Die Bürgerliche Revolution - Markus Krall - E-Book
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Die Bürgerliche Revolution E-Book

Markus Krall

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Beschreibung

Wir steuern auf eine Großkrise zu: Die Freiheitsrechte und die Marktwirtschaft erodieren, das monetäre System kollabiert, die Eliten versagen. Durch maßlose Umverteilung gleiten wir in einen planwirtschaftlichen Staatsmonopolkapitalismus ab. Markus Krall hat bereits in seinen früheren Bestsellern diese Gefahren eindrucksvoll beschworen. In seinem neuen Buch ruft er nun unsere Leistungselite dazu auf, aufzuwachen und die Krise als Chance für eine bürgerliche Revolution zu nutzen. Als Voraussetzung dafür müssen wir die beschädigten fünf Werte-Säulen einer freien Gesellschaft retten: Familie, Eigentum, Individualität, Religion und Kultur. Mit einem 100-Tage-Programm macht er Vorschläge, um die unmittelbaren Gefahren abzuwenden und den Weg der Gesundung zu beschreiten. Und er regt eine Verfassungsdebatte zur Stärkung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung an.

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»Geld ist das Barometer der Moral einer Gesellschaft. Wenn Sie sehen, dass Geschäfte nicht mehr freiwillig abgeschlossen werden, sondern unter Zwang, dass man, um produzieren zu können, die Genehmigung von Leuten braucht, die nichts produzieren, dass das Geld denen zufließt, die nicht mit Gütern, sondern mit Vergünstigungen handeln, dass Menschen durch Bestechung und Beziehungen reich werden, nicht durch Arbeit, dass die Gesetze Sie nicht vor diesen Leuten schützen, sondern diese Leute vor Ihnen, dass Korruption belohnt und Ehrlichkeit bestraft wird, dann wissen Sie, dass Ihre Gesellschaft vor dem Untergang steht.«

Ayn Rand

Die Freiheit gewinnt ihren Wert auch aus der Tatsache, dass wir um sie kämpfen müssen.

Gewidmet all denen, die diesem Kampf zum Opfer gefallen sind und ihm noch zum Opfer fallen werden.

Distanzierungserklärung: Mit dem Urteil vom 12.05.1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite gegebenenfalls mit zu verantworten hat. Dies kann, so das Landgericht, nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Wir haben in diesem E-Book Links zu anderen Seiten im World Wide Web gelegt. Für alle diese Links gilt: Wir erklären ausdrücklich, dass wir keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten haben. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten in diesem E-Book und machen uns diese Inhalte nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle in diesem E-Book angezeigten Links und für alle Inhalte der Seiten, zu denen Links führen.

© für die Originalausgabe und das eBook: © 2020 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Network! Werbeagentur GmbH, München

eBook-Produktion: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

ISBN 978-3-7844-8317-9

www.langen-mueller-verlag.de

Inhalt

Vorwort zur 3. Auflage

I Prolog: Was ist liberal?

II Freiheit oder Knechtschaft

III Das Versagen der politischen Elite

IV Das Versagen der Kirchen

V Gleichschaltung und Manipulation der Medien

VI Die Programmatik des Kulturmarxismus versus die Werte der Aufklärung

VII Der nahende Crash des Geldes als Chance zur Erneuerung

VIII Eine bürgerliche Revolution in Deutschland?

IX Eine neue Ordnung der Freiheit

X Epilog: Die sieben Todsünden unserer Gesellschaft

Literaturliste

Vorwort zur 3. Auflage

Fünf Tage nach Erscheinen der »bürgerlichen Revolution« sind die ersten beiden Auflagen vergriffen, und das mitten in der »Corona-Krise«, die unter anderem zur Schließung aller Buchläden geführt hat. Die Mutter aller schwarzen Schwäne hat nicht nur dieses Land, sondern gleich den ganzen Planeten erreicht, und plötzlich ist nichts mehr wie es einmal war.

Die Pandemie hat den Prozess in Gang gesetzt, der die in 15 Jahren angestauten Ungleichgewichte falscher Geld- und Wirtschaftspolitik wie Dominosteine zum Kippen bringen wird, und sie hat den Ablauf der Krise in einen Zeitraffer gepackt, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Der in meinem Krisenszenario prognostizierte Ablauf von Deflation, Geldschwemme und folgender Hyperinflation wird durch den panikartigen Übergang zum Helikoptergeld im März des Jahres 2020 von Quartalen auf Wochen komprimiert.

Noch vor dem Kollaps der Zombieunternehmen und der Banken fluten die Zentralbanken die Wirtschaft mit Geldsummen jenseits jeder Fähigkeit, diese gewaltigen Summen auch in die halbwegs zielführende Verwendung steuern zu können. Eine gewaltige Gießkanne überschüttet erst die großen, dann die kleinen Unternehmen und schließlich auch die Bürger, ihre Kaufkraft wird nicht mehr durch die Verfügbarkeit von Geld limitiert, sondern durch die Rationierung von Waren. Eine schnell wachsende Geldmenge trifft auf ein Warenangebot, das durch den Angebotsschock kollabierender Lieferketten schrumpft.

Jetzt werden wir feststellen, dass die Knappheit an Gütern nicht dadurch abgeschafft werden kann, dass man die Knappheit des Geldes beseitigt. Die Modern Monetary Theory, die dies propagierte, erst wenige Monate alt, stirbt den plötzlichen Tod durch Infarkt, scheitert am ersten Test der Realität, wird von der Empirie auf den Müllhaufen gescheiterter Theorien geworfen. Da gehörte sie von Anfang an hin.

Das Auseinanderlaufen von Warenangebot und Geldmenge wird auf direktem Wege in die Hyperinflation führen. Sie passiert aktuell schon. Eine Packung Nudeln kostet 3,50 Euro, 150% mehr als vor 8 Wochen. Eine Rolle Klopapier, versteigert auf Ebay, sprengt alle Prozentrechnungen. Man geht in sein Badezimmer, schaut sich um und stellt fest: Ich bin reich, denn mein Klopapier reicht für einen Mercedes C-Klasse!

