Neues Glück im Frühling - Carolin Schreier - E-Book

Neues Glück im Frühling E-Book

Carolin Schreier

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. »Nun übst du schon über zwei Stunden, Katarin. Meinst du nicht, dass es allmählich an der Zeit wäre, den Flügel zuzuklappen und dir ein wenig frische Luft um die Nase wehen zu lassen?« Mit säuerlicher Miene stand Ellinor von Loetzen in der Tür des Musikzimmers und hörte ungeduldig zu, wie ihre Tochter wieder und wieder dieselbe Stelle aus Chopins Barcarole spielte und dabei jedes Mal das Tempo um eine winzige Nuance steigerte. »Okay, Mama. Wenn du unbedingt meinst, werde ich später eben ein Stündchen ausreiten. Aber nicht jetzt. Erstens ist es ohnehin noch viel zu heiß. Und zweitens schaffe ich diese Terzen und Sexten noch nicht einmal halb so schnell wie vorgeschrieben. Es ist wie verhext: Immer wenn ich die Geschwindigkeit über ein bestimmtes Maß hinaus steigere, verheddern sich meine Finger. Oder die Töne kommen nicht gleichzeitig. Oder ich bin zu langsam mit dem Pedalwechsel.« Ellinor verdrehte die Augen zur Zimmerdecke. »Das bildest du dir ein, Katarin. In Wirklichkeit klingt alles, was du spielst, absolut perfekt. Es gibt nichts mehr daran zu verbessern, glaube mir.« Katarin von Loetzen dehnte und reckte ihre Finger, während sie einen tiefen Seufzer ausstieß. »Das verstehst du nicht, Mama. Deinen bescheidenen Ansprüchen mag meine Kunst genügen, aber das hat im Grunde gar nichts zu bedeuten. Wenn ich Professor Sauter vorspiele, die Aufnahmeprüfung an der Münchner Musikhochschule bestehen und später als Konzertpianistin Karriere machen will, muss ich mich noch gewaltig steigern. Und viel mehr üben.

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Leseprobe: Enttäuscht – verfolgt – verliebt!

Alexandra von Waldenburg sah sich im Spiegel an, dann schüttelte sie den Kopf. Nein, das war sie nicht! Hier hatte sie einfach zu tief in den Farbtopf gegriffen. Sie ging nicht zu einem Fernsehauftritt, wo sie wegen der vielen starken Scheinwerfer mehr als üblich geschminkt sein musste. Sie wollte zu Mike fahren, und der kannte sie eigentlich eher naturgelassen und würde sich sehr wundern, sie so zu sehen. Also herunter mit allem. Als Alexandra sich wenig später wieder ansah, war sie zufrieden. Ja, das war sie. Ein wenig Wimperntusche, Rouge und Lippenstift, das reichte vollkommen. Das passte auch zu der beigen Leinenhose, dem weißen T-Shirt und der leichten Sommerjacke. Und die Haare? Mit denen machte Alexandra auch kurzen Prozess und bürstete sie nur einfach glatt herunter. Jetzt konnte sie zufrieden sein. Sie wollte lieber nicht darüber nachdenken, welche Schnapsidee sie in die Tat umsetzen wollte. Es war verrückt! Aber dennoch wusste Alexandra, dass sie, wenn sie es jetzt nicht tun würde, die Finger ganz davon lassen würde. Sehr eilig verließ sie ihre privaten Wohnräume und rannte die Treppe hinunter. Zum Glück sah sie niemanden vom Personal, der Köchin hatte sie Bescheid gesagt, dass sie zum Essen nicht daheim sein würde, und im Gegensatz zu Klara, die noch immer Urlaub hatte, schien es deren Vertretung nichts auszumachen. Im Gegenteil, Alexandra hatte den Eindruck, dass sie froh darüber war, wenn sie zum Essen nicht zu Hause war, das ersparte der Guten Arbeit. Für Klara war ihr Beruf im wahrsten Sinne des Wortes Berufung.

Fürstenkrone Classic – 10 –

Neues Glück im Frühling

Zwei junge Herzen gehen eigene Wege

Carolin Schreier

»Nun übst du schon über zwei Stunden, Katarin. Meinst du nicht, dass es allmählich an der Zeit wäre, den Flügel zuzuklappen und dir ein wenig frische Luft um die Nase wehen zu lassen?«

Mit säuerlicher Miene stand Ellinor von Loetzen in der Tür des Musikzimmers und hörte ungeduldig zu, wie ihre Tochter wieder und wieder dieselbe Stelle aus Chopins Barcarole spielte und dabei jedes Mal das Tempo um eine winzige Nuance steigerte.

