Die Bürde des Adels - Carolin Schreier - E-Book

Die Bürde des Adels E-Book

Carolin Schreier

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. »Hör endlich auf zu klingeln, ich komme ja schon! Flügel habe ich nun mal nicht.« Missmutig öffnete Olaf Piper die Wohnungstür. Seine düstere Miene hellte sich auch nicht auf, als die zierliche junge Frau, die draußen stand, ihn mit ihrem strahlendsten Lächeln begrüßte. »Sorry, Olaf, bitte sei mir nicht böse. Aber ich habe heute Morgen doch tatsächlich wieder meinen Schlüssel vergessen.« »Das habe ich bemerkt. Wann wirst du endlich lernen, deinen Schlendrian abzulegen und mit den ganz normalen Dingen des Alltags zurechtzukommen? Du hast keine Zofe und keinen Kammerdiener mehr, wenn es dir offenbar auch schwerfällt, dich daran zu gewöhnen.« Ein Schatten der Verärgerung lief über das hübsche Gesicht Marianne Friesendorffs, doch schon im nächsten Augenblick gewann ihre gute Laune wieder die Oberhand. »Alter Miesepeter«, lachte sie und zupfte Olaf schelmisch am Ohrläppchen, »wann wirst du endlich aufhören, mich an meine Vergangenheit zu erinnern, die ich schon vor zehn Jahren ein für alle Mal abgehakt und über Bord geworfen habe?« Sie legte ihre Arme um Olafs Hals und gab ihm einen zärtlichen Kuss. »Stell dir vor, ich habe eine Neuigkeit für dich, mein Brummbär, eine wunderbare Neuigkeit«, fuhr sie begeistert fort und rieb ihre Nasenspitze an der Olafs. »Und ich habe nur deshalb so ungeduldig Sturm geläutet, weil ich es kaum erwarten kann, dir davon zu berichten.« Mit skeptischem Blick machte Olaf sich von Marianne los und griff nach seiner auf dem Garderobentischchen abgelegten Zigarette, die inzwischen ein gutes Stück heruntergebrannt war und einen hässlichen Flecken in die Holzplatte gesengt hatte. »Und die wäre?«, meinte er, nachdem er die Asche auf den Fußboden geschnippt und einen tiefen Zug inhaliert hatte. »Rate!«

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Fürstenkrone – 284 –

Die Bürde des Adels

Unveröffentlichter Roman

Carolin Schreier

»Hör endlich auf zu klingeln, ich komme ja schon! Flügel habe ich nun mal nicht.«

Missmutig öffnete Olaf Piper die Wohnungstür.

Seine düstere Miene hellte sich auch nicht auf, als die zierliche junge Frau, die draußen stand, ihn mit ihrem strahlendsten Lächeln begrüßte.

»Sorry, Olaf, bitte sei mir nicht böse. Aber ich habe heute Morgen doch tatsächlich wieder meinen Schlüssel vergessen.«

»Das habe ich bemerkt. Wann wirst du endlich lernen, deinen Schlendrian abzulegen und mit den ganz normalen Dingen des Alltags zurechtzukommen? Du hast keine Zofe und keinen Kammerdiener mehr, wenn es dir offenbar auch schwerfällt, dich daran zu gewöhnen.«

Ein Schatten der Verärgerung lief über das hübsche Gesicht Marianne Friesendorffs, doch schon im nächsten Augenblick gewann ihre gute Laune wieder die Oberhand.

»Alter Miesepeter«, lachte sie und zupfte Olaf schelmisch am Ohrläppchen, »wann wirst du endlich aufhören, mich an meine Vergangenheit zu erinnern, die ich schon vor zehn Jahren ein für alle Mal abgehakt und über Bord geworfen habe?«

Sie legte ihre Arme um Olafs Hals und gab ihm einen zärtlichen Kuss.

»Stell dir vor, ich habe eine Neuigkeit für dich, mein Brummbär, eine wunderbare Neuigkeit«, fuhr sie begeistert fort und rieb ihre Nasenspitze an der Olafs. »Und ich habe nur deshalb so ungeduldig Sturm geläutet, weil ich es kaum erwarten kann, dir davon zu berichten.«

Mit skeptischem Blick machte Olaf sich von Marianne los und griff nach seiner auf dem Garderobentischchen abgelegten Zigarette, die inzwischen ein gutes Stück heruntergebrannt war und einen hässlichen Flecken in die Holzplatte gesengt hatte.