Aber es ist kein Reichtum, es ist eine Geldillusion, eine Flucht aus dem Euro in die dringend benötigten Güter des täglichen Bedarfs, deren Versorgung der kleine Mann dem System bald nicht mehr zutraut.

Wenn wir in einigen Wochen – hoffentlich – aus dem Alptraum der Quarantäne, der Ausgangssperren und Infektionsstatistiken aufwachen werden, so werden wir uns in eine andere Welt hineintasten. Eine Welt, in der Güter wieder knapp sind, in der das Geld täglich an Kaufkraft verliert, in dem eine fallende Güterproduktion auf unsere Einkommen durchschlägt und in der Millionen Menschen in die Arbeitslosigkeit gehen. Das bedeutet: Depression und Inflation in Kombination, also Stagflation, und das in noch nie dagewesenem Ausmaß.

Dann werden wir feststellen, dass auch unser gesellschaftliches System den Stresstest nicht besteht. Die Kräfte der Veränderung werden die gescheiterte Parteiendemokratie zur Abdankung zwingen. Aber was folgt dann? Folgen unsere Völker den Sirenenstimmen des Sozialismus und beginnen wir also den Abstieg in die dann drohende Barbarei? Oder besinnen wir uns als Volk auf die Kraft der Freiheit und der Marktwirtschaft und führen unsere Zivilisation, unseren Kontinent und unser Land so zu neuer Blüte?

Als ich »Die bürgerliche Revolution« schrieb, hatte ich die Hoffnung, dass uns noch einige Quartale der Vorbereitungszeit für diese Auseinandersetzung bleiben würden. Das war ein Trugschluss. Die Realität war schneller. Die unverhoffte Aktualität der Bedienungsanleitung für die Errichtung einer freien Republik, die dieses Buch sein soll, macht es erforderlich, dass wir schneller denken, schneller unsere Schlüsse ziehen und schneller handeln, wenn wir dieses Land vor dem Weg in den Abgrund bewahren wollen.

Schon ruft die Antifa dazu auf, die Gelegenheit zu nutzen, um die öffentliche Ordnung zu zerstören, bis hin zum Instrument der Plünderung. Die gewalttätige Machtergreifung der nach stalinistischem Vorbild agierenden Verfechter der Tyrannei ist eine reale Bedrohung. Ihr menschenverachtendes Weltbild versetzt sie in die Lage, dabei jedwede Grenze zu überschreiten. Gewalt ist nicht ihr Tabu.

Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass unsere parteipolitische Klasse der Umverteilungsnomenklatura Gefallen an der neu entdeckten Machtfülle findet. Ihre Lippenbekenntnisse in den Talkshows der Medienclaqueure, wie schwer es ihnen falle, unsere Grundrechte einzuschränken, kollidieren mit einer gefährlichen Versuchung:

Denn sie lernen gerade dank der seuchenpolitischen Notwendigkeiten, wie man ein ganzes Volk einsperrt. Honecker hätte das gefallen.

Und ich fürchte, auch sie werden von diesem Geschmack nach dem Ende der akuten Pandemiekrise nicht mehr lassen wollen. Die Tyrannis hat schnell Blut geleckt.

Dem müssen wir uns mit den Mitteln des Rechtsstaates und des bürgerlichen Ungehorsams entgegenstellen. Denn wenn wir das nicht tun, wird die Tyrannei siegen. Dann könnte der Satz von Jefferson wieder Aktualität erlangen: »Der Baum der Freiheit muss von Zeit zu Zeit mit dem Blut von Patrioten und von Tyrannen begossen werden. Dies ist sein natürlicher Dünger.«

I • Prolog: Was ist liberal?

»Die Menschen stolpern gelegentlich über die Wahrheit, aber sie richten sich danach auf und gehen weiter, als sei nichts geschehen.«

Sir Winston Spencer Churchill

Als ich 2018 das Buch »Wenn schwarze Schwäne Junge kriegen« publizierte, waren die Reaktionen der liberalen Politik, selbst bei vielen Politikern, die meine kritische Sicht auf den Geldsozialismus der Europäischen Zentralbank für richtig halten, geteilt. Zustimmung kam vor allem von der außerparlamentarischen liberalen Opposition im Lande, die sich in Hayek-Clubs und Erhard-Gesprächszirkeln, in staatspolitischen Vereinigungen und Gruppen organisiert. Aus der Politik wurde mir vorgeworfen, dass meine Ausführungen nicht liberal seien, sondern einem »gefühligen Konservativismus« das Wort redeten. Das sei das Gegenteil von liberal, ja sogar das Gegenteil von dem, wofür Hayek gestanden habe.

Diese Kritik entzündete sich vor allem an meinen Zweifeln an der Parteiendemokratie, an der Anprangerung des Völkerselbstmordes, ausgelöst durch ein auf Umverteilung von Kinderreichen zu Kinderlosen angelegtes Renten- und Sozialsystem und die Freigabe der Abtreibung, an dem Kapitel über das »geostrategische Vakuum«, und damit verbunden der Ablehnung unkontrollierter Einwanderung eines fundamentalistisch orientierten Islam, sowie meinem Ruf nach einer auf Territorialverteidigung fokussierten Milizarmee mit Wehrpflicht nach Schweizer Vorbild.

Ich will gerne konzedieren: Für einen Liberalen der politischen Schule unserer Parteiendemokratie war das alles schwer verdaulich. Hat man sich doch dort in den letzten Jahrzehnten damit begnügt, die Früchte des Wohlstands, welche die Marktwirtschaft zur Verfügung stellt, für selbstverständlich zu halten und das liberale Dasein auf die »gesellschaftspolitischen Themen« reduziert zu fristen, die man mit Feminismus, sexueller Selbstbestimmung, Gleichstellung von Minderheiten und anderen verwandten Themen zur eigentlichen, wahren und einzigen liberalen Agenda verklärt hat.

Und ja, persönliche Selbstbestimmung ist auch konstitutiv für eine freie Gesellschaft, die dem Diktum Friedrichs des Großen genügen will, dass »jeder nach seiner Façon selig werden könne«. Diese Politik ist jedoch aufgrund ihres Tunnelblicks einer Reihe von fundamentalen Irrtümern aufgesessen.

