Die AllerFrauen - Ilena Grote - E-Book

Die AllerFrauen E-Book

Ilena Grote

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Beschreibung

Der Leser mag meinen der Titel Die AllerFrauen ist den Frauen gewidmet, die an der Aller leben. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Das Buch Die AllerFrauen ist eine Hommage an jene Frauen, die sich um alle und alles kümmern. Im Gegensatz zu ihren Geschlechtsgenossinnen in der Stadt, denen vieles verwehrt ist, einfach weil sie dort meist in der Anonymität leben, nutzen die Landfrauen die Möglichkeiten, die ihnen das Dorfleben bietet. Sie grüßen jeden, dem sie begegnen, und wünschen ihm einen schönen Tag, weil sie höflich und respektvoll mit ihren Mitmenschen umgehen. Sie helfen wo es Not tut, und sie sind ihren Männern mit Witz und Klugheit immer eine kleine Nasenlänge voraus.

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Der Ort Nienhof, in dem diese Geschichte spielt, liegt im niedersächsischen Kreis Celle am Rande der Lüneburger Heide und gehört zu der Gemeinde Langlingen. Die Gemeinde wird geteilt durch einen Fluss, die „Aller“, deren Quelle in Wanzleben - Börde, einem Ortsteil von Eggenstedt liegt und die bei Verden in die Weser mündet.

Nun mag der Leser meinen der Titel „Die AllerFrauen“ ist den Frauen gewidmet, die an der Aller leben. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Das Buch „Die AllerFrauen“ ist eine Hommage an jene Frauen, die sich um alle und alles kümmern. Frauen, die ihre Nachbarn und Freunde kennen.

Im Gegensatz zu ihren Geschlechtsgenossinnen in der Stadt, denen vieles verwehrt ist, einfach weil sie dort meist in der Anonymität leben, nutzen die Landfrauen die Möglichkeiten, die ihnen das Dorfleben bietet. Sie grüßen jeden, dem sie begegnen, und wünschen ihm einen schönen Tag, weil sie höflich und respektvoll mit ihren Mitmenschen umgehen. Sie helfen, wo es nottut, und sie sind ihren Männern mit Witz und Klugheit immer eine kleine Nasenlänge voraus.

Der eine sagt das, was geschieht, ist vorherbestimmt. Der andere sagt, es sei Schicksal. Für den nächsten ist es Zufall.

Schlussendlich ist es egal. Denn alles hat irgendwo einen Anfang. Und diese Geschichte beginnt am

Inhaltsverzeichnis

Dezember

Dezember

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Dezember

Dezember

Dezember

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Dezember

Dezember

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Dezember

Noch 24 Tage bis Weihnachten! Therese rekelte sich in ihrem Bett. Ach wie schön ist es doch, wenn man so sanft wach werden kann, dachte sie.

Warm und weich war das alte dicke Federbett, in das sie sich noch einmal hinein gekuschelt hatte, bevor es endgültig Zeit war aufzustehen.

In Gedanken ging sie dabei die Aufgaben durch, die sie sich für diesen Tag vorgenommen hatte. Also erstens: ausgiebig frühstücken. Ihr Mann Steffen war bereits zur Arbeit, aber Therese machte es nichts aus morgens allein zu sein. Niemand, der ihr ein Gespräch aufdrängend wollte. Sie liebte es, mit ihrer Zeitung am Frühstückstisch zu sitzen und den Tag ganz in Ruhe zu beginnen.

Früher musste sie immer zuerst den Kindern das Frühstück zubereiten, Pausenbrote in die Schultaschen packen und sie zum Bus bringen. Sie liebte ihre drei. Aber sie trauerte dieser Zeit nicht hinterher. Heute hatten sie ihre eigene Familie und der einzige, auf den Therese jetzt Rücksicht nehmen musste, war ihr Mann Steffen.

Nach dem Frühstück wollte sie zum Shoppen in die Stadt - Weihnachtsgeschenke besorgen. Was sie einkaufen wollte, das wusste Therese noch nicht. Das würde sie alles spontan entscheiden. Die erwachsenen Kinder Sebastian, Benjamin und Clara und deren Partner bekamen nur eine Kleinigkeit. Aber auch die wollte erst noch gefunden werden. Wie viel mehr Spaß machte das Einkaufen für die Enkel. Therese freute sich schon auf den Heiligen Abend, wenn sich wie jedes Jahr alle zum Festtagsessen bei ihr im Haus einfinden würden. Je länger Therese darüber nachdachte, umso mehr berauschte sie der Gedanke an dieses Zusammentreffen. Wie früher, als die eigenen Kinder noch klein waren, würde Steffen mit beiden Enkeln auf der Erde liegen um die Eisenbahn, die jedes Jahr aufgebaut wurde, wieder in Gang zu setzen. Die viele Arbeit, die für sie selber bei diesen Feiern anfiel, machte ihr nichts aus. Sie beglückte es immer sehr, wenn sich die Kinder mit ihren Familien wenigstens zu den Familienfeiern auf den teilweise sehr weiten Weg in ihr Heimatdorf Nienhof machten. Therese gluckste innerlich vor freudiger Erwartung und das Herz hüpfte ihr bei dem Gedanken an diese hoffentlich unbeschwerte und glückliche Zeit.

Voller Euphorie sprang sie aus dem Bett, riss die Decke dabei mit sich und … landete unsanft auf dem Hintern. Autsch!

Sie schrie vor Schmerzen auf. Aaau – was war das? Der Fuß, das Bein, au au au? Tränen schossen ihr ins Gesicht. Therese saß vor ihrem Bett und befürchtete gleich, dass aus den Plänen, die sie für heute hatte, nichts werden würde.

Sie versuchte aufzustehen, aber nicht nur, dass sie nicht auftreten konnte, auch ihr Rücken und die rechte Hand, mit der sie versucht hatte, sich abzustützen, schmerzten fürchterlich. Noch einmal sammelte sie ihre Kräfte, um sich am Bett hochzuziehen, aber das Unternehmen scheiterte. Durch den Sturz und den Schmerzen wurde ihr schwindelig. Sie legte sich flach auf den Rücken, um zu verschnaufen.

Therese brauchte Hilfe, aber wo hatte sie nur das Telefon? Typisch, seitdem es nicht mehr an einer Schnur hing, lag es immer da, wo man es garantiert nicht benötigte. Wo sich ihr Handy befand, das wusste Therese. Das lag in der Handtasche und die hing auf dem Flur an der Garderobe, also auch nicht greifbar.

Therese stöhnte vor Schmerzen, während sie vorsichtig über den Boden bis zu dem Stuhl robbte, auf dem sie gestern ihre Kleidung abgelegt hatte. Noch einmal biss sie die Zähne zusammen, und so kam sie dann doch irgendwie zum Stehen. Vorsichtig richtete sie sich auf und streckte den Rücken. Gott sei Dank, da schien nichts passiert zu sein. Aber die Schmerzen, die aus ihrem linken Bein strahlten, waren fürchterlich.

Die Treppe nach unten war eine weitere Hürde, die es für sie zu meistern galt. Bis in die Küche waren dann nur noch wenige Meter zurückzulegen. Dort setzte sie sich. Das Telefon lag auf dem Esstisch. Therese dachte noch einmal nach, aber so, wie es ihr ging, würde es nichts nutzen eine Nachbarin oder Steffen anzurufen, um ihn zu bitten, mit ihr zum Arzt zu fahren. Seitdem Doktor Fuchs in Rente gegangen war, hatte es keinen anderen Arzt in den Ort verschlagen.

Aber, folgerte Therese, das hätte in ihrem Fall vermutlich sowieso keine Rolle gespielt. Bestimmt war es notwendig, das Bein zu röntgen und dazu musste sie nach Celle.

Es ärgerte sie sehr, aber sie musste in den sauren Apfel beißen und den Notruf wählen. Na super, dachte sie, hoffentlich behalten sie mich nicht gleich im Krankenhaus.

In der Hoffnung, dass sie sich geirrt hatte, und dass es nicht so schlimm um den Fuß bestellt sei, versuchte sie nochmals aufzutreten, aber der Schmerz durchzuckte sie dabei wie ein Blitz. Also nahm sie das Telefon in die Hand und wählte die Nummer.

Es hatte keine zehn Minuten gedauert bis der Krankenwagen vorgefahren war und die beiden Sanitäter sich durch die Garagentür, Eingang verschafft hatten.

Als die zwei Männer in ihrer weißen Kleidung mit den orangefarbenen Westen vor ihr standen, errötete Therese vor Scham denn sie hatte plötzlich bemerkt, dass sie immer noch und auch nur mit einem Nachthemd bekleidet war.

Es war eine unruhige Nacht gewesen, die Therese in dem weißgetünchten Krankenzimmer hinter sich hatte.

Der Unterschenkel war tatsächlich gebrochen und lag nun bis zum Knie eingegipst auf einem Kissen. Im Gegensatz zu dem Rücken, der durch ein paar Prellungen zwar noch schmerzte, sonst aber nichts abbekommen hatte, war die Hand gestaucht und ebenfalls verbunden worden. Die Schmerzen hatten sie die halbe Nacht wach gehalten und wenn Therese dann endlich eingeschlafen war, kam die Nachtschwester herein, um bei ihr Fieber oder Blutdruck zu messen.

Den beiden anderen Patientinnen, die auf ihrem Zimmer lagen, ging es auch nicht besser. Thereses Leidensgenossinnen Merle und Kerstin hatten sie damit begrüßt, dass sie sich auch duzen könnten. Schließlich würde man hier gemeinsam auf unbestimmte Zeit festsitzen und viele Schwächen der anderen kennenlernen und miterleben müssen.

Merle war neunundzwanzig Jahre und durch einen Autounfall ins Krankenhaus gekommen. Sie hatte mehrere Schnittwunden im Gesicht und lag flach auf dem Rücken in einem Gipsbett. Ihren Humor hatte sie trotzdem nicht verloren. „Ich heiße Merle – nicht Määrle, das klingt immer wie ein Schaf“

Kerstin, die bereits ein paar Wochen im Krankenhaus verbracht hatte und schon etwas mobiler als ihre beiden Bettgenossinnen war, rümpfte die Nase. „Na? Wollen wir mal wieder witzig sein? Das kann ich heute gar nicht gebrauchen. Geschnarcht hast du letzte Nacht wie ein Walross. Ich habe kaum ein Auge zu bekommen. Es wird Zeit, dass ich endlich wieder nach Haus in mein eigenes Bett darf.“

„Was willst du denn zu Haus?“ Merle schüttelte den Kopf. „Da bist du ganz allein. Hier hast du wenigstens Gesellschaft.“

„Ich war vor meiner Pension fünfundvierzig Jahre Lehrerin. Jetzt möchte ich meine Ruhe haben.“ Kerstin antwortete Merle. Aber sie ließ Therese dabei nicht aus den Augen. „Und meine Gesellschaft suche ich mir gern selber aus.“

„Also, das einzigste, das mir hier nicht gefällt, ist, dass ich Weihnachten immer noch hier bin.“ Merle seufzte. „Sonst wäre es mir ja egal. Aber ausgerechnet Weihnachten. Dabei wäre ich so gern mit meinen Freunden in den Bergen, wenn es schneit und das Feuer im Kamin brennt. Dann gibt es Eierpunsch zu heißen Würstchen mit Kartoffelsalat. Das ist so urgemütlich“, schwärmte sie. „Stattdessen liege ich hier schon seit sechs Wochen und es werden vermutlich noch sechs Wochen, weil zu Hause niemand ist, der mich pflegen kann.“

„Das heißt „das einzige“ – nicht „das einzigste“, liebe Merle, wie oft habe ich dir das schon gesagt. Das Wort „einzigste“ gibt es nicht.“ Kerstin schnaufte ungeduldig.

„Na gut“, lenkte Merle um des lieben Friedens Willen ein. „Aber ist doch wahr. Das Jahr hat so viele Tage und das einzigste Mal (ihr Blick fiel auf Kerstin, die sie stirnrunzelnd ansah), ja ich weiß - das einzige Mal, wenn ich etwas vorhabe, ausgerechnet dann muss mir jemand ins Auto fahren …“

Kerstin unterbrach sie wieder: „Ich denke, du hast jemandem die Vorfahrt genommen. Also du erzählst die Geschichte auch jedes Mal anders.“

„Sag mal, bin ich hier denn bei der Polizei und muss eine Aussage machen? Ist doch ganz egal, wer wem die Vorfahrt genommen hat. Fakt ist, dass ich hier liege und der andere zu Hause sitzt und Weihnachten feiern kann. Das ist doch nicht fair, oder?“

„Also mit Fairness hat das doch hier gar nichts zu tun. …“ So stritten die beiden sich weiter, bis Kerstin das Zimmer verließ um sich einen Tee zu holen oder einfach nur, weil sie meinte, dass der Klügere nachgeben sollte.

Therese hatte sich aus dieser Diskussion herausgehalten. Sie selber sollte nur eine Nacht zur Beobachtung bleiben und wartete nun auf ihre Entlassungspapiere, damit sie Steffen anrufen konnte, der sie abholen wollte. Sie würde Weihnachten zu Hause verbringen dürfen. Allerdings wusste sie, dass sie das Fest anders begehen würde, als sie es gestern geplant hatte. Nur wie, das konnte sie sich nicht vorstellen. Sehnsüchtig blickte sie immer wieder zur Tür.

Es war bereits Nachmittag. Therese hatte sich ungeduldig eine der Zeitschriften geschnappt und die Geschichten über die englischen und schwedischen Königshäuser gelesen. Merle und Kerstin hielten ihren Mittagschlaf, als leise an die Tür geklopft und auch gleich geöffnet wurde.

Therese wurde ganz bleich. Sie glaubte, nicht richtig zu sehen. Herein kam Pastorin Stellmacher. Erschrocken hielt Therese sich die Hand vor den Mund.

Die Pastorin sah auf Anhieb, was in Therese vorging und winkte ab. „Alles gut, alles gut. Kein Grund zur Besorgnis“, sagte sie in beruhigendem Ton. „Ich bin nur gerade auf Patientenbesuch hier und habe von ihrem Unfall gehört. Deshalb nutze ich die Gelegenheit, Ihnen etwas Beistand zu leisten. Ja ich weiß, das kommt für viele sehr überraschend. Wie kann ich nur, so ohne Anmeldung?“ Frau Stellmacher grinste verschämt. „Aber so bin ich nun mal. Wie ist das denn passiert?“ Sie zeigte mit dem Finger auf den Gips.

Therese erzählte, sichtlich erleichtert, wie es zu dem Beinbruch gekommen war, und beide plauderten noch eine ganze Weile miteinander. Therese stellte verwundert fest, wie interessiert Frau Stellmacher ihr zuhörte. Es war ihr schon lange nicht mehr passiert, dass sie eine derart ungeteilte Aufmerksamkeit genossen hatte. Frau Stellmacher ließ Therese aussprechen, stellte Fragen, wenn sie meinte, ihr wäre etwas entgangen und verhielt sich ihr gegenüber wie eine gute Freundin.

Als Steffen kam, um Therese abzuholen, versicherte ihr die Pastorin, dass sie Therese in den nächsten Tagen nochmals zu Hause aufsuchen wolle, um nach ihr zu sehen. Dann verabschiedeten sie sich.

Wie am Tag zuvor versprochen, kam Frau Pastorin Stellmacher um Therese zu Hause zu besuchen. Auch Luise, eine gute Bekannte, hatte sich zu einem Krankenbesuch bei ihr eingefunden. Während die drei gemeinsam eine Tasse Kaffee tranken, kam das Thema Kinder zur Sprache.

„Aber es gibt doch jetzt wieder mehr Kinder in unserem Ort. Ich hörte, dass unser Kindergarten in Langlingen wieder ausgelastet ist.“

„Ja, das ist wahr“, stellte die Pastorin fest. „Trotzdem haben wir dieses Jahr nicht einen einzigen Hauptkonfirmanden. Können Sie sich das vorstellen?“