Fürstenkrone 289 – Adelsroman - Carolin Schreier - E-Book

Fürstenkrone 289 – Adelsroman E-Book

Carolin Schreier

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. »Ich finde, um die Taille könnte das Kleid etwas enger sitzen. Und ein tieferer Ausschnitt würde das Diamantcollier aus dem Familienschmuck vorteilhaft zur Geltung bringen. Meinst du nicht auch, Astrid?« Königin Anna-Marita trat ein paar Schritte auf Prinzessin Astrid zu und begutachtete noch einmal mit kritischen, aber wohlwollenden Blicken das dunkelblaue, golddurchwirkte Seidenkleid, das ihre zukünftige Schwiegertochter anlässlich der Verlobungsfeier tragen sollte. »Ja, ich glaube, du hast recht«, erwiderte Astrid beflissen und zupfte an dem schmiegsamen Stoff herum. Sie betrachtete sich im Spiegel und konnte es kaum fassen, dass die Frau, die ihr gegenüberstand, sie selbst war, so fremd empfand sie in diesem Moment ihren eigenen Anblick. In wenigen Tagen schon würden sie und Kronprinz Ramon offiziell ein Paar sein. An seiner Seite würde sie in die Kameras lächeln, ihrer beider Bild würde in allen Zeitungen abgedruckt werden und um die Welt gehen: Prinz Ramon, der Thronfolger, und neben ihm die blondlockige, blauäugige junge Frau, die ihr aus dem Spiegel entgegensah. »Woran denkst du, Astrid?«, fragte Königin Anna-Marita freundlich. »Du bist so geistesabwesend, so …« »Mir ist gerade eingefallen, wenn ich … wenn Ramon und ich für das Verlobungsfoto posieren, dann … In einem Jahr wird die Hochzeit in der Kathedrale von Meseta sein, und … Ach, ich bin so schrecklich durcheinander, ich …« »Es ist im Moment alles ein bisschen viel für dich, Astrid. Das mag schon sein. Aber ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Ramon in dir einen Menschen gefunden hat, der ihm bei seinen vielfältigen Aufgaben als Thronfolger und später als König mit Charme und Liebenswürdigkeit zur Seite steht. Leicht wird es nicht immer sein, das weiß ich aus eigener Erfahrung nur zu gut. Doch ich bin mir vollkommen sicher, dass du dieser Bürde gewachsen bist wie keine andere. Wenn meine Zeit gekommen ist, werde ich ruhigen Herzens von meinem Amt zurücktreten, weil ich weiß, dass es keine bessere Nachfolgerin geben könnte als dich.« Mit einem aufmunternden Blick löste Königin Anna-Marita sich von Prinzessin Astrid und machte wieder Laura Orvieta, der berühmten Modedesignerin, Platz, die in den Logrono-Palast gerufen worden war, um letzte Hand an das von ihr kreierte Verlobungskleid der Prinzessin zu legen.

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Fürstenkrone – 289 –

Ich träume von dir, Ramon

Unveröffentlichter Roman

Carolin Schreier

»Ich finde, um die Taille könnte das Kleid etwas enger sitzen. Und ein tieferer Ausschnitt würde das Diamantcollier aus dem Familienschmuck vorteilhaft zur Geltung bringen. Meinst du nicht auch, Astrid?«

Königin Anna-Marita trat ein paar Schritte auf Prinzessin Astrid zu und begutachtete noch einmal mit kritischen, aber wohlwollenden Blicken das dunkelblaue, golddurchwirkte Seidenkleid, das ihre zukünftige Schwiegertochter anlässlich der Verlobungsfeier tragen sollte.

»Ja, ich glaube, du hast recht«, erwiderte Astrid beflissen und zupfte an dem schmiegsamen Stoff herum.

Sie betrachtete sich im Spiegel und konnte es kaum fassen, dass die Frau, die ihr gegenüberstand, sie selbst war, so fremd empfand sie in diesem Moment ihren eigenen Anblick.

In wenigen Tagen schon würden sie und Kronprinz Ramon offiziell ein Paar sein.

An seiner Seite würde sie in die Kameras lächeln, ihrer beider Bild würde in allen Zeitungen abgedruckt werden und um die Welt gehen: Prinz Ramon, der Thronfolger, und neben ihm die blondlockige, blauäugige junge Frau, die ihr aus dem Spiegel entgegensah.