Die liberale Politik hat nicht erkannt, dass die Früchte der marktwirtschaftlichen Ordnung gegen die Gleichmacher und Umverteiler permanent verteidigt werden müssen, wenn sie erhalten bleiben sollen. Im Gegenteil: Der politische Liberalismus ist auf das süffige Schlagwort vom »dritten Weg« hereingefallen, der für seine Erfinder in Wahrheit nie ein Kompromiss zwischen Marktwirtschaft und Sozialismus sein sollte, sondern eine Zwischenstufe von der Marktwirtschaft zum Sozialismus. Heute sehen wir, dass die Mahner von Hayek bis Baader in dieser Frage recht hatten. Die Politik hat in ihrem Umverteilungs- und gleichmacherischen Wahn jedes Maß verloren, und der Marsch in den planwirtschaftlichen Staatsmonopolkapitalismus gewinnt täglich an Geschwindigkeit. Der stärkste Motor dieser Entwicklung ist unser entgleistes Geldsystem. Hat dies den politischen Liberalismus wachgerüttelt? Bis heute jedenfalls nicht. Dort scheint man sich darauf zu beschränken, die große geistige Auseinandersetzung unserer Tage für eine Marketingübung zu halten. Mehr Arbeit und Mühe fließen in die Auswahl des Farbtons für den Briefkopf und die Plakate des Stellvertreters des parteipolitischen Liberalismus auf Erden als in die Frage, wie eine freiheitliche Republik gestaltet werden sollte.

Die liberale Politik hat auch nicht erkannt, dass eine übersteigerte Vergötzung des Individuums ohne jegliche Bindung und Verantwortung, den wichtigsten Baustein der freiheitlichen Gesellschaft untergräbt, nämlich die Familie. Freiheitliche Werte stehen nicht isoliert nebeneinander und werden nicht einfach ohne Wechselwirkung auf 100 Prozent maximiert. Ein Element überzubetonen kann zulasten eines anderen Elements der Freiheit gehen. Wenn man das nicht beachtet, wird man zum Opfer neuer »-ismen«, in diesem Fall des Feminismus und des Genderismus.

Beide stehen heute nicht für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung, weil der von ihnen propagierte Lebensstil nicht ohne massive Umverteilung und Enteignung der Leistungsträger realisiert werden kann.

Der politische Liberalismus hat in diesem Kontext aber vor allem an einer Stelle in massiver Weise versagt: Er hat die unbedingte Conditio sine qua non der Maximierung der Freiheit in einer Gesellschaft vergessen, die da lautet: Die Freiheit des Einzelnen findet ihre Grenze dort, wo die Freiheit und die fundamentalen Rechte des anderen anfangen. Dieser erste und wichtigste Grundsatz wurde durch einen Taschenspielertrick der »linksliberalen«, also der in Wahrheit sozialistisch denkenden und fühlenden Protagonisten des tonangebenden politischen Liberalismus beim Recht auf Leben über Bord geworfen. Dabei ist doch das Recht auf Leben die Voraussetzung dafür, dass der Mensch Freiheit überhaupt ausüben kann. Man hat, indem man eine Gruppe von Menschen des persönlichen Menschseins entkleidet hat, diese Gruppe der vollkommenen Willkür ausgeliefert. Es ist hier die Rede von den Ungeborenen. Diese Politik hat die Menschen in den westlichen Ländern mittlerweile gegenüber dieser Gruppe in einem Ausmaß verroht, dass es keinen Aufschrei mehr verursacht, wenn die Jungsozialisten in Deutschland die totale Freigabe der Abtreibung bis zur Geburt fordern, eine Forderung, die der Auffassung die juristische Tür öffnet, dass ein Kind, welches seine Abtreibung überlebt, auch außerhalb des Mutterleibes noch getötet werden sollte, weil seine Geburt ja dann nur ein medizinischer Kunstfehler sei, der nach dem Willen der Mutter zu korrigieren ist.[1] In New York hat man diese Forderung im Jahr 2019 zum Gesetz erhoben. In den USA ist diese Forderung Mainstream der sich selbst als »liberal« bezeichnenden Demokratischen Partei.[2]

So öffnen sich durch schrittweise Gewöhnung die Tore zur Barbarei.

Keine Gesellschaft kann ihre Freiheit erhalten, wenn sie die Werte, die diese Freiheit in Wahrheit begründen, mit Nonchalance und Achtlosigkeit über Bord wirft. Während die Umverteiler ständig die Rechte der angeblich Schwachen der Gesellschaft im Munde führen, vergreift sich eine gewaltsam die Augen verschließende Gesellschaft in der Frage der Abtreibung an den Schwächsten in ihrer Mitte mit einer kaum noch überbietbaren Brutalität. Diese Haltung kann niemals liberal sein. Sie ist in Wahrheit eine Perversion des übersteigerten individualistischen Egoismus, der vor den Rechten Schwächerer nicht mehr haltmachen will. Ich sehe die Gefahr, dass es dann nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sich seine raubtierartige Natur auch gegen die geborenen Mitmenschen richtet.[3] In der Wollkleidung des Linksliberalen wohnt in Wahrheit ein beinharter Sozialist, und auf die unvermeidlich genozidale Logik des Sozialismus wird in diesem Buch noch einzugehen sein.

Friedrich von Hayek war gegenüber der Abschaffung von Traditionen und tradierten Normen äußerst skeptisch eingestellt.[4] Er war in diesem Sinne ein konservativer Liberaler. Der Grund dafür ist in seiner Perspektive auf die spontane Ordnung zu sehen, die eben nicht nur das rein ökonomische Leben bestimmt, sondern vor allem das Regelwerk, die Gesellschaftsordnung, die Werte, die der freien Marktwirtschaft zur Entfaltung und zum Erfolg verhelfen. Traditionen und Werte, die über sehr lange Zeit funktioniert haben, haben den Test der gesellschaftlichen Evolution bestanden. Sie sind oft auch dann Grundvoraussetzungen für das Funktionieren der freien Gesellschaft, wenn wir ihre komplexen Wirkmechanismen gar nicht wissenschaftlich verstanden haben. Erst das Experiment ihrer Abschaffung macht dann oft genug schmerzhaft deutlich, welchen Wertbeitrag sie geleistet haben und warum ihre Zerstörung eine schlechte Idee für den Wohlstand und das Wohlergehen der Gesellschaft und des Einzelnen darstellt.

