Die Braut von Colorado - Cynthia Woolf - E-Book

Die Braut von Colorado E-Book

Cynthia Woolf

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Beschreibung

Sie riskiert alles für das Versprechen einer Familie und ein Ort zu Hause zu nennen macht brechen in die unberührte, westliche region von Colorado-in die Arme eines fremden.

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Die Braut von Colorado

Matchmaker & Co.

Buch 4

Cynthia Woolf

DIE BRAUT VON COLORADO

Copyright © 2019 Cynthia Woolf

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: 978-1-947075-04-7

INHALTSVERZEICHNIS

DIE BRAUT VON COLORADO

Copyright

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Epilog

Über Die Autorin

KAPITEL 1

Samstag, 6. Februar 1875

Golden, Gebiet Colorados

Ben Logan, der seinen besten schwarzen Anzug trug, stand mit Nathan Ravenclaw, seinem Trauzeugen, an seiner Seite vor der Kirche. Er sah hinüber zu all seinen Freunden, die die Kirchenbänke füllten, welche vor ein paar Minuten noch lächelten, aber nun besorgt dreinblickten.

„Sie ist nur ein wenig spät dran.“, sagte er zu Nathan. „Melissa wird bald hier sein. Sie liebt es, einen Auftritt hinzulegen.“

Nathan Ravenclaw war sein bester Freund. Die Tatsache, dass er ein Halb-Arapaho-Indianer war, störte ihn nicht. Die Tatsache, dass jede Frau in der Stadt dachte, dass Nathan der schönste Mann überhaupt war, störte ihn auch nicht. Zum Glück nahm Ella die Blicke, die ihrem Ehemann zugeworfen wurden, recht locker. Ella war selbst eine Schönheit. Ihr Gesicht zierte eine lange Narbe, aber sie war trotz dessen eine sehr schöne Frau. Zusammen gaben sie und Nathan ein prächtiges Pärchen ab.

Nathan legte seine Hand auf Bens Schulter und sagte in einem flachen Ton: „Wenn du meinst, aber sie ist schon über eine halbe Stunde zu spät. Ich denke mal, du wirst das hier absagen müssen, da sie dich versetzt hat. Du kannst ein neues Datum ausmachen, wenn du herausgefunden hast, was mit ihr passiert ist.“

Ben nickte, er war wütend und schämte sich. Melissa hatte ihn zum letzten Mal benutzt. „Du hast recht.“

Er sah zu den Leuten, die die Kirche füllten. All seine Freunde, seine Familie und Geschäftspartner waren dort - auch Leute, die er von früher kannte, als er auf der Ranch außerhalb von Golden aufgewachsen war, die er schon sein Leben lang kannte. Sie alle waren gekommen, um ihm ihre Glückwünsche auszusprechen - an diesem, an seinem Hochzeitstag.

„Es tut mir leid, dass ich euch so lange warten lassen musste. Irgendwas muss mit Melissa geschehen sein. Wir werden die Hochzeit verschieben und euch Bescheid geben. Danke, dass ihr gekommen seid.“

Man konnte das Tuscheln, Flüstern und die schockierten Reaktionen der Leute hören, als sich die Kirche langsam leerte. Einige Leute kamen zu ihm und klopften ihm auf den Rücken.

„Tut mir leid, Ben.“, sagte Caleb Black.

Seine Frau Maggie, die die Gründerin der Heiratsvermittlung Matchmaker & Co war, war an seiner Seite.

„Es tut mir leid, Ben. Es wird ein anderes Mal geben.“

Bens Wut und Scham wuchsen mit jedem Versuch, ihn zu beruhigen. Als die letzte Person die Kirche verlassen hatte, war er kurz davor, überzukochen.

„Mach dir keinen Kopf, Sohn. Melissa wird auftauchen und dann könnt ihr alles verschieben.“

„Nein, Mutter.“ Ben sah seine Mutter an. Ihre stahlgrauen Haare waren zu einem hohen Dutt auf ihrem Kopf zusammengebunden und sie trug ihr bestes Kleid. Doris sah so gut aus wie lange nicht mehr. Sie hatte Melissa immer gemocht. Wie er seine Mutter kannte, hatte sie bestimmt gedacht, dass sie leicht zu manipulieren wäre.

„Das wird nicht passieren. Melissa kann sich einen anderen Trottel suchen, der sie heiratet. Sie hat zum letzten Mal meine gutmütige Art ausgenutzt.“

Ben stolzierte von seiner Mutter weg und aus der Kirche hinaus.

Er lief zu Melissa Haus, pochte an die Tür und als niemand antwortete, drehte er den Türknauf. Sie war nicht abgeschlossen. Ben platzte durch die Tür und machte so viel Krach, wie nur möglich.

„Melissa? Melissa!“

Auf dem Küchentisch fand er einen Zettel mit seinem Namen darauf.

Ben,

Es tut mir leid. Letztlich kann ich doch nicht so einen ignoranten, ungebildeten Mann wie dich heiraten. Ich kann nicht auf dem Land leben und mich im Dreck suhlen. Ich bin ein Stadtmädchen und ich habe mich in einen professionellen Mann verliebt - jemand, der mich auch wirklich glücklich machen kann. Sein Name ist Richard Deveraux und wir sind gegangen, um zu heiraten. Wir sind auf dem Weg nach San Francisco, wo Richard einen Geschäftspartner hat.

Ich wünsche dir ein gutes Leben.

Melissa

Ben würde das nie wieder mit sich machen lassen. Er schwor sich, nie mehr jemanden zu lieben. Nie wieder so verwundbar zu sein und so verletzt werden zu können.

Ben knüllte das Blatt in seiner Faust zu einem Ball zusammen und warf ihn auf den Boden. Dann lief er aus dem Haus und blickte nie mehr zurück. Er überhäufte sich auf seiner Ranch mit Arbeit und versuchte, Melissa zu vergessen. Nur in Momenten, wenn er auf dem Gut seiner Schwester war und sah, wie glücklich Jane mit ihrer Familie war, sehnte er sich nach einer Ehefrau und eigenen Kindern.

Fünf Monate nachdem sie gegangen war, kehrte Melissa ohne Ehemann nach Golden zurück. Ben hatte gehört, dass sie nie geheiratet hatte und dass ihr „Verlobter“ mitten in der Nacht abgehauen wäre.

Ben hatte sie seitdem nicht gesehen und wollte das auch nicht. Alle schienen das zu verstehen - bis auf seine Mutter. Sie drängte ihn förmlich dazu, sich mit Melissa zu versöhnen und sie davon zu überzeugen, ihn nochmal zu heiraten. Er hatte keine Ahnung, wieso sie so hartnäckig bei Melissa war, aber sie war fest entschlossen, dass er diese Hexe heiratete.

In Zeiten wie diesen vermisste er seinen Vater am meisten. Nun war er seit fast zehn Jahren fort. Joseph hatte immer gewusst, wie er mit Doris umgehen musste. Ben hatte seinem Vater an seinem Sterbebett versprochen, dass er sich um Doris kümmern würde. Seine Mutter tat ihm leid und er versuchte, ihr es recht zu machen, wann immer er nur konnte. Sie war eine verbitterte, grantige Frau, die herausgefunden hatte, dass ihr Ehemann sie betrogen hatte. Trotzdem konnte er es seinem Vater nicht übelnehmen. Mit Doris zu leben war genug, einen Mann zum Trinken zu bringen, oder zu Schlimmerem… wo anders Trost zu finden.

Aber Doris ließ Ben keine Ruhe, weshalb er in Janes Haus flüchtete, wann immer er nur konnte.

Es gab keine Chance, dass er Melissa jemals wieder heiraten würde. Sie war also ein Stadtmädchen? Nun, er war schlau genug, zu wissen, dass er kein Stadtmädchen heiraten würde. Niemals.

*****

Samstag, 7. August 1875

Ben liebte seine Nichte und seinen Neffen. Es machte ihm nichts aus, mit der kleinen dreijährigen Jenny Puppen zu spielen und war mehr als glücklich, den sechs Monate alten Henry zu halten, während Jane das Essen zubereitete.

Jane sah vom Herd auf, an dem sie die Soße umrührte, die es zum Braten gab, der auf der Küchentheke stand. Sie hätte Bens Zwillingsschwester sein können. Sie hatte die gleichen dunkelbraunen Haare und blaue Augen, nur sie hatte keine blonden Strähnen, die er bekommen hatte, während er draußen in der Sonne gearbeitet und Wildpferde für die Armee eingeritten oder den Zaun um die 1000 Acre errichtet hatte, die er und Jane geerbt hatten, als ihr Vater gestorben war. Er und Jane kamen beide nach ihrer Mutter. Sein Vater hatte blondes Haar, das sich in ein schönes Silber färbte, als er älter wurde.

Wenn sie eine Schürze über ihr blaues Kleid trug, wie sie es jetzt tat, erinnerte sie ihn an ihre Mutter. Jedoch würde er ihr das niemals sagen, das wäre eine schwere Beleidigung für sie.

„Wieso bist du heute so ruhig?“

Ben stellte die Kaffeetasse, aus der er gerade getrunken hatte, außerhalb der Reichweite von Henry. Das Baby versuchte trotzdem danach zu greifen und klopfte begeistert mit den Handflächen auf den Tisch.

„Ich habe nur darüber nachgedacht, wie sehr ich dich und Court beneide. Du hast diese wundervolle Familie, eine erfolgreiche Ranch und ich merke immer mehr, dass ich dasselbe möchte. Eine Ranch habe ich schon, jetzt brauche ich nur noch eine Ehefrau und Kinder.“

„Einige Frauen in der Stadt würden dich liebend gerne heiraten. Melissa war eben einfach keine von ihnen. Das sollte dich nicht davon abhalten lassen, dein Glück zu finden.“

Ignorant, ungebildet. Ihre Worte gehen mir immer wieder durch den Kopf. Ich muss sie loswerden. Es wird Zeit, dass ich heirate.

Er gab Henry einen Löffel und ließ ihn damit auf den Tisch klopfen. „Sechs Monate sind vergangen und ich habe noch niemanden passendes gefunden. Außerdem will ich nicht, dass mich jemand aus Mitleid heiratet. Ich denke, ich werde mal mit Maggie Black reden.“

Jane ging zum Tisch, nahm ihrem Sohn den Metalllöffel weg und gab ihm einen aus Holz.

„Der ist leiser.“, sagte sie und zeigte auf den Löffel. „Eine Katalogbraut? Aber warum? Wir haben doch auch hier Frauen?“

„Ich möchte das mit dem „Hof machen“ nicht übernehmen. Das funktioniert sowieso nicht, also wozu? Ich möchte einfach nur heiraten und das war’s.“

Sie hob ihre Augenbrauen und rollte mit den Augen.

„Wie romantisch.“

Ben verzog bei dem Sarkasmus seiner Schwester sein Gesicht.

„Ich will nicht noch eine Melissa. Ich will nicht jedes Mal Geschenke mitbringen müssen, wenn ich sie sehe. Ich will nicht mit ihr in die Oper gehen müssen. Ich hasse Opern. Ist das zu viel verlangt?“

„Natürlich nicht. Aber du solltest nicht das, was sie getan hat, dein Bild von allen Frauen beeinflussen lassen. Es gibt jede Menge toller Frauen, sowohl hier, als auch im Rest der Welt.“ Sie wandte sich wieder der Soße zu und rührte weiter.

„Das weiß ich. Ich möchte eine, die weder mich, noch Melissa, noch sonst irgendwen hier kennt. Ich möchte von vorn beginnen.“

„Dann schätze ich mal hast du Recht und du solltest bei Maggie vorbeischauen. Sie hat mit den Pärchen, die sie hier zusammengebracht hat, gute Arbeit geleistet. Sieh dir die Atwoods und die Ravenclaws an und nicht zu vergessen Caleb und Maggie selbst.“

Sie nahm die Pfanne, mit der sie am Herd gekocht hatte und füllte ihren Inhalt in die Sauciere auf der Theke.

„Ich weiß. Deshalb habe ich auch darüber nachgedacht, zu ihr zu gehen.“

„Nun, was immer du auch tust, erzähl Mutter nicht davon. Du weißt, dass sie immer noch denkt, dass du und Melissa wieder zusammenkommen werdet.“

Seine Muskeln spannten sich an. „Nur über meine Leiche.“

„Ich weiß und denk dran, du hast mein Kind in deinen Armen. Werde nicht zu… emotional.“

„Ich passe auf. Henry liebt mich.“ Er hob das Baby hoch und schaukelte ihn von links nach rechts. „Oder nicht, Henry? Du liebst Onkel Ben.“

Er grinste das Baby an.

Das Baby kicherte und sabberte dann auf Bens Gesicht.

Jane lachte.

„Das tut mir leid. Er zahnt und sabbert momentan alles an… inklusive seinen Onkel, so wie es aussieht.“

Sie warf ihrem Bruder ein Geschirrhandtuch zu.

Ben fing es mit einer Hand, trocknete sein und Henrys Gesicht ab, sowie Henrys Faust, die das Baby kurz darauf wieder in seinen Mund steckte.

„Ich weiß nicht, wie du das machst. Sich um Jenny und Henry zu kümmern ist Arbeit genug, aber du erledigst ja auch noch den Haushalt, das Kochen und das Putzen… wie kriegst du das alles hin?“

„Mittagsschlaf.“

„Mittagsschlaf?“ Er war definitiv verwirrt.

„Ja, während sie ihren Mittagsschlaf machen, erledige ich viel von den Koch- und Putzarbeiten.“

„Das macht Sinn.“

„Setz Henry in seinen Hochstuhl. Du kannst ihn füttern, wenn du magst.“

Sie stellte eine Schüssel mit abgekühltem Kartoffelbrei vor Ben auf den Tisch und reichte ihm einen Löffel.

Er setzte das Baby in den Hochstuhl, band die Schnüre um seinen Bauch, damit er nicht runterfiel und stellte das Tischchen vor ihn.

„Okay Henry, bist du ein hungriger Junge?“

Er lud eine kleine Menge Brei auf den Löffel und fütterte das Baby.

„Danke, dass ich hier sein darf. Ich habe es satt Mutter zuzuhören, dass ich doch versuchen soll, Melissa dazu zu bringen, dass sie zurückkommt und mich heiratet.“

Jane schüttelte ihren Kopf.

„Mutters Einstellung, was Melissa betrifft, widert mich an. Wieso sie diese Frau noch immer in der Familie haben will, nach all dem, was sie getan hat, verstehe ich einfach nicht.“

Ben versuchte, Henry das letzte Bisschen Kartoffelbrei aus der Schüssel zu füttern, aber der Kleine schüttelte mit dem Kopf und schloss seinen Mund.

„Schätze mal du bist satt, hm?“

Er klopfte Henry auf den Rücken, um ihn ein Bäuerchen machen zu lassen.

„Ich habe sie gefragt, wieso sie darauf besteht, dass Melissa die einzige Frau für mich ist. Sie hat gemeint, sie mag sie eben. Manchmal ist mir alles einfach zu verrückt und zu viel mit ihr, dann reite ich sogar lieber durch die Gegend und suche nach ausgerissenen Tieren, als nach Hause zu gehen.“

„Was denkst du, was sie tun wird, wenn du eine Katalogbraut mit nach Hause bringst?“

„Was soll sie schon machen? Wenn sie sie das erste Mal trifft, werden wir schon verheiratet sein.“

Jane stellte das Kännchen mit der Soße neben den Kartoffelbrei in die Mitte des Tisches. Daneben stellte sie noch eine Schüssel mit frischem Salat aus dem Garten und einen Teller mit noch warmen Keksen.

„Mutter kann ihr immer noch das Leben zur Hölle machen.“ Sie sah auf und rief: „Court! Abendessen ist fertig.“

Ihr Ehemann kam hinein und hielt Jennys Hand.

„Ich weiß.“ Ben setzte Henry wieder in den Hochstuhl, damit sie alle essen konnten. „Ich werde mein Abendessen mit Mutter verdrücken müssen.“

„Viel Glück dabei.“

Er grinste und reichte dem Baby einen halben Keks.

„Ich hätte Mutter immerhin auch bei dir leben lassen können.“

Sie hob ihre Augenbrauen.

„Was habe ich dir angetan?“

„Du hast geheiratet und bist abgehauen.“

Sie lachte.

„Nun, wo du recht hast…“

*****

Er mochte es, bei Jane zu Besuch zu sein. Mit seiner Schwester alles zu besprechen, war, was er brauchte, um klar über alles nachdenken zu können. Sie standen sich nahe und hatten nur sich selbst, als sie aufgewachsen waren. Sie wurden auf derselben Ranch großgezogen, die sie von ihrem Vater geerbt hatten und die Nachbarn waren so weit weg, dass sie nur sich gegenseitig Gesellschaft leisten konnten.

Nun war sie immer noch seine beste Freundin und seine nächststehende Vertrauensperson. Seitdem er mit ihr geredet hatte, war er sich nur noch sicherer, dass der richtige Weg für ihn eine Katalogbraut war.

Sie lebte im Süden der Stadt Golden und er lebte im Norden und so sahen sie sich nicht allzu oft, außer Ben ging sonntags mit seiner Mutter in die Kirche. Jedenfalls war es ihm aber lieber zu arbeiten, als seine Mutter in den beengten Räumlichkeiten einer Kutsche zu ertragen.

Er liebte dieses Land mit seinen Bergen im Westen und den endlosen grünen Weiten und dem Farmland überall sonst. Es war August, deshalb waren die Wiesen braun, aber die Felder waren immer noch mit Wildblumen besprenkelt, auch wenn dies einer der trockensten Monate war. Er sah zum Himmel hinauf, der so blau war, dass er dachte, dass dies nur ein Land Gottes sein konnte. Wie konnte jemand nur lieber eine Stadt bevorzugen?

Ben ritt in die Scheune und kümmerte sich um sein Pferd Apollo. Jane hatte zu der Zeit, als das Fohlen geboren wurde, Bücher über griechische und römische Mythologien gelesen und war fasziniert von den Namen der Götter. Sie war diejenige, die ihn Apollo getauft hatte. Ben hatte darüber nachgedacht, seinen Namen zu ändern, als das Pferd seins wurde, aber er wollte die Gefühle seiner Schwester nicht verletzen. Er lächelte jedes Mal, wenn er an den Namen seines Pferdes dachte.

Als er zum Haus lief, war die Dunkelheit über die Rocky Mountains bereits eingebrochen. Hoffentlich war seine Mutter schon in ihrem Zimmer. Er wollte ihr nicht erklären müssen, wieso er ohne sie zu Jane gegangen war.

„Ben? Benjamin!“

Doris Logan rief aus dem Wohnzimmer.

Ben hängte seinen Mantel an den Kleiderständer in dem Kämmerchen unter der Treppe und ging zu seiner Mutter, um mit ihr zu reden.

„Wieso bist du nicht im Bett, Mutter?“

„Ich bin aufgeblieben, um mit dir zu reden. Es ist noch was vom Essen da, falls du Hunger hast.“

„Nein danke. Ich habe schon gegessen.“

Sie verzog ihr Gesicht und sah auf die Uhr. „Wo warst du, dass du so spät nach Hause kommst? Es ist fast neun Uhr.“

„Ich habe bei Jane vorbeigeschaut, nachdem ich in der Stadt fertig war. Sie hat mir Abendessen gemacht und wir haben geredet.“

„Worüber geredet?“

Er seufzte. Es war hoffnungslos darum herumzukommen, es ihr zu erzählen. Früher oder später musste sie es sowieso erfahren, aber er hatte gedacht, er würde damit noch eine Weile warten können.

„Du weißt schon, Geschwisterkram.“

„Zum Beispiel?“

Ben fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Sie gab nicht auf.

„Wenn du es wirklich wissen musst, wir haben darüber geredet, dass ich heiraten will.“

Seine Mutter legte ihr Buch in ihren Schoß. Sie lächelte zu ihm hinauf, unbedacht über ein paar ihrer fehlenden Zähne, aber ihre blassblauen Augen waren noch immer scharf und ihnen entging nichts. Ihr Haar, das nicht länger dunkelbraun wie seines und Janes war, sondern ein kaltes stahlgrau, war gewöhnlich zu einem strengen Dutt in ihrem Nacken zusammengebunden, aber heute hatte sie sie geflochten und ließ den Zopf über ihre linke Schulter fallen, der ihr fast bis zur Hüfte ging.

„Endlich hörst du auf meinen Rat und nimmst Melissa zurück.“

„Nein, Mutter. Und nun genug davon. Ich will es dir nicht nochmal erklären. Ich werde Melissa nie, nie wieder zurücknehmen. Es ist mir egal, wie sehr du sie gemocht hast. Ich werde sie niemals heiraten, ob sie nun ihre Meinung ändert, oder nicht. Selbst, wenn sie die letzte Frau auf Erden wäre, würde ich sie nicht heiraten. Verstehst du das?“

Doris Logan war schlau genug, um niedergeschlagen zu wirken, aber Ben war nicht naiv genug, um zu glauben, dass sie auch wirklich ihre Klappe halten würde.

Sie schloss das Buch in ihrem Schoß und stand auf.

„Wenn du so eine Einstellung hast, dann werde ich lieber gehen.“

„Gut. Denn ich werde bei dieser Einstellung bleiben. Ich habe dich gewarnt. Ich werde es nicht länger erdulden, dass Melissa in diesem Haus weiterhin erwähnt wird.“

„War das alles?“

Es war gelogen, zu behaupten, dass ihn das Leid in ihrer Stimme nicht wahnsinnig schlecht fühlen ließ, aber er musste stark bleiben. Er wusste, dass das nur eine Mitleidsnummer war, um ihn dazu zu bekommen, seine Meinung zu ändern.

„Ja. Das war alles.“

„Dann gute Nacht.“

Er fuhr sich mit der Hand über den Nacken.

„Gute Nacht, Mutter.“

Sie blieb vor ihm stehen und hielt ihm ihre Wange für ihren üblichen Kuss hin.

Den gab er ihr auch, das tat er immer und das würde er auch immer. So sehr er sie auch verrückt machte, war sie immer noch seine Mutter.

Nachdem sie weg war, ging er den Flur hinunter in sein Arbeitszimmer. Dort lag eine Flasche Kentucky Bourbon und heute Abend hatte er sich ein halbes Glas davon verdient, bevor er ins Bett ging.

Er goss die klare, karamellfarbene Flüssigkeit in ein kurzes Glas, setzte sich hin und überschlug seine Füße mit den Stiefeln auf dem Schreibtisch.

Morgen werde ich bei Maggie vorbeischauen. Je eher sie anfängt, desto eher wird meine Braut hier sein und desto eher werde ich eine Familie haben.

Das wird sehr wahrscheinlich eine ganze Weile dauern. Du musst ihr Zeit geben, dich kennenzulernen, sprach sein Gewissen.

Das stimmt, aber ich muss mich um den Papierkram kümmern. Selbst, wenn ich morgen anfange, wird bestimmt ein Monat oder mehr vergehen, bevor ich eine Braut habe und das auch nur, wenn man davon ausgeht, dass Maggie direkt jemanden für mich findet.

Er trank einen Schluck von seinem Drink. Wonach suchte er in einer Ehefrau? Das würde Maggie ihn sicher fragen. Aus der Schreibtischschublade nahm er ein Blatt Papier und schrieb dann die Dinge auf, von denen er dachte, dass sie für seine Braut wichtig waren.

Ben kippte den letzten Schluck aus seinem Glas hinunter, stellte es auf den Tisch und ging nach oben. Es würde schwer werden einzuschlafen, wenn sein Kopf keine Ruhe gab. Hoffentlich würde der Whiskey anfangen seine Wunder zu wirken und ihn entspannen.

Als er in sein Zimmer kam, zog er sich aus und schlug die Bettdecke auf. Ben hielt nichts von Schlafkleidung. Er mochte das Gefühl der kalten Bettwäsche auf seiner Haut. Seine Ehefrau würde auch keine Nachtwäsche haben. Er wollte die Frau in seinen Armen halten und ihre Haut und ihre Wärme an sich spüren können. Wollte ihren weichen Körper streicheln und berühren.

Ben hoffte, dass seine neue Braut schön anzusehen war, aber wenn sie alles andere hatte, was er brauchte, war ihr Aussehen das Letzte, was ihn interessierte. An erster Stelle wollte er eine Frau, die eine gute Mutter und Ehefrau sein würde. Eine, der es gefallen würde, auf dem Land zu leben… eine, die kein Stadtmädchen war.

*****

Montag, 9. August 1875

Ben öffnete die strahlend blaue Tür zum Büro von Matchmaker & Co. Maggie Black, die Inhaberin, hatte es eben erst am neuen Standort an der Zwölften Ecke Washington Street in Golden eröffnet. Als er die Tür öffnete, klingelte eine Glocke und verkündete sein Eintreten.

Maggie saß hinter dem einzelnen Schreibtisch im hinteren Teil des Raumes. Zwischen ihm und dem Tisch war ein Sitzbereich mit einem Sofa und zwei Sesseln, die alle drei ein blaues Blumenmuster zierte. Maggie, die ihre feurig roten Haare zu einem Zopf zusammengebunden hatte, sah auf, als er hineinkam.

„Oh, Ben Logan. Wie geht es dir?“

Sie stand auf und ging um den Tisch herum.

„Komm doch herein und setz dich auf die Couch. Da ist es bequemer.“

Ben setzte sich nach Maggie auf das Sofa, legte seinen Fuß über sein Knie und nahm seinen Hut ab.

„Hi Maggie. Ich bin heute hier, um dich wegen einer geschäftlichen Sache zu sehen. Ich möchte eine Katalogbraut.“

„Natürlich, Ben. Dabei kann ich dir helfen. Tatsächlich habe ich mich schon gefragt, ob ich dich nach der Sache mit Melissa wohl vielleicht sehen würde.“

Sie stand auf und ging zu ihrem Schreibtisch.

„Lass mich kurz Block und Stift holen, damit ich mir aufschreiben kann, wonach du in einer Frau suchst.“

„Darüber habe ich letzte Nacht nachgedacht und eine Liste vorbereitet.“ Ben war froh, dass er sich gestern die Zeit dafür genommen hatte und für heute vorbereitet war.

„Schön. Gut vorbereitete Männer sehe ich gerne. Dann lass mich mal hören.“

Er nahm das Blatt Papier aus seiner Tasche und faltete es auf.

„Sie muss treu sein. Meine Mutter lebt bei mir und sie ist nicht gerade die netteste Frau, also wird meine Braut auf jeden Fall Geduld brauchen. Sie sollte kochen und putzen können und alles, was sonst noch nötig ist, um einen Haushalt zu führen. Wenn sie sich mit Ranching oder Viehzucht auskennt, wäre es von Vorteil, aber das kann ich ihr auch beibringen. Es wäre toll, wenn sie hübsch wäre, aber das ist keine Voraussetzung. Jedoch würde es das einfacher machen, die Ehe zu vollziehen, wenn sie nicht hässlich ist. Hauptsächlich möchte ich aber kein Stadtmädchen oder eine, die nicht außerhalb der Stadt leben möchte.“

Maggie lachte. „Die meisten meiner Gentlemen geben „gutaussehend“ als ihre erste Bedingung an, nicht als letzte. Dann muss ich ihnen erklären, dass nicht alle meine Damen als schön empfunden werden, auch wenn es viele von ihnen sind. Klienten sollten nicht nur Schönheit von einem Partner erwarten, sondern grundlegende Dinge, die für eine lange Ehe sorgen werden – wie zum Beispiel Bildung, Hobbies, Interessen, Abneigungen und letztlich vielleicht sogar Liebe. Das sind die Dinge, die eine Ehe stärken und festigen.“

Ben nickte. „Da stimme ich zu… nun, bei allem bis auf die Sache mit der Liebe. Ich werde nie wieder jemanden so lieben, wie ich Melissa geliebt habe. Ich suche nach einer Frau, mit der ich alt werden kann, Maggie.“

Ben übergab ihr die Liste.

Sie legte die Liste und ihren Block auf den Couchtisch vor dem Sofa.

„Ich bin froh, das zu hören, Ben. Ich werde die Informationen meiner Assistentin Sally Wyatt an unser Büro in New York schicken. Mach dir keine Sorgen. Sally macht ihre Arbeit gut. Und ich werde mich auch in Denver und Pueblo umhören.“

„Es wäre mir lieber, wenn die Frau aus New York kommen würde, dann gibt es keine Möglichkeit, dass sie von meiner fast-Ehe mit Melissa wissen könnte. Gibt es Frauen im Büro in New York, die auf einer Ranch leben wollen oder etwas über das Ranchen oder die Viehzucht wissen?“

„Wir kriegen auch Mädchen, die vom Land kommen und nach Ehemännern suchen. Sally und ich werden die passende für dich finden.“

„Wie lange wird es dauern, bis ich weiß, ob du eine Frau für mich gefunden hast?“

„Normalerweise sollten wir in ein oder zwei Wochen eine Braut finden können, aber ich werde Sally bitten, dich mit Priorität zu behandeln.“

„Danke dir, Maggie. Das schätze ich wirklich sehr.“ Er entspannte sich und lehnte sich auf dem Sofa zurück. „Wie sieht es mit den finanziellen Regelungen aus?“

„Gerne doch, Ben. Wegen dem Finanziellen – du wirst für ihre Reise aufkommen müssen, auch für beide, wenn ihr euch entscheidet, nicht zu heiraten. Du musst ihr auch angemessene Kleidung und eine Unterkunft stellen, wenn sie hierherkommt, bis zu zwei Monate in einem Hotel.“

„Ich hatte nicht gedacht, dass es so teuer wird.“

„Du investierst in deine Zukunft, Ben. Erwarte nicht, dass das billig wird. Nun, wieso kommst du nicht zum Essen in der Mittagszeit nach der Kirche am Sonntag bei mir vorbei?“

„Das würde ich gerne, aber ich muss meine Mutter zur Kirche bringen.“

„Du kannst deine Mutter immer mitbringen.“

Ben merkte, dass Maggie nur höflich war. Niemand wollte seine Mutter als Gast beim Mittag- oder Abendessen haben.

„Danke Maggie, das ist nett von dir, aber ich werde ein andermal auf dein Angebot zurückkommen.“

Er musste fast lachen. Sie gab sich Mühe, ihren Gesichtsausdruck neutral zu halten, aber ein kleiner Funken Erleichterung war trotzdem zu sehen.

„Nun, das Angebot steht dir immer offen. Ich werde den Brief morgen mit der Post an Sally schicken und ihr per Telegramm Bescheid geben, dass sie loslegen soll, dir eine Braut zu suchen.“

Er fragte sich, ob die Kosten für das Telegramm auch auf seine Rechnung gehen würden.

„Wie kannst du es dir leisten, ein Telegramm zu schicken? Die sind wahnsinnig teuer.“

Sie winkte mit ihrer Hand ab. „Ich schicke ihr nur die Stichworte, nach denen wir suchen. In deinem Fall sind das treu, nett, geduldig, kochen, putzen. Das wird ihr für den Anfang reichen. Sie wird damit anfangen, alle auszuschließen, die nicht kochen können und dann jede Eigenschaft abgehen.“

„Woher will sie wissen, ob jemand treu oder geduldig ist?

„Sally hat sich bereits mit allen potentiellen Kandidatinnen unterhalten. Zu jeder Frau hat sie sich Notizen für die Akte gemacht und ihr Einschätzungsvermögen ist sehr gut.“ Maggie hob eine Augenbraue. „Fast so gut wie meins.“

Dann lächelte sie.

„Mach dir keine Sorgen, Ben. Wir werden die perfekte Braut für dich finden.“

Erleichterung überkam ihn und Ben stand auf.

Maggie lief zurück zu ihrem Schreibtisch.

Ben folgte ihr.

„Ich brauche einen Teil des Geldes, um anfangen zu können. Das wären fünfzig Dollar für ihre Kleidung und weitere fünfzig Dollar für ihre Reise hierher mit dem Zug. Falls zusätzliche Kosten anfallen sollten, werde ich dir eine Rechnung schicken. Ich brauche noch deine Unterschrift auf diesem Vertrag, der belegt, dass du Matchmaker & Co beauftragt hast, eine Braut für dich zu suchen und dass du für alle damit verbundenen Kosten, sowie für die Heiratsvermittlungsgebühr in Höhe von fünfundsiebzig Dollar, aufkommst. Während du das machst, stelle ich dir eine Quittung für die einhundert Dollar aus.“

Ben überreichte ihr das Geld aus der Geldklammer, die er bei sich trug. Zum Glück war er zur Bank gegangen, bevor er hierhergekommen war.

„Ist das alles, was du von mir brauchst?“

„Ja, fürs erste. Das und den Willen, uns zu vertrauen, dass wir dir die richtige Braut finden. Wenn sie ankommt, sage ich ihnen für gewöhnlich, dass sie bis zu zwei Monate Zeit haben, um den potentiellen Ehemann kennenzulernen, bevor sie heiraten. Die meisten meiner Mädchen warten nicht mal eine Woche. Sie sind in den Westen gereist, um zu heiraten und genau das ist es, was sie auch so bald wie möglich tun wollen. Ich will nur, dass du weißt, dass die Frau das Recht hat, zwei Monate zu warten. Wenn sie die Vermittlung ablehnt, bist du finanziell für nichts mehr zuständig. Wenn du die Vermittlung ablehnst, bist du immer noch verpflichtet, alle aufkommenden Kosten zu übernehmen.“

„Danke. Das werde ich mir merken.“

„Wenn ich ein Mädchen auf den Weg schicke, werde ich mich bei dir melden und dir Informationen zu ihr geben und Bescheid sagen, wann sie ankommt. Mein Vorschlag ist, dass du zwei Zimmer in einem netten Hotel in Denver nimmst und dich darauf vorbereitest, in derselben Woche noch den Richter zu sehen. Du kannst dem Richter dann immer noch absagen, wenn es sein muss.“

„Das mache ich. Richter Hank Sloan ist ein Freund von mir. Ich werde ihn dann kontaktieren.“

„Gut. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit.“

„Ich habe so lange gewartet. Ich glaube, jetzt kann ich auch noch ein wenig länger aushalten. Dankeschön, Maggie. Bis bald.“

„Tschüss, Ben.“

Er ging und spürte, wie eine große Last von ihm abfiel. Bald schon würde er eine Ehefrau haben.

KAPITEL 2

Mittwoch, 1. September 1875

Mrs. Eugenia Slidell war offensichtlich außer sich. Sie hatte Emily Loring in die Bücherei gerufen und Emily wusste, dass niemand in die Bücherei gerufen wurde - außer, um gekündigt zu werden.

„Packen Sie Ihre Sachen und schaffen Sie Ihren fetten Hintern aus meinem Haus!“

Die Frau bebte vor Wut, als sie auf die Tür zeigte.

„Verschwinden Sie aus diesem Haus und erwarten Sie keinen Brief von mir, außer, um jemanden zu warnen, dass Sie ein Flittchen und nicht für den Umgang mit Kindern geeignet sind.“

Mit einer Hand vor dem Mund hörte Emily ihr zu. Wie konnte das sein? Sie war diejenige, die schlechtgeredet wurde.

Sie ging auf die wütende Frau zu, um zu versuchen, sie dazu zu bringen, zur Vernunft zu kommen.

„Mrs. Slide, ich habe nichts Falsches gemacht. Ihr Ehemann hat mich angegriffen.“

Eugenia stampfte mit dem Fuß und zeigte erneut auf die Tür.

„Seien Sie nicht albern, Sie dreckige kleine Hure. Sie haben versucht, ihn zu verführen.“

„Niemals! Er widert mich an.“

Emily wusste augenblicklich, dass sie einen großen Fehler begangen hatte. Diese Frau liebte ihren schäbigen Ehemann offensichtlich und dachte, dass das auch jede andere Frau tun würde.

„Vor ein paar Minuten schien er Sie aber noch nicht anzuwidern, als ich gesehen habe, wie Sie Ihre Finger nicht von ihm lassen konnten. Ich werde darüber nicht weiter diskutieren. Verlassen Sie unverzüglich dieses Grundstück.“

„Ich hatte meine Finger ganz bestimmt nicht an ihm. Ich habe mit ganzer Kraft versucht, ihn von mir wegzuschieben.“

Emily richtete sich auf. So würde sie sich nicht behandeln lassen.

„Nun gut, ich werde gehen, sobald Sie mich für die Arbeit dieses Monats bezahlen.“

„Nach Ihrem Verhalten erwarten Sie noch bezahlt zu werden?“

„Ja das tue ich, ansonsten werde ich jeder Hauslehrerin, die ich kenne, von Ihrem Ehemann erzählen und Sie werden nie mehr eine finden.“

Die Frau verblasste bei der Aussage, dass jemand schlecht über ihren Ehemann oder sie reden würde.

„Nun gut. Packen Sie Ihre Sachen und kommen Sie zur Bücherei, bevor Sie gehen.“

„Ich möchte mein Gehalt in bar. Ein Bankscheck wird mir nichts bringen, wenn Sie sich dazu entscheiden, dass Ihre Bank die Auszahlung verweigern soll.“

Mrs. Slidell nickte.

Emily verließ das Zimmer mit erhobenem Kinn und lief in das Schlafzimmer im zweiten Stock. Sie hatte nicht viel zu packen. Zwei Kleider, beide in grau, genau wie das, das sie momentan trug. Zwei Korsetts, drei paar Unterhosen, drei Unterhemden, Strümpfe, ihr Nachthemd und der Morgenmantel. Sie trug das einzige paar Schuhe, das sie besaß. Feste Stiefel, die ihr eine lange Zeit halten würden.

Außerdem besaß sie einen neuen, schwarzen Wollmantel, den sie sich von ihrem letzten Gehalt gekauft hatte. Mit dem Geld, das sie heute bekam, hatte sie insgesamt fünfzig Dollar. Nicht viel, wenn man bedachte, dass ihre Aussicht auf Arbeit quasi nicht existent war.