Zach, Schicksal in Deadwood, Buch 3 - Cynthia Woolf - E-Book

Zach, Schicksal in Deadwood, Buch 3 E-Book

Cynthia Woolf

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Beschreibung

Zach Anderson ist ein verzweifelter Mann. Er muss einen Mörder finden, bevor der Mann seine ganze Familie zerstört. Außerdem muss er Lily Sutter - die Frau, die er liebt - davon überzeugen, dass sie ihn auch liebt und ihn heiratet.
Keine der beiden Aufgaben stellt sich als einfach heraus.
Lily Sutter ist eine Sünderin. Da kann man jeden in Deadwood fragen. Sie hat ein uneheliches Kind bekommen und streitet das nicht ab. Sie wurde damals von einem Mann verführt und verlassen und weigert sich, das nochmals passieren zu lassen. Die Tatsache, dass Zach ihr Blut zum Kochen und ihr Herz zum Rasen bringt, wenn er nur in ihrer Nähe ist, hat damit absolut nichts zu tun.

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Zach

Schicksal in Deadwood

Buch 3

Cynthia Woolf

Zach

Schicksal in Deadwood

Copyright © 2014 (English version) © 2019 (German version) – Cynthia Woolf

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN-13: 978-1-950152-16-2

TABLE OF CONTENTS

ZACH

Copyright

Widmung und Danksagungen

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Epilog

Über Die Autorin

WIDMUNG

Für meinen wundervollen Ehemann Jim. Du unterstützt mich und gibst mir die Chance, meine Träume zu verwirklichen. Ohne dich könnte ich all das nicht machen. Ich liebe dich mehr, als Worte es je ausdrücken könnten.

DANKSAGUNGEN

Danke an meine Kritikpartnerinnen Michele Callahan, Karen Docter, Jennifer Zane und Kally Jo Surbeck. Mit euch kann ich meine Ideen austauschen und ihr brainstormt mit mir, wenn ich eine Schreibblockade habe. Ich bin jedem von euch so dankbar.

Vielen Dank auch an meine Lektorin Linda Carroll-Bradd. Mit deiner Hilfe sind meine Geschichten so viel vollständiger, abgerundeter und einfach viel besser.

PROLOG

2. April 1876

St Louis, Missouri

Das Eisen, das Zach Anderson seinem kleinen Bruder in den Rücken drückte, war kalt in Zachs Hand. Dass er zu dieser Taktik greifen musste, um Jake dazu zu bekommen, mit ihm mitzukommen, nervte ihn höllisch. Der Regen, der vom Nachthimmel fiel, machte es auch nicht besser.

„Klopf an der Tür“, befahl Zach, während er den Waffenlauf leicht in Jakes Rücken drückte und von Minute zu Minute wütender wurde.

Jake tat, was von ihm verlangt wurde und klopfte laut genug an der Haustür, damit man es über das Prasseln des Regens hören konnte.

„Was zur Hölle?“, sagte sein ältester Bruder Liam, als er ihnen öffnete. „Jake? Zach? Was macht ihr beiden hier? Es ist mitten in der Nacht.“

Zach knurrte hinter Jake: „Lässt du uns jetzt rein oder sollen wir die ganze Nacht hier draußen im Regen stehen?“

Liam trat zur Seite und ließ sie hinein. „Zach, steck deine Waffe weg.“

„Kann ich nicht, bis der hier drinnen ist und wir mit dir geredet haben.“

Zach lief hinter Jake in den Eingangsbereich des Hauses in St. Louis, das seinem ältesten Bruder gehörte. Beide von ihnen hinterließen mit jedem Schritt kleine Wasserpfützen auf dem Boden.

Koffer und Reisetaschen standen links und rechts am Rande des Gangs zum Wohnzimmer.

„Tut mir leid, dass ich dir das antun muss, Liam. Ich weiß, dass du morgen gehst“, sagte Zach.

„Ja, bei Morgenanbruch. Bevor ihr anfangt, lasst mich euch erst einmal ein paar Handtücher holen.“

Liam verließ den Raum für ein paar Minuten. Zach und Jake schwiegen sich an – so war es auch in den letzten vierundzwanzig Stunden gewesen, seitdem sie Blackwater in Missouri verlassen hatten.