»Woran denkst du, Astrid?«, fragte Königin Anna-Marita freundlich. »Du bist so geistesabwesend, so …«

»Mir ist gerade eingefallen, wenn ich … wenn Ramon und ich für das Verlobungsfoto posieren, dann … In einem Jahr wird die Hochzeit in der Kathedrale von Meseta sein, und … Ach, ich bin so schrecklich durcheinander, ich …«

»Es ist im Moment alles ein bisschen viel für dich, Astrid. Das mag schon sein. Aber ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Ramon in dir einen Menschen gefunden hat, der ihm bei seinen vielfältigen Aufgaben als Thronfolger und später als König mit Charme und Liebenswürdigkeit zur Seite steht. Leicht wird es nicht immer sein, das weiß ich aus eigener Erfahrung nur zu gut. Doch ich bin mir vollkommen sicher, dass du dieser Bürde gewachsen bist wie keine andere. Wenn meine Zeit gekommen ist, werde ich ruhigen Herzens von meinem Amt zurücktreten, weil ich weiß, dass es keine bessere Nachfolgerin geben könnte als dich.«

Mit einem aufmunternden Blick löste Königin Anna-Marita sich von Prinzessin Astrid und machte wieder Laura Orvieta, der berühmten Modedesignerin, Platz, die in den Logrono-Palast gerufen worden war, um letzte Hand an das von ihr kreierte Verlobungskleid der Prinzessin zu legen.

Die stark geschminkte Modezarin sehnte sich nach einer Zigarette und hätte liebend gern ein paar Minuten Pause gemacht, ging aber ohne Einwand sofort daran, den Stoff um Prinzessin Astrids zierliche Taille zu raffen und mit ein paar Stecknadeln in der gewünschten Position zu halten.

Prinzessin Astrid hielt unwillkürlich die Luft an.

Sie nahm sich vor, in den folgenden Tagen so gut wie nichts zu essen und auch auf die Köstlichkeiten des Verlobungsbüffets zu verzichten, um vor den zahlreichen Reportern und den vielen Gästen aus der gehobenen Gesellschaft eine gute Figur zu machen.

»Hat die Herzogin von Ascana inzwischen auf unsere Einladung geantwortet und ihr Kommen zugesagt?«, wandte sie sich plötzlich, ohne auf die Anwesenheit Laura Orvietas zu achten, an die Königin. »Ich kann es kaum fassen, aber Paco hat mir erzählt, sie sei nicht bereit, für unser Fest ihren Urlaub zu unterbrechen und die Jacht ihres Liebhabers zu verlassen. Es wäre wirklich ein Riesenskandal, zumal sich die Sache auf keinen Fall verheimlichen ließe, und die Presse …«

Königin Anna-Maria schüttelte verwirrt den Kopf und erwiderte mit einem abwägenden Blick auf die Modeschöpferin, die sich mittlerweile an Prinzessin Astrids Dekolleté zu schaffen machte: »Die Herzogin wird selbstverständlich kommen, Astrid. Paco hat sich wieder einmal einen Spaß mit dir erlaubt, fürchte ich. Er ist und bleibt das genaue Gegenteil von Ramon. Man kann es kaum begreifen, dass sie Brüder sind. Sie waren von frühester Jugend an so verschieden, wie zwei Menschen nur sein könnten.«

Prinzessin Astrid verdrehte die Augen, atmete aber erleichtert auf. »Ich glaube, Paco ist …«

Mit einem leisen Aufschrei unterbrach sie sich. »Können Sie nicht aufpassen? Sie tun mir weh. Der Stoff ist zu dünn, als dass Sie dermaßen unvorsichtig und unaufmerksam mit Ihren Stecknadeln hantieren dürften. Wenn Sie nur den Zeichenstift gebrauchen können, nehmen Sie zur morgigen Anprobe eben eine Ihrer Schneiderinnen mit. Ein klein wenig Achtsamkeit ist wohl das Geringste, was man verlangen kann.«

»Es tut mir leid. Ich … Es war ein Missgeschick. Bitte entschuldigen Sie, Hoheit. Es wird nicht wieder vorkommen«, stammelte Laura Orvieta kleinlaut und beschämt, während sie mit spitzen Fingern den durchsichtigen Schal um Prinzessin Astrids nackte Arme drapierte.

»Das Parfüm, Madame Orvieta«, ließ sich in diesem Augenblick die Königin vernehmen, »das Parfüm, das wir eigens für Prinzessin Astrids Verlobung komponieren ließen –, haben Sie es mitgebracht? Wir würden es gerne ausprobieren.«

»Oh, das Parfüm. Selbstverständlich«, erwiderte die Modezarin.