»Okay, Mama. Wenn du unbedingt meinst, werde ich später eben ein Stündchen ausreiten. Aber nicht jetzt. Erstens ist es ohnehin noch viel zu heiß. Und zweitens schaffe ich diese Terzen und Sexten noch nicht einmal halb so schnell wie vorgeschrieben. Es ist wie verhext: Immer wenn ich die Geschwindigkeit über ein bestimmtes Maß hinaus steigere, verheddern sich meine Finger. Oder die Töne kommen nicht gleichzeitig. Oder ich bin zu langsam mit dem Pedalwechsel.«

Ellinor verdrehte die Augen zur Zimmerdecke.

»Das bildest du dir ein, Katarin. In Wirklichkeit klingt alles, was du spielst, absolut perfekt. Es gibt nichts mehr daran zu verbessern, glaube mir.«

Katarin von Loetzen dehnte und reckte ihre Finger, während sie einen tiefen Seufzer ausstieß.

»Das verstehst du nicht, Mama. Deinen bescheidenen Ansprüchen mag meine Kunst genügen, aber das hat im Grunde gar nichts zu bedeuten. Wenn ich Professor Sauter vorspiele, die Aufnahmeprüfung an der Münchner Musikhochschule bestehen und später als Konzertpianistin Karriere machen will, muss ich mich noch gewaltig steigern. Und viel mehr üben. Ohne Fleiß kein Preis, sagt man nicht umsonst.«

»Wenn ich dieses will, wenn ich jenes will«, murmelte Ellinor von Loetzen ungnädig, doch Katarin hörte ihrer Mutter schon nicht mehr zu. Die Zungenspitze zwischen den zusammengepressten Lippen, übte sie weiter und hätte es wahrscheinlich nicht einmal gemerkt, wenn die Welt um sie her in Scherben gefallen wäre.

Ellinor verdrehte genervt ihre Augen.

Wollte sie ihrer Tochter nicht stumme Gesellschaft beim Üben leisten, blieb ihr keine andere Wahl, als sich zurückzuziehen. Nicht eben leise schloss sie die Tür des Musikzimmers wieder hinter sich, machte auf dem Absatz kehrt und lief, die Augen starr geradeaus gerichtet, den mit Mahagoniholz getäfelten Flur entlang.

Katarins Musizierwut machte ihr Kopfzerbrechen.

Warum in aller Welt wollte Katarin unbedingt Pianistin werden? Warum war sie nicht wie andere junge Frauen, die vom Heiraten träumten, von einer Familie mit einem netten Mann und Kindern?

Warum war sie nicht eine ganz normale Dreiundzwanzigjährige?

Warum war sie nicht einfach so, wie sie selbst in Katarins Alter gewesen war?

Soweit Ellinor von Loetzen sich entsinnen konnte, hatte sich ihre nähere und fernere Verwandtschaft nie durch besondere Musikbegeisterung ausgezeichnet. Und die ihres Mannes ebenfalls nicht.

Einzig und allein Katarin …

Das grelle Sonnenlicht traf Ellinor, als sie aus dem dunklen Flur auf die Terrasse hinaustrat, so unvermutet, dass sie für einen Moment die Augen schließen musste.

Als sie die Lider wieder hob, schweifte ihr Blick über grünende Rebhügel. Und über die Dächer und Türme der Stadt Meersburg und den türkis schimmernden Bodensee. Weit hinaus bis zu den von leichten Dunstschleiern verhüllten Bergen des Schweizer Ufers, hinter denen sich ein leuchtend blauer Himmel wölbte.

Es war ein Bild voller Licht, Heiterkeit und Wärme, das so gar nicht zu Ellinor momentaner Stimmung passen wollte.

Sie betrachtete es mit gerunzelter Stirn.

»Hallo, Schatz! So nachdenklich an diesem schönen Frühlingsnachmittag? Ist irgend etwas nicht in Ordnung?«

Bodo von Loetzen schaute von seinem Laptop auf und musterte Ellinor, die sich ihm auf seine freundliche Frage hin mit einem matten Lächeln auf den Lippen zuwandte.

»Ich mache mir wieder einmal Sorgen um Katarin«, entgegnete sie schulterzuckend.