Liam kam mit zwei Handtüchern wieder zurück. „Und jetzt sag mir, was hier los ist und warum du Jake mit vorgehaltener Waffe hierhergebracht hast.“

Liam stand dort in seinem Schlafanzug, einem Bademantel und Schlappen vor ihnen; trotzdem dachte Zach nicht, dass er seinen großen Bruder aufgeweckt hatte. Liam war zu wach, um geschlafen zu haben. Selbst mit seinen Stiefeln waren Liam und Jake beide gut zehn Zentimeter größer als Zach mit seinen einsdreiundachzig. Beide seiner Brüder waren ordentlich stark, schlank und muskulös; Zach war nicht ganz so schlank wie die beiden.

„Nur so habe ich ihn dazu bringen können, hierherzukommen.“ Zach rieb sich mit dem Handtuch über seinen nassen Kopf und sah, wie Jake dasselbe tat.

„Und?“ Liam fuhr sich mit seiner Hand über den Kiefer. „Lass mich dir die Geschichte nicht Wort für Wort aus der Nase ziehen, kleiner Bruder. Erzähl mir einfach, wo das Problem liegt.“

Von Jake und Zachs Mäntel tropfte Wasser auf den Holzfußboden. Er muss die Teppiche wohl schon eingepackt haben. „Tut mir leid für diese Sauerei“, sagte Zach. Er nahm seinen Mantel und seinen Hut ab und warf sie auf eine der Kisten.

Jake tat es ihm gleich, während Wasser von seinem blonden Haar ihm auf die Schultern tropfte. Er rieb kräftig mit dem Handtuch darüber.

Sie folgten Liam in das Wohnzimmer. Zach konnte noch immer Marys weibliche Note in der Einrichtung des Hauses erkennen, obwohl sie nun seit zwei Jahren nicht mehr unter ihnen war.

Liam zeigte auf die beiden Sessel vor dem Feuer, ging dann zum Kamin und brachte die kaum noch glimmenden Kohlen erneut zum Lodern. Er legte einen Scheitel Holz auf die winzige Flamme, bevor er sich umdrehte und sich ihnen wieder zuwandte. „Jake. Du zuerst“, sagte Liam.

Zach zuckte zusammen, als er Liams ihm bekannten Ton hörte, der keine Diskussion zuließ.

„Ich habe einen Hauptmann der Armee getötet“, sprach Jake. Er hielt sich an der Stuhllehne fest und blieb stehen.

„Warum hast du so etwas Dummes getan?“, fragte Liam.

Jake zuckte mit den Schultern. „Ich hatte keine Wahl.“

„Man hat immer eine Wahl“, beharrte Liam und fuhr sich mit seinen Händen durch sein Haar, wodurch es von seinem Kopf abstand.

Zach steckte seine Waffe weg, setzte sich hin und hielt seine eiskalten Hände vor das Feuer. Er sah Liams Geste und wusste, sich mit den Händen durch die Haare zu fahren war etwas, das alle drei der Brüder taten, wenn sie frustriert waren. „Nein, hat man nicht“, sprach er. „Es gab einen Grund dafür, aber er hat den Mann trotzdem getötet.“

„Verdammt noch mal, Jake. Dafür werden sie dich verfolgen und erhängen.“ Liam war siebzehn Jahre lang als Oberleutnant bei der Armee gewesen. Er kannte sich mit der Militärsjustiz aus.

„Dieser Hurensohn hatte es verdient, zu sterben. Und sobald ich kann, werde ich diesen anderen Bastard auch umbringen.“

„Er gehört mir“, zischte Zach und spannte seine Kiefermuskeln an.

„Wer?“

„Dieser Oberst“, platzte es aus Zach heraus.

„Mein Gott! Ihr beiden erzählt mir jetzt besser mal, was hier los ist – und zwar von Anfang an.“

Jake begann, auf und ab zu laufen. Er schluckte schwer und atmete tief durch.

Jake beobachtete die Bewegungen seines Bruders und wusste, dass er diesen Moment, in dem er Elizabeth verloren hatte, nicht erneut durchleben wollte, aber er wusste auch, dass Jake das musste. Für Liam. Damit er es verstand.