Sie griff nach der mit Silberapplikationen verzierten schwarzen Lacktasche und zog ein bauchiges Fläschchen hervor, das in den Farben von Prinzessin Astrids Verlobungskleid gehalten war.

Neugierig öffnete die Prinzessin den in Form einer Fantasieblüte gehaltenen Flakon und schnupperte.

»Es duftet wundervoll. Frisch und natürlich, aber doch mit einer blumigen Note. Ich glaube, Ramon wird es mögen. Es hat den Geruch der Blumen im Schlosspark, wenn es Abend wird.«

Königin Anna-Marita ließ einen Tropfen der edlen Essenz auf ihr Handgelenk fallen und nahm nachdenklich den Duft in sich auf.

Sie fand, dass er hervorragend zu ihrer zukünftigen Schwiegertochter passte, war sich aber nicht sicher, ob Astrid recht hatte, wenn sie hoffte, Ramon damit eine Freude zu machen.

Ihr ältester Sohn besaß für die unnützen, aber schönen Dinge des Lebens leider kaum Sinn und Wahrnehmungsvermögen.

Der ernste, gewissenhafte Ramon, unermüdlich in seinen Pflichten, verstand, verglichen mit seinem Bruder Paco, auch nicht allzu viel von Frauen, hatte sich seine ganze Jugend hindurch nie wirklich für Mädchen interessiert, sondern die wenige Freizeit, die ihm blieb, als außerordentlich sportlicher, hart trainierender Reiter auf dem Pferderücken verbracht.

Die einzige Ausnahme hatte diese Cecilia Rivera dargestellt, diese …

Ein Schatten glitt über das Gesicht Königin Anna-Maritas, doch sie schob den Gedanken an Ramons Jugendliebe, die ihr so viel Kummer bereitet hatte, schnell beiseite.

Die bedauerliche Gefühlsverwirrung ihres Lieblingssohnes lag gottlob lange zurück.

Inzwischen hatte er seinen Dienst bei der Marine abgeleistet und Cecilia Rivera glücklicherweise aus den Augen verloren, war zu einem erwachsenen Mann geworden, der auch in puncto Heirat wusste, worum es ging und was er zu tun hatte.

Im Übrigen würde es, davon war die Königin überzeugt, Ramon an der Seite einer so bezaubernden Frau wie Prinzessin Astrid schlechterdings unmöglich sein, Erinnerungen an ein Mädchen wie Cecilia Rivera nachzuhängen, das zumindest in Anna-Maritas Augen weit unter der Prinzessin stand und ihr nicht im entferntesten das Wasser reichen konnte.

Falls die ganze Geschichte mit Cecilia nicht ohnehin nur Ramons Liebe zu den Pferden und der Tatsache entsprungen war, dass das Mädchen ausgezeichnet ritt und eine wahre Meisterin im Umgang gerade mit schwierigen Pferden war.

Königin Anna-Marita strich sich über die Stirn, als ermöglichte diese Geste es, die Vergangenheit endgültig und für immer zu verscheuchen, und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Anprobe des Verlobungskleides zu, die inzwischen allerdings fast beendet war.

Laura Orvieta verabschiedete sich höflich mit einer förmlichen Verneigung vor den beiden Damen, während Prinzessin Astrid bereits wieder damit beschäftigt war, sich anzukleiden.

Sie schlüpfte in ihr cremefarbenes Kostüm und blickte dabei in einem fort nervös auf ihre Armbanduhr.

Anna-Marita seufzte und tätschelte ihr die Hand.

»Du kannst Ramons Ankunft offenbar kaum noch erwarten, meine liebe Astrid«, sagte sie und fügte sogleich hinzu: »Ich kann dich ja verstehen, Kind. Sehr gut sogar. Mir ergeht es schließlich genauso. Er war so lange fort, und ich bin so glücklich, ihn endlich wieder zu haben, dass ich ihn am liebsten nie mehr aus meiner Nähe lassen würde. Ich bin so gespannt, wie er aussieht, was er zu erzählen hat, was … Ach, ich freue mich so auf ihn.«

Prinzessin Astrid nickte verständnisinnig, und ihre blauen Augen strahlten.

»Als Erstes werde ich die Gästeliste mit ihm besprechen«, erklärte sie. »Ich stelle mir schon sein überraschtes Gesicht vor, wenn er erfährt, dass Carol Waltham, die berühmte Jazzsängerin, bei unserer Verlobungsparty auftreten wird. Carol Waltham persönlich!«

»Ich fürchte, Paco wird sie den ganzen Abend mit Beschlag belegen«, erwiderte die Königin. »Ebenso wie Nicole Roberts. Er hat sich die Videos von ihrem neuesten Film mindestens ein Dutzend Mal angesehen.«

Prinzessin Astrid warf einen Blick aus dem Fenster.