Der linksliberale gesellschaftspolitische Mainstream verweigert sich dieser Erkenntnis aber und spricht denen ab, liberal zu sein, die das Konzept der spontanen Ordnung auch dort ernst nehmen, wo es nicht nur um Preisbildung und Preissignale des freien Tausches geht. Das ist grundfalsch. Wertkonservativismus, der Werte als das Ergebnis eines evolutionären gesellschaftlichen Prozesses versteht, ist im Gegenteil ein konstitutiver Bestandteil liberalen Gedankengutes.

Wenn wir unsere Freiheit gegen den in vollem Gange befindlichen sozialistischen Angriff erfolgreich verteidigen wollen, dann sollten wir uns das besser schnell und gründlich klarmachen.

Anmerkungen

[1] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/99562/Jusos-wollen-Legalisierung-von-Schwangerschaftsabbruechen; https://www.jusos.de/content/uploads/2018/12/g1_fuer-ein-recht-auf-reproduktive-selbstbestimmung-legalisierung-von-schwangerschaftsabbruechen.pdf. Diese Konsequenz steht zwar im Beschluss der Jusos nicht explizit, ist jedoch die juristische Folge der bewusst schwammig gewählten Formulierung. Die Erfahrung in den USA zeigt, dass Abtreibungskliniken sich nicht darum scheren, was angeblich gar nicht gemeint ist, sondern diese absichtlich geschaffenen juristischen Grauzonen zugunsten einer extremen Auslegung zulasten des Lebensrechtes von Ungeborenen ausnutzen.

[2] https://www.focusonthefamily.com/socialissues/life-issues/a-sad-day-in-new-york-abortion-now-legal-until-birth; http://www.outono.net/elentir/2019/01/29/the-monstrous-details-of-the-new-york-law-that-allows-abortion-up-to-birth/; https://www.dailywire.com/news/42839/watch-democratic-va-governor-endorses-murder-born-ben-shapiro?%3Futm_source=facebook&utm_medium=social&utm_campaign=benshapiro. Dazu passt insbesondere die Haltung der demokratischen Partei und ihrer Präsidentschaftskandidatin der Wahl 2016, die mit rabulistischen Argumenten ein Gesetz ablehnten, das ein Kind, welches seine Abtreibung überlebt, unter den Schutz des Gesetzes stellt (Live born infanct protection act): https://www.vox.com/policy-and-politics/2019/2/25/18239964/born-alive-abortion-survivors-protection-2019-sasse

[3] Das zeigt sich am Beispiel der Euthanasiepraxis in Holland, einem Vorreiterland bei der Freigabe der Abtreibung. Dort entscheiden mittlerweile Eltern und Ärztekommitees über das Leben von Kindern und Jugendlichen, und es wird aktive Sterbehilfe auch für Minderjährige aus psychischen Gründen durchgeführt, obwohl klar sein muss, dass deren Urteilsvermögen die Konsequenzen gar nicht erfassen kann: https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2019/06/noa-pothoven-and-dutch-euthanasia-system/591262/

[4] https://www.youtube.com/watch?v=pYCD7_OG2fU

II • Freiheit oder Knechtschaft

»Man ist frei, die Realität zu ignorieren. Man ist frei, seinen Verstand von jedem Fokus zu befreien und jeden Weg blind hinabzustolpern, den man möchte. Aber man ist nicht frei, den Abgrund zu vermeiden, den zu sehen man sich weigert.«

Ayn Rand

Die Bürger gehen nicht auf die Straße. Der Deutsche macht keine Revolution. Wenn er am Bahnhof demonstrieren geht, wird er erst mal eine Bahnsteigkarte lösen. Das soll sogar schon Lenin erkannt haben, dem das (nicht wirklich belegte) Zitat zugeschrieben wird: »Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte.« Der deutsche Michel: Brav. Lieb. Obrigkeitsgläubig.

Der Bürger neigt nicht zum Demonstrieren. Das überlässt er lieber dem Proletariat bzw. den Proleten. 2000 bezahlte Antifa-Aktivisten mischen Deutschland mehr auf als 15 bis 20 Millionen Leistungsträger, die mit ihrer Arbeit den ganzen Laden zusammenhalten. G-20 in Hamburg mit ein paar Molotow-Cocktails macht mehr Wind als 1800 Milliarden Euro Steuern und Abgaben, die von den Fleißigen, Pflichtbewussten, Leistungsorientierten dieses Landes erbracht werden.

Um akzeptiertes Mitglied einer Schafsherde zu werden, muss man vor allem eines sein: ein Schaf.

In der durch die empirische Beobachtung der letzten Jahrzehnte gestärkten Überzeugung scheint die politische Klasse Europas, insbesondere Deutschlands, davon auszugehen, dass sie die Leistungsträger als Schafsherde behandeln kann, dass es nicht zu einer bürgerlichen Revolte und Revolution kommt. Die Erwartung der Folgenlosigkeit des zur Fassungslosigkeit einladenden Tuns unserer Machteliten verführt diese in zunehmendem Maße dazu, den Wohlstand, der von einer kleinen, ja immer schneller schrumpfenden Minderheit des Volkes erwirtschaftet wird, als Selbstbedienungstheke, als Buffet zu betrachten, an dem man sich unverdient und dreist bereichern kann. Die Fantasie bei der Bereicherung korrupter Fußtruppen kennt dabei kaum noch Grenzen.

Der Bürger wird herangezogen, die Indoktrination, die ihn klein hält und verdummt, auch noch selbst zu finanzieren. Die ARD gibt 120 000 Euro des ihr gutgläubig anvertrauten Geldes der Bürger für ein Handbuch der Meinungsmanipulation, genannt »Framing« aus.[5],[6] Das ist Portokasse bei einem Budget von 9,1 Milliarden.[7] Die Kanzlerin beschäftigt eine Abteilung mit der Aufgabe des »Nudging«, der sublimen Beeinflussung des Wahlvolkes zur manipulativen Verhaltensänderung.[8]

In unzähligen Posten der öffentlichen Haushalte finden sich versteckte Transfers an politische Interessen- und Kampfgruppen, deren ganzes Handeln und deren Ideologie gegen die Interessen der Leistungsträger des Bürgertums gerichtet sind. Unter dem Deckmantel politischer »Stiftungen« und sogenannter »Nichtregierungs-Organisationen« (Non-Governmental Organisations, »NGOs«)[9] werden Aktivitäten finanziert, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten[10], und niemanden scheint es zu kümmern. Ideologische Schemata vom »Klimaschutz« bis zur »Flüchtlingshilfe« werden gebraucht, um großflächig Möglichkeiten für die politischen Insider zu schaffen, Steuermittel für private Zwecke in korrupter Manier abzugreifen.[11]

Die Umverteilung durch versteckte Mechanismen der Geld- und der Europapolitik erreicht mittlerweile Dimensionen, die mehr als die Hälfte des Vermögens der Deutschen quasi der programmierten Enteignung zuführen. Target-2, der allseits bekannte Billionenkredit der deutschen Bundesbank[12] und damit des deutschen Steuerzahlers an die Defizitländer der Eurozone, wird ergänzt und flankiert von einer immer größeren Zahl von Maßnahmen der Risikoteilung, die in Wahrheit Risikoüberwälzung der verschwenderisch wirtschaftenden Umverteiler an die solide wirtschaftenden Bürger in Europa darstellen. Unter dem Etikettenschwindel der »Bankenunion« wird eine weitere Schleuse zu den bereits installierten »kommunizierenden Röhren« des Geldes und des Risikos in Europa hinzugefügt.[13] Ihnen allen ist eines gemeinsam: Die Risiken fließen immer in ein und dieselbe Richtung, nämlich nach Norden, und die Gelder fließen in die entgegengesetzte Richtung, nämlich nach Süden.

Wo Geld in Bewegung gesetzt wird, da positionieren sich die Schleusenwärter einer korrupten Bürokratie, einer neuen »Classe distributive«[14], einer verteilenden Klasse des neuen europäischen Adels. Sie sehen die gewaltigen Ströme der Umverteilung als Gelegenheit und Chance, den Rahm an diesem Strom von Milch und Honig abzuschöpfen. Je mehr Umverteilung, desto mehr Existenzberechtigung beansprucht die kafkaeske Brüsseler Bürokratie, die keine demokratische Legitimation hat, sie auch nicht will und geradezu ablehnt, da diese mit stärkerer Kontrolle und Verantwortung vor dem Souverän einhergehen würde. Denn die Tatsache, dass die Bürger Europas ein – weitgehend machtloses – EU-Parlament wählen dürfen, lenkt von der Tatsache ab, dass die Kontrollbefugnisse dieser Debattierrunde praktisch bedeutungslos sind und sich das Haus nach einem Wahlrecht zusammensetzt, bei dem das Prinzip »eine Person – eine Stimme« nachgerade verhöhnt wird. So benötigen zum Beispiel die Wähler in Malta oder Luxemburg im Vergleich zu Deutschland weniger als ein Zehntel der Wählerstimmen, um einen Abgeordneten in das EU-Parlament zu entsenden. So funktioniert Demokratie nicht, und demokratische Kontrolle wird zur Farce. Wer die ganze Tragweite der auf Aushebelung der demokratischen Kontrolle angelegten EU-Bürokratie begreifen will, dem empfehle ich die Lektüre des Buches »The Rotten Heart of Europe« von Bernard Connolly.

Die Krönung der Regierung am Volk vorbei ist die Weigerung der Regierenden, das Volk überhaupt noch als Souverän anzuerkennen. Frei nach Brecht, der in seiner Kritik an den DDR-Machthabern im Zuge des Aufstandes von 1953 formulierte, dass die Regierung sich doch ein neues Volk suchen möge[15], haben die abgehobenen politischen Eliten Europas unter der Führung von Juncker, Macron und Merkel damit begonnen, diesen ironischen Satz wörtlich zu nehmen und mit einer Öffnung der Schleusen für eine seit 1600 Jahren nicht gesehene Völkerwanderung in Europa die tektonischen Platten unserer westlichen Zivilisation zu verschieben. Es ist ihnen klar, dass die Herrschaft der Lüge nur von zeitlich begrenzter Dauer sein kann. Also haben sie sich aufgemacht, die Realität an ihre Lüge anzupassen. Die Schaffung eines eingewanderten neuen Proletariats in ganz Europa soll die Notwendigkeit ihrer auf Umverteilung und bürokratische Zuteilung ausgerichteten Existenz nach ihrem Willen auf ewig zementieren. Dafür möchte man den mit KanzlerInnen-Selfies, Werbevideos und Rundum-Vollkasko-Versorgungspaket Gerufenen möglichst schnell das Wahlrecht verleihen. Zum Volk hat Frau Merkel sie ja schon ernannt.[16]

Wo das noch nicht ausreicht, um den Wählerwillen ins Gegenteil des Volkswillens zu verkehren, helfen Quoten, die dem allgemeinen, freien und gleichen Wahlrecht Hohn sprechen und deren Idee und Konzeption eine tiefe Verachtung für eben dieses Volk bzw. die europäischen Völker offenbart.[17]

So wird die Demokratie zur Travestie ihrer selbst.

Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte, bedingt durch eine ebenfalls auf Umverteilung ausgerichtete Geldpolitik, haben mittlerweile ebenfalls den Bruchpunkt erreicht. Wir stehen vor einer epochalen Wirtschaftskrise. Das monetäre System steht vor seinem Kollaps.[18] Die Konsequenz wird eine gesamtwirtschaftliche Verwerfung sein, wie Europa sie seit 1929 nicht gesehen hat. Die verborgenen Kosten der Enteignung des Bürgertums, der Leistungsträger unserer Gesellschaft, werden in aller Brutalität sichtbar werden. Der aufgesparte Schmerz von 40 Jahren unterdrückter Volatilität und Weigerung zur Anpassung und zum Lernen wird in kürzester Zeit auf diese Gesellschaft treffen. Sie ist, verblendet vom Konsumterror und geblendet durch die Vorspiegelungen der Einheitsmedien, in keiner Weise auf diese Krise vorbereitet.