„Ich bin zu Elizabeth gegangen, um mich wie jeden Tag mit ihr zu treffen, damit wir uns ein paar Minuten sehen konnten.“ Seine Stimme zitterte; er hielt inne, sammelte sich und fuhr dann fort: „Ihre Mutter und ihre Tante hatten sie mit der Hochzeitsplanung beauftragt, also haben wir uns meistens nicht sehr lange sehen können.“

„Als ich dort angekommen bin, habe ich einen Schuss aus dem Haus gehört. Ich bin zur Tür gerannt, aber das verdammte Ding war abgeschlossen und deshalb musste ich sie eintreten. Dadurch habe ich kostbare Zeit verloren. Als ich im Wohnzimmer angekommen bin, waren zwei Männer über Elizabeth gestanden. Ihr Gesicht war blutverschmiert, ihr Kleid war zerrissen und ihr Rock zu ihrer Hüfte hinaufgeschoben. Der, der die Pistole gehalten hat, war ein Oberst und der andere war Longworth, ein Hauptmann. Beide komplett in Uniform. Dieser dreckige Hauptmann hat gerade seine Hose aufgeknöpft, als ich hineingekommen bin. Ich habe ihn auf der Stelle erschossen.“ Jake blieb stehen. Sein ganzer Körper zitterte. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, seine Knöchel ganz weiß.

„Mit der Sekunde, als der Oberst mich gesehen hat, ist er zur anderen Tür, die zur Küche führt, gerannt. Ich bin ihm gefolgt, aber er saß schon auf seinem Pferd und war davongeritten, als ich bei der Hintertür angekommen war.“

Er holte mehrere Male tief Luft, um seine Tränen zu verdrängen, bevor er fortfahren konnte.

Zach sah Liam an und merkte, wie sein Blick sich mit Mitleid füllte. Zach fühlte genauso, aber wusste, dass Jake zu Ende erzählen musste, selbst, wenn er nun so klang, als ob er eine Geschichte rezitierte. Zach dachte, dass das anscheinend die einzige Möglichkeit war, wie er das Ganze durchstehen konnte.

„Ich bin zurück zum Wohnzimmer gegangen und habe gesehen, dass der Hauptmann tot war. Dann bin ich sofort zu Elizabeth geeilt und habe mich neben sie gekniet. Dieser verfickte Oberst hatte ihr in die Brust geschossen, aber sie hat noch geatmet. Dann hat sie ihre Augen geöffnet und in ihrem Blick lag panische Angst, bis sie erkannt hat, wer ich bin.“ Seine Stimme bebte und er legte seinen Kopf in den Nacken, um an die Decke zu starren.

Zach wusste, dass die Erinnerungen noch zu frisch und zu schmerzhaft waren. Ihm pochte vor Wut das Blut in den Adern, weil er mit Jake mitfühlte.

„Jake, hat sie zu mir gesagt, Ich habe versucht sie aufzuhalten…ich habe es versucht. Und ich habe zu ihr gemeint: Alles wird gut. Ist schon ok. Während ihr Tränen über ihre Wangen gelaufen sind, hat sie zu mir gesagt: Ich habe es versucht… versucht, sie aufzuhalten… versucht, John aufzuhalten, aber… und ihre letzten Worte waren kaum noch ein Flüstern, als sie gemeint hat: Ich liebe dich, Jake.“

Zach konnte sich nicht vorstellen, was er fühlen musste. Das musste so unglaublich schwer für ihn sein.

Jake richtete sich auf und sah Liam an. „Dann hat sie ihre Augen geschlossen und ist nach ihrem letzten Atemzug in meinen Armen gestorben. Wie lange ich sie im Arm gehalten habe, weiß ich nicht. Schließlich habe ich sie dann irgendwann auf das Sofa gelegt. Ich bin zurück zum Hauptmann gegangen und habe seine Taschen durchsucht, um alles über ihn herauszufinden, was ich konnte.“

„Nachdem er seine Leiche unzählige Male getreten hat“, unterbrach Zach ihn.