»Und dann werde ich Ramon nach seiner Meinung fragen, was das Büffet und seine Anordnung betrifft«, redete sie ziemlich zusammenhanglos weiter, denn die Worte der Königin waren wie Wasserperlen an ihr abgeprallt.

Sie interessierte sich nun einmal nicht für Paco, der ihr, bald den Clown, bald den durchtriebenen Frauenhelden gebend, in seiner launisch-burlesken Art nicht übermäßig sympathisch war, und dem sie auswich, wo immer sie konnte.

Anna-Marita zog unwillkürlich indigniert die Augenbrauen hoch, nahm der Prinzessin ihre Unaufmerksamkeit jedoch nicht weiter übel, sondern schrieb sie ihrer fieberhaften Sehnsucht nach Ramons Ankunft zu.

»Ramon muss jeden Moment hier sein«, meinte sie deshalb mit einem nachsichtigen Lächeln, als auch schon die Tür aufflog, durch die allerdings nicht Ramon, sondern Paco hereinstürmte.

»Mein Bruderherz ist soeben angekommen«, verkündete er, trat auf Prinzessin Astrid zu und küsste ihr galant die Hand. Dann blickte er sie mit einem schmachtenden Augenaufschlag an. »Wie ich meinen Bruder beneide. Er verlobt sich mit der schönsten Frau der Welt, und ich … Ich muss mich vor unerfüllter Liebe zu ihr verzehren, muss bei Tag und vor allem bei Nacht …«

An dieser Stelle verstummte er, weil ihn ein missbilligender Blick seiner Mutter traf.

Mit einem Achselzucken wandte er sich von Astrid ab und verbeugte sich übertrieben tief vor der Königin, die ihn jedoch mit Verachtung strafte und gravitätisch an ihm vorbei auf die Tür zuschritt.

Prinzessin Astrid folgte ihr auf dem Fuß, wobei Paco es nicht lassen konnte, ihr mehrmals heftig zuzublinzeln, als er sich von seiner Mutter unbeobachtet glaubte.

Astrid musste unwillkürlich lachen, bemühte sich aber, als Anna-Marita sich nach ihr umsah, sofort wieder um eine ernste Miene.

Energisch wies sie sich zurecht und sagte sich, dass es nicht angebracht sei, sich über Pacos Unarten zu amüsieren. Er war schließlich kein Kind mehr, das man einfach gewähren lassen durfte. Er war der Bruder des Thronfolgers und hatte sich würdig zu benehmen, da er im Zweifelsfall bereit sein musste, an Ramons Stelle zu treten.

Fast spielte bei diesem Gedanken schon wieder ein belustigter Zug um ihre Lippen.

Sich Paco als Thronfolger vorzustellen, war wirklich umwerfend komisch.

Das würde ihr namentlich in dem Moment wieder einmal in aller Deutlichkeit klar, als sie Ramon mit seinem Vater am untersten Absatz der breiten Treppe stehen sah, die von den privaten Räumlichkeiten der Frauen im ersten Stock ins Erdgeschoss hinunterführte.

Ramon trug seine Marineuniform, die ihn ausgezeichnet kleidete, und schien noch schlanker geworden zu sein als vor seiner Abreise. Sein dunkles, gewelltes Haar quoll unter der Schirmmütze seiner Uniform hervor, sein Gesicht war braun gebrannt, seine Züge männlicher und entschlossener als früher.

Astrid stellte befriedigt fest, wie ansprechend sein Äußeres war.

Ramon gefiel ihr. Sehr gut sogar.

So ähnlich wie ihn hatte sie sich immer die Helden in den Fantasy-Büchern vorgestellt, die sie in ihrer frühen Jugend begeistert verschlungen hatte.

So gut aussehend und so stolz und aufrecht.

Je weiter Prinzessin Astrid die Treppe hinuntergelangte und sich Ramon näherte, desto mehr beschleunigten sich ihre Schritte.

Schließlich konnte sie es fast nicht mehr erwarten, ihm mit einem Jubelschrei in die Arme zu fliegen.

Alle Verhaltensregeln, die man sie von frühester Kindheit an gelehrt hatte, vergessend, platzte sie mitten in sein Gespräch mit seinem Vater und fiel ihm stürmisch um den Hals.

»Ramon, Liebster, ich habe dich so schrecklich vermisst«, flüsterte sie dicht an seinem Ohr und schmiegte sich an ihn.