»Und die wäre?«, meinte er, nachdem er die Asche auf den Fußboden geschnippt und einen tiefen Zug inhaliert hatte.

»Rate!«, forderte Marianne und versuchte, möglichst geheimnisvoll dreinzublicken.

»Was wird es schon sein?«, fragte Olaf schulterzuckend. »Hat der Alte dir wieder einmal eine Gehaltserhöhung versprochen, aus der dann mangels finanzieller Mittel doch nichts wird?«

»Nein, hat er nicht«, versicherte Marianne. »Aber es stimmt, dass die Neuigkeit mit meinem Job zusammenhängt.«

»Na schön. Dann mach es nicht so spannend und bekenne endlich Farbe«, versetzte Olaf, während er seine Zigarette ausdrückte und in seiner Hosentasche nach Zigarettenschachtel und Feuerzeug kramte, um sich einen weiteren Glimmstängel anzuzünden. »Ich höre.«

»Also«, begann Marianne, räusperte sich aber, ehe sie fortfuhr, noch einmal, um Olaf ein bisschen länger auf die Folter zu spannen, »also stell dir vor, Hanno Mörner, der große Boss, hat mir höchstpersönlich den Auftrag erteilt, für ›Land und Leute‹ eine Reportage über das Königshaus zu schreiben. Ist das nicht ein superspitzenmäßiges Angebot?«

Olaf Piper machte ein verblüfftes Gesicht.

»Na ja, so ganz ohne ist es auf alle Fälle nicht«, räumte er ein. »Traust du dir das überhaupt zu?«

»Natürlich traue ich mir das zu, du notorischer Schwarzseher«, konterte Marianne. »Selbst Hanno hat gesagt …«

»Hanno? Seit wann stehst du denn auf so vertrautem Fuß mit deinem Chefredakteur?«, fragte Olaf, wobei unverhohlene Eifersucht in seiner Stimme mitschwang.

»Olaf, wenn du schon wieder mit deiner Othello-Tour anfängst, dann, dann …«

Marianne kniff Olaf mehrmals scherzhaft in die Seite, sodass er lachend zusammenzuckte, und drängte ihn auf diese Weise rückwärts in Richtung Küche.

»Was ist dann?«, fragte er keuchend, während er, die Zigarette zwischen den Fingern, versuchte, mit der freien Hand Marianne abzuwehren.

»Dann mache ich uns zum Abendessen in der Mikrowelle eine Riesenportion Pommes frites«, lachte sie. »Ich sterbe beinahe vor Hunger. Und nach dem Essen köpfen wir eine Flasche Sekt. Zur Feier des Tages. Ich bin nämlich, ehrlich gesagt, richtiggehend stolz auf mich.«

»Noch ehe du die erste Zeile zu Papier gebracht hast. Echt Marianne. Bis jetzt ist es dir doch lediglich gelungen, mit viel Glück einen einigermaßen passablen Auftrag an Land zu ziehen, weiter nichts«, stellte Olaf lakonisch fest.

»Jetzt sei nicht so biestig, Olaf. Anstatt dich mit mir zu freuen, fällt dir nichts Besseres ein, als unentwegt an allem herumzunörgeln«, gab Marianne mit gespieltem Groll zurück.

»Das tu ich gar nicht. Ich fürchte nur, du stellst dir deine neue Aufgabe viel zu leicht vor. Du bist naiv, unerfahren und …«

»Wieso zu leicht?«

»Na, überleg doch mal. Eine Reportage über das Königshaus, von Hanno Mörner für ›Land und Leute‹ in Auftrag gegeben –, was kann das anderes bedeuten, als dass unser lieber Kronprinz und seine Skandalgeschichten im Mittelpunkt stehen? Wenn du dir da nur keinen Ärger einhandelst, Marianne.«

Marianne seufzte.

»Du bist unverbesserlich, Olaf«, sagte sie. »Hannos ›Land und Leute‹ ist ein seriöses Magazin, nicht irgendein Regenbogenblättchen ohne Niveau. Das solltest du eigentlich wissen. Schließlich hast du selbst lange genug für Hanno in der Abteilung Recherche gearbeitet.«

»Ja, natürlich. Bis er mich entlassen hat, weil er seinen Mitarbeiterstab verkleinern wollte, um aus den roten Zahlen zu kommen.«

»Daran lag es nicht, Olaf. Du wolltest im Grunde selbst nicht mehr für ›Land und Leute‹ arbeiten. Das weißt du genau. Du hast die meiste Zeit krank gefeiert oder unbezahlten Urlaub genommen, um dich ganz der Karriere deiner Schwester widmen zu können. Als Hanno dir die Kündigung überreicht hat, warst du in Wirklichkeit längst kein ernst zu nehmender Journalist mehr, sondern in erster Linie Carlottas Manager.«

»Willst du mir wieder einmal vorwerfen, dass ich mich zu viel um Carlotta kümmere?«

Hastig zog Olaf an seiner Zigarette, und in seine zusammengekniffenen Augen trat ein zorniges Funkeln.

»Nein, natürlich nicht«, lenkte Marianne Friesendorff ein, obwohl sie Olafs Frage am liebsten bejaht hätte. »Wir wollen jetzt nicht wieder wegen Carlotta streiten, bitte. Das haben wir einfach schon zu oft.«

»Selbstverständlich hatten wir das zu oft. Viel zu oft sogar. Aber nur, weil du …«

Weiter kam Olaf Piper nicht, denn in diesem Moment klingelte das Telefon.

»Carlotta! Das kann nur Carlotta sein!«

Mit Riesenschritten stürzte Olaf an den Apparat und riss den Hörer an sein Ohr.

»Carlotta, Liebes, was haben die Ärzte gesagt? Und wie hast du dich entschieden? Wirst du …«

Olaf verstummte, noch ehe er seine Frage zur Gänze gestellt hatte. Schweigend hörte er seiner Schwester zu, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen.

Marianne blieb noch eine Weile stehen und schaute etwas verwundert auf Olaf, doch der bemerkte ihre Blicke nicht.

Schließlich wandte sie sich ab, zog ihren Mantel aus und betrat die kleine Küche, um das Essen vorzubereiten.

Carlotta, Carlotta und nichts als Carlotta.

Seit fast zehn Jahren lebte Marianne nun mit Olaf zusammen und immer noch hatte sie das sichere Gefühl, dass seine Schwester in seinem Herzen die erste Stelle einnahm und auch weiterhin einnehmen würde.

Nichts, gar nichts würde je Olafs hündische Anhänglichkeit an Carlotta schmälern.

Dabei hatte es vor einiger Zeit, als Carlottas Gesangskarriere in Gang gekommen war, den Anschein gehabt, als würde sich das allzu intensive Bild zwischen Bruder und Schwester wenigstens ein kleines bisschen lockern.

Carlotta hatte zahlreiche Engagements im Ausland angenommen und war auf nahezu allen großen Bühnen der Welt mit erstaunlichem Erfolg aufgetreten, sogar mehrmals rund um den Globus auf Tournee gegangen.

Sämtliche Hochglanzmagazine brachten ihr Bild. Sie hatte sich zum gefeierten Klassikstar gemausert, besuchte Partys, wurde zu Talkshows ins Fernsehen eingeladen und schien mit einem Mal bestens ohne ihren Bruder zurechtzukommen.

In den vergangenen Monaten allerdings hatte sie plötzlich wieder damit angefangen, ihre ganze Freizeit zurückgezogen in ihrer luxuriösen Eigentumswohnung in Bärsingholm zu verbringen und Olaf mit Beschlag zu belegen, was dieser sich zu Mariannes Leidwesen nur allzu willig gefallen ließ.

Schon einige Male hatte Marianne ernstlicht daran gedacht, Konsequenzen zu ziehen und Olaf zu sagen, dass er sich endlich zwischen ihr und seiner Schwester entscheiden müsse, das klärende Gespräch aber immer wieder hinausgeschoben aus Angst, die Entscheidung könnte zugunsten Carlottas ausfallen.

Gedankenverloren nahm sie eine Tüte mit Pommes frites aus der Tiefkühltruhe und begann, die Verpackung aufzuschneiden, als mit einem Schwung die Küchentür aufflog und Olafs Hände sich über ihre Augen legten.

»Mariannemaus, da bin ich wieder.«

Marianne bog ihren Kopf zurück und sah etwas verwirrt in Olafs hellgraue Augen, die nun mit einem Mal nicht mehr undurchdringlich und trist wie ein Nebelmeer wirkten, sondern fröhlich blitzten.

»Es ist alles gut, Marianne«, sagte er, und Erleichterung war seiner Stimme deutlich anzumerken. »Carlottas Stimmbänder sind völlig in Ordnung. Die Ärzte haben nichts gefunden. Sie wird wie geplant bei der Einweihung der Bärsingholmer Oper singen.«

»Wie schön für sie. Und natürlich auch für dich, Olaf«, versetzte Marianne etwas gequält.

»Mariannemaus, du klingst auf einmal so … so anders. Bist du mir böse, weil ich vorhin so wenig Interesse für dich und deine journalistische Arbeit gezeigt habe?«

Marianne schüttelte stumm den Kopf, dann rieb sie ihr Gesicht an Olafs Schulter.

»Nein, Olaf. Böse nicht. Nur …«

»Du sollst nicht denken, dass deine Belange mich weniger interessieren als die meiner Schwester, Mariannemaus. Ich war mit meinen Gedanken bei Carlottas Untersuchung und deshalb … Aber jetzt bin ich den Rest des Tages nur für dich da, mein Schatz.«

Er drückte Marianne zärtlich an sich, dann fuhr er fort: »Einen großen Artikel über das Königshaus zu schreiben, ist mit Sicherheit eine überaus reizvolle Aufgabe. Ich werde dich selbstverständlich unterstützen, wo ich irgend kann.«

»Du hast aber gesagt, du hättest Bedenken, ich könnte mir Schwierigkeiten einhandeln.«

»Ja, natürlich. Ich wollte dich nicht entmutigen, aber erinnerst du dich noch an den Prozess, den der Kronprinz angestrengt hat, als das Adelsmagazin ›Gekrönte Häupter‹ ihm eine Liebschaft mit dem Fotomodell Kirsten Bergström unterstellt und behauptet hat, er trage die Schuld, dass Kirsten sich wegen Depressionen einer psychiatrischen Behandlung habe unterziehen müssen?«

»Ich erinnere mich, Olaf. Aber ich werde mich nicht auf dergleichen Storys einlassen und kann mir auch nicht vorstellen, dass Hanno Mörner sich in diesem Fahrwasser bewegen möchte.«

»Da bin ich mir nicht so sicher. Geld und die Steigerung der Auflagenstärke seiner Zeitschrift gehen ihm über alles.«

»Wie dem auch sei, irgendwelche dubiosen Märchen, die über den Kronprinzen in Umlauf sind, kommen für meine Reportage nicht infrage. Ich werde Prinz Christian um ein Gespräch unter vier Augen bitten, mich an einem Ort seiner Wahl mit ihm treffen und mir dann ein kritisches Bild von ihm und seinen Äußerungen machen.«

»Und du bist sicher, dass dir das gelingen wird? Ich meine, dir bei einer persönlichen Begegnung ein kritisches Bild von ihm zu machen und …«

»Na hör mal, Olaf. Wenn nicht mir, wem dann?«

Olaf zuckte die Schultern.

»Das weiß ich nicht, Mariannemaus. Aber du solltest dir darüber im Klaren sein, dass man dem Kronprinzen seinen Spitznamen ›Christian, der Herzensbrecher‹ nicht ohne Grund verpasst hat.«

»Ach, Olaf, das ist doch blanker Unsinn. Selbst wenn der Kronprinz unwiderstehlich genug wäre, alle Frauen der Welt in sich verliebt zu machen, könnte er mir nicht den Kopf verdrehen. Schon deshalb nicht, weil ich eine unüberwindliche Abneigung gegen alles habe, was im Entferntesten mit Adel und Schlössern zusammenhängt. Solltest du das etwa völlig vergessen haben?«

Marianne nahm lachend Olafs Gesicht zwischen ihre Hände und vergrub ihre Finger in seinem Haar, ehe sie sich wieder der Tüte mit den tiefgefrorenen Pommes frites zuwandte.

»Natürlich weiß ich, dass du mit Blaublütern nichts am Hut hast, Marianne. Aber es wäre schöner gewesen, wenn du gesagt hättest, der Kronprinz interessiert dich nicht, weil du mich über alles liebst.«

»Das versteht sich doch von selbst, Olaf. Sei nicht dumm. Warum würde ich sonst mit dir zusammenleben, wenn nicht aus Liebe?«

Olaf lächelte zufrieden.

Zärtlich nahm er Marianne in die Arme und streichelte über ihren Rücken.

Sie ließ es zunächst geschehen und schmiegte sich an ihn, schob ihn dann allerdings sanft, aber bestimmt von sich und wandte sich erneut den Pommes frites und der Mikrowelle zu.

»Später, Olaf. Im Augenblick habe ich wirklich einen Riesenhunger. Das verstehst du doch, oder?«

Auf Olafs Stirn erschien eine steile Unmutsfalte, doch er kämpfte seine Enttäuschung nieder.

»Weißt du, was ich mir gedacht habe, Mariannemaus?«, fragte er, nahm zwei Teller aus dem Küchenschrank und stellte sie auf den Tisch. Ohne Mariannes Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Vielleicht ist es gar nicht so gut, wenn du Kronprinz Christian in aller Umständlichkeit schriftlich um ein Interview bittest. Ich könnte mir vorstellen, dass es besser wäre, wenn du es persönlich tust. Du hättest dann die Möglichkeit, seine spontane Reaktion auf deine Bitte zu beobachten, und obendrein böte sich dir eine Gelegenheit, ihm überraschend ein paar Fragen zu stellen, auf deren Beantwortung er sich nicht vorbereiten kann.«

Marianne zog etwas ratlos die Augenbrauen hoch und bedachte Olaf mit einem fragenden Blick.

»Wenn du meinst«, erwiderte sie zögernd und wenig überzeugt. »Obwohl ich mir nicht sicher bin, dass eine derartige Überrumpelungstaktik richtig ist. Außerdem lässt sich das Ganze ohnehin nicht bewerkstelligen. Oder denkst du allen Ernstes, dass mir der Kronprinz ganz zufällig morgen im Supermarkt über den Weg läuft?«

Olaf rieb sich die Hände an seiner ausgewaschenen Jeans, dann sagte er betont leichthin: »Das natürlich nicht. Aber ich wüsste durchaus eine Gelegenheit, bei der du ihm begegnen könntest. Bei der Einweihung der Neuen Oper in Bärsingholm zum Beispiel.«

»Bei der Einweihung … Aber wieso denn ausgerechnet da?«

Marianne stellte die Mikrowelle ab, nahm die gegarten Fritten heraus und verteilte sie auf die beiden Teller. Während sie das Besteck aus der Schublade holte, brachte Olaf, ganz gegen seine sonstige Gewohnheit, Kerzen, um der einfachen Tafel Glanz zu geben.

»Carlotta – ich weiß, du willst nichts von ihr hören. Aber sie wird anlässlich der Einweihung der Neuen Oper in Bärsingholm die Mimi in Puccinis ›La Bohème‹ singen.«

»Und du willst dir diesen Ohrenschmaus natürlich nicht entgehen lassen«, vollendete Marianne.

»Wir, Marianne. Wir haben Ehrenkarten. Logenplätze.«

»Aber soweit ich weiß, findet das Großereignis schon kommenden Sonntag statt. Und da wollten wir doch einmal ein richtig gemütliches Wochenende ganz für uns …«

»Mariannemaus, sei nicht spießig. In unserer Wohnung hast du keine Chance, den Kronprinzen zu treffen.«

»Ach nein, was du nicht sagst. Ich bewundere deine Hilfsbereitschaft und Großherzigkeit. Du hast also, ohne mich zu fragen, deiner Schwester versichert …«

Marianne seufzte, schob ihren Teller von sich und stützte resigniert ihren Kopf in die Hände.

»Nein, so war es natürlich nicht, Marianne. Oder jedenfalls nicht eigentlich. Aber du musst zugeben, dass die Einweihung der Oper eine gute Möglichkeit für dich wäre, eine spontane Begegnung mit Prinz Christian herbeizuführen, zumal er meiner Schwester persönlich einen Blumenstrauß überreichen wird.«

»Ach, Olaf.«

Marianne schwieg eine Weile und starrte aus dem Küchenfenster in die Dunkelheit des Winterabends hinaus.