„Der Hauptmann war John Longworth. Laut seinen Papieren war er auf Fort Leavenworth stationiert. Elizabeth war mit ihm verlobt gewesen, bevor wir uns ineinander verliebt hatten und sie hatte ihn verlassen, um mich zu heiraten“, sprach Jake.

Liam wandte sich an Zach. „Wurdest du nicht auch dorthin zugewiesen?“

„Das war ich“, antwortete Jake zähneknirschend.

„War?“

Liam hob seine Augenbrauen so, dass Zach wusste, dass er sich erklären sollte.

„Lass den Jungen seine Geschichte zu Ende erzählen. Dann komme ich zu meiner.“

Liam nickte. „Fahr fort, Jake.“

„Ich wusste nicht, was ich tun sollte, aber ich dachte, dass es das Richtige wäre, den Sheriff zu holen. Ich habe ihr erklärt, was ich gesehen und was ich getan habe. Dann bin ich zu Bürgermeister Greens Büro gegangen und habe ihm ebenfalls davon berichtet. Er hat jemanden zu Tante May losgeschickt, um Elizabeths Mutter abzuholen. Ich wollte nicht, dass Mrs. Green nach Hause kommt und das ganze Chaos und Elizabeth so vorfindet…“ Er schloss seine Augen, ließ seinen Kopf hängen und atmete tief durch.

„Danach bin ich wieder zu ihrem Haus gegangen. Der Sheriff hatte bereits den Bestatter veranlasst, die Leichen abzuholen. Da Elizabeth weg war, gab es keinen Grund mehr für mich dort zu bleiben, also bin ich gelaufen und gelaufen.“

Er ging auf und ab, als ob er nach dem Mord noch immer lief.

„Ich bin die ganze Nacht umhergewandert, bis ich irgendwie irgendwann wieder zu Hause angekommen war. Der Sheriff ist am Morgen zu meinem Haus gekommen; sie hat mein Pferd mitgebracht und meine Aussage nochmal aufgenommen. Dann habe ich herausgefunden, dass es noch eine andere Version von dem, was passiert ist, gibt. Dieses Arschloch, das davongekommen ist, war Richard Jordan. Er hat Elizabeths Vater erzählt, dass ich sie in einem betrunkenen Wutanfall vergewaltigt und getötet habe und den Hauptmann erschossen habe, als er versucht hat, mich aufzuhalten. Zu meinem Glück hat der Sheriff ihm nicht geglaubt, da ich gleich zu ihr gekommen bin und sie wusste, dass ich nicht betrunken war und an niemandem meine Wut ausgelassen habe außer an den Hurensöhnen, die ihr das angetan haben.“

Sein kleiner Bruder sackte auf einem Sessel zusammen; seine Beine konnten ihn anscheinend nicht mehr länger tragen, nachdem er diese ganze blutige Sache erneut durchleben musste.

„Und da komme ich ins Spiel“, sagte Zach. „Der Oberst hatte das Fort besucht. Longworth war ein alter Freund von ihm, wie sich herausgestellt hat. Oberst Jordan hatte mich und meine Einheit angewiesen, mit ihm mitzukommen, um Jake zu verhaften. Er wusste nicht, dass Jake mein Bruder ist und ich wusste nicht, dass die Person, die er verhaften wollte, Jake war, bis wir vor seinem Haus standen. Oberst Jordan ist fest entschlossen, Jake erhängen zu lassen, um seine Kariere und sein eigenes Leben zu schützen. Er will, dass Jake vor dem Militärgericht wegen Mordes angeklagt wird. Um es aber kurz zu halten, habe ich den Oberst niedergeschlagen, meine Männer haben weggesehen, ich habe mir Jake geschnappt und bin gerannt. Jetzt sind wir beide hier und auf der Flucht vor dem Gesetz. Wenn sie uns schnappen, werde ich dafür vors Gericht gezogen, dass ich einen ranghöheren Offizier angegriffen habe und noch dazu wegen Desertion. Jake wird wegen Mordes an dem Hauptmann angeklagt werden.“ Zach spannte seine Kiefermuskeln an und wusste, dass seine Karriere vorbei war. Er würde aber nichts daran ändern. Wenn er es erneut tun müsste, würde er sich trotzdem Jake schnappen und abhauen. Er war mehr wert als irgendeine Karriere.