»Um Katarin?« Bodo zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Aber warum denn, Ellinor? Sie ist so ein hübsches tüchtiges Geschöpf. Ich glaube, wir sollten eher stolz auf sie sein. Eine ganze Weile schon höre ich ihr Klavierspiel. Es klingt, als säße man im Konzertsaal. Wirklich wunderbar.«

Als Bodo sah, dass der skeptische Ausdruck in Ellinors Miene sich noch verschärfte, schaltete er seinen Laptop aus und forderte seine Frau mit einer einladenden Handbewegung auf, neben ihm auf der Sitzgarnitur aus Eukalyptusholz Platz zu nehmen.

»Ist die Aussicht von unserer Terrasse nicht göttlich?«, fragte er, um sie abzulenken.

Ellinor lehnte Halt suchend ihren Kopf an Bodos Schulter.

»Natürlich«, erwiderte sie. »Ein schöneres Fleckchen Erde kann ich mir in der Tat nur schwerlich vorstellen. Und deshalb ist es auch mein sehnlichster Wunsch, dass Weingut und Landhaus Loetzen in dieser Form erhalten bleiben. In der kommenden fünften Generation und in allen weiteren.Wenn Katarin allerdings als Pianistin durch die Lande reist, weiß ich wirklich nicht, wie die Zukunft unseres Betriebs und unseres Besitzes aussehen soll.«

Bodo von Loetzen winkte ab.

»Katarin auf Konzerttournee rund um den Globus? Das glaubst du doch nicht im Ernst, Ellinor. Sie träumt hin und wieder davon, gewiss. Alle jungen Menschen haben ihre Träume. Das ist völlig normal. Aber vom Träumen zum Handeln und zur Wirklichkeit ist noch ein weiter Weg.«

»Dein Wort in Gottes Ohr, Bodo«, gab Ellinor mit spröder Stimme zurück. »Ich bin mir in diesem Punkt längst nicht so sicher.«

Bodo tätschelte ihre Hand.

»Weil du wie immer rabenschwarz siehst, wo es allerhöchstens um ein bisschen hellgrau geht, Ellinor«, grins­te er und blinzelte seiner Frau aufmunternd zu. »Oder meinst du, Jodok würde unsere Katarin einfach so gehen lassen?«

Ellinor von Loetzen griff nach dem Glas mit Mineralwasser, das Bodo zwischen seinem Laptop, einem dicken Aktenordner und ein paar Kugelschreibern auf dem Tisch stehen hatte, und trank gierig ein paar Schlucke.

»So wie die Dinge im Augenblick stehen, mit Sicherheit nicht«, räumte sie ein. »Aber das kann sich schneller ändern, als uns lieb ist. Vor allem, wenn unsere Tochter dem guten Jodok weiterhin in aller Deutlichkeit zu verstehen gibt, dass er in ihrem Leben nur die zweite Geige spielt, weil ihr ihre Musik wichtiger ist als alles auf der Welt.« Nervös drehte Ellinor Bodos Glas in ihren Händen, ehe sie es auf den Tisch zurückstellte. »Irgendwann wird eine junge Frau auftauchen, für die einzig und allein Jodok an erster Stelle steht«, unkte sie. »Sie wird ihn unserer Katarin mir nichts, dir nichts vor der Nase wegschnappen. Du wirst schon sehen.«

Bodo stutzte. Einen Moment lang war er sichtlich betroffen, fegte dann aber Ellinors Einwand mit einer lässigen Handbewegung vom Tisch.

»Deine Befürchtung ist völlig aus der Luft gegriffen, Ellinor. So etwas kann nie und nimmer geschehen«, erklärte er mit fester Stimme. »Erstens kennen sich Jodok und Katarin seit ihrer Kindheit. Sie sind, wie du weißt, bereits in der Schule die besten Kameraden gewesen und miteinander durch dick und dünn gegangen. Und zweitens sind sie schon aus reinen Vernunftgründen das perfekte Paar. Wenn die Weingüter Loetzen und Solln in einer Hand vereinigt sind, werden sie in der Region eine Monopolstellung innehaben, die kaum mehr zu überbieten ist. Jodoks Riesling und Weißherbst, unser Silvaner und Spätburgunder, dazu der Seesecco, den wir seit zwei Jahren gemeinsam produzieren … Herz, was willst du mehr?«

Bodo hob bei diesen Worten großspurig die Hände, während Ellinor ihren Mann, der sich in Eifer geredet hatte, mit einem befremdeten Seitenblick musterte.