Der Kronprinz umarmte sie, küsste sie zuerst auf beide Wangen und dann mit einer flüchtigen Berührung auf den Mund.

»Du hast mir auch gefehlt, Astrid«, sagte er, schob sie sanft von sich und trat einen Schritt zurück, um sie zu mustern.

»Du bist schön. Wunderschön«, stellte er anerkennend fest und wandte sich dann seiner Mutter zu, um sie ebenfalls zu begrüßen.

»Und jetzt kommt der letzte im Bunde«, meinte er nach einer kurzen Umarmung lachend. »Jetzt werde ich in die Stallungen gehen und meinem Hengst Colino sagen, dass ich wieder da bin und er fortan in jeder freien Minute, die mir bleibt, mit mir rechnen muss.«

Mit beschwingten Schritten machte er sich in Richtung Pferdestall davon und ließ eine ziemlich enttäuschte Prinzessin Astrid zurück.

Obwohl sie sich vor ihren zukünftigen Schwiegereltern keine Blöße geben wollte, gelang es ihr nicht, ihre Ernüchterung zu verbergen.

Tränen stiegen ihr in die Augen, die sie nur mit Mühe unterdrücken konnte.

»Er hat sich überhaupt nicht gefreut«, sagte sie beinahe tonlos. »Ich war so überglücklich, ihn wiederzusehen, aber er …«

Ein verzweifelter Ausdruck lag auf Prinzessin Astrids Gesicht, und ihre Mundwinkel zitterten.

»Ramon hat sich sehr wohl gefreut«, antwortete Königin Anna-Marita in ungewohnter Strenge.

Auch sie fühlte sich durch die äußerst knappe Begrüßung ihres Sohnes gekränkt, wäre aber nie und nimmer bereit gewesen, es zuzugeben.

Ramon war in ihren Augen ein wahres Muster an Untadeligkeit und vorbildlichem Verhalten. Er konnte, so wie sie ihn sah, einfach nichts falsch machen. Und weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte, hielt sie sofort nach einer Entschuldigung für sein Verhalten Ausschau.

»Du darfst ihm seine kurze Begrüßung nicht übelnehmen«, wandte sie sich, diesmal wesentlich sanfter, an Astrid: »Gerade wir, die wir ihn kennen, wissen doch, wie er es meint. Er ist eben kein Mensch, der große Gefühle wie auf einem Tablett zur Schau tragen kann. Auch seinen Vater und mich hat er nicht gerade überschwänglich in die Arme geschlossen. Dennoch fühlen wir, wie glücklich er ist, wieder bei uns im Logrono-Palast sein zu können. Und du, die du ihn ebenfalls über alles liebst, müsstest es vielleicht erst recht fühlen.«

Prinzessin Astrid senkte beschämt ihren Blick.

»Ich gönne ihm seine Freude an den Pferden doch von ganzem Herzen«, sagte sie betreten. »Ich hatte nur Angst, dass die wenigen Tage, die wir während seiner Dienstzeit bei der Marine zusammensein konnten, nicht ausgereicht haben, um unsere Beziehung zu festigen, und er …«

»Wie kannst du nur so etwas denken, Astrid«, unterbrach Königin Anna-Marita die Prinzessin mit Entschiedenheit. »Er liebt dich. Er liebt dich von ganzem Herzen, und, so paradox es klingen mag, gerade diese Liebe ist es, die ihn soeben in deinen Augen hat kühl erscheinen lassen. Menschen, die ihre Gefühle nur sehr schwer offenbaren können, zeigen diese Eigenschaft am meisten da, wo sie tief empfinden, tiefer als andere.«

In Prinzessin Astrids Augen kehrte das Leuchten zurück.

Mit einem dankbaren, wenn auch noch etwas unschlüssigen Lächeln sah sie zuerst Königin Anna-Marita, dann den König an.

»Du bist vielleicht noch etwas zu jung, um solche Dinge wirklich zu verstehen«, meinte König Pablo, »aber du musst uns glauben, dass wir Ramon gut genug kennen, um in seine Seele blicken zu können. Er ist schließlich unser Sohn, unser eigen Fleisch und Blut.«

Die Prinzessin nickte.

Warum sollten Ramons Eltern nicht recht haben?

Es war töricht von ihr gewesen, der Befürchtung, Ramon könne sie nicht genug lieben, Raum zu geben, nur weil er lieber zu seinen Pferden ging, als mit ihr die Gästeliste zu besprechen, die schließlich gut und gern bis morgen warten konnte.