„Scheiße!“ Liam wandte ihnen spürbar frustriert den Rücken zu und starrte in die Flammen, die nun loderten und knisterten. „Warum seid ihr hierhergekommen?“

„Ich wusste, dass du morgen gehst. Ich wollte dich nochmal sehen, bevor wir ganz und gar verschwinden.“ Zach beobachtete, wie sein ältester Bruder vor ihm auf und ab lief, wie Jake es nur Minuten zuvor getan hatte.

Liam legte eine Hand auf Jakes Schulter. „Was ist mit dem Sheriff und ihrem Vater, dem Bürgermeister? Glauben sie dir nicht?“

Jake lehnte sich im Sessel zurück und rieb sich mit einer Hand über sein Gesicht.

Zach wusste, dass er nicht geschlafen hatte, seit es passiert war. Er musste erschöpft sein, mit den Nerven am Ende.

„Wie schon gesagt, der Sheriff glaubt mir und hat mich nicht verhaftet. Bürgermeister Green kennt Richard Jordan besser als mich. Zumindest denkt er das, da Jordan ja ein Freund von ihrem Ex-Verlobten ist und so weiter. Er hat den Bürgermeister davon überzeugt, dass er und der Hauptmann mich überrascht haben und ich den Hauptmann erschossen habe.“ Er fuhr sich mit der Hand durch seinen Nacken. „Bürgermeister Green hat Elizabeth nie die Zustimmung gegeben, mich, den einfachen Farmer, zu heiraten, wenn sie stattdessen die Ehefrau eines Hauptmanns hätte sein können.“

Liam musste bemerkt haben, wie müde die beiden aussahen.

„Ich weiß, dass euch gerade nichts lieber wäre, als euch auszuruhen, aber das können wir nicht. Wir verschwinden auf der Stelle. Fangt an, den Wagen zu packen. Wir müssen so viel Strecke wie möglich zurücklegen, bevor wir morgen anhalten. Es wird eine lange Reise.“

Jake setzte sich auf. „Wohin gehen wir?“

Zach war es ziemlich egal, wohin sie gingen. Bis auf seine Familie war alles, was ihn in seinem Leben wichtig war, nun weg.

„Nach Deadwood. Im Gebiet Dakotas“, sagte Liam. „Ich habe einen Goldgrund aufgekauft.“

KAPITEL 1

Dienstag, 28. Juni 1877

Zach bremste sein Pferd vor dem Marktladen in Deadwood. Er freute sich darauf, Lily zu sehen, aber noch wichtiger war, dass Lily ein freies Zimmer hatte und er irgendwo unterkommen musste. Hoffentlich war sie bereit, es ihm zu vermieten.

Er hätte sich wahrscheinlich baden und rasieren sollen, bevor er mit ihr redete, aber er war einfach nur hundemüde. In den letzten drei Wochen hatte er Jordan nach Cheyenne und dann südwestlich in Richtung Denver verfolgt. Immer hinter ihm, vielleicht nur zehn Minuten, aber trotzdem hinter ihm. Nur einmal in Cheyenne war er ihm nah genug gekommen, sodass er ihn sehen konnte.

Dort hätte Jordan ihn umbringen können, aber Zach hatte ihn noch im letzten Augenblick bemerkt und den gröbsten Schaden verhindern können. Das Messer hatte ihn nur an seiner Wange, unter seinem Auge bis zu seinem Mund erwischt. Es hätte ihm auch die Kehle durchschneiden können. Danach hatte er wie ein Schwein geblutet und einen Arzt finden müssen, um die Wunde nähen zu lassen.

Danach hatte er Jordan verloren und ihn nicht mehr gefunden, bis er wieder kurz vor Deadwood war. Jordan kehrte zu Zachs zu Hause zurück. Kehrte zum Tatort zurück, wo er Ellie mit dem Messer angegriffen hatte, um das zu Ende zu bringen, was er angefangen hatte, aber Zach würde es nicht zulassen, dass er seiner Familie wehtat.

Das Problem war, ihn in der Menschenmasse zu finden, die sich nun in Deadwood aufhielt. Tausende Leute waren hierhergekommen und noch mehr waren auf dem Weg. Sie alle suchten nach denselben Schätzen, die er und seine Brüder glücklicherweise gefunden hatten. Sie waren auf dem Goldgrund, den Lily Sutter ihnen verkauft hatte, auf die Hauptader gestoßen.

Er sollte nebenan ins Badehaus gehen und sich waschen, besonders, wenn er eine Chance haben wollte, Lily wegen des Zimmers zu überzeugen. Sie wollte sicherlich keinen Gast, der so schmutzig war, wie er. Er müsste sie auch darum bitten, bei ihr essen zu dürfen. Er hatte Hunger und eine Mahlzeit mit ihr zu teilen und Zeit zusammen an ihrem Tisch zu verbringen wäre eine gute Möglichkeit, mehr über sie und Gemma zu erfahren. Das kleine Mädchen brauchte einen Vater, aber bevor die Bedrohung, die Jordan darstellte, nicht eliminiert war – bevor Jordan nicht eliminiert war – konnte er nicht daran denken. Konnte nicht an eine eigene Familie denken.

Er und seine Brüder waren nun seit zehn Monaten in Deadwood, seit fast einem Jahr, bevor er sich auf den Weg gemacht hatte, Jordan zu verfolgen und während der ganzen Zeit hatte er versucht, Lily den Hof zu machen – ohne Erfolg. Sie wollte nichts davon wissen. In all seinen achtunddreißig Jahren war er nie von einer Frau zurückgewiesen worden. Allerdings meinte sie, dass er ein Nordstaatler wäre, zu attraktiv für sein eigenes Wohl und sie nicht mehr als eine vorübergehende Freundschaft mit ihm hätte.

Naja, nun war er nicht mehr zu attraktiv, nicht mit der Narbe von Jordans Messer in seinem Gesicht. Die Wunde war rot, wund und wurde immer noch Nähten zusammengehalten. Er musste bei Doc Cochran vorbeischauen, um sich die Fäden ziehen zu lassen; am besten heute, nachdem er gebadet hatte. Danach konnte er sich rasieren, ohne dass die Klinge sich an den Nähten verfangen würde.

Er stieg ab, band sein Pferd an den Zügeln an der Pferdestange fest und bemerkte dann ein neues Badehaus direkt neben Lilys Laden. Auf dem Schild stand „Baden, Rasieren, Haare schneiden – fünf Dollar“. Dort ging er zuerst hin. Der alte Mann Richardson arbeitete in dem Laden.

„Guten Tag, Richardson. Ich würde gerne schon einmal ein Bad nehmen und mir später eine Rasur verpassen lassen.“

„Sie können baden, aber Sie müssen Miss Lily bezahlen“, sagte er. Er hatte die wenigen übrigen Strähnen seines langen, grauen Haars über die kahle Stelle oben an seinem Kopf gekämmt, die sie allerdings nicht wirklich gut verdeckten. „Und dann die Wertmarke mit hierherbringen. Seitdem Sam gegangen ist, übernimmt sie die Rasuren und Haarschnitte. Dafür müssen Sie später noch einmal herkommen, nachdem sie ihr Geschäft geschlossen hat.“

„In Ordnung, dann nehme ich erst einmal nur das Bad. Schön heiß. Ich hole die Wertmarke. Ich hatte seit Wochen kein gutes Bad mehr und ich freue mich schon darauf.“

Zach lief neben an in den Kaufmannsladen. Die Glocke über der Tür klingelte, als er eintrat. Die eine Kundin, die im Markt war, sah Zach an, verließ dann eilig den Laden während sie ihr Gesicht nach unten gerichtet und ihre Hand vor den Mund hielt, als sie an ihm vorbeilief.

„Bin gleich bei Ihnen“, rief Lily.

Er ging zum Tresen. „Keine Eile“, sagte Zach. Seine Stimme war ganz rau, da er in den letzten Wochen kaum gesprochen hatte.

Lilys Kopf schnallte nach oben und sie starrte ihn an. „Zach, bist du das?“

„Höchstpersönlich.“

Sie lief um den Tresen herum. „Du bist verletzt.“ Sie hob ihre Hand und fuhr vorsichtig über die klaffende Schnittwunde in seinem Gesicht. Sie presste ihre Lippen zusammen und ihr Gesichtsausdruck wurde ganz sanft, bevor sie sich sammelte und sie wieder ernst wurde. „Du siehst furchtbar aus. Wo warst du? Warum hast du nicht tschüss gesagt?“

„Später bleibt noch genug Zeit für Fragen. Ich muss ein Bad nehmen und Richardson hat gesagt, dass ich bei dir bezahlen muss. Hier sind die fünf Dollar.“ Er reichte ihr eine Goldmünze mit einem Adler darauf.

„Na gut. Dann will ich mal nicht nerven. Hier ist deine Wertmarke.“

„Danke.“ Er drehte sich um und ging. Als er an der Tür war, blickte er nach hinten, wie er es immer tat, um zu sehen, ob sie ihm nachsah. Er atmete die Luft aus, die er angehalten hatte und war erfreut, dass sie ihm hinterherschaute. Dann nickte ihr zu, während er sich an den Hut fasste und lief aus der Tür.

~*~

Lily Sutter beobachtete ihn, als er ihren Laden verließ und konnte nicht glauben, dass der Mann, den sie gerade gesehen hat, wirklich Zach Anderson war. Der zerlumpte, schmutzige Mann in Wildlederkleidung sah keiner Seite, die Zach jemals gezeigt hatte, ähnlich. Er war definitiv nicht der schicke Junge, für den sie ihn gehalten hatte. Nicht mit diesem zotteligen Bart im Gesicht und der klaffenden Schnittwunde, die noch immer frisch und von seinem Auge bis zu seiner Lippe genäht war. Das würde sein Lächeln beeinträchtigen.

Sie hatte sein freches Grinsen immer geliebt, aber der Mann, den sie gerade getroffen hatte, schien das Wort „lächeln“ nicht zu kennen. In seinen Augen funkelte Kein Lachen, wie es nur vor einem Monat noch gewesen war. Alles, was sie nun sah, war feste Entschlossenheit. Sie war sich nicht sicher, ob sie diese Veränderung an ihm mochte. Sie wusste, wie man mit dem anderen Zach umging, aber bei dem hier war sie sich nicht so sicher. Was war Zach widerfahren, das ihn zu diesem düsteren, ernsten Mann gemacht hatte, der vor ihr gestanden war und nach einem Bad gefragt hatte? Was war mit der verspielten, lustigen, liebevollen Person passiert?

~*~

Zach war fertig damit, seinen Körper und seine Haare zu waschen und stand in der Badewanne. „Richardson, können Sie bitte diesen Eimer Wasser über mich kippen?“

„Ja Sir, Mr. Anderson.“ Der alte Mann reagierte so schnell er konnte, nahm sich einen weiteren Eimer von denen, die neben dem lodernden Feuer im Kamin standen, kletterte auf einen Hocker neben der Wanne und hob ihn so hoch, wie seine krummen Schultern es zuließen.

Dann kippte er das heiße Wasser über Zach und wusch damit all den Schmutz und Dreck der letzten dreieinhalb Wochen ab. Allerdings konnte das Wasser nicht die Erinnerungen an eine Reise wegspülen, die ihm viel länger vorkam. Harte Tage im Sattel, so nah an Jordan zu sein, dass er ihn riechen konnte, um ihn dann endlich in einer kleinen Gasse in Cheyenne in die Ecke getrieben zu haben, nur um Jordans Messer mit seinem Gesicht zu begegnen. Und trotzdem war alles, was diese Begegnung erreicht hatte, Zach nur noch entschlossener zu machen, sich um diesen Abschaum zu kümmern, bevor er seiner Familie wehtat.

Liam konnte es nicht tun. Er war frisch verheiratet und hatte außerdem zwei Kinder, an die er denken musste. Bei Jake war es nicht anders – er hatte ein Neugeborenes und eine neue Ehefrau. Beide seiner Brüder hatten Frauen, Kinder… Familien, die Zach nicht hatte. Es gab niemanden, der sich um Zach sorgte. Er war der einzige, der Jordan, diesen verfluchten Hurensohn aufhalten konnte, bevor er die einzigen Menschen in Zachs Leben umbrachte, denen er wichtig war – oder die ihm wichtig waren.

Zach kleidete sich sorgfältig in den saubersten Sachen, die er noch in seinen Satteltaschen hatte. Er würde nachher zu Liam gehen und seine Kleidung holen müssen, aber zuerst musste er mit Lily über das Zimmer sprechen. Er stellte sich so hin, dass er sich in dem zerbrochenen Spiegelstück sehen konnte, kämmte dann sein Haar von seiner Stirn gerade nach hinten und setzte seinen Hut auf. Er brauchte einen Haarschnitt, bevor er die Stadt verließ; seine Haare waren ihm fast bis zu den Schultern gewachsen und wellten sich an den Spitzen.

Sein Hut war mit Staub bedeckt, aber es gab nicht viel, was er deswegen tun konnte. Er hatte Richardson seinen Hut und seinen Mantel abbürsten lassen, während er gebadet hatte, aber sie sahen beide immer noch mitgenommen aus. Regen und umherfliegender Schmutz durch das Reiten hatten den Dreck in den Stoff gerieben und das würde sich in nächster Zeit wohl auch nicht ändern.

Er kämmte seinen Schnauzer und seinen Bart und strich sich sein welliges schwarzes Haar so gut glatt, wie er konnte. Er warf einen letzten Blick in den Spiegel und beschloss, dass er so viel wie möglich getan hatte, um vor Lily den besten Eindruck zu machen. Er war nicht mehr derselbe Mann, der vor ein paar Wochen die Stadt hier verlassen hatte. Diesen Mann gab es nicht mehr; an seiner Stelle war nun eine abgehärtete Version von ihm. Eine Version, die sich vorgenommen hatte, seine Familie zu schützen – egal, was dazu nötig war. Er würde Jordan umbringen, diese Tatsache war nur eine Frage der Zeit.

Zach lief eine Tür weiter zum Kaufmannsladen und ging hinein. Lily bediente gerade einen Kunden und Zach nutzte die Zeit, um nach Lebensmitteln zu suchen, um seine Satteltaschen wieder aufzufüllen. Er wollte bereit dafür sein, jeden Moment aufbrechen zu können, wenn er musste. Er nahm sich Zwieback, getrocknetes Fleisch und Tabak. Eine Tüte Kaffee würde er auch noch brauchen. Seine Vorräte waren ihm vor einer Woche ausgegangen und er hatte sie schmerzlich vermisst.

Er legte seine Einkäufe auf den Tresen und ging hinüber zu dem Kanonenofen, an dem eine Kaffeekanne stand. Ein Regal, auf dem mehrere Tassen standen, hing über dem Ofen. Er nahm sich eine davon und goss sich ein wenig der wohlriechenden Flüssigkeit ein. Als er den ersten Schluck nahm, schloss er seine Augen, spürte, wie sie ihm langsam den Hals hinunterlief und das trockene Gefühl, das er seit der Reise hatte, verschwand.

Die Glocke über der Tür klingelte und er drehte sich um, um zu sehen, wie der andere Kunde ging. Nun war es ruhig im Laden, dort waren nur noch er und Lily.

„Zach, bist du jetzt bereit, zu reden?“ Sie nahm sich ihre Kaffeetasse unter dem Tresen hervor, wo sie sie hinstellte, wenn Kunden im Laden waren. Sie lief hinüber zum Ofen und goss sich frischen Kaffee ein.

Das war er nicht, aber er konnte es nicht länger vermeiden. „Natürlich. Ich schätze mal, du weißt, wieso ich gegangen bin. Ich musste. Ich konnte ihn nicht entkommen lassen.“

„Hast du ihn gefunden? Ist jetzt alles vorbei?“, fragte sie und presste ihre Lippen aufeinander.

„Nein.“ Er wollte nicht zugeben, dass er gescheitert war… nicht vor ihr, nicht vor Lily. „Er ist wieder zurück in Deadwood und er weiß von der Familie. Ich möchte dich etwas fragen.“

Sie hob ihren Kopf. „Das hatten wir doch schon. Ich heirate dich nicht… oder sonst irgendjemanden.“