Dass er nach fünfundzwanzig Ehejahren, wenn es um die Heirat seiner Tochter ging, von Kameradschaft und einer Fusion zweier Weingüter redete, missfiel ihr.

Unwillkürlich rückte sie ein Stück von ihm ab.

Dabei berührten ihre Beine aus Versehen Lupo, den alten Schäferhund, der es sich von ihr unbemerkt unter dem Tisch bequem gemacht hatte.

Er brummte, erhob sich mühsam und legte in Erwartung einer Streicheleinheit mit einem bittenden Blick seine ergraute Schnauze in ihren Schoß.

»Und was das Allerwichtigste ist … Katarin und Jodok lieben sich«, fügte Bodo im selben Moment, als hätte er Ellinors Gedanken erraten, hinzu. »Wahre Liebe lässt sich nicht so schnell durcheinanderbringen oder gar zerstören. Weder von musikalischen Ambitionen noch von einer anderen Frau. Findest du nicht auch, Ellinor? Hat nicht auch unsere Liebe schon manche Turbulenzen glücklich und unbeschadet überstanden?«

Ellinor atmete tief durch und lächelte.

»Das hast du schön gesagt«, pflichtete sie Bodo bei. »Und vollkommen Recht hast du obendrein. Warum sollte ich also nicht deiner Meinung sein?«

Sie rutschte wieder näher zu ihrem Mann und legte ihre Hand auf seinen Arm.

»Du hast gearbeitet?«, erkundigte sie sich mit einem Blick auf Laptop und Aktenordner.

Bodo von Loetzen nickte.

»Ja. Aber ich bin, ehrlich gesagt, nicht so recht vom Fleck gekommen.«

»Gibt es Probleme?«

Erst jetzt bemerkte Ellinor, dass die Finger ihres Mannes unruhig auf die Tischplatte trommelten. Und auch die Sorgenfalte zwischen seinen Augenbrauen schien ihr mit einem Mal tiefer als sonst zu sein.

Bodo verzog seinen Mund zu einem schiefen Lachen.

»Dir verursacht Katarin Kopfzerbrechen, bei mir sind es die Eisheiligen«, sagte er, froh, sich endlich von der Seele reden zu können, was ihn bedrückte.

Ellinor schüttelte den Kopf.

»Aber Bodo, wer wird bei diesen beinahe hochsommerlichen Temperaturen an Nachtfröste denken?«, beschwichtigte sie. »Es hat, zumal bei uns im Süden, schon des öfteren Jahre gegeben, in denen die Eisheiligen ganz einfach ausgefallen sind.«

»Ja, natürlich«, stimmte Bodo zu. »Aber hin und wieder haben die drei Kälteapostel samt ihrer weiblichen Nachhut gerade nach einem sehr warmen trockenen Maianfang schon üble Schäden an den Reben angerichtet. Und sollte es diesmal wieder so kommen …« Bodo rieb sich die Stirn. »Wie du weißt, haben wir vergangenes Jahr einen Kredit für die gründliche Renovierung unserer Kellerei aufgenommen, und bereits ein teilweiser Ausfall der Lese würde uns deshalb empfindlich treffen. Wie sollen wir, wenn wir unsere Lieferverträge nicht einhalten könnten, finanziell zurechtkommen? Wir kalkulieren in letzter Zeit ohnehin schon knapp genug.«

Ellinor machte ein ratloses und auch ein wenig betretenes Gesicht.

Sie schwieg.

Auf ihrer Unterlippe herumkauend, warf sie sich im Stillen vor, ihren Mann zu sehr mit ihren eigenen Problemen zu behelligen. Und ihm nicht ausreichend Gelegenheit zu geben, auch seine eigenen Sorgen und Nöte auf den Tisch zu legen.

»Jodok hat mir für den Fall, dass der Wetterbericht Nachtfröste prophezeien sollte, angeboten, mir seine Beregnungsmaschine auszuleihen. Das beruhigt mich ein wenig«, redete Bodo weiter. »Die Vereisung der Reben ist ein Verfahren, das sie vor Frostschäden schützen soll. Es wird hier in unserer Gegend noch kaum angewendet, könnte aber, wie Jodok meint, Schule machen. Obwohl er so gut wie keine Erfahrung damit hat, schwört er darauf. Und ich denke, dass wir ihm und seiner Einschätzung der Lage vertrauen können.«

»Unbedingt«, stimmte Ellinor sofort zu. »Jodok ist für alles Neue aufgeschlossen, dabei verantwortungsvoll und umsichtig. Selbst ein eigener Sohn könnte kaum vertrauenswürdiger sein. Jodok von Solln als Bräutigam unserer Katarin ist wirklich ein großes Glück für unser Weingut.«

Im selben Augenblick hörte Ellinor ein paar vom Wind herangetragene perlende Klavierläufe, und neuerlich legte sich ein Schatten über ihre Miene.

Schon wollte sie Bodo bitten, als Vater endlich einmal ein ernstes Wort mit Katarin zu reden und nicht alle Unannehmlichkeiten im Umgang mit der Tochter ihr zu überlassen, besann sich aber sofort wieder.

Ihr Mann hatte bereits genug um die Ohren.

»Und wie geht es mit den Entwürfen für die Etiketten der neuen Weinflaschen voran?«, fragte sie stattdessen.

Bodo seufzte und schaltete den Laptop wieder ein.

»Ziemlich zäh«, erwiderte er mit einem bedauernden Schulterzucken. »Ich bin ein ganz passabler Winzer, aber mit Zeichnen und Malen hatte ich leider noch nie viel am Hut. Meine Kreativität lässt zu wünschen übrig.«

Mit ein paar Mausklicks rief er das Zeichenprogramm und dann die Datei mit den Etiketten auf.

Zuerst blendete er eine Weinrebe mit der Aufschrift ›Weingut von Loetzen am Bodensee‹ ein, dann ein mit Rotwein gefülltes Glas, unter dem, lediglich durch das Wort ›Spätburgunder‹ ergänzt, derselbe Text stand. Als Drittes führte er noch den Versuch vor, die weinumrankte Silhouette von Meersburg als Aushängeschild für den Silvaner zu verwenden.

»Das war’s dann auch schon«, räumte Bodo ein wenig beschämt ein.

»Ist doch gar nicht so übel«, trös­tete Ellinor halbherzig.

Ehrlich, wie sie war, fiel es ihr schwer zu verbergen, dass im Grunde keiner der Entwürfe ihren Geschmack traf. Doch sie wollte auf jeden Fall vermeiden, Bodo mit offen gezeigter Enttäuschung zu kränken. Zumal auch ihr kein brauchbarer Vorschlag in den Sinn kam.

Bodo allerdings verzog trotz Ellinors Schonung das Gesicht, als hätte er in einen sauren Apfel gebissen.

»Was eine werbeträchtige Aufmachung der Flaschen betrifft, tut sich selbst Jodok schwer«, rechtfertigte er sich, als würde diese Tatsache als Begründung für seinen Mangel an Einfällen vollkommen ausreichen.

Ellinor kaute auf ihrem Daumennagel herum.

»Vielleicht sollten wir professionelle Hilfe in Anspruch nehmen«, schlug sie vor.

»Wir könnten zum Beispiel einen guten Werbegrafiker mit der Gestaltung der Etiketten beauftragen. Der wird zwar nicht ganz billig sein, aber möglicherweise rechnet er sich trotzdem. Wenn es schon wahr ist, dass Kleider Leute machen, gilt Ähnliches wohl auch für Weine und ihre Etiketten.«

Bodo bedachte Ellinor mit einem liebevoll nachsichtigen Blick.

»Der Vergleich hinkt zwar ein wenig, mein Schatz«, meinte er, »dessen ungeachtet ist Jodok jedoch derselben Ansicht. Er hat auch bereits Ausschau gehalten, ohne bis jetzt allerdings etwas Passendes zu finden. Aber was nicht ist, kann ja bekanntlich noch werden.«

Ellinor zog fragend die Augenbrauen hoch.

»Heißt das, ihr wollt nicht nur beim Seesecco, sondern auch bei den Etiketten gemeinsame Sache machen?«, erkundigte sie sich.

Bodo nickte.

»So ist es. Schließlich ist es wichtig, dass wir unsere Zusammenarbeit kontinuierlich weiter ausbauen«, erklärte er. »Wenn Jodok und Katarin erst …«

Weiter kam er nicht, weil im selben Moment Katarin auf der Terrasse auftauchte.

»Ich bin jetzt fertig mit Üben und werde ein bisschen ausreiten«, verkündete sie, während sie scherzhaft das bereits von den ersten grauen Strähnen durchzogene Haar ihres Vaters zauste. »Mama hat sich heute ohnehin schon beklagt, dass ich am Flügel zu wenig Frischluft abbekomme.«