Die Corona-Krise 2020 - Massenhysterie oder Sieg der Vernunft? - Richard Rieger - E-Book

Die Corona-Krise 2020 - Massenhysterie oder Sieg der Vernunft? E-Book

Richard Rieger

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Beschreibung

Das Auftreten des Coronavirus SARS-CoV-2 führte weltweit zu einem noch nie da gewesenen Maßnahmenkatalog nahezu aller Regierungen. Selbst in freiheitlich-demokratischen Ländern wurden die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger von einem Tag auf den anderen massiv eingeschränkt und quasi abgeschafft. Es wurden dabei gravierende Folgen für die Menