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Zwei Hörspiele, wie sie unterschiedlicher nicht sein können: Historisches Spektakel das eine, Psychogramm eines Mörders das andere. Das Hörspiel „Die Belagerung“ entstand nach der Erzählung Friedrich Schillers „Merkwürdige Belagerung von Antwerpen in den Jahren 1584 und 1585“ aus dem Jahre 1795.
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Seitenzahl: 55
Veröffentlichungsjahr: 2023
Ulrich Frohriep
Die Belagerung & Ich habe getötet
ISBN 978-3-96521-882-6 (E-Book)
Umschlaggestaltung: Ernst Franta
Das Buch erschien erstmals 2002 im BS-Verlag, Rostock. „Die Belagerung“ ist ein Hörspiel von 1986. „Ich habe getötet“ ist ein Hörspiel von 1989.
2023 EDITION digital
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Personen:
Sprecher
Farnese
1. General
2. General
Philipp II.
Bürgermeister
Spielmann
Frau / Mathilde
1. Büttel
2.Büttel
Vorsteher
Fleischer
Kaufmann
Maximilian
Katharina
1. Ratsherr
2. Ratsherr
Diabolo
Admiral
Dichter
Wache
Stimmen
Sprecher: Um eine Stadt zu erobern, braucht man einen Plan. Und ein paar Truppen, gewiss, Gewehre, Kanonen, Munition. Das nötige Geld dazu. – Aber vor allem einen Plan.
Farnese: Wir verfügen über 10.000 Mann
Sprecher: Allessandro Farnese, späterer Herzog von Parma, zurzeit Statthalter Philipps von Spanien in den Niederlanden.
Farnese: 1700 Reiter, Waffen und Munition in begrenztem Umfange
Sprecher: Nicht viel, wie man unschwer nachzählen kann.
1. General: Die Truppen sind unzufrieden, Fürst. Der Sold ist schon wieder ausgeblieben. Ich rate ab.
Sprecher: Vielleicht ist der König knickrig? Will eine Stadt erobern lassen. Wer fällt, fällt aus der Soldliste. Fallen viele – und die Stadt wird trotzdem erobert –, welch ein Gewinn. Man rechne es einmal in Prozenten aus.
Farnese: Wir haben die besten Soldaten der Welt.
Sprecher: Eben.
Farnese: Sie sind wankelmütig, meine Herrn Generale. Ihr Sold ist doch pünktlich angekommen.
2. General: Die Stadt hat 90.000 Einwohner. Wenn nur jeder dritte das Schwert nimmt, die Kanonen bedient? Die Kessel mit siedendem Pech können selbst Frauen und Kinder … Bedenken Sie, Fürst, alles Erreichte wäre mit einem Schlag dahin.
Farnese: Herr General!
Sprecher: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Verständlich, dass ein General, geübt in Schlachten, Belagerungen, Verfolgungen, Rückzügen, zuletzt daraufkommt. Aber Allessandro Farnese? Auch Militär, aber durchaus nicht nur?
Farnese: Um eine Stadt zu erobern, braucht es vor allem einen Plan, meine Herren. Was nützen Truppen, die blindlings drauflos stürmen und reihenweise abgeschlachtet werden. – Sie nützen nichts. Außerdem kommt es nicht auf die Menge an, sondern auf die Effektivität. Und drittens: Wie kann ich unserem geliebten König wieder in die Augen sehen, wenn ich schon vor der ersten ernsthaften Aufgabe unseres heiligen Feldzugs kläglich aufgebe.
2. General: Sie haben einen Plan, Fürst?
Farnese: Ich habe.
Sprecher: Seine Katholische Majestät, weitab von jedem Schuss, hat allen Grund, Erfolge zu verlangen.
Philipp II.: Bin ich nicht der Beherrscher beider Indien? Habe ich nicht geschworen, kraft meiner Macht, meines Einflusses, die abtrünnigen Niederlande … Haben sich in leichtsinniger und überaus sträflicher Weise von unserer geliebten Religion entfernt, bzw., was noch schlimmer ist, lassen jeden nach seiner Fasson selig werden. Geht das nicht zu weit? Das meine ich aber. Und schließlich sind es meine Erblande.
Sprecher: Aber der fällige Sold steht aus.
Philipp II.: Und nicht das erste Mal. Doch was soll ich machen. Ich pumpe Geld hinein, rüste Truppen aus. Es reicht nicht. Es reicht nicht hinten und nicht vorne. Alles Geld, das in meinen großen Silberminen in Peru gewonnen wird, alle Reichtümer, die aus meinen überseeischen Provinzen angelandet werden, strömen, kaum vermindert – wenn man das bisschen Hofhaltung, den Beamtenstab, die wenigen Aufwendungen für andere Kriege, für die Kirche, die Klöster, Mönchsorden, die Inquisition und was da sonst noch anfällt: das muss schon sein, denn worauf gründet sich schließlich meine Macht? Alle Reichtümer strömen also ungehindert in meine niederländischen Provinzen. Ein Fass ohne Boden, fürwahr.
Sprecher: Fürwahr. Ein geplagter König. Und wo käme er auch hin, wenn er das Volk in seinen Provinzen einfach machen ließe, was es will – nicht wahr? Farnese jedenfalls – er hat sich schon bei Lepanto unter Don Juan de Austria tapferst geschlagen. Es ging gegen die Türken, wie man weiß, und man focht siegreich, was auch nötig war. Denn was wollten die Türken im christlichen Abendlande? Die Macht. Und die brauchte man selber. – Farnese jedenfalls ist genug Soldat, seinem Herrn zu dienen. Also Philipp II. von Spanien. Warum auch nicht. Er ist der mächtigste Herrscher auf Gottes Erdboden. Und ein winziges Ländchen maßt sich an, gegen ihn zu opponieren.
Farnese: Die Stadt im Sturm zu erobern, geht nicht. Das ist klar. Die einzige Möglichkeit ist: aushungern.
Sprecher: Genial. Nur …
1. General: Genial. Nur unsere Truppen reichen nicht einmal aus, diese Stadt zu umschließen.
2. General: Kanäle durchschneiden kreuz und quer das Land. Auf der Schelde verkehren täglich Hunderte von Schiffen, Schuten, Lastkähnen aller Art und versorgen die Stadt im Überfluss.
Farnese: Weiter?
2. General: Wir brauchten zumindest eine Flotte.
1. General: Und das doppelte an Landkräften.
Farnese: Wir haben beides nicht. Also müssen wir es so schaffen.
1. und 2.: Jawohl.
Farnese: Meine Herren ! Es ist ganz einfach – wenn es glückt.
Sprecher: Man geht an die Vorbereitungen. Und da man nicht den zweiten vor dem ersten Schritt tut, schafft man sich erst einmal Platz. Raum sozusagen, Hinterland. Das vorher der Stadt gehörte. Die Truppen werden im Land verteilt, stören hier und stören dort, machen das Leben außerhalb befestigter Stadtmauern unsicher. Man stürmt eine paar kleinere, aber für die Stadt lebensnotwendige Festungen. Doch schon am Fort Lillo, das den Ausgang der Schelde zum Meer bewacht, holt man sich blutige Köpfe.
Bürgermeister: Unsere tapferen Soldaten …
Sprecher: Die Stadt hat einen Bürgermeister, der spricht.
Bürgermeister: … haben in heldenhaftem Kampf dem Ansturm des Feindes gegen unser schönes Fort Lillo getrotzt. Der Feind verlor 2.000 Mann, mindestens. Während in unseren Reihen kaum Verluste zu verzeichnen sind.
Sprecher: Eine Kanone ging nach hinten los, sie war alt und zersprang beim ersten Schuss. Die Kanoniere konnten sich – leider – nicht retten.
Bürgermeister: Diese Schlacht nehmen wir als gutes Omen. Unsere Stadt wird jedem Feind trotzen, was immer er auch vorhat, dem äußeren wie dem inneren.
Sprecher: Das sind gute Worte, optimistische Worte. Sie zeigen den Weg, das Ziel.
Bürgermeister: Ja, Freunde. Ich betone: dem äußeren wie dem inneren Feind. Und ich frage: Sind es nicht gerade jene Kräfte, die uns zu schaffen machen, die im Innern unserer schönen Stadt wirken? Kann uns denn der Spanier wirklich etwas anhaben mit seinen 10.000 Mann, die täglich zusammenschmelzen? Nein, sage ich, und nochmals nein. Der eigentliche Feind ist hier, mitten unter uns.
Hurra-Geschrei. Es lebe der Bürgermeister.
Sprecher: Der kluge Mann baut vor. Alle brüllen, klatschen Beifall. Niemand ahnt, was er meinen könnte. Und außerdem hat man eben einen Sieg errungen. Das Volk lacht, tanzt, amüsiert sich. Die Kneipen und Bordelle haben Hochbetrieb. Der Sieg wird gefeiert. Und wo gefeiert wird, ist auch ein Spielmann zur Stelle.
Spielmann (singt): Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
Hat Gewalt vom großen Gott.
Heut' wetzt er das Messer,
Es schneid't schon viel besser,
In der Kneipe. Unmutslaute, Pfui-Rufe.
Sprecher: Das war klar. Wie kann der Mann einen solchen Fehler machen. Die Leute wollen leben. Je größer die Gefahr, desto toller. Und außerdem war die Gefahr doch gerade abgewendet. Ein neues Lied, ein neues, ein altes, aber ein lustiges.
Spielmann (singt): Drei Würfel, eine Karte,
Das ist mein Wappen frei,
Sechs hübsche Fräulein, zarte,
An jeder Seite drei.
Komm her,du schönes Weib,
Mein Herz freut sich im Leib.
Du musst heut auf mich warten,