Wenn sich diese Wirtschaftskrise entfaltet, wird es zur finalen Auseinandersetzung kommen. Einige Tausend zu allem entschlossene, gewaltbereite, ideologisierte Fußtruppen der Antifa, verstärkt durch ein Heer gewaltbereiter Islamisten, stehen dann gegen die bürgerliche und freiheitliche Ordnung in Europa. Sie werden die Not, die Arbeitslosigkeit, die Existenzangst der Menschen im Sinne einer kommunistischen Revolution zu nutzen suchen. Es stellt sich dann die Frage nach unserer freiheitlichen und zivilisatorischen Existenz.

Dann stellt sich aber auch die Frage nach der Konterrevolution. Es stellt sich die Frage nach der bürgerlichen Revolution gegen die neofeudalistischen Sozialisten. Es stellt sich die Frage, ob wir eine Herde von Schafen sein wollen oder ob wir Mittel und Wege finden, uns eben nicht zur Schlachtbank führen zu lassen. Es stellt sich die Frage, ob es uns gelingt, das Bürgertum aus seinem Schlaf zu erwecken. Es stellt sich die Frage, ob die Leistungselite bereit und in der Lage ist, die freiheitliche Kraft der bürgerlichen Revolution, die schon einmal eine Adelskaste in Pension geschickt hat, zu neuer Blüte zu führen. Es stellt sich die Frage nach Freiheit oder Knechtschaft.

Das ist unsere Ausgangslage.

Anmerkungen

[5] Für die interessierten Leser hier das Originaldokument: https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/2019/02/framing_gutachten_ard.pdf

[6] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/wdr-rundfunkrat-kritisiert-framing-manual-ist-eine-dummheit/24047120.html

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Öffentlich-rechtlicher_Rundfunk#Finanzierung

[8] https://www.welt.de/wirtschaft/article138326984/Merkel-will-die-Deutschen-durch-Nudging-erziehen.html

[9] https://www.welt-sichten.org/artikel/27067/ngos-der-gute-ruf-ist-angekratzt

[10] https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/antifa-nicht-extremistisch-weil-das-geld-vom-staat-kommt/

[11] https://www.welt.de/politik/deutschland/article175440604/Koeln-Wie-Andrea-Horitzky-CDU-von-der-Fluechtlingskrise-profitiert.html

[12] https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/target-2-und-die-gesundheit-der-banken/

[13] http://www.hanswernersinn.de/de/kontroversen/AufrufBankenunion

[14] Die im französischen Absolutismus entwickelte wirtschaftliche Theorie des Merkantilismus, eine Rechtfertigungslehre der Feudalherrschaft, unterteilte die Menschen in drei Klassen: Die »Classe productive« waren die Bauern, die als einzige als wertschaffend angesehen wurden, Händler und Handwerk hingegen wandelten nach dieser Theorie den bäuerlichen Mehrwert nur um und wurden daher als »Classe stérile« bezeichnet, als sterile Klasse. Die Allokation der Güter wurde besorgt vom Adel, der »Classe distributive« oder verteilenden Klasse. Der Adel ist in dieser Theorie die Vorläuferklasse der sozialistischen Planungs- und Verteilungsnomenklatura.

[15] »Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht besser, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?« https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Lösung

[16] https://www.welt.de/politik/deutschland/article162407512/Das-Volk-ist-jeder-der-in-diesem-Lande-lebt.html

[17] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-02/frauenquote-politik-paritaet-gesetze

[18] Mehr dazu in meinem Buch »Wenn schwarze Schwäne Junge kriegen« (siehe Literaturliste).

III • Das Versagen der politischen Elite

»Nur die Lüge braucht die Stütze der Staatsgewalt, die Wahrheit steht von allein aufrecht.«

Thomas Jefferson

»Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie Wahrheit weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.«

Bertolt Brecht

»Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.«

Otto von Bismarck

Die politische Elite in Deutschland – aber auch in fast allen übrigen europäischen Ländern – zieht sich in ihrem mittlerweile von ihr selbst erkannten sachlich-inhaltlichen Versagen gerne darauf zurück, dass Politik die Kunst des Machbaren sei und man schließlich immer Kompromisse schließen müsse, wenn man nicht die absolute Mehrheit im Parlament habe – was aber praktisch seit den 1950er-Jahren nicht mehr vorgekommen ist.

Dies ist die Rückzugslinie, ja die taktische Nebelgranate, mit der vom eigenen radikalen Komplettversagen, aber auch von der eigenen Korruption, Freunderlswirtschaft und Selbstbedienungsmentalität abgelenkt werden soll. Denn die brutale Wahrheit ist: Es sind nicht die Kompromisse, die man sich in der Politik gegenseitig aufzwingt, die zu den bekannten Ergebnissen führen. Vielmehr ist man dem jeweiligen politischen Gegner für dieses Alibi dankbar, in dessen Windschatten man das eigene Interesse über die langfristigen Anliegen der Wähler stellen kann.

Die Betonung liegt auf langfristig. Denn die kurzfristigen Interessen der Wähler werden sehr wohl von der Politik bedient. Ja, sie sind geradezu der Motor, der es der Politik ermöglicht, den Eigennutz der bürokratisch-administrativen Klasse über das Wohl des Volkes zu stellen, weil kurzfristige Bedürfnisbefriedigung und das langfristig Richtige weit auseinanderklaffen. Nachdem alle konventionellen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, die Gegenwart zulasten der Zukunft zu beleihen und so die kurzfristige Befriedigung über das langfristig Notwendige zu stellen, hat man nun mit dem Nullzins den finalen Punkt der resultierenden Illusionswelt erreicht. Er gaukelt vor, dass es zwischen beiden gar keinen Unterschied gebe.

Eine alte Redensart besagt: »Der Mensch ist gut. Aber die Leut san a Gsindel!«

In diesem Satz liegt eine tiefe Wahrheit verborgen, die etwas damit zu tun hat, dass der Mensch als Individuum im Leben vorankommt, wenn er seine langfristigen Interessen über seine kurzfristige Bedürfnisbefriedigung stellt. In der Masse (»die Leut«) tut er das nicht, weil er davon ausgeht, dass die Folgen der kurzfristigen, schnellen Befriedigung nicht zulasten seiner eigenen langfristigen Wohlfahrt gehen, sondern er sie irgendwie auf andere überwälzen kann. Der Einzelne bemerkt das nicht, weil sich die Folgen jedes einzelnen Raubes über das Kollektiv fein verteilen. Gleichzeitig bekommt aber jedes Mitglied der Masse einen Anreiz, es anderen gleichzutun. Die Forderung der Beraubung wird dabei immer und ohne Ausnahme im Namen einer »höheren Moral« erhoben, am Ende zahlt die Zeche aber die schrumpfende Minderheit der Leistungsträger, die es – zu Recht – für unmoralisch hält, ihr Leben auf Kosten anderer zu führen. So führt der moralinsaure Anspruch der Räuber zur Herrschaft der Unmoralischen über die in Wahrheit einzig verbliebenen Moralischen.

Und wenn man die Folgen der von dieser Haltung inspirierten Politik betrachtet, dann geht das Konzept der kollektiven Beraubung ja auch auf – jedenfalls eine Zeit lang. Deshalb agiert der Mensch in der Masse völlig anders, als er es als Individuum tut. Die Masse derationalisiert den Menschen in gewisser Weise. Eine irrationale Ideologie wie der Sozialismus bedient sich daher des Begriffes der Massen, um eine gegen die wahren Interessen der Menschen gerichtete Politik durchsetzen zu können.

Der Mensch agiert in der Masse nicht so, wie er als Individuum agiert. Es lohnt sich, diesen Umstand genauer zu betrachten. Wie wir sehen werden, gibt es eine Beziehung zwischen der menschlichen Freiheit als Individuum, seiner Wahrnehmung der Zeit, daraus folgend dem Zins (!), der Existenz individueller Freiheit, die Unmöglichkeit einer Freiheit der »Masse« und der daraus zwingend folgenden Fehlleitung der politischen Klasse in der von uns so weinselig gepriesenen Parteiendemokratie.

Der Mensch unterscheidet sich vom Tier, basierend auf seinem Intellekt, also seiner Fähigkeit zur Einsicht, durch seine Fähigkeit zum individuell planvollen Handeln. Das Tier hingegen folgt seinem Instinkt, und zwar auch dann, wenn sein Handeln für uns Menschen planvoll erscheint, wie zum Beispiel die Vorratshaltung des Eichhörnchens. Das wirklich planvolle Handeln benötigt jedoch die Erfüllung von zwei Voraussetzungen: erstens die Erkenntnis des Selbst, also das »Cogito, ergo sum«[19] (Ich denke, also bin ich) zur Definition der Zielgerichtetheit des Handelns, und zweitens die Wahrnehmung der Zeit, also das Wissen um die Existenz einer Zukunft, in der unser heutiges Handeln auf unser sich dann einstellendes Wohlbefinden, unsere Existenz, ja unser Überleben und das unserer Nachkommen einen Einfluss hat.

Die Form des uns gegebenen Intellektes ermöglicht durch seine Erkenntnis des Selbst und der Zeit also ein Handeln, welches nicht weniger als die physische Grundlage des freien Willens und damit der Freiheit schlechthin ist.

Das Tier hingegen verfügt nicht über diese Fähigkeit. Die Zukunft als Konzept kommt in seiner Gedankenwelt nicht vor. Das Überleben wird ersatzweise durch Instinkthandlungen gesteuert, die die Evolution als geeignete Überlebensstrategien in einem kurz- bis mittelfristig statischen Ökosystem herausgearbeitet hat. Ändern sich die Bedingungen des Ökosystems, so erfolgt das anpassende Lernen nicht durch geistige Leistung, sondern durch einen neuen evolutorischen Selektionsprozess, bei dem Eigenschaften, Verhaltensweisen und Fähigkeiten in einem Prozess von Versuch und Irrtum über mehrere, oftmals sehr viele Generationen hervorgebracht werden. Der Prozess der genetischen Anpassung geht umso schneller vonstatten, je kürzer die Generationenfolge einer Spezies ist. In diesem Wettlauf sind die Insekten klar im Vorteil. Vielleicht ist das der psychologische Grund, warum das marxistische Utopia sich so sehr am Ameisenstaat anlehnt.

Der Irrtum wird von der Evolution mit dem Tod bestraft. Der erfolgreiche Versuch mit dem Überleben belohnt. Auch der Mensch lernt durch Versuch und Irrtum, kann diesen evolutionären Prozess aber dank seines Gehirns innerhalb seiner Lebensspanne durchführen. Er irrt sich, erleidet dadurch Kosten und lernt so. Er irrt sich nicht, erzielt dadurch Gewinn und lernt ebenfalls.

Es ist eine der wichtigsten Lektionen, die das Leben in der endlosen Kette von Versuch und Irrtum dem Menschen erteilt, dass es eine Wahl zwischen kurzfristiger Bedürfnisbefriedigung und langfristigem Wohlstand und Erfolg gibt. Diese Erkenntnis steht im Widerstreit mit unserer aus der tierischen Vergangenheit ererbten Nutzenfunktion, die die kurzfristige Bedürfnisbefriedigung, den Konsum heute, höher bewertet als die spätere Bedürfnisbefriedigung, also den Konsum morgen, in einem Jahr oder in zehn Jahren.

Ein Kind, das an der Supermarktkasse vor der buchstäblich so genannten »Quengelware« steht und die Schokolade jetzt, sofort, unverzüglich haben möchte, demonstriert uns, wie die Verkaufsstrategen diese menschliche Tendenz ausnutzen in der Hoffnung, dass auch die Mutter die schnelle Befreiung vom kurzfristigen Schmerz des Geschreis nach der Süßigkeit über die langfristige Zahngesundheit ihres Kindes stellt.

Tiere haben diese Form der Zeitpräferenz in exzessiver Form. Mein Hund, wenn er sich Zugang zum Fressvorrat verschaffen kann, wird buchstäblich nicht aufhören zu fressen, bis er schier platzt. Affen, insbesondere Bonobos, sind für ihren »Affenappetit« bekannt. Ihre Nutzenfunktion kennt keine Abwägung zwischen dem Hier und Jetzt und der Zukunft, weil das Konzept Zukunft jenseits eines sehr kurzen Zeithorizonts im begrenzten Universum des Affen schlicht keinen Platz hat. Die Planungsfähigkeit der Bonobos hat ihre maximale Entfaltung in der Erfahrung, dass die Weibchen dieser Art für das Anbieten von Essen sexuelle Gefälligkeiten erweisen.

Wenn es aber einen Konflikt gibt zwischen dem Konsum heute und dem Konsum morgen und wenn der Mensch in der Lage ist, diesen zu begreifen, dann übersetzt sich das planvolle Handeln ganz automatisch in einen Ausgleich zwischen diesen zeitlichen Präferenzen. Auch der planvolle Mensch konsumiert lieber jetzt als morgen, aber er wird bewussten Verzicht üben, um die Konsummöglichkeit für später aufzusparen. Die nicht konsumierten Ressourcen können dann in produktive Anlagen investiert werden, die durch technischen Fortschritt und mit ihm einhergehende immer feinere Verästelung der Arbeitsteilung permanent produktiver werden und so in der Zukunft mehr Güter produzieren, als der Konsumverzicht zunächst benötigt hat. In unserer arbeitsteiligen und daher hochproduktiven Gesellschaft ist dieser Verzicht also mit einer Investition verbunden, die es sogar ermöglicht, durch den Verzicht auf eine Einheit Konsum in der Zukunft mehr als eine Einheit Konsum zu genießen.

Dieser Effekt, der sich im Laufe der Menschheitsgeschichte immer feiner verästelnden Arbeitsteilung ist nichts Geringeres als die Grundlage der menschlichen Zivilisation, weil Arbeitsteilung und Produktivität Hand in Hand gehen.

Die Quelle des Zinses

Daraus folgt: Der Konsumverzicht, in Form von Sparen, verzinst sich. Der Zins setzt Konsum und Zeit in eine preisliche Beziehung und ermöglicht es so den Mitgliedern der Gesellschaft, ebenso planvoll eine Abwägung zu treffen, die heutige und künftige Bedürfnisse ins Gleichgewicht bringt. Diese Preisinformation kann in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden. Deshalb ist die Existenz des Zinses eine zwingend notwendige Voraussetzung für Sparen und Investieren und damit wiederum für die Verfeinerung der Arbeitsteilung und den menschlichen Fortschritt schlechthin. Es ist daher keine Überraschung, dass Unternehmen bei Nullzinsen weniger Zukunftsinvestitionen tätigen: Ihre existierende Ineffizienz und Unproduktivität im Vergleich zu ihren Möglichkeiten hindert sie nicht am Überleben oder am Erzielen von Gewinn. Dieser Befund steht im diametralen Gegensatz zum keynesianischen Postulat, dass fallende Zinsen Investitionen fördern würden. Das tun sie vor allem bei schlechten Investitionen, die sonst keiner bei Verstand unternehmen würde, wenn das dafür aufgewendete Kapital etwas kostet.

In welchem Umfang die Verzinsung stattfindet, hängt davon ab, wie produktiv die durch Konsumverzicht investierten Ressourcen eingesetzt werden können. Je höher das Wachstum der Produktivität durch technischen Fortschritt, desto höher auch die Verzinsung. Da die Menge produktivitätssteigernder Investitionen bei gegebenem Wissen aber begrenzt ist, ist das Produktivitätswachstum der Investitionen auch abhängig vom Sparangebot. Der Preis des Konsumverzichtes wird so – wie in jedem Markt – zu einem Ergebnis des Wechselspiels von Angebot und Nachfrage.

Der Zins wird damit zum Preis der in einer Gesellschaft im Durchschnitt vorhandenen zeitlichen Konsumpräferenzen bei gegebenem technologischem Produktivitätsfortschritt. In einer Gesellschaft aus individuell planvoll handelnden Menschen kommt ihm daher die kritische Signal- und Informationsfunktion zu. Je höher der Zins ist, desto höher ist der Preis sofortigen, kurzfristigen Konsums in Form von Opportunitätskosten. Ist der Zins sehr hoch, dann lautet die Botschaft: Verzichte heute auf einen Kleinwagen, dann kannst du dir in 15 Jahren einen Oberklasse-12-Zylinder leisten.

Ist der Zins sehr niedrig oder sogar null, so lautet die Botschaft: Geh feiern und denke nicht ans Morgen, denn dein Verzicht wird nicht belohnt werden. Ein Zins von null ist also eine Einladung zum Affenappetit, oder zur Bonobo-Wirtschaft. Die Bonobo-Wirtschaft führt aber unvermeidlich zur Bonobo-Gesellschaft. Betrachten Sie die zeitlichen Konsumpräferenzen unserer im Konsumterror und Sexualisierung aufgezogenen Generation der Millennials und Sie wissen sofort, wovon hier die Rede ist. Das »Cogito, ergo sum« des vernunftbegabten Menschen degeneriert zum »Coito, ergo sum« des vernunftberaubten Objekts der Manipulation.

Die politische Elite, wie sie sich in Europa entwickelt hat, gedeiht jedoch in ihrer korrumpierten Selbstverliebtheit auf dem Dünger dieser kurzfristigen Bedürfnisbefriedigung. Es ist geradezu die neue Staatsraison, jede kurzfristige Unbequemlichkeit, jede Volatilität, jede Abweichung vom gewohnten Trott vom Wähler fernzuhalten. Dieser erweist sich als dankbares Objekt der Bevormundung einer als Fürsorge verkleideten Entmündigung, weil ihm die langfristigen Folgen dieser Politik nicht bewusst sind. Um diese zu erkennen, müsste er sich entweder mit den historischen Erfahrungen einer auf Kurzfristigkeit angelegten Politik auseinandersetzen oder sich mit dem ökonomisch-analytischen Rüstzeug ausstatten, welches ihm die Zusammenhänge transparent macht. Beides wird in den bildungsfernen Konsumwelten unseres Landes nur von einer kleinen Minderheit betrieben.