichtungen nicht durch eine darlehensfinanzierte höhere Produktivität von Staatsunternehmen und Domänenwirtschaft finanzieren, sondern muss zur Tilgung und Zinszahlung auf Steuererträge zurückgreifen. Der Steuerzahler von heute hat Steuerbeträge aufzubringen, die wegen der Darlehensverpflichtungen nicht für die Aufgaben seines Staates – nicht für die Allgemeinheit der Steuerzahler – verwendet, sondern an den „Finanzmarkt“ abgeliefert werden. Die Staatsschulden sind in den letzten Jahren deutlich stärker gewachsen als die Staatseinnahmen.28

Die Steuereinnahmen des deutschen Staates betrugen im Jahr 2010 insgesamt 530,6 Milliarden Euro, lagen damit 6,6 Milliarden über dem Jahresergebnis 2009; die Schulden sind demgegenüber um 318 Mrd. Euro gestiegen.29

Das Steueraufkommen hängt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und den Steuerrechtsänderungen ab. Beide geraten in den Sog der Staatsverschuldung. Die gewinnabhängigen Steuern erreichten 2010 erhebliche Zuwächse (Körperschaftsteuer plus 67,9 Prozent, veranlagte Einkommensteuer plus 18,0 Prozent, nichtveranlagte Steuern vom Ertrag plus 4,1 Prozent). Das Aufkommen der Lohnsteuer hingegen ging um 5,4 Prozent zurück. Dabei sind die Auswirkungen des Bürgerentlastungsgesetzes und der Kindergelderhöhung ersichtlich. Die deutlichen Einbußen bei der Abgeltungssteuer auf Zins- und Veräußerungserträge (minus 30,0 Prozent) spiegeln das niedrige durchschnittliche Zinsniveau wider, das sich infolge der Finanzkrise entwickelt hat.30 Die Steuern vom Umsatz verzeichneten Mehreinnahmen von 1,7 Prozent. Der private Konsum, die bei weitem größte Inlandsnachfrage, blieb in der Wirtschafts- und Finanzkrise verhältnismäßig stabil. Zu diesem Befund haben die Konjunkturprogramme der Bundesregierung beigetragen, insbesondere die Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes, die Gewährung der „Abwrackprämie“ bei vorgezogenem Autokauf und die Erhöhung des Kindergeldes. Die Einfuhrumsatzsteuer stieg um 24,2 Prozent, das Aufkommen aus der Umsatzsteuer sank um 3,8 Prozent.31 Allerdings wird die bei der Einfuhr von Waren aus Drittlandsgebieten erhobene Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen der Umsatzsteueranmeldung als Vorsteuerabzug geltend gemacht, mindert damit das Kassenaufkommen der Umsatzsteuer.

Das Jahr 2010 war von einem erstaunlichen Wirtschaftsaufschwung, einem überraschenden Wachstum geprägt. Während das nominale Bruttoinlandsprodukt im Jahre 2009 um 3,4 Prozent gesunken war, stieg das nominale Bruttoinlandsprodukt 2010 um 4,2 Prozent.32 Die Wirtschaftsschwankungen betreffen die gewinnabhängigen Steuern am stärksten.33

Im Ergebnis halten die Steuereinnahmen mit der Entwicklung der Staatsschulden nicht Schritt, sind – insbesondere bei den direkten Steuern – konjunkturabhängig, damit auch verschuldungsabhängig. Die Wirtschafts- und Steuerpolitik wird zunehmend zur gesamtwirtschaftlichen Konjunkturpolitik und individualwirksamen Lenkungspolitik. Steuergerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit werden zu Maßstäben minderen Rangs.

6. Entsolidarisierung durch Überforderung des Staates

Ein freiheitlicher Staat finanziert seine Aufgaben grundsätzlich aus Steuererträgen. Er belässt die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit durch Garantie der Eigentümer- und Berufsfreiheit in privater Hand, verzichtet also auf die Staatsfinanzierung durch Staatsdomänen und Staatsunternehmen. Er sichert seine Finanzkraft, indem er steuerlich am Erfolg privaten Wirtschaftens teilhat.34 Grundsätzlich kann der Staat finanzwirtschaftlich nur geben, was er vorher steuerlich genommen hat.

Eine staatliche Schuldenkrise stellt damit erneut die Frage, wie die Verfassung das Besteuerungsrecht des Staates freiheits- und generationengerecht einschränken kann,35 wie sie die vermeintlich unbegrenzte Garanten- und Nachschusspflicht der Steuerzahler zur Erfüllung der Staatsverschuldung in rechtliche Grenzen weist.36 Ist der Umfang zukünftiger Besteuerung verfassungsrechtlich begrenzt, sinkt die Verschuldungsfähigkeit des Staates.

Daneben ist die Verschuldungsbefugnis des Staates durch eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Schuldengrenze zu beschränken.37 Eine staatliche Verschuldung greift auf die zukünftige Steuerkraft des Staates vor und belastet entsprechend zukünftige Steuerbürger.

Dieses Verfassungskonzept, das Ausgaben durch maßvolle Steuern begrenzt und eine Verschuldung verbietet, muss von einer Kultur des Maßes getragen werden, die eine übermäßige Staatsverschuldung als Verfassungsbruch entlarvt. Die modernen Verfassungen erklären Übermaß38 und Willkür39 zum Unrecht schlechthin. Gibt der Finanzstaat in einem Haushaltsjahr mehr Mittel aus, als er Abgabenerträge eingenommen hat, finanziert er seinen Gegenwartsbedarf durch Kredit zu Lasten zukünftiger Steuerzahler. Diese Staatsverschuldung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig, bedarf einer besonderen Rechtfertigung.

Wirtschaft und Staat drängen auf Wachstum, sehen im Kredit ein Instrument, um Produktivität und Wohlstand zu mehren. Doch der Staat erzeugt keine Wirtschaftsgüter und ist nicht erwerbswirtschaftlich produktiv, sondern organisiert eine rechtliche Friedensgemeinschaft, gewährt Sicherheit im individuellen Lebenslauf und im öffentlichen Leben, garantiert Freiheit in der Gestaltung des eigenen Lebens, ein Existenzminimum im sozialen Elementarstatus, Gleichheit vor dem Gesetz, Demokratie bei Ausübung der Staatsgewalt.40

Die Demokratie war ursprünglich von dem optimistischen Gedanken bestimmt, das demokratische Gesetzgebungsverfahren werde die Steuern, die Staatsausgaben und die Staatsschulden mäßigen, weil der Steuerschuldner selbst – repräsentiert durch seinen Abgeordneten – über Steuern, Budgets und Schulden entscheidet.41 Doch die demokratische Wirklichkeit hat die Abgeordneten und Kandidaten in immer neue Versprechen zusätzlicher Staatsleistungen gedrängt. Sie empfehlen sich als Vordenker für zusätzliche Ausgabeprogramme, damit für die Erhöhung von Steuern. Der auf Wiederwahl bedachte Politiker will die Wünsche seiner Wähler erfüllen. Die Wähler aber fordern höhere Staatsleistungen und geringere Steuern. Deshalb begünstigt die Politik die Bürger durch Staatsleistungen, ohne ihnen die dafür erforderlichen Steuern aufzubürden. Der Staat weicht in die Verschuldung aus. Die Banken geben dem Staat bereitwillig Kredit, weil er dank der Steuerkraft seiner Bürger als verlässlicher Schuldner gilt, eine fast beliebig erhältliche Geldmenge42 nachfragt, Zinsen regelmäßig zahlt.

In dieser Entwicklung gelingt es Bürgern, ihre Hoffnungen und Erwartungen auf staatliche Geldleistungen zu Rechtsansprüchen zu verdichten, die sie mit Hilfe der Gerichte durchsetzen können. Doch während sie erfolgreich auf Staatsleistungen klagen, flüstern ihnen Parteien und Verbände ein, ihre Ansprüche sollten höher sein, der Staat könne mehr leisten. So empfangen manche Bürger mehr, als der Staat anbieten kann und darf, sind aber dennoch unzufrieden. Dieses System entsolidarisiert.

Die Maßstabsschwäche staatlicher Finanzpolitik ist im Demokratieprinzip angelegt, weniger in einer „bislang unvollständigen Architektur der Währungsunion“,43 die eine Währungsunion ohne Wirtschaftsunion vorsieht. Diese Konzeption hat das Grundgesetz bestätigt. Es ermächtigt die Bundesrepublik, die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Bundesbank einer Europäischen Zentralbank zu übertragen, ohne damit die Vergemeinschaftung der Haushaltswirtschaft zu verbinden. Wäre die Haushaltshoheit auf die Europäische Union übertragen, hätte diese unmittelbaren Zugriff auf die Steuerkraft der deutschen Steuerzahler. Doch dadurch würde nun nicht eine Kultur des Maßes die europäische Finanzpolitik bestimmen. Vielmehr werden die Erwartungen der finanzlabilen Staaten an die Haushalte anderer Staaten eher noch wachsen. Die Erfahrungen mit dem deutschen Länderfinanzausgleich lehren, dass es dem Ausgleichsgesetzgeber bisher nicht gelungen ist, sachgerechte Vergleichsmaßstäbe zu entwickeln, angemessene Ausgleichsfolgen zu regeln, die Generationengerechtigkeit im Ausgleich nachhaltig zu verankern. Eine Mehrheit der Länder definiert sich als arm, um die verbleibende Minderheit als reich zu definieren und mit Ausgleichsforderungen zu belasten.

7. Besondere Risiken

Die hohe Neuverschuldung begründet für den Staat unkalkulierbare Zinsrisiken. Zinsen kann der Staat von vornherein nicht für seine Aufgaben verwenden, sondern muss sie an die Kapitalgeber abführen. Der Kerngedanke der Steuer, der Staat gebe die von den Steuerzahlern empfangenen Steuererträge insgesamt an die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen zurück,44 die Steuerzahler finanzierten die Rahmenbedingungen ihres Lebens und Erwerbens, verliert durch die überhöhte Verschuldung an Gestaltungskraft.

Die Staatsschulden haben im Regelfall eine durchschnittliche Restlaufzeit von sechs Jahren.45 Bei rund 2 Billionen Euro Staatsschulden müssen also jedes Jahr mehr als 300 Milliarden Euro zurückgezahlt, d.h. in der Realität durch neue Kredite abgelöst werden. Wie hoch die für diese Anschlusskredite zu zahlenden Zinsen sein werden, bestimmt nicht das vom Staatsvolk gewählte Parlament, sondern die anonyme Größe „der Finanzmarkt“. Inwieweit die Kreditgeber Deutschland weiterhin Vertrauen schenken, damit die Zinssätze für deutsche Staatsanleihen auf niedrigem Niveau halten, lässt sich nicht vorhersehen. Das Vertrauen hängt von der Leistungskraft der Volkswirtschaft, der wirtschaftlichen Entwicklung anderer Staaten, der Gesamtnachfrage nach Krediten, der Geldmenge und deren Umlaufgeschwindigkeit, von Geschäftsstrategien der Kreditgeber und sonstigen Beteiligten des Finanzmarktes ab. Das demokratische Staatsvolk trägt also ein Risiko, das es durch die Wahl des Parlaments und mittelbar der Regierung kaum steuern, schon gar nicht gänzlich vermeiden kann.

Zu den im Staatshaushalt offen ausgewiesenen Schulden treten latente Staatsschulden, die insbesondere durch die Pensions- und Beihilfeverpflichtungen im öffentlichen Dienst begründet sind. Der Staat bemüht sich zwar, durch Versorgungsfonds bis 2018 ein Sondervermögen zu bilden, aus dem die haushaltsfinanzierten Versorgungsleistungen sichergestellt und ergänzt werden.46 Die dennoch verbleibenden Staatsschulden lassen sich aber vom Parlament, von Finanzplanung und Finanzkontrolle, von der Öffentlichkeit kaum schätzen. Sie bergen erhebliche Risiken für künftige Haushalte, auch für die Bonität des Schuldners „Bundesrepublik Deutschland“.

Daneben drohen die Europäische Union und insbesondere der Euro-Verbund für die als leistungsfähig geltenden Mitgliedstaaten zu einem Risikofaktor zu werden. Der Maastricht-Vertrag hat die Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft konzipiert, die vorrangig die Preisstabilität zu gewährleisten hat.47 Art. 1 des Protokolls Nr. 12 „Über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit“48 hat die Obergrenze für die Neuverschuldung auf höchstens 3 Prozent des BIP und für den gesamten Schuldenstand auf höchstens 60 Prozent des BIP zu Marktpreisen begrenzt.49 Diese präventiven Regelungen sollen sicherstellen, dass ein Verschuldungsübermaß, eine Verschuldungs- und Finanzkrise nicht entstehen. Nachdem nun aber das finanzrechtliche Übermaßverbot chronisch verletzt worden ist,50 fehlen im Unionsrecht verlässliche rechtliche Maßstäbe, um die Eurogemeinschaft aus der Illegalität in die Legalität, aus dem Gefährdungstatbestand in die Solidität zurückzuführen. Die Mitgliedstaaten bemühen sich gegenwärtig, durch Vereinbarungen, Zusagen und Versprechungen außerhalb der Unionsverträge – auf schwankender rechtlicher Grundlage – das vertragswidrige Verschuldungsübermaß in ein vertragsgerechtes Verschuldungsmaß zurückzuführen.51 Diese Annäherung an das Recht auf Wegen jenseits des Rechts hat für Deutschland zur Folge, dass seine verfassungsrechtlichen Bemühungen um eine Begrenzung der Neuverschuldung52 durch gegenläufige Einstands-, Absicherungs- und Verbundverpflichtungen zur Stabilisierung schwacher Euro-Staaten gefährdet werden.

Die kreditfinanzierten Stabilisierungsverpflichtungen unter den Euro-Mitgliedstaaten sind so vielfältig und unübersichtlich,53 dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sie kaum verstehen, die staatliche Finanzplanung und Finanzkontrolle sie nicht verlässlich einschätzen kann. Das betroffene Staatsvolk ist in Vermutungen, Besorgnissen und Spekulationen beunruhigt. Das Bundesverfassungsgericht fordert deshalb nachdrücklich, dass der Deutsche Bundestag sein Budgetrecht dadurch wahrt, dass er nur begrenzte Ausgabenermächtigungen erteilt, er sich insbesondere durch Gesetz „keinen finanzwirksamen Mechanismen“ ausliefert, die „zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne vorherige konstitutive Zustimmung“ des Parlaments führen können.54 Die Verschuldungskrise fordert von Demokratie und Verfassungsstaatlichkeit, die Entscheidungen über Haushalt und Schuldenwesen energisch an das Parlament zurückzugeben.

8. Verbindlichkeit des Rechts und Sog des Geldes

Wenn in den vergangenen Jahrzehnten Weichen für eine maßvolle Finanzpolitik zu stellen waren, hat sich die deutsche Politik oft gegen das mäßigende Recht und für den kurzsichtig-bequemen Weg einer finanziellen Maßstablosigkeit entschieden. Doch der finanzielle Gewinn blieb ein Schein. Langfristig ist ein Schaden für Recht und Finanzen entstanden. Dies zeigen fünf Wendepunkte vom Recht zur finanzwirtschaftlichen Ungebundenheit.

a) Entwertung der europarechtlichen Stabilitätsmaßstäbe

Das Europarecht sieht – wie beschrieben – eine Obergrenze der Staatsverschuldung in Höhe von 3 Prozent des BIP für die Neuverschuldung, von 60 Prozent des BIP für die Gesamtverschuldung vor.55 Diese Maßstäbe sind prägnant, verbindlich, allgemein bekannt, haben aber stabilitätssichernde Wirkungen kaum entfalten können. Deutschland und Frankreich haben der Europäischen Union demonstriert, dass sie sich über diese Maßstäbe des Vertrages hinwegsetzen, die Anwendung dieser Vorgaben in einem langwierigen Verfahren politisch außer Kraft setzen können.56 Die wesentliche Schwäche dieses Stabilitätsrechts lag darin, dass letztlich der Rat in der Zusammensetzung der Finanzminister (ECOFIN) über die Sanktionsmaßnahmen entscheidet, die Täter also die Wächter sind.

Als im Jahre 2001 das deutsche Haushaltsdefizit auf 2,8 Prozent des BIP angestiegen, damit bedrohlich an die Neuverschuldungsgrenze von 3 Prozent herangekommen war, erließ die Kommission am 30.1.2002 eine Empfehlung an den Rat, „um zu vermeiden, dass das Defizit den im EGV festgelegten Referenzwert von 3 Prozent übersteigt“.57 Diese Empfehlung wies die deutsche Regierung entschieden zurück. Der „Blaue Brief“ sei „unbegründet“ und „unangemessen“. Nachdem auch andere EU-Mitgliedstaaten sich gegen diese Mahnung an Deutschland ausgesprochen hatten, beschränkte sich der Rat auf eine „Erklärung zur Haushaltslage Deutschlands“.58 Als Deutschland im Jahr 2002 die Neuverschuldungsgrenze von 3 Prozent des BIP überschritt, wurde ein Defizitverfahren gegen Deutschland angestrengt. Der Rat stellte auf der Grundlage eines Berichts der Kommission am 21.1.2003 das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Deutschland fest.59 Die Empfehlung, Deutschland möge das Defizit rasch beenden, erreichte jedoch im ECOFIN nicht die erforderliche Mehrheit. Der Rat verabschiedete stattdessen „Schlussfolgerungen“, die darauf verzichteten, Deutschland in Verzug zu setzen. Das Defizitverfahren wurde „vorläufig ausgesetzt“.60 Auch eine Klage der Kommission beim Europäischen Gerichtshof erreichte nicht, dass das Defizitverfahren weitergeführt wurde.61 Deutschland trug immer wieder vor, sein Defizit nachhaltig rückführen zu wollen. Der Rat stellte das Verfahren schließlich – unter Vorsitz des deutschen Bundesministers der Finanzen – am 5.6.2007 ein.62 Die stete Verletzung der Verschuldungsgrenze führte nicht zu den rechtlich vorgesehenen Folgen, die Stabilität sichern.

Bereits am 27. Juni 2005 wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt abgeschwächt. Abweichungen wurden zugelassen,63 um mit Schulden die Konjunktur zu beleben und eine wegen sinkender Bevölkerungszahl erforderliche Rentenreform zu finanzieren. Doch die demografische Entwicklung – die Generationengerechtigkeit – drängt darauf, die erheblichen Schuld- und Zinslasten64 der kommenden, in der Gesamtzahl kleineren Generation zu reduzieren. Schon gar nicht darf die Zukunftsaufgabe der Rentenreformfinanzierung durch eine weitere Zukunftslast der Verschuldung erfüllt werden. Die Erfahrungen mit Art. 115 GG a.F. verdeutlichen, dass aus konjunkturellen Gründen aufgenommene Kredite in Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs nicht zurückgezahlt werden,65 die Kredite also die Konjunktur niederdrücken.

Während des letztlich eingestellten Defizitverfahrens von 2001 bis 2007 ist der Gesamtschuldenstand Deutschlands von 58,21 Prozent des BIP kontinuierlich bis zum Jahr 2005 auf 66,98 Prozent des BIP angestiegen. In den Jahren 2006 und 2007 betrug er immer noch 66,79 Prozent und 63,92 Prozent des BIP. Seit dem Jahr 2003 hat der Gesamtschuldenstand in Deutschland stets die Obergrenze von 60 Prozent überschritten.66

b) Zweckwidrige Verwendung von Vorsorgefonds

Gelegentlich hat die Bundesrepublik Sondervermögen gebildet, um finanziell für Zukunftsaufgaben vorzusorgen. Diese Zukunftsvorsorge ist jedoch bald wieder aufgelöst worden oder gegenwärtig durch Zugriff der Tagespolitik gefährdet.

Im ersten Jahrzehnt der Bundesrepublik hatte die Bundesregierung einen „Juliusturm“67 errichtet, der als Rücklage für die bevorstehende Wiederbewaffnung dienen sollte, der jedoch Begehrlichkeiten der Finanzpolitik nicht standhalten konnte und 1959 aufgelöst wurde.68

Ein bedeutsameres finanzielles Zukunftssicherungsprojekt verfolgte der Gesetzgeber nach § 14 a BBesG durch einen Versorgungsfonds, der die Pensions- und Versorgungsansprüche des öffentlichen Dienstes sichern soll.69 Doch auch dieser Fonds konnte sich nicht verlässlich gegen den späteren Zugriff des Gesetzgebers abschirmen. Zahlungen an den Fonds wurden teilweise ausgesetzt, einige Fonds abgesenkt, teilweise auch abgebaut und aufgelöst.70

Die Finanzpolitik erkennt in der mittelfristigen Finanzplanung die Aufgabe finanzieller Vorsorge, hat aber in der Regel nicht die Kraft, dieser Einsicht zu folgen oder eine gesetzlich ins Werk gesetzte Einsicht folgerichtig fortzusetzen.

c) Scheinbarer Subventionsabbau

Das Stabilitätsgesetz71 sieht einen von der Bundesregierung regelmäßig vorzulegenden Subventionsbericht vor (§ 12 Abs. 2 StWG), der auch eine Subventionsabbauliste zu enthalten hat (§ 12 Abs. 4 StWG). Dieser Auftrag zum Subventionsabbau hat allerdings die Summe der staatlichen Subventionen nicht vermindern können. Bis heute sind die Subventionen substantiell nicht abgebaut worden.72 Den juristischen Wendepunkt gegen einen Subventionsabbau markiert der Sechste Subventionsbericht vom 17.11.1977,73 der Steuermindereinnahmen in Höhe von 7,852 Mrd. DM (1975) und 8,515 Mrd. DM (1976) auswies, für die Folgejahre Minderungen von 11,411 Mrd. DM (1977) und 12,433 Mrd. DM (1978) schätzte. Doch diese Daten belegen keinen tatsächlichen Subventionsabbau, sondern nur eine neue Berechnungsmethode. Der Bericht sagt in seinen methodischen Erläuterungen, die bisherige Würdigung der Subventionen mit dem Ziel des Subventionsabbaus sei nicht richtig. Vielmehr sei die Frage „weitaus wichtiger“, wie die verschiedenen Subventionen in ihrer Zielsetzung zu bewerten seien.74 Sinn des Berichts sei es nunmehr, Regierung und Parlament Entscheidungshilfen für die künftige Subventionspolitik anzubieten, insbesondere Beurteilungsgrundlagen für die mit den Subventionen verfolgte Finanz-, Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu geben.75 Aus dem Subventionsabbau wird eine Subventionsrechtfertigung.

Dementsprechend wird der Begriff der „Finanzhilfen“ und „Steuervergünstigungen“ enger gefasst. Ausgenommen vom Subventionsbegriff werden Vergünstigungen, wenn sie die (weit) überwiegende Mehrzahl der Subventionsempfänger erreichen.76 Im Einkommensteuerrecht werden nach diesem neuen Maßstab insbesondere die Freibeträge für Land- und Forstwirte sowie für freie Berufe, der Arbeitnehmer- und der Weihnachtsfreibetrag nicht mehr als Steuervergünstigungen ausgewiesen.77

So werden Subventionen definitorisch aus dem Subventionsbegriff ausgenommen. Nur formal rechnerisch wird ein Subventionsabbau erreicht, in der Sache aber werden tatsächlich gewährte Subventionen aus dem Blickfeld des Subventionsberichts und damit der Kontrolle gerückt. Die Subventionen werden so verstetigt.

d) Bevorzugende Steueränderungen

Auch auf der Einnahmeseite ist dem Gesetzgeber bisher nicht der große Wurf einer Steuerbereinigung gelungen, der Steuervergünstigungen, Lenkungstatbestände und Privilegien abschafft, dadurch die Staatseinnahmen verstetigt und die Gleichheit vor dem Gesetz wiederherstellt.78 Diese Entwicklung begünstigt Unternehmen und benachteiligt Arbeitnehmer und Konsumenten. Einen rechtlichen Markierungspunkt bezeichnet die Steuerbefreiung der Börsengeschäfte. § 4 Nr. 8 e UStG befreite diese Geschäfte ursprünglich von der Umsatzsteuer, um eine Doppelbelastung von Wertpapierveräußerungen mit Umsatzsteuer und Kapitalverkehrsteuern zu vermeiden. Doch als 1990 die Kapitalverkehrsteuern durch das Finanzmarktförderungsgesetz79 abgeschafft worden sind, wurde die Umsatzsteuerbefreiung dennoch beibehalten. Seitdem sind alle Finanzgeschäfte gänzlich von der indirekten Besteuerung ausgenommen. Während die Bezieher kleinerer Einkommen nahezu ihr gesamtes Einkommen konsumieren, damit der indirekten Steuer unterwerfen müssen, bleiben die Bezieher größerer Einkommen mit dem Einkommensteil, den sie investieren, sparen oder sonst am Finanzmarkt einsetzen können, von den indirekten Steuern völlig verschont.

e) Maßstabloser Länderfinanzausgleich

Der Wille der Politik, eine rechtliche Maßstabbildung bei der Zuteilung von Geld zu vermeiden, stattdessen den rechnerischen tagesaktuellen Vorteil zu suchen, bestätigt auch der Länderfinanzausgleich. Dieser Finanzausgleich soll die verfassungsrechtliche Aufteilung der Steuerquellen auf Bund und Länder (Art. 106 GG) der unterschiedlichen Entwicklung von Finanzkraft und Finanzbedarf anpassen. Deswegen beauftragt Art. 107 GG den Bundesgesetzgeber, für diesen berichtigenden, ergänzenden und vervollständigenden Finanzausgleich Maßstäbe zu entwickeln und daraus Ausgleichsfolgen in Zahlen abzuleiten. Der Finanzausgleichsgesetzgeber hat bisher nicht die Kraft, diesen Auftrag zur strukturierenden Maßstabgebung zu erfüllen. Deswegen hat das Bundesverfassungsgericht nach langjähriger Beobachtung, dass die Maßstäbe nicht gesetzlich gebildet, sondern die Ausgleichsfolgen rechnerisch unter den Ländern ausgehandelt werden,80 den Gesetzgeber verpflichtet, langfristig geltende, den Finanzausgleich verstetigende Verteilungsmaßstäbe zu entwickeln, bevor ihm die Finanzierungsinteressen des Bundes und der einzelnen Länder in den jährlich sich verändernden Aufkommen und Finanzbedürfnissen bekannt sind. Ein „Maßstäbegesetz“ soll die Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit der Verteilungsmaßstäbe von den aktuellen Ausgleichsbedürfnissen lösen, eine Zeitenfolge von vorherigem Maßstab und späterer Ausgleichsfolge begründen, „die eine rein interessenbestimmte Verständigung über Geldsummen ausschließt oder zumindest erschwert“.81

Damit hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber beauftragt, im Finanzwesen allgemeine, dauerhafte, über die tagespolitischen Anliegen hinausgreifende Rechtsmaßstäbe zu entwickeln, um so die Macht des Geldes im rechtlichen Maß zu binden. Dieses Anliegen gilt für das bundesstaatliche Rechtsverhältnis zwischen Bund und Ländern, die europarechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Deutschland und der Europäischen Union, das grundrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Staat und Bürger (Staatsleistungen, Steuern) sowie die staatliche Zukunftsplanung in Vorsorgefonds.

Die Erfahrungen mit dem europäischen Stabilitätsrecht, mit den Vorsorgefonds, den Subventionen, den Steuergesetzen und dem Länderfinanzausgleich belegen einen Krisenbefund: Das öffentliche Finanzwesen neigt dazu, das Maß des Finanzrechts zu missachten, zu umgehen, allgemeinverbindliche Maßstäbe zu vermeiden. Es wählt das Arrangement für das Hier und Jetzt.

II. Rechtfertigungslehren zur Staatsverschuldung

1. „Furchtbarste Geißel“ oder eine der „segensreichsten Institutionen“

Seit Jahrhunderten finanzieren Landesherren und Staaten ihren Bedarf – die Hofhaltung, das Heer, die Landesverwaltung, wirtschaftliche Unternehmen – nicht nur aus Einnahmen aus Regalien, Domänenerträgen und Steuern, sondern auch aus Krediten.82 Doch deren Berechtigung war stets umstritten. David Ricardo versteht die öffentliche Verschuldung als eine der „furchtbarsten Geißeln, die jemals zum Unglück eines Volkes erfunden worden ist“.83 Abgabenschuldner und Leistungsempfänger des Staates sollen personenidentisch sein, die Sicherheit haben, dass alles, was sie abgegeben haben, ihnen in der Allgemeinheit der Inländer zurückgegeben wird.84 Doch Lorenz von Stein erklärte die Staatsschuld in der Zeit beginnender Industrialisierung zu einem normalen Handlungsmittel der öffentlichen Hand: „Ein Staat ohne Staatsschuld thut entweder zu wenig für seine Zukunft oder er fordert zu viel von seiner Gegenwart“.85 Der Staatskredit erscheint als eine der „segensreichsten Institutionen der neueren Staatsentwicklung“, sei „der großartigste Hebel des mächtigen volkswirtschaftlichen Fortschritts“.86 Doch im Rückblick auf dieses Jahrhundert beobachtet Albert Hensel, alle Erfahrungen mit prachtvoller Hofhaltung, Kriegsfinanzierung und spendablen Staatsleistungen lehrten, dass die „Verausgabung auf Borg“ sich nicht bezahlt mache.87 Nach Jacob Burckhardt ist die Staatsverschuldung „das große, jammervolle Hauptridikül“ des 19. Jahrhunderts gewesen; die Bereitschaft, „das Vermögen der künftigen Generationen vorweg zu verschleudern“, zeige „einen herzlosen Hochmut“.88

Die Verfassungen haben sich deshalb bemüht, die staatliche Kreditaufnahme zwar als außerordentliches Finanzierungsinstrument zuzulassen, sie jedoch für den Regelfall auszuschließen. Die Paulskirchenverfassung knüpft die Aufnahme einer Staatsanleihe an ein „außerordentliches Bedürfnis“.89 Nach Art. 87 WRV dürfen Geldmittel im Wege des Kredits „nur bei außerordentlichem Bedarf“ und in der Regel „nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken“ beschafft werden.90 Das Grundgesetz hat diese Verfassungsmaßstäbe zunächst – in bewusster Anlehnung an Art. 87 WRV – übernommen. Schon damals wurde eine Ausnahmeregelung für „finanzielle Maßnahmen des Bundes zur Verhütung von Konjunkturschwankungen oder zur Behebung einer allgemeinen Wirtschaftkrisis“ gefordert,91 diese Forderung aber nicht erfüllt. Doch der Begriff „Ausgaben für werbende Zwecke“ ist im Laufe der Zeit immer weiter ausgedehnt und schließlich weit über seine ursprüngliche Bedeutung der „rentablen“ Ausgaben hinaus erstreckt worden.92 Gleichwohl waren die Staatsschulden, die unter Geltung dieser Regelung angehäuft wurde, aus heutiger Perspektive nicht übermäßig. Der dramatische Anstieg der Verschuldung begann Mitte der 70er Jahre.93

2. Verschuldung in Höhe der Investitionssumme

Durch die 20. Änderung des Grundgesetzes94 wurde Art. 115 neu gefasst. Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte die wirtschaftspolitische Funktion des Budgets stärker berücksichtigen.95 Nunmehr dürfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.

Dieses Junktim zwischen Gegenwartsbedarf und Gegenwartslast96 soll verhindern, dass der Staat durch Staatsverschuldung „die Sorgen einer fernen Zukunft“ zuschiebt,97 den Staatshaushalt der Gegenwart also zulasten der Zukunft finanziert. Das Grundgesetz sucht mit diesem Gleichschritt von Investitions- und Kreditsumme im Staatshaushalt eine generationenübergreifende Gerechtigkeit herzustellen: Der Verzicht auf gegenwärtigen Konsum zugunsten einer künftigen Wertschöpfung gibt den Investitionsvorteil an die zukünftige Generation weiter, darf diese deshalb auch zur Investitionsfinanzierung heranziehen.98 Außerdem soll die Investitionsbindung sicherstellen, dass die laufenden Staatsleistungen von den Steuerzahlern finanziert werden, die daraus den Vorteil ziehen.99