Die Begierde des Highlanders - Megan MacFadden - E-Book
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Die Begierde des Highlanders E-Book

Megan MacFadden

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Beschreibung

Sie war kühl, doch er ist wie Feuer: Der historische Liebesroman „Die Begierde des Highlanders“ von Megan MacFadden jetzt als eBook bei dotbooks. Am Hof des Clanführers MacBlair soll der junge Highlander Ewan zum Kämpfer ausgebildet werden: Doch der heißblütige Mann kann sich den strengen Regeln nur schwer unterwerfen. Und immer wieder gerät er mit Rodena aneinander, der Stieftochter des Fürsten. Die ebenso schöne wie sture Frau provoziert ihn, nur um ihn kurz darauf die kalte Schulter zu zeigen. Doch als Rodena zur Heirat mit dem grausamen MacDonald gezwungen werden soll, gibt es nur einen, der sie vor diesem schrecklichen Schicksal bewahren könnten – Ewan … Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Das Begierde des Highlanders“ von Megan MacFadden. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 461

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Über dieses Buch:

Am Hof des Clanführers MacBlair soll der junge Highlander Ewan zum Kämpfer ausgebildet werden: Doch der heißblütige Mann kann sich den strengen Regeln nur schwer unterwerfen. Und immer wieder gerät er mit Rodena aneinander, der Stieftochter des Fürsten. Die ebenso schöne wie sture Frau provoziert ihn, nur um ihn kurz darauf die kalte Schulter zu zeigen. Doch als Rodena zur Heirat mit dem grausamen MacDonald gezwungen werden soll, gibt es nur einen, der sie vor diesem schrecklichen Schicksal bewahren könnten – Ewan …

Über die Autorin:

Megan MacFadden ist das Pseudonym einer Bestsellerautorin, die vor allem für ihre großen Familiensagas bekannt ist, aber auch historische Liebesromane und erotische Literatur geschrieben hat.

Bei dotbooks erschienen bereits Megan MacFaddens historische Liebesromane »Die Gefangene des Highlanders«, »Das Feuer des Highlanders«, »Die Nonne und der Wikinger« und »Die Sklavin des Wikingers« sowie »In den Fesseln des Wikingers« und »Die Geliebte des Kosacken«, die auch als Sammelband erhältlich sind.

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eBook-Neuausgabe März 2016

Dieses Buch erschien bereits 2010 unter dem Titel »Die wehrhafte Braut« bei Wilhelm Heyne Verlag, München

Copyright © 2009 by Hilke Müller

Copyright © 2010 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/OLJStudio

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-577-8

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Megan MacFadden

Die Begierde des Highlanders

Roman

dotbooks.

Erstes Kapitel

Das erste Morgenlicht schimmerte fahl durchs Geäst und gab den Grasbüscheln auf der Lichtung eine bläuliche Färbung. Ewan verharrte reglos, den Rücken gegen den Stamm einer knorrigen Kiefer gelehnt, sein Atem ging flach, alle Sinne waren aufs Äußerste angespannt.

Da! Zögerlich trat das erste Reh aus dem Wald, verharrte einen Augenblick, tat einen weiteren Schritt, blieb dann wieder stehen und prüfte witternd die Luft. Ewan konnte die großen, glänzenden Augen des Tieres sehen, die samtigen Nüstern der Ricke blähten sich ein wenig, wenn sie die Witterung einsog. Unruhig zuckten ihre Flanken.

Langsam und unhörbar zog er einen Pfeil aus dem Köcher, legte das gefiederte Pfeilende an die Sehne seines Bogens, spürte, wie der glatte Pfeil kühl auf seiner rechten Faust auflag.

Die alte Ricke hatte entschieden, dass keine Gefahr drohte, und schritt gemächlich auf die Mitte der Lichtung zu, wo die besten Grasbüschel zwischen dem Heidekraut emporwuchsen. Andere Tiere des Rudels folgten ihr, eine Prozession zierlicher, dunkler Leiber, Ricken mit Kitzen, junge Böcke, die sich noch nicht vom Rudel entfernt hatten und noch geduldet wurden. Auf sie hatte Ewan es abgesehen.

Er wählte sein Opfer sorgfältig aus. Die Spitze seines Pfeils zielte auf ein kräftiges, gesund aussehendes Böcklein, das ein wenig abseits von den anderen graste und ihm die linke Seite zuwandte. Ewans Armmuskeln schwollen an, als er nun ruhig und stetig den Bogen spannte, ohne dabei den Pfeil aus seiner Flugrichtung zu bewegen. Der Bock äste ahnungslos, rupfte gierig die taufeuchten Kräuter ab, hin und wieder hob er den Kopf, malmte vor sich hin, blickte um sich, dann fraß er weiter.

Der Jäger kniff das linke Auge zu und zielte genau, um das Tier nicht unnötig leiden zu lassen – da plötzlich knackte im Hintergrund trockenes Geäst, und die Rehe hoben erschrocken die Köpfe.

Ein schriller Ruf gellte durch den Wald, im gleichen Augenblick stob das Wild in panischer Flucht davon. Der junge Bock, Ewans auserkorene Beute, war einer der Ersten, der zwischen den niedrigen Kiefern und Wacholderbüschen verschwand. Ärgerlich und enttäuscht entspannte der junge Mann den Bogen und wandte sich um. Wer, zum Teufel, hatte ihm da die Jagd verdorben?

»Habe ich dich erwischt!«, rief eine helle Stimme. »Weißt du nicht, dass hier Alister MacBlairs Jagdgebiet ist?«

Ewan wusste das sehr gut – allerdings hatte er bisher immer einen Weg gefunden, trotz dieses Verbots zu seiner Beute zu kommen. Jetzt also hatte man ihn ertappt. Die Stimme klang jedoch nicht besonders bedrohlich. Ein Knabe, vermutlich ein Pächterskind aus den umliegenden Gehöften – den würde er leicht davon überzeugen, dass er das Maul zu halten habe.

»Komm raus aus deinem Versteck, du Angeber!«, forderte Ewan und starrte angestrengt in die Dämmerung des Kiefernwaldes, ohne eine Bewegung wahrnehmen zu können.

»Verschwinde lieber von hier, bevor der Clan Chief und seine Männer dich erwischen!«, schallte es ihm entgegen.

Die Drohung klang selbstbewusst und ziemlich anmaßend. Der Angeber musste irgendwo hinter einer Kiefer verborgen sein.

»Ich zittere schon an allen Gliedern«, höhnte Ewan. »Los, zeig dich, Kleiner. Ich will wissen, wer mir die Jagd versaut hat. Oder hast du etwa Angst vor mir?«

»Vor einem Bauernlümmel, der sich einbildet, ein Jäger zu sein?«

Spöttisches Gelächter erklang – dieser Mistkerl machte sich über ihn lustig. Ewan spürte, wie die Adern an seinem Hals vor Zorn anschwollen, denn er hasste nichts mehr, als ausgelacht zu werden.

»Zeig dich, wenn du kein jämmerlicher Feigling bist!«, rief er wütend.

Ein Schatten löste sich vom Stamm einer Kiefer, und eine schmale Gestalt bewegte sich auf ihn zu. Die Schritte waren leicht und fast unhörbar, dann fiel das heller werdende Morgenlicht auf ein grünes Plaid, auf dem eine silberne Fibel glänzte. Der Bursche war ohne Zweifel kein armer Pächterssohn. Seine Füße steckten in zierlichen Schuhen aus gutem, weichem Kalbsleder, und auf dem Kopf trug er ein keckes Hütchen, das mit einer bunten Feder geschmückt war.

Er blieb nur wenige Schritte vor Ewan stehen und musterte den jungen Bauern mit schmalen, sehr dunklen Augen.

»Wenn die Jäger des Clan Chiefs dich erwischen, werden sie dich prügeln, dass du monatelang weder sitzen noch liegen kannst«, sagte er spöttisch. »Also lass besser niemanden deinen Bogen sehen.«

Ewans Faust umschloss den Bogen, den er selbst in langwieriger Arbeit hergestellt hatte. Er hatte viele Versuche gebraucht, um die Waffe so zielgenau und perfekt zu bauen, dass sein Pfeil nun fast immer ins Schwarze traf.

»Das Wild gehört allen – nicht nur dem Clan Chief«, gab er trotzig zurück. »So ist es immer gewesen – Alister MacBlair hat kein Recht, uns das Jagen zu verbieten.«

Die energische Feststellung bewirkte jedoch nur, dass der junge Bursche überlegen grinste und die Arme vor der Brust verschränkte. Dabei hob sich sein Plaid ein wenig an, und Ewan konnte sehen, dass in dem ledernen Gürtel, den er um die Mitte geschlungen hatte, nur ein kurzes Jagdmesser steckte.

»Du gehörst also auch zu denen, die gern mit dem Kopf gegen Steinblöcke rennen!«, sagte der Knabe herablassend. »Armer Kerl, du tust mir leid, denn du wirst dir eine blutige Nase holen.«

Ewan konnte sich jetzt nicht mehr beherrschen. Wer auch immer dieser Hänfling war – er hatte keine Lust, sich von ihm belehren zu lassen.

»Pass nur auf, dass ich dir nicht den blanken Hintern gerbe, du Schönling mit diesem albernen kleinen Hut!«, rief er und packte den jungen Burschen bei den Schultern.

»Wage es nicht, mich anzufassen, dreckiger Bauer!«, keifte der Junge und verpasste Ewan einen gut gezielten Tritt gegen das rechte Knie. Doch der viel Stärkere stieß ihn mit dem Rücken gegen einen Baumstamm, wich dann lachend vor den verzweifelten Fußtritten seines jungen Gegners zurück, wobei seine Hände ein wenig tiefer glitten. Dann jedoch spürte Ewan etwas unter seinen Fingern, das ihn entsetzt zurückfahren ließ.

Das war kein Knabe. Unter dem Plaid hatte Ewan zwei weiche, elastische Rundungen gefühlt – die Brüste einer jungen Frau. Im gleichen Moment war auch das kecke Hütchen vom Kopf seines Gegners gerutscht, und eine Flut seidiger, hellbrauner Haare breitete sich über dessen Schultern.

»Warum … warum hast du mir nicht … gesagt, dass du ein Mädchen bist …?«, stammelte Ewan hilflos.

Sie funkelte ihn zornig aus schwarzen Augen an und versuchte, das wilde Haar zu bändigen, um es wieder unter den Hut zu stecken.

»Sieht man das nicht?«, fauchte sie.

»Jetzt schon …«

»Dann hör auf, mich anzustarren!«

Er presste die Lippen aufeinander und wandte sich zur Seite, während sie sich hastig bemühte, ihr Haar zusammenzurollen. Sie keuchte vor Ärger und Anstrengung, doch auch Ewans Herz hämmerte, und sein Atem flog. Er war zwanzig und hatte schon einige Frauen gehabt, Mädchen, die sich ihm angeboten hatten, junge Frauen, die es mit vielen trieben und Spaß dabeihatten. Es hatte auch solche gegeben, die ihn mit verliebten Blicken anschmachteten – doch denen war er besser ausgewichen.

Diese da aber, die er zuerst für einen Knaben gehalten hatte und die ihn nun wie eine wütende Katze anfauchte – die war von einer anderen Sorte. Verstohlen betrachtete er die schlanken Beine, die der Kittel bis übers Knie freiließ – dass sie es wagte, so herumzulaufen!

Sie hatte jetzt ihr Haar wieder verborgen und zog sich den Hut tief ins Gesicht, sodass er den Ausdruck ihrer Augen nicht erkennen konnte. Ohne Zweifel blickte sie hochmütig.

»Du bist selbst schuld«, sagte er unsicher. »Wenn du wie ein Junge herumläufst, kannst du nicht erwarten, wie ein Mädchen behandelt zu werden.«

»Wie schlau du bist!«, sagte sie boshaft. »Ich habe dir nur helfen wollen, Bauernlümmel. Jetzt sieh zu, wie du ihnen entkommst!«

Sie stieß sich vom Stamm ab und lief dicht an ihm vorbei in den Wald hinein. Für einen winzigen Augenblick streifte ihr Plaid ihn im Vorübereilen, und er war versucht, sie am Arm zu fassen, dann lenkte ihn ein leises Geräusch ab, und er wandte sich erschrocken um.

Der Wind hatte zarte Morgennebel über die Lichtung geweht, die nun wie ein weißlicher Dunstschleier über Gras und Heidekraut lagen. Deutlich zeichneten sich darin die schwarzen Konturen der Männer ab, die aus dem Waldrand traten und auf ihn zugingen. Er sah Bögen und kurze Jagddolche in ihren Händen, hörte ihre Rufe, und als er seinen Bogen aufheben wollte, um zwischen den Fichtenstämmen zu entwischen, war es bereits zu spät.

»He, Bursche! Was treibst du dich im Morgengrauen im Wald herum?«

Die Chance, ihnen zu entkommen, war winzig klein, aber er hätte es versuchen können. Doch er blieb trotzig stehen – er wollte sich lieber verteidigen, als wie ein räudiger Wolf durch den Kiefernwald gehetzt zu werden. Ewan war nur der Sohn eines armen Pächterehepaares, aber niemals war er ein Feigling gewesen.

Die Sache war klar – noch bevor er ein Wort zu seiner Verteidigung sagen konnte, entdeckte einer der Männer den Bogen im Heidekraut.

»Auf der Jagd ist er gewesen! Verfluchter Kerl!«

Sie waren zu fünft und umgaben ihn nun von allen Seiten. Große, kräftige Burschen in Jagdstiefeln und Kitteln aus gutem Tuch, die kurzen Plaids lässig um den Oberkörper geschlungen und mit blitzenden Fibeln festgesteckt.

»Ich habe nur meinen Bogen ausprobiert«, sagte Ewan. »Hat Alistair MacBlair etwa schon verboten, nach Ästen und Stämmen zu schießen?«

Die Männer brachen in höhnisches Gelächter aus. Ein breiter Kerl mit einer aufgewölbten Nase wie ein Schweinerüssel streckte den Arm aus, um Ewan den Köcher von der Schulter zu reißen, doch er begegnete Ewans hartem Faustschlag und fuhr überrascht zurück.

»Der Köcher gehört mir!«, stellte Ewan mutig klar. »Wer ihn haben will, der muss ihn sich holen.«

Die Kerle waren beeindruckt, denn der Schlag des jungen Bauern war blitzschnell und kraftvoll gewesen. Blicke wanderten hin und her, man schien unsicher, was zu tun sei, und Ewan hatte Zeit, einige Schritte zurückzuweichen, bis sein Rücken gegen einen der schrundigen Kiefernstämme stieß. Die Rückendeckung hob seine Chancen – er ballte jetzt die Fäuste und sah die Angreifer herausfordernd an.

»Du weißt wohl nicht, mit wem du es zu tun hast«, meinte der Schweinsnasige grimmig. »Her mit dem Köcher – wir sind MacBlairs Leute und lassen nicht mit uns scherzen.«

»Holt ihn euch!«, war die trotzige Antwort.

Der Mann fuhr sich mit der Hand durch den struppigen, rötlichen Bart, dann grinste er boshaft und nahm Ewans Bogen in die Hand. Langsam zog er das Messer und durchtrennte die Bogensehne, sodass das Holz mit einem pfeifenden Geräusch in seine ursprüngliche Form zurückschnellte. Dann hob er den Arm und holte aus.

»Nein!« brüllte Ewan. »Dreckskerle, verfluchte!«

Sein mühsam hergestellter Bogen splitterte und brach entzwei, als der Mann ihn mit voller Kraft gegen einen Stamm schlug. Im gleichen Moment stürzte sich Ewan in blinder Wut auf den Burschen, fasste ihn am Kittel und riss ihn zu Boden. Vier Männer brachten es nicht fertig, den jungen Bauern von seinem Gegner zu trennen. Erst als der Angegriffene reglos im Heidekraut lag, wandte Ewan sich den anderen zu und wehrte sich mit mächtigen Faustschlägen gegen die Übermacht. Die kampferprobten Männer hatten ihre liebe Not mit dem zornigen Bauern, keiner von ihnen kam ohne Blessuren davon, und erst als man ihm die Füße wegriss, sodass er rücklings gegen den Baumstamm stürzte, gelang es, den Berserker zu überwinden. Keuchend lag Ewan am Boden, stemmte sich immer noch gegen die Last der beiden Männer, die auf ihm saßen und versuchten, ihm die Hände zu fesseln.

Dann jedoch spürte er das Jagdmesser des Schweinsnasigen an seiner Kehle, und er wusste, dass er weiteren Widerstand mit seinem Leben bezahlen würde.

»Feiglinge!«, ächzte er und spuckte aus. »Fünf bewaffnete Männer gegen einen Einzelnen. Seid ihr Ritter oder Schildknappen?

Der Schweinsnasige blutete stark an der Lippe, auch hatte Ewans Faust sein linkes Auge getroffen, das bereits fast zugeschwollen war.

»Du hast heute das letzte Mal in Alister MacBlairs Wald gewildert, Bauer!«

»Stich zu, wenn du den Mut hast, einen Wehrlosen zu töten!«

»Schaut doch, wie der Bauer sein Maul aufreißt«, höhnte ein anderer und rieb sich die schmerzende Schulter. »Man könnte meinen, er hält sich für einen Ritter!«

»Stich ihm die Augen aus, Gavin. So wird er sich niemals mehr an fremdem Jagdgut vergreifen.«

Die Spitze des scharf geschliffenen Messers zog sich von Ewans Kehle zurück und bewegte sich in Richtung seiner Augen. Ewan bäumte den Unterkörper mit aller Kraft empor, um die auf ihm sitzenden Gegner abzuschütteln. Es gelang nur unvollständig. Sie verloren zwar für einen Moment den Halt, doch ebenso rasch stürzten sie sich wieder auf ihn.

»Gavin! Rob! Was geht hier vor?«, rief plötzlich eine heisere Stimme.

Ewans Gegner fuhren zusammen und starrten zur Lichtung hinüber. Der Sonnenaufgang färbte den Nebel rötlich, und die hohe Gestalt eines Reiters stach schwarz daraus hervor.

»Ein Bauer, der es wagte, in Euren Wäldern zu jagen, Laird!«

»Schau an! Bringt den Burschen her, ich will ihn sehen!«

Alister MacBlair machte eine ungeduldige Bewegung mit der rechten Hand, und seine Leute beeilten sich, den Wunsch ihres Anführers nach Kräften zu erfüllen. Sie hatten allerdings große Mühe, den immer noch wütend um sich schlagenden Bauern vor ihren Chief zu führen und ihm dort die Arme auf den Rücken zu drehen. Dann jedoch zwang Gavin seinen Gefangenen mit einem gut gezielten Nackenschlag in die Knie.

Alister betrachtete den jungen Kerl voller Interesse. Der schlechte Kittel war fast völlig zerrissen, sodass man die kräftigen Muskelstränge sah, die sich über Brust und Arme des Burschen zogen. Sein Gesicht war blutverschmiert, doch es schien ebenmäßig und wurde von einem kurzen, blonden Bart verziert, das Haar trug er halblang und verwildert wie ein Bauer.

»Wie heißt du?«

Ewan war halb betäubt durch den tückischen Schlag, und der Reiter, zu dem er aufblickte, schien vor dem rötlichen Morgenhimmel hin und her zu schwanken.

»Ewan Turner, Laird …«, murmelte er.

»Weshalb hast du mein Gebot gebrochen?«

Ewans Blick festigte sich wieder, und er begann, seine Lage zu begreifen. Dies war Alister MacBlair, das Oberhaupt des Clans höchstpersönlich, ein Mann, der dafür bekannt war, keine Gnade walten zu lassen. Es wäre angebracht gewesen, demütig und zerknirscht zu erscheinen – doch das war nicht Ewans Sache.

»Euer Gebot ist ungerecht«, stieß er hervor. »Mein Vater hat hier gejagt und mein Großvater auch – weshalb soll das alte Recht nicht mehr gelten?«

Alisters Leute grinsten befriedigt – der Kerl war nicht nur dreist, er war auch noch dumm. Wer Alister MacBlairs Zorn erregte, der hatte sein Leben so gut wie verwirkt.

Wieder bewegte sich die rechte Hand des Clan Chiefs, und seine Männer beeilten sich zu sofortigem Gehorsam.

»Bindet ihm Hände und Füße zusammen – wir nehmen ihn mit«, befahl Alister.

Dann sah er zu, wie fünf seiner besten Kämpfer alle erdenklichen Anstrengungen unternahmen, einen Bauernburschen zu überwältigen, der sich wie ein wahrer Teufel verteidigte. Der Laird grinste ironisch, als man den jungen Kerl endlich gefesselt vor ihn führte.

»Welch ruhmreicher Sieg«, zischte er seinen Männern verachtungsvoll zu. »Ich bin stolz auf euch!«

Zweites Kapitel

Der Weg zur Burg, die dem Stamm der MacBlairs gehörte, glich einer Höllenfahrt. Kaum war Alister MacBlair davongeritten, ließen seine Getreuen ihre Wut an dem gefesselten Gefangenen aus. Man bedachte ihn großzügig mit Fußtritten und schleifte ihn durch den Wald bis zu der Stelle, wo die Männer ihre Pferde gelassen hatten. Dort knüpfte Gavin ein Seil um Ewans zusammengebundene Hände, stieg auf sein Pferd und zog den Gefangenen unerbittlich über Fels und Gestrüpp hinter sich her. Als das Geräusch der Pferdehufe einen hohlen Klang annahm, weil man über die hölzerne Brücke in die Burg einritt, spürte Ewan seinen geschundenen Körper kaum noch, denn Schmerz und Erschöpfung hatten ihm fast die Sinne geraubt. Nur undeutlich erkannte er das dunkle Gestein der Burgmauern, riesenhaft erschienen ihm die mächtigen Torflügel, die vor den Reitern aufschwangen, dann erblickte er den trutzigen, viereckigen Turm mit den kleinen Fensternischen. Es wurde dunkel vor seinen Augen.

Als er wieder zu sich kam, sah er Gesichter, die sich über ihn beugten. Bärtige Männer, sommersprossige Knaben, Mägde mit runden Wangen, das Haar in Tücher eingebunden, alte und junge, hübsche und hässliche.

Gemurmel war zu hören, leises Kichern, deftige Scherze, die neues Gekicher hervorriefen.

»Was für ein gut gebauter Bursche! Wie schade, dass sie ihn so zugerichtet haben.«

»Meine Güte, er ist fast nackt. Was ist wohl mit seinem Kittel passiert?«

»Oh er ist recht ansehnlich ohne Kittel. Nur diese alberne, halb zerfetzte Brouche sollte man ihm noch ausziehen …«

»Meine Güte, Kendra! Der Bursche ist viel zu jung für dich!«

»Schau, jetzt hat er geblinzelt. Er hat blaugraue Augen, der Kleine. So wie das Wasser des Sees im Herbst. Und ganz gewiss hat er auch ein nettes Lächeln, wenn er’s darauf anlegt.«

Ein Schatten fiel über Ewans Körper, und das Geschwätz der Weiber erstarb. Ewan erblickte Gavin, der sich hasserfüllt über ihn neigte. Das zugeschwollene Auge machte ihn nicht schöner, er sah geradezu scheußlich aus.

»Der Chief hat sich etwas Besonderes für dich ausgedacht«, zischte er Ewan boshaft ins Ohr. »Du kannst dich auf eine lange, qualvolle Strafe freuen!«

Ewan spürte den fauligen Atem aus Gavins Mund und drehte angewidert den Kopf zur Seite. Der Schatten verging, und auch die anderen Gesichter kehrten nicht mehr zurück. Ewan blinzelte in die Sonne, die unbarmherzig auf den Burghof niederbrannte, und schloss wieder die Augen. Was hatte man mit ihm vor? Wollte man ihn hier, mitten auf dem Burghof, in der glühenden Sonne schmachten lassen?

Der brennende Schmerz am ganzen Körper wurde nahezu unerträglich, dazu schien sein Genick wie betäubt, und sein Kopf schwindelte – Gavins heimtückischer Schlag in seinen Nacken zeigte immer noch Wirkung. Er biss die Zähne aufeinander, um nicht zu stöhnen, denn hier auf dem Pflaster des Burghofs war er allen Blicken ausgeliefert. Solange er noch Herr über sich selbst war, würde er keine Schwäche zeigen.

Niemand schien sich um ihn zu kümmern. Stundenlang lag er ausgestreckt auf den Steinen, der sengenden Sonne ausgesetzt, Schmerzen quälten ihn, noch mehr aber ein brennender Durst. Mägde und Knechte liefen an ihm vorüber, gingen ihrer Arbeit nach, Pferde wurden durch den Hof geführt und getränkt, ein struppiger Hund näherte sich ihm, beschnüffelte seine Brust und leckte ihm übers Gesicht.

»Hau ab, Barko!«, rief jemand, und der Hund sprang eilig davon.

Gegen Mittag begann Ewan goldfarbige Funken zu sehen, die sich zu sprühenden Kreisen vereinten und wie Feuerräder über den Himmel rollten. Das Blut pochte dumpf in seinen Ohren, als schlüge jemand unablässig mit einem Stock gegen die schweren Torflügel der Burg, zugleich begann er am ganzen Körper vor Kälte zu zittern. Er wehrte sich gegen die Ohnmacht, doch sie nahm ihn unerbittlich und gnädig zugleich in ihre Arme.

»Ich wollte dir nur helfen, Bauernlümmel«, sagte eine Stimme, die ihm bekannt vorkam.

Was für ein lieblicher Traum! Ihm schien, als spüre er wieder jene süßen, weichen Rundungen unter seiner Hand, und er lächelte. Wie zornig ihre schwarzen Augen gefunkelt hatten. Wie schön das lange, seidige Haar ihr über die Schultern floss.

»Wie heißt du?«, murmelte er vor sich hin.

»Ich bin Rodena, die Tochter von Duncan MacBlair.«

Er riss die Augen auf und stellte fest, dass er nicht mehr im Burghof unter der glühenden Sonne lag, sondern auf ein Lager gebettet war. Auch die Fesseln waren verschwunden, er war jedoch unfähig, sich zu bewegen, denn der Schmerz brannte wie Feuer, und sein Kopf dröhnte.

»Dreh dich um, ich muss die Abschürfungen an deinem Rücken behandeln!«

Ihre Stimme klang jetzt nicht mehr hochnäsig, sondern ruhig und bestimmend. Sie hatte das lange Haar in ein Tuch eingebunden, und ihre schwarzen Augen sahen ihn aufmerksam an.

»Rodena?«, murmelte er und blinzelte zu ihr hoch. »Was machst du hier?«

»Tu was ich sage, und frag nicht so viel!«

Sie fasste seine Schulter, was ihn zu einem schmerzvollen Zischen veranlasste, und ruhte nicht eher, bis er sich leise stöhnend auf die Seite gedreht hatte. Was sie dann mit ihm machte, konnte er nur ahnen, auf jeden Fall benutzte sie ein feuchtes Tuch und eine Schale Wasser, und es brannte höllisch auf der geschundenen Haut. Während er mit den Zähnen knirschte, um keinen Schmerzenslaut entweichen zu lassen, wurde er sich bewusst, dass er völlig nackt vor ihr lag, doch seine Benommenheit war so groß, dass es ihm nahezu gleichgültig war. Willenlos kippte er wieder in die Rückenlage, als sie ihn an der Schulter zog, und spürte nun angenehme Kühle an den schmerzenden Wunden. Sie hatte ihm ein Leintuch untergeschoben, das mit Kräutern und Salben getränkt war.

»Ganz, wie ich dachte«, hörte er sie sagen. »Mit dem Kopf gegen den Steinblock. Und da ist auch die blutige Nase.«

Ihre Hände waren zart, als sie nun sein Gesicht abwischte, fast hatte er den Eindruck, sie streichle ihm sacht über Stirn und Wangen. Doch diese Vorstellung passte wenig zu dem, was sie sagte.

»Denke nur nicht, dass Alisters Zorn über deinen Jagdfrevel schon besänftigt wäre. Er hat ganz sicher etwas Besonderes mit dir vor, sonst hätte er nicht befohlen, deine Wunden zu versorgen.«

Sie legte den Arm unter seinen Nacken und führte ihm einen gefüllten Becher an die Lippen. Obgleich sein Genick noch teuflisch wehtat, trank er das kühle Wasser in langen, durstigen Zügen. Selten hatte ihn ein Trunk so erfrischt.

»Was wird Alister tun?«, wollte er wissen.

Sie schwieg, und ihr Blick glitt über seinen Körper, streifte seine Brust, den Bauch und blieb an seinem entblößten Gemächt für einen Augenblick hängen. Er sah, wie sie errötete und sich auf die Lippen biss, dann griff sie hastig zu einem Leinentuch und deckte ihn damit zu. Er musste innerlich grinsen – sie lief zwar in Männerkleidern herum, aber der nackte Körper eines Mannes schien sie in Angst zu versetzen. Was für ein merkwürdiges Mädchen.

Ihr Gesicht erschien ihm weder zart noch lieblich. Ihr Mund war zu groß, die Wangen schmal, nur die schwarzen Augen, die von dichten Brauen überwölbt wurden, waren ausdrucksvoll und anziehend.

»Niemand weiß es«, sagte sie ausweichend.

Ewan begriff, dass sie ihn schonen wollte. Der Laird war gefürchtet, er war nachtragend und liebte es, Ungehorsam durch boshafte Strafen zu ahnden. Man erzählte sich, er habe Männer in einsamen Gegenden an dem Felsen schmieden lassen, wo sie elend verreckten, andere hatte er geblendet und hilflos im Moor ausgesetzt.

Keiner von ihnen war je zurückgekehrt. Wenn er befohlen hatte, den aufmüpfigen Pächterssohn pflegen zu lassen, dann wollte er gewiss, dass Ewan seine Strafe bei bester Gesundheit erlitt.

Ewan bemühte sich, seinen Schauder zu unterdrücken, und wechselte rasch das Thema.

»Du sagtest, du wärst Duncan MacBlairs Tochter?«, forschte er. »Dann war also der frühere Clan Chief dein Vater?«

»Klug erkannt«, gab sie zurück und wusch den Lappen in der Wasserschüssel aus. »Mein Vater Duncan hatte keinen Sohn, so wurde sein Neffe Mister nach seinem Tod der Anführer des Clans.«

Ewan schwieg, denn er bemerkte ihren abweisenden Blick. Es gab Gerüchte um diese Sache, denn der alte Duncan MacBlair war kurz nach einem ausgiebigen Mahl gestorben, auch einige Männer aus seinem Gefolge hatte der Tod nach diesem Gelage ereilt. Es war von vergorenem Wein die Rede gewesen, den ein englischer Händler Duncan hinterlistig verkauft habe. Die ganze Geschichte war schon ziemlich lange her, aber seine Eltern hatten ihm oft erzählt, dass Duncan MacBlair ein edler Ritter und gerechter Laird gewesen sei und dass mancher Pächter sich kummervoll an die alten Zeiten erinnere.

»Was glotzt du mich so an?«, fragte sie ärgerlich in seine Gedanken hinein.

Gerade hatte er einen freundlichen Satz über ihren Vater sagen wollen, aber er schluckte ihn herunter. Dieses Mädchen hatte etwas von einer Distel – man stach sich in die Finger, wenn man ihr zu nahe kam.

»Weshalb nicht? Schließlich hast auch du mich ausgiebig betrachtet.«

Jetzt errötete sie noch tiefer als zuvor, doch zugleich kniff sie böse die Augen zusammen und erhob sich.

»Bilde dir bloß nichts ein, Bauer. Ich habe nur nachgesehen, ob es noch eine Wunde gibt, die ich versorgen muss.«

»Richtig, du musst ja deinen Auftrag erfüllen«, gab er zurück. »Dann brauche ich mich wohl auch nicht für deine Pflege zu bedanken.«

»Überhaupt nicht!«

Sie bückte sich, um die Schüssel aufzuheben, und ging damit, ohne ein weiteres Wort, aus dem kleinen Raum. Jetzt erst bemerkte er, dass sie ein Kleid aus blauem Stoff trug, dass sie in der Taille mit einem Band gegürtet hatte. Auch wenn ihr Gang ein wenig ruppig und nicht sehr weiblich war, so gefiel ihm dieses einfache Gewand weitaus besser als die Männerkleidung.

Er tat einen tiefen Atemzug und spürte, dass der Schmerz im Nacken nachgelassen hatte. Wieso machte er sich überhaupt so viele Gedanken um dieses Mädchen? Er hätte sich viel eher um sich selbst sorgen müssen – doch seltsamerweise war ihm das Schicksal, das ihn erwartete, im Augenblick völlig gleichgültig. Hatte sie ihm etwas in den Becher getan? Er hatte so gierig getrunken, dass er nichts geschmeckt hatte, doch jetzt plötzlich erfasste ihn eine bleierne Müdigkeit, und ohne dass er sich dagegen wehren konnte, schlief er ein.

Als er erwachte, schien es ihm, als stiege er aus einem tiefen, dunklen Brunnen wieder ans Tageslicht. Doch er fühlte sich kräftig, sein Kopf hatte aufgehört zu dröhnen, nur die Kratzer und Schrammen zwickten ein wenig, wenn er sich bewegte. Der Raum, in dem er sich befand, war an zwei Seiten von dunklen Vorhängen begrenzt, in der Mauer gab es ein schmales Fenster, durch das helle Sonnenstrahlen einfielen. Es musste um die Mittagszeit sein – wie lange hatte er geschlafen? Eine Stunde? Einen Tag? Oder länger?

Vorsichtig richtete er sich auf und fand neben seinem Lager einen Krug Wasser, dazu eine Schale mit frischem Haferbrot, Butter und Schafskäse. Sein Magen knurrte, auch war er durstig, doch er goss nur wenig Wasser in den Becher und roch misstrauisch daran, ob nicht irgendein betäubendes Kraut beigemengt war. Als er nichts feststellen konnte, trank er durstig den halben Krug leer und füllte sich den Magen mit Brot und Käse.

Jenseits der Vorhänge waren Geräusche zu vernehmen. Männer und junge Knaben schwatzten miteinander, man hörte auch Metall klirren und das Kratzen eines Schleifsteins. War man beschäftigt, Waffen und Rüstung instand zu setzen? Er wurde neugierig, denn es war immer sein sehnlichster Wunsch gewesen, Schwert und Rüstung zu besitzen. Ein Traum, den viele Bauernburschen träumten und der niemals in Erfüllung ging. Seine Eltern hatten ihn stets heftig gescholten, wenn er von solchen Dingen redete.

Plötzlich wurde einer der Vorhänge beiseitegerissen. Vor ihm stand Gavin, mit einem ledernen Wams und engen Beinkleidern ausgestattet – sein Auge war jetzt blaugrün und immer noch dick geschwollen.

»Schon wieder auf den Füßen, Bauer?«, knurrte er missgünstig. »Zieh das an, und halte dich bereit. Der Tanz geht gleich los.«

Er warf Ewan ein Bündel Kleidung zu, schnaubte kurz und abfällig durch die Nase und ging wieder davon. Den Vorhang ließ, er offen, sodass Ewan in den weiten Raum hineinsehen konnte, der dahinterlag. Längs der Wände standen hölzerne Bänke, darauf hockten Knappen und Knechte, eifrig damit beschäftigt, Schwerter, Brustpanzer, Arm- und Beinschienen blank zu wienern. Ewan starrte voller Verlangen auf die blinkende Wehr, und er verfluchte das Schicksal, das ihn als Sohn eines Pächters hatte zur Welt kommen lassen. Er hätte sein Leben dafür gegeben, eines dieser langen, scharf geschliffenen Schwerter im Kampf führen zu dürfen. Ach, es wäre schon großartig gewesen, solch eine Waffe nur in der Hand halten zu können, ihr Gewicht zu prüfen und einige Schläge damit zu versuchen. Doch die Herren im Saal sahen nicht so aus, als würden sie ihm diesen Wunsch erfüllen.

Die Kleidung, die Gavin ihm gegeben hatte, bestand aus einem dunkelblauen Kittel, der bis über das Knie reichte, guten Lederschuhen und einem breiten, geflochtenen Gürtel. Im Vergleich zu dem, was die Männer drüben in der Halle trugen, war es armselig, und doch hatte Ewan niemals ein besseres Gewand besessen.

Er hatte keine Ahnung, was Alister MacBlair vorhatte – es konnte gut sein, dass dies sein Leichengewand sein würde. Während er sich ankleidete, spürte er, dass ein fester Entschluss in ihm aufkeimte. Was der Laird auch immer mit ihm vorhatte, er würde ihm nicht den Gefallen tun, um sein Leben zu winseln. Lieber wollte er sich widersetzen und im Kampf sterben.

»Raus auf den Burghof mit dir!«

Er warf einen raschen Blick über die Halle – dort war kein Entkommen, denn die Männer und Knappen hatten sich jetzt erhoben und bewegten sich auf ihn zu. Es blieb ihm nichts übrig, als Gavin zum Ausgang zu folgen – hinter ihm klangen die Tritte der anderen, die ihm dicht auf den Fersen blieben.

Gleißendes Sonnenlicht überflutete den Burghof, sodass Ewan für einen Augenblick geblendet war, dann erst sah er die Menschenmenge, die sich hier versammelt hatte. Ritter und Knappen, Knechte und Mägde standen längs der Gebäude, ihre Mienen waren gespannt, einige blickten mit hämischer Vorfreude auf ihn, andere, besonders die Frauen, schienen Mitleid zu haben.

Ein harter Stoß gegen den Rücken trieb ihn durch die Umstehenden, man wich vor ihm zurück, und gleich darauf befand er sich in der Mitte des Hofes. Dort wurde er erwartet.

Alister MacBlairs hagere Gestalt ragte zwischen seinen Getreuen fast um Kopflänge hervor, er hatte die Augen wegen der Sonne schmal zusammengekniffen, sein Gesichtsausdruck ließ nicht erkennen, was er plante.

»Du hast eine harte Faust, Ewan«, sagte er mit seiner heiseren Stimme, in der stets eine unterschwellige Drohung mitzuschwingen schien. »Jetzt kannst du zeigen, wie du mit der Waffe eines Ritters umgehen kannst.«

Er gab einem seiner Getreuen einen Wink, und der Mann legte ein Schwert mit schön gearbeitetem Griff vor Ewan auf den Boden. Ewan starrte auf die blinkende Klinge, die im Sonnenlicht kleine Fünkchen zu sprühen schien. Er hatte alle möglichen Tücken erwartet – doch nicht solch ein Angebot.

»Ich soll …«, stammelte er.

»Hier steht dein Gegner!«

Ein grauhaariger Ritter trat neben Alister, ein mittelgroßer, sehniger Mann, mit einem schwarzen, gegürteten Kittel und ledernen Beinschienen angetan, in der Schwertleite steckte eine breite Waffe, deren Griff aus Ebenholz war.

Ewan hatte noch nie in seinem Leben ein Schwert geführt – doch dieser Graubart schien ihm wenig gefährlich. War das Ganze ein Spiel, das Alister nach Belieben mit ihm trieb? Würde er ihm mehrere Gegner gegenüberstellen? Einen nach dem anderen, so lange, bis er schließlich unterlag?

Wie auch immer – er würde diesen Kampf aufnehmen. Ewan bückte sich, fasste die Waffe und wog sie in der rechten Hand. Sie war leichter, als er geglaubt hatte. Er durchschnitt ein paar Mal die Luft mit der Klinge und spürte, wie sie sich seinem Willen fügte.

»Ich bin bereit!«

Sein Gegner hatte ihn mit aufmerksamen Blicken gemustert, jetzt zog auch er sein Schwert und deutete durch ein kurzes Nicken an, dass der Kampf beginnen konnte.

Ewan näherte sich seinem Gegner mit Bedacht, er hatte nicht vor, den ersten Streich zu führen, sondern wollte den Mann zu einer Unvorsichtigkeit verführen. Doch der graubärtige Ritter schien die gleiche Absicht zu haben – eine Weile standen sie sich gegenüber, maßen sich mit den Blicken, schätzten den Gegner ein. Dann zuckte der Schwertarm des Graubärtigen, und Ewan sprang nach vorn, um den Schlag zu parieren. Metall klang auf Metall, Ewans Schlag war kraftvoller, der des anderen jedoch besser platziert – keiner hatte einen Vorteil erkämpft. Jetzt folgten Angriffe und Gegenangriffe dicht aufeinander, und Ewan begriff rasch, dass er keineswegs gegen einen müden, alten Mann kämpfte. Dieser Gegner war eisenhart und kampferprobt, er wusste auf alle Attacken des zornigen jungen Mannes eine überraschende Antwort, wich im rechten Moment zurück, setzte seine Angriffe dann, wenn Ewan durch die Kraft des eigenen Schlags aus dem Gleichgewicht geriet, und schien trotz der Anstrengung des Kampfes nicht müde zu werden. Ewan keuchte, Schweiß rann an seinem Körper herab, die gleißende Sonne ließ ihn den Gegner nur schemenhaft erkennen – da traf ein gut gezielter Streich seine Schwertklinge dicht unter dem Griff, und die Waffe wurde ihm aus der Hand gerissen.

Beifall und begeistertes Gejohle belohnten den siegreichen Kämpfer, während Ewan wie erstarrt auf der Stelle stand und nicht begreifen wollte, was ihm geschehen war. Wie war es möglich, dass ein grauhaariger Bursche, gut dreimal so alt wie er selbst, einen solchen Kampf siegreich bestand? Wie dumm und ungeschickt musste er selbst sich angestellt haben – und doch hatte er alle Kraft und Geschicklichkeit eingesetzt, die ihm zur Verfügung stand.

Sein Gegner schien nicht darauf aus zu sein, ihm das Schwert durch den Leib zu stoßen. Er steckte seine Waffe wieder in die Scheide, trat zu dem Laird und tauschte einige Wort mit ihm.

»Du hast dich nicht übel bewährt, Ewan«, sagte Mister MacBlair so laut, dass es über den ganzen Hof zu hören war. »Ich erwarte allerdings, dass du deinem Laird den Treueeid leistest, bevor deine Ausbildung beginnt.«

Ewan begriff nichts. Erst als der graubärtige Ritter zu ihm trat, um ihm freundlich und anerkennend auf die Schulter zu klopfen, und die Menge sich langsam wieder zerstreute, zog er eine Möglichkeit in Erwägung, die allerdings völlig irrsinnig war. Hatte Alister MacBlair beschlossen, ihn zum Ritter ausbilden zu lassen?

Drittes Kapitel

»Gleich werden dir die Augen aus dem Kopf fallen«, sagte Fiona kichernd und kniff ihre Halbschwester in den Arm. »Komm endlich aus der Fensternische heraus – der Kampf ist längst zu Ende.«

Fiona hatte Recht, doch Rodena trennte sich nur ungern vom Fensterbrett. Ihre Augen hingen an dem jungen Burschen, der soeben einen völlig aussichtslosen und dennoch mutigen Kampf gegen Roger de Brionne bestanden hatte. Hatte Alister tatsächlich vor, einen Ritter aus ihm zu machen? Der Gedanke verursachte ihr Herzklopfen, für die sie keine rechte Erklärung bei der Hand hatte.

»Man könnte meinen, du wärst süchtig nach diesem Bauern«, stichelte Fiona, die sich eines ihrer neuen Gewänder zurechtlegte, das sie probieren wollte. »Oh, es ist nicht so, dass ich dich nicht verstehen könnte. Er ist wirklich ein gut gebauter junger Kerl, das konnten wir alle sehen, als er vor ein paar Tagen splitternackt auf dem Hof lag. Er wäre ein hübscher Liebhaber für dich, Schwesterlein.«

Rodena stieß sich mit einer ärgerlichen Bewegung vom Fenster ab und drehte sich angriffslustig herum. Fiona verpasste kaum eine Gelegenheit, sie zu verspotten, das war schon immer so gewesen. Früher hatte auch die ältere Halbschwester Marian bei dem bösen Spiel mitgemischt, doch die war zum Glück seit einem Jahr verheiratet und hatte die Burg verlassen. Aber auch ohne Marians Hilfe schaffte es Fiona immer wieder, Rodena das Leben schwer zu machen.

»Ich brauche keinen Liebhaber«, wehrte sie sich »Und du solltest eigentlich nur Augen für deinen künftigen Ehemann haben, Fiona, und nicht fremde, unbekleidete Männer anstarren.«

»Na und?«, lachte Fiona unbekümmert. »Noch bin ich keine Ehefrau und werfe meine Blicke dorthin, wo es mir gefällt. Du hast ja auch reichlich Gelegenheit gehabt, den hübschen Kerl zu besehen, nicht wahr? Ich war richtig eifersüchtig, dass Vater dir den Auftrag gab, seine Verletzungen zu versorgen.«

»Oh, ich hätte dir gern den Vortritt gelassen, Schwesterlein. Es war eine Menge Arbeit, und Vergnügen hatte ich keines dabei, das schwöre ich dir.«

»Ach Gott, du Ärmste!«, meinte Fiona ironisch. »Komm und zieh mir im Rücken die Schnüre zu.«

Das neue Gewand war aus hellblauem Stoff nach englischer Art genäht, es folgte sanft Fionas geschwungener Körperlinie und wurde am Rücken mit Schnüren geschlossen. Das Schönste jedoch waren die langen Ärmel, die sich nach unten hin verbreiterten und mit goldfarbigen, gestickten Borten eingefasst waren. Alister hatte reichlich Stoffe, Borten und seidenes Stickgarn einkaufen lassen, denn seine Tochter Fiona sollte reich ausgestattet zu ihrem Ehemann reisen. Auch Marian, seine ältere Tochter, die er vor einem Jahr an einen befreundeten Clan Chief vergeben hatte, war mit Truhen voller Stoffe, Geschmeide und Gerätschaften auf den Weg geschickt worden, zu deren Transport vier Pferdewagen kaum ausgereicht hatten.

Rodena musste zugeben, dass die blonde Fiona einfach wunderschön in diesem Gewand aussah, zumal sie ein seidenes Tuch über das Haar gelegt hatte und sich dazu noch kleine, spitz zulaufende Pantöffelchen überstreifte.

»Weißt du, ich freue mich jetzt riesig auf mein neues Leben an der Seite von Keith MacDonald«, seufzte Fiona und räkelte sich wohlig. »Es ist ganz etwas anderes, die Frau im Haus zu sein und bestimmen zu dürfen. Seit Mama tot ist, hatte hier doch immer nur die alte Caja das Sagen – mit der wünsche ich dir viel Vergnügen, Rodena, denn sie wird immer griesgrämiger.«

Rodena blickte jetzt ernst drein, denn so erleichtert sie im Grunde war, dass die boshafte Fiona endlich die Burg verließ – es war auch nicht angenehm, ganz allein in der Kemenate zu wohnen. Trotz aller Streitereien – es hatte doch auch schöne Zeiten in der Kindheit gegeben, als sie noch zu dritt durch die Säle der Burg tollten, sich hinter dicken Säulen und Vorhängen versteckten und in der Küche heimlich Honigküchlein und Nüsse klauten.

»Ich werde schon mit Caja fertig«, sagte sie zuversichtlich. »Und überhaupt treibe ich mich die meiste Zeit draußen herum – da hat sie wenig Gelegenheit, an mir herumzumäkeln.«

Fiona war aufgesprungen und drehte sich rasch um sich selbst, denn sie wollte, dass der Stoff ihres Kleides sich bauschte und die Ärmel flatterten. Es sah aufregend aus, denn ihr langes, blondes Haar wehte über ihr Gesicht wie ein goldfarbiger Schleier.

»Ich denke mal, dass Mister auch dich bald verheiraten wird, Rodena«, meinte sie schließlich und sank auf einen Schemel, denn ihr war schwindelig. »Natürlich nicht an einen bedeutenden Clan Chief, sondern höchstens an irgendeinen unwichtigen Laird. Aber es ist für dich auf jeden Fall besser, einen Ehemann zu haben, als unverheiratet zu bleiben, denn du hast gute Anlagen zu einer mürrischen, alten Jungfer.«

»Besser eine alte Jungfer als eine unglückliche Ehefrau!«

Rodena konnte sich noch an die kummervolle Miene ihrer Mutter Isobail erinnern, die nach Duncans Tod schließlich Misters Werbung angenommen hatte. Isobail hatte ihrem zweiten Ehemann zwei Töchter – Marian und Fiona – geboren, doch Rodena hatte nur allzu deutlich gespürt, wie sehr die Mutter unter Misters Grausamkeit litt. Als Isobail starb, war Rodena zehn Jahr alt, Marian war acht und die kleine Fiona sechs.

»Wenn du nicht immer in Männerkleidern herumlaufen würdest, hätte dich vielleicht auch schon einer unserer Nachbarn zur Ehefrau ausgewählt«, meinte Fiona, die stets glaubte, dass ihre Ansicht die einzig richtige sei. »Vielleicht Bryan MacDean? Oder Gregor MacBond? Die besitzen zwar nur wenig Land, aber für dich wären sie recht gute Partien, denn du bist nicht besonders hübsch und kannst dir nicht viel mehr erhoffen …«

»Herzlichen Dank. Ich kann auf beide verzichten.«

Fiona war jedoch von ihrer Idee nicht abzubringen. Sie klappte den Deckel einer Truhe hoch und wühlte darin herum.

»Zieh doch mal das gelbe Gewand über, das Caja für mich vor zwei Jahren genäht hat, Rodena«, bat sie. »Es wird dir ganz sicher großartig stehen.«

Rodena verdrehte die Augen. Sie hasste prächtige Kleider und war im Grunde froh darüber, dass Caja sich mit ihren Gewändern bisher noch niemals große Mühe gemacht hatte.

»Ich will deine abgelegten Sachen nicht haben, Fiona.«

Ärgerlich zog Fiona das Näschen kraus, gab ihre Absicht jedoch keineswegs auf. Diese widerspenstige Person musste doch endlich einsehen, dass sie sich wie ein Mädchen zu benehmen hatte. Man musste sich ja für sie schämen, auch wenn sie nur ihre Halbschwester war, so gehörte sie doch zur engsten Familie des Clan Chiefs.

»Das Kleid ist noch fast wie neu«, beharrte sie und hielt Rodena den Stoff vor die Nase. »Nur ein wenig an den Ärmeln abgescheuert und der Saum an einer Stelle eingerissen – aber das kannst du dir ja zusammenflicken. Nun mach schon – ich will sehen, wie dir die Farben stehen.«

»Ich will den Fetzen nicht – hast du das endlich verstanden?«, gab Rodena wütend zurück.

»Das habe ich nun von meiner Gutmütigkeit«, beschwerte sich Fiona mit einem tiefen Seufzer. »Ich erwarte ja nicht, dass du strahlend schön darin aussehen wirst. Eher wie ein Stock, über den man ein Tuch gehängt hat. Aber es ist in jedem Fall besser, als mit einer Brouche und einem kurzen Kittel wie ein Mann herumzulaufen!«

Rodena schwieg und presste die Lippen aufeinander.

Sie war nicht hübsch, sie war zu dünn, ihre Brüste waren klein und ihre Hüften schmal – das hatte sie von ihren Schwestern seit Jahren zu hören bekommen. Vermutlich hatten sie sogar recht. Marian und Fiona hatten an der festlichen Tafel oder bei den abendlichen Unterhaltungen stets alle Blicke der Männer auf sich gezogen, während sie selbst unbeachtet blieb. Die beiden hatten schön geschwungene Hüften und üppige Brüste, die auf und ab wippten, wenn sie sich bewegten, kein Wunder, dass die Ritter sie begehrlich anstarrten. Und überhaupt wollte sie gar nicht hübsch und weiblich sein.

»Die Mutter hat es nie gestört, dass ich mich gern wie ein Mann kleide«, verteidigte sie sich.

Fiona hatte das gelbe Gewand über einen Lehnstuhl gebreitet und zog die langen Ärmel auseinander, um die Stickerei an den Aufschlägen zu betrachten. Sie zeigte eine Reihe ineinander verschlungener Fabeltiere, die sich an einigen Stellen jedoch bereits aufgelöst hatten.

»Ach unsere Mutter«, schwatzte Fiona. »Sie war sowieso immer etwas wunderlich, und meist war sie krank. Sie hat es eben nicht fertiggebracht, Söhne in die Welt zu setzen, das hat ihr zugesetzt. Vielleicht hat sie gehofft, du würdest ein Junge werden, und es hat ihr deshalb gefallen, dich im Gewand eines Knaben zu sehen.«

Sie begann zu lachen und nahm dann zerstreut den silbernen Handspiegel, um zu sehen, wie hübsch sie aussah, wenn sie lachte, denn sie hatte kleine, regelmäßige Zähne.

»Wenn ich ein Junge geworden wäre, dann wäre ich jetzt an Alisters Stelle der Anführer des Clans«, bemerkte Rodena trotzig. »Denn Duncan MacBlairs Sohn hätte in jedem Fall vor Mister Anspruch gehabt, den Clan zu führen.«

Fiona fuhr mit einem spitzen Aufschrei herum und hätte fast den Spiegel fallen gelassen.

»Hat dich jetzt der Größenwahn gepackt? Clan Chief wolltest du sein? Hast du denn ganz und gar den Verstand verloren?«

»Wer sagt, dass ich Clan Chief werden wollte? Ich bin ein Mädchen.«

»Sehr schön, dass du das endlich einsiehst«, meinte Fiona ärgerlich. »Gewöhne dir nur beizeiten deinen Hochmut ab, Rodena. Du brauchst dir nichts darauf einzubilden, dass du Duncans Tochter bist, denn Duncan ist tot, und mein Vater Mister ist das Oberhaupt des Clans. Hol mir die Schatulle mit meinem Geschmeide herbei!«

Rodena, die selbst weder Ring noch Kette besaß, hatte wenig Lust, Fiona dabei zuzusehen, wie sie sich mit Schmuck behängte.

»Bin ich deine Magd? Hol dir dein Zeug selbst!«

»Himmel, wie boshaft du wieder bist. Dabei meine ich es so gut mit dir, Rodena«, beschwerte Fiona sich weinerlich.«Ich sorge mich um deine Zukunft, gebe dir Hinweise, welcher Mann zu dir passen könnte, schenke dir sogar mein schönstes Gewand, damit du ein klein wenig ansehnlicher aussiehst …«

Rodena war jetzt mit ihrer Geduld am Ende. Aus irgendeinem Grund tat es ihr gerade heute besonders weh, wieder einmal unter die Nase gerieben zu bekommen, wie hässlich und reizlos sie war.

»Hier hast du deinen alten Lumpen«, keifte sie, raffte das Kleid vom Stuhl und warf es zu Fiona hinüber. Das leichte Gewand öffnete sich dabei und flatterte durch den Raum, um sich schließlich über dem rußigen Ofen auszubreiten.

»Du dumme Ziegel«, schrie Fiona erbost. »Jetzt ist es endgültig hinüber! Das hast du doch mit Absicht getan.«

»Aber nein. Hast du nicht gesehen – es ist ganz von selbst geflattert wie ein Vogel und hat sich auf den Ofen gesetzt!«

Eine Öllampe aus Ton flog dicht an Rodena vorbei und hätte sie getroffen, wenn sie nicht rasch zur Seite gesprungen wäre. Gleich darauf waren die beiden Mädchen fest ineinander verkrallt, und ihr aufgeregtes Geschrei hallte durch den Turm.

Da wurde die Tür der Kemenate energisch aufgestoßen, und Cajas dürre Gestalt drängte in den Raum. Sie stemmte die Arme in die Seiten, und das Gebinde auf ihrem Haar zitterte, so zornig war sie.

»Ja, schämt ihr euch denn gar nicht?«, rief sie. »Hör auf, deine Schwester an den Haaren zu reißen, Fiona! Hast du vergessen, dass du in wenigen Tagen eine Ehefrau sein wirst? Rodena, lass Fionas neues Gewand los – es soll für den Hochzeitstag bewahrt werden!«

Die Mädchen ließen voneinander ab und wagten auch nicht, sich weiterhin zu beschimpfen, denn die alte Amme Caja verstand keinen Spaß. Sie war einst mit Isobail auf die Burg gekommen und hatte der Herrin am Totenbett geschworen, sich ihrer Töchter anzunehmen. Caja hatte diese Aufgabe ernst genommen und die Mädchen erzogen – nicht mit der zärtlichen Liebe einer Mutter, sondern eher mit der Hingabe einer strengen Wächterin.

Ewan hatte zuerst Zweifel gehabt, ob Mister MacBlair nicht doch ein übles Spiel mit ihm trieb. Weshalb sollte er den Jagdfrevler zum Ritter ausbilden? Was steckte dahinter?

Doch schon am Nachmittag des gleichen Tages wurde er eines Besseren belehrt, denn der Ritter, der ihn so überraschend und glanzvoll besiegt hatte, nahm ihn unter seine Obhut. Roger de Brionne redete wenig, doch Ewan begriff schon nach kurzer Zeit, dass dieser Mann es ernst mit ihm meinte. Roger forderte seinem Schüler das Letzte ab, auch nach dem anstrengenden Kampf in heißer Mittagszeit gab es weder Schonung noch Aufschub. Ewan lernte an diesem Tag viel über die Handhabung des Schwertes und den Gebrauch des langen Schilds, mit dem der Krieger seinen Körper vor Hieben und Pfeilen schützte. Immer wieder trieb sein Lehrer ihn an, schüttelte unzufrieden den Kopf, befahl ihm, die Gedanken zusammenzuhalten und erklärte ein ums andere Mal, dass er in einem wirklichen Kampf bereits gut zehnmal sein Leben eingebüßt hätte. Als die Sonne am Abend sank, spürte Ewan, dass die Beine unter ihm zitterten, doch er hätte sich eher die Zunge abgebissen, als seinem Lehrer gestanden, dass er vollkommen erschöpft war.

»Gar nicht übel«, sagte sein Lehrmeister schließlich. »Morgen, gleich nach Sonnenaufgang, wirst du mir zeigen, wie du zu Pferde sitzt und die Lanze führst.«

Es schien ihm völlig gleichgültig zu sein, dass Ewans Verwundungen noch längst nicht ausgeheilt waren. Auch hatte er sich nicht weiter um das höhnische Gelächter der übrigen Männer gekümmert, die die Übungen den ganzen Nachmittag über beobachtet hatten. Besonders Gavin hatte sich jedes Mal diebisch gefreut, wenn Ewan scheiterte und Roger de Brionne seinen Schüler ärgerlich anknurrte. Nur ein einziges Mal, als der vorwitzige Gavin gar zu laut rief, dass aus diesem Bauern wohl niemals ein Kämpfer werden würde, wandte der graubärtige Roger sich um und sah den Schreihals aus kalten blauen Augen an.

Der Blick war kurz, doch Gavin schien unter dessen Kraft in sich zusammenzuschrumpfen, er senkte den Kopf und schwieg.

Ewan war an diesem Abend sogar zum Essen zu erschöpft, er stürzte einen Krug Wasser hinunter, warf sich auf sein Lager und schlief wie ein Toter. Doch noch vor Sonnenaufgang stand er schon wieder voller Tatendrang auf dem Hof, begierig, seinem Lehrer zu beweisen, dass er ein guter Reiter war. Roger de Brionne zeigte sich nicht unzufrieden mit den Reitkünsten seines Schülers, doch er hatte vieles daran auszusetzen, und als es darum ging, mit einem geschickten Lanzenstich den strohgefüllten Sack zu treffen, der von einem Balken herabhing, handelte Ewan sich wieder einmal Tadel und Kopfschütteln ein. Doch weder der Ärger über die eigene Ungeschicklichkeit noch das spöttische Gelächter der Zuschauer konnten Ewans Eifer mindern. Und siehe da – als Roger schließlich die Aufforderung in die Runde der Gaffer schickte, es ebenfalls zu versuchen, gab es auch unter den Rittern einige, die das Ziel verfehlten.

Roger de Brionne schien seinen Schüler kaum aus den Fängen lassen zu wollen, er verbrachte die folgenden Tage an seiner Seite, nahm mit ihm gemeinsam die kargen Mahlzeiten ein, und auch in der Halle, wo Ewan sein Lager neben den Betten der anderen Männer hatte aufschlagen müssen, schlief Roger de Brionne in seiner Nähe.

Am Abend des siebten Tages, als Ewan erschöpft und schweißbedeckt am Brunnen stand, um sich einen Becher mit Wasser zu füllen, trat sein Lehrer neben ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter.

»Morgen früh wirst du mit uns in die Kapelle gehen und vor dem Priester und allen Anwesenden deinen feierlichen Treueeid ablegen«, verkündete Roger. »Von diesem Augenblick an bist du deinem Laird verpflichtet und wirst für ihn kämpfen, selbst wenn es dein Leben fordern würde.«

Ewan konnte vor Aufregung kaum antworten, doch er nickte.

»Ich habe dich eine ganze Woche lang geprüft«, fuhr Roger lächelnd fort. »Und du hast meine Hoffnungen nicht enttäuscht. Ich habe nur einen einzigen Mann in meinem Leben gekannt, der besser zu Pferde saß und das Schwert kraftvoller führte als du. Doch das ist lange her, Ewan.«

Ewan öffnete den Mund, um zu fragen, wer dieser Mann gewesen sei, doch Roger schien keine Lust auf eine Plauderei zu haben, denn er wandte sich um und ging schlafen.

Am folgenden Morgen kniete Ewan in der Kapelle vor Alister MacBlair und leistete seinen Eid mit großer Ernsthaftigkeit. Er hatte nicht vergessen, dass dieser Mann streng und ungerecht zu seinen Pächtern war, doch die Begeisterung darüber, dass der größte Wunsch seines Lebens in Erfüllung gegangen war, wog mehr als alles andere. Er war bereit, seinem Laird zu dienen und unter Einsatz seines Lebens für ihn zu kämpfen.

Zum ersten Mal sah er nun auch die Frauen, denn etliche von Alisters Rittern waren verheiratet, und ihre Familien lebten mit ihnen auf der Burg. Auch die zweitälteste Tochter seines Lairds, Fiona, erblickte er unter ihnen, sie war von angenehmem Äußeren, hatte liebliche Züge und leuchtend blondes Haar.

Rodena saß neben ihrer Halbschwester, in ein schlichtes, dunkles Gewand gekleidet, das Haar mit einem Band zusammengehalten. Ihre Augen schienen Ewan umschattet, sie war sehr ernst und würdigte ihn keines Blickes. Es wunderte ihn wenig – sie hatte von Anfang an eine tiefe Abneigung gegen ihn gehegt, weshalb sollte sich das jetzt auch geändert haben? Dennoch spürte er Enttäuschung, denn seltsamerweise war es gerade Rodena, die er an diesem Tag hatte beeindrucken wollen.

Roger de Brionne fasste seinen Schüler am Arm kaum, dass er die Kapelle verlassen hatte, und anstatt sich inmitten der Hofgesellschaft an der langen Tafel zu laben, die man in der Halle aufgebaut hatte, musste er ohne Verzug wieder mit dem Training beginnen. Er war enttäuscht und verärgert, denn er hatte geglaubt, aufgrund seiner neuen Würde am Festmahl teilnehmen zu dürfen, ja, er hatte sich sogar Hoffnungen gemacht, besonders freundlich dort aufgenommen und beglückwünscht zu werden.

Auch als es zu regnen begann, dachte sein Meister nicht daran, die Übungen abzubrechen. Schlamm bespritzte Pferd und Reiter, Regenwasser durchtränkte Ewans Kittel, und der hölzerne Lanzenschaft rutschte in seiner Hand, sodass er sein Ziel mehrfach verfehlte.

»Denke nur nicht, dass ein ritterlicher Kampf immer bei Sonnenschein und Maienluft stattfindet!«

Am Nachmittag hockten die Herren Ritter unter dem Schutz der überhängenden Dächer gemütlich im Trockenen und beobachteten grinsend, wie Roger de Brionne seinen Schüler über den matschigen Burghof hetzte. Er war schon ein verflucht strammer Bursche, dieser Bauernlümmel, das mussten sie insgeheim zugeben. Keiner von ihnen hätte unter derartigen Bedingungen so lange durchgehalten.

Am Abend war Ewan schwärzester Laune, und er hasste seinen hartnäckigen Lehrer bis aufs Blut. Als Roger ihn in die Waffenkammer führte und unter den abgelegten, halb verrosteten Rüstungen einige Stücke für ihn auswählte, hob sich Ewans Stimmung nur wenig. Missmutig nahm er die rostige Brustwehr, die Armschienen und den verbeulten Helm in Empfang, dazu erhielt er einige Lappen, Fett und einen Schleifstein, um die Wehr wieder aufzupolieren.

»Setz dich damit auf den Hof, damit du die anderen nicht im Schlaf störst, und reibe die Sachen blitzblank«, befahl Roger, ohne auf Ewans enttäuschte Miene zu achten. »Morgen will ich keinen einzigen Rostflecken mehr an diesem Helm sehen.«

»Das ist die Arbeit eines Knappen«, murrte Ewan. »Ich habe heute meinen Treueschwüren geleistet und bin …« »Gar nichts bist du«, schnitt Roger ihm das Wort ab. »Du hast deinem Laird die Treue gelobt, und er gewährt dir die Gunst, zu einem Ritter ausgebildet zu werden. Momentan jedoch stehst du im Rang der Männer hier auf der Burg nicht viel höher als ein Knappe.«

Ewan war schwer enttäuscht, denn er hatte geglaubt, schon jetzt ein Ritter zu sein und somit den anderen gleichgestellt. Doch die folgenden Worte seines Lehrers waren noch weit niederschmetternder.

»Vergiss nicht, dass du nicht wie die anderen aus wohlhabender oder gar adeliger Familie kommst. Der Sohn eines armen Pächters kann nur dann zum Ritter geschlagen werden, wenn er sich ganz besondere Verdienste im Kampf erwirbt. Dies ist der Weg, auf den ich dich vorbereite, Ewan Turner.«

Ewan drehte die klapprigen Armschienen in den Händen und verspürte große Lust, dass alte Zeug gegen die Mauer zu schleudern. Er, Ewan Turner, war ein besserer Mann als die meisten anderen auf dieser Burg, das hatte Roger ihm selbst versichert. Und doch würde man ihn nicht zum Ritter schlagen, weil seine Eltern arme Schlucker waren. Besondere Verdienste im Kampf! Wie sollte er mit dieser jämmerlichen Wehr wohl große Heldentaten vollbringen?

Aber Roger de Brionne war noch längst nicht fertig.

»Ich erwarte von dir, dass du dich an die Regeln hältst«, sagte er streng. »Du hast den Rittern Respekt zu erweisen und ihre Launen mit Gelassenheit zu ertragen, denn sie stehen über dir. Lerne, dein rasches Blut und deinen Stolz zu bezähmen – auch das gehört zur Ausbildung eines Ritters. Du wirst am Ende der Festtafel sitzen, dort wo die Knappen und die einfachen Leute ihren Platz haben und nicht etwa auf die Idee kommen, dich unter die Höhergestellten zu mischen. Weiterhin wirst du lernen, den Frauen mit Höflichkeit und Ehrfurcht zu begegnen, wie es sich für einen Knappen geziemt.«

Roger hielt inne und sah, dass das Gesicht seines Schülers immer länger wurde.

»Das reicht fürs Erste«, knurrte er. »Kümmere dich jetzt um deine Rüstung – du wirst sie morgen früh brauchen.«