Dich krall ich mir - Sylke Tannhäuser - E-Book

Dich krall ich mir E-Book

Sylke Tannhäuser

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Beschreibung

Eine Katze schmückt jeden Raum, und das weiß sie auch. Ihre Erziehung ist ganz leicht. Es heißt, dass ein paar Tage reichen, und du machst, was sie will. In 10 Geschichten rund um die Katze greifen die Autorinnen Eigenschaften und Vorlieben dieser Tiere auf, mal lustig, mal traurig, aber immer liebenswert. Denn eines steht fest: Katzen bereichern unser Leben.

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Das Buch

Eine Katze schmückt jeden Raum, und das weiß sie auch. Ihre Erziehung ist ganz leicht. Es heißt, dass ein paar Tage reichen, und du machst, was sie will. In zehn Geschichten rund um die Katze greifen die Autorinnen Eigenschaften und Vorlieben dieser Tiere auf, mal lustig, mal traurig, aber immer liebenswert. Denn eines steht fest: Katzen bereichern unser Leben.

Die Autorinnen

Sylke Tannhäuser

Schreibt Kriminalromane sowie

Kurzgeschichten und Regionalliteratur und arbeitet als Schreibcoach

www.sylke-tannhäuser.com

Ethel Scheffler

Schreibt Krimikurzgeschichten, über wahre

Fälle und Regionalliteratur

www.scheffler-stories.de

Inhaltsverzeichnis

Dame Lydia

Sylke Tannhäuser

Der Kiosk

Ethel Scheffler

Künstlerblut

Sylke Tannhäuser

Schwarzer Engel

Ethel Scheffler

Das Geschenk

Sylke Tannhäuser

Felix, der Glücksbringer

Ethel Scheffler

Die dicke Liese

Sylke Tannhäuser

Der Überfall

Ethel Scheffler

Der grüne Daumen

Sylke Tannhäuser

Eine klebrige Abgelegenheit

Ethel Scheffler

Johann Wolfgang Goethe

Katzengedicht

Zum Fressen geboren,

zum Kraulen bestellt;

in Schlummer verloren –

gefällt mir die Welt.

Ich schnurr' auf dem Schoße,

ich ruhe im Bett;

in lieblicher Pose –

ob schlank oder fett.

So gelte ich allen als göttliches Tier -

sie stammeln und lallen

und huldigen mir.

Liebkosen mir glücklich den Bauch,

Öhrchen und Tatz,

und ich wählte es wieder –

das Leben der Katz.

Sylke Tannhäuser

Dame Lydia

Karl Schumann öffnete die Haustür. Wartend blieb er auf der Schwelle stehen und lauschte. »Tasso?«

Kein Laut, keine Reaktion. Anscheinend schlief Tasso noch. Der Mix aus Rottweiler und Schäferhund war im Laufe der Jahre nicht nur älter, sondern auch träge geworden.

Karl drückte die Tür ins Schloss, tauschte die Straßenschuhe gegen die bequemen Hauspantoffeln und ging ins Wohnzimmer. Wie vermutet, hatte Tasso sich in seinem Hundekorb vor dem großen Salzwasseraquarium zusammengerollt.

Sogleich ging Karl neben ihm in die Hocke und kraulte ihm den Nacken. »Was ist los, alter Knabe?«

Tasso hob den Kopf, legte dann jedoch die Schnauze wieder auf die Pfoten.

Erschrocken atmete Karl ein. Der kurze Moment hatte ihm gezeigt, was sein Liebling hatte. Tassos rechtes Auge war rot verfärbt, und von der Braue bis zum Oberlid zog sich ein blutverkrusteter Riss. »Keine Angst, mein Junge. Jetzt ist Papa da, alles wird gut.« Es dauerte geraume Zeit, ehe er das vierzig Kilo schwere Tier ins Auto verfrachtet hatte, um zur Tierarztpraxis von Doktor Krüger zu fahren. Krüger verschrieb eine Salbe. Eine Stunde später lag Tasso wieder in seinem Korb, als hätte er ihn nie verlassen.

Karl hingegen ging in die Küche, aus der gedämpftes Klappern drang.

»Du bist spät dran.« Elli gab ihm einen flüchtigen Kuss. Obwohl sie seit zehn Jahren verheiratet waren, liebte er sie wie am ersten Tag. Nur manchmal, da…

Unwillig scheuchte er Lydia, eine rabenschwarze Bombaykatze, von seinem Stuhl. »Was ist mit Tasso passiert?«

»Was meinst du?«, fragte Elli.

»Sein Auge ist verletzt.«

Elli hob die Schultern. »Wasch dir die Hände, das Abendbrot ist fertig.«

»Als ob ich jetzt etwas essen könnte.«

»Du und dein Hund. Wer weiß, wo der sich wieder herumgetrieben hat.«

»Erstens treibt Tasso sich nicht herum, und zweitens kann ich doch wohl erwarten, dass du auf ihn aufpasst. Schließlich bist du den ganzen Tag zu Hause.«

Elli knallte ein Holzbrettchen auf den Tisch und stellte einen Topf mit Kartoffeln darauf. Auf einem zweiten Brett landete eine Kasserole mit Gulasch. Es folgten Teller und Besteck, dann nahm sie Karl gegenüber Platz. Schweigend begannen sie, ihre Teller zu füllen, während Lydia auf Ellis Schoß sprang und sich ein Stück Fleisch angelte. Dabei starrte sie Karl an, dass er meinte, den Blick ihrer leuchtendgelben Augen tief in seiner Seele zu spüren.

Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Er hob die Hand, um die Katze zu verjagen. »Keine Manieren, das Vieh.«

»Finger weg von meiner Lydia, sie ist eine Dame.« Ellis Stimme klang hart. Sie und Lydia bildeten eine Gemeinschaft, in der er nichts zu sagen hatte. Anhänglich und verspielt sollten Bombaykatzen sein, hatte Elli gesagt, als sie ihn vor einem Jahr gedrängte hatte, eine Katze zu kaufen.

Karl war von Anfang an dagegen gewesen. Tasso und die Fische machten schon genug Arbeit, wozu ein weiteres Tier?

Aber Elli hatte nicht lockergelassen, und er wusste auch, warum. Seine Frau hasste Fische, und für Hunde hatte sie auch nicht viel übrig.

Sein Blick fiel auf den Rührlöffel neben dem Herd. Ein Schlag damit könnte durchaus ein blaues Auge verursachen. Oder in Tassos Fall ein rotes.

Aber nein, Elli würde niemals…oder vielleicht doch? Sie hatte noch immer nicht gesagt, woher Tassos Verletzung stammte.

An diesem Abend konnte Karl nicht einschlafen. Unruhig wälzte er sich im Bett von einer Seite auf die andere, ein immer gleiches Bild vor Augen: Elli, die mit dem Rührlöffel auf Tasso einschlug, während Tasso, gutmütig wie er war, ihren Ausbruch über sich ergehen ließ.

Tags darauf traute Karl sich kaum, Elli mit Tasso allein zu lassen, doch schließlich konnte er den Abschied nicht länger hinauszögern. Das erste Mal in all den Jahren ging er widerwillig zur Arbeit. Der Tag zog sich wie Gummi. Kaum konnte Karl den Feierabend erwarten, und als er gegen sechs Uhr sein Heim wieder betrat, eilte er zuerst in die Stube. Tasso lag friedlich in seinem Korb und schlief. Karl atmete auf. Wie hatte er seine Frau bloß derart verdächtigen können? Als Wiedergutmachung beschloss er, sie in das neue Restaurant gleich um die Ecke einzuladen.

Lächelnd wandte er sich von Tasso ab, da fiel sein Blick auf das Aquarium, und sein Lächeln erstarb.

Im blauen Licht des Vierhundertliterbeckens schwebte sein geliebter Tikki wie ein Fremdkörper an der Wasseroberfläche, mit dem Bauch nach oben und den schwarz umrandeten Rückenflossen nach unten. Tikki war ein zehn Zentimeter langer Clownsfisch und Karls ganzer Stolz. Die orangen Tiere mit dem weißen Querstreifen waren anspruchsvoll und eine echte Herausforderung für jeden Aquarianer, denn ihre Haltung erforderte eine Menge Geduld und Fingerspitzengefühl.

Doch ihm, Karl, war es nach einigen Versuchen geglückt. Bis jetzt, denn nun war Tikki unübersehbar tot.

Vorsichtig fischte Karl den Leichnam aus dem Becken heraus. Während er grübelte, woran Tikki wohl gestorben sein mochte, bemerkte er die Kratzer auf seinen Schuppen. Hatte der Clownsfisch etwa Streit mit den anderen Fischen gehabt? Karl stutzte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass in dem Becken keine Bewegung herrschte. Kein Fisch schwamm herum, nur die Fangarme der Korallen wiegten sich im Blubbern der Pumpen sacht hin und her.

Er stürmte in die Küche. »Elli, wo sind meine Fische?«

Ellis stand am Herd und brutzelte Bouletten. Sie deutete mit dem Pfannenwender auf den Clownsfisch in Karls Hand. »Sollte der nicht im Wasser schwimmen?«

»Natürlich, aber er ist tot, und alle anderen sind weg. Ich habe mir so viel Mühe mit ihnen gegeben. Alles für die Katz.« Karl schubste Lydia von seinem Stuhl.

Die Katze fauchte, so dass Elli sie schnell auf den Arm nahm. Mit der anderen Hand schob sie Karl die Bouletten hin. »Mach dir ein Brot dazu, das muss reichen. Du weißt doch, heute ist Mittwoch.«

Mittwochs traf Elli sich mit Gleichgesinnten im Katzenverein des Ortes.

Karl stocherte in einer Boulette herum, dann kostete er. »Die schmecken anders als sonst. Irgendwie komisch.« Er roch an dem Fleisch.

Elli lächelte. »Ich habe etwas Neues probiert. Gesunde Küche, Fischbouletten.«

Entsetzt ließ Karl die Gabel sinken. »Hast du etwa…«

Doch Elli hörte ihn nicht mehr. Sie war schon zur Tür hinaus.

Wie betäubt saß er am Tisch und starrte vor sich hin. Irgendwann raffte er sich auf und ließ die Bouletten im Abfalleimer verschwinden. Einen Moment lang erwog er, den Müll nach verräterischen Spuren zu durchsuchen. Köpfe, Flossen, Schuppen.

Doch angesichts des Mixers neben dem Herd verwarf er den Gedanken. Wenn Elli etwas tat, war sie gründlich. Gewiss hatte sie die Fische im Mixer in winzig kleine Stücke zerteilt. Ausgeschlossen, dass da identifizierbare Einzelteile übriggeblieben waren.

Zurück im Wohnzimmer schenkte er sich einen doppelten Whisky ein. Auf dem Sofa sitzend starrte er auf das Aquarium. Es war wirklich sonderbar, dass es Elli so verdammt eilig hatte, zu ihren Katzenfreunden zu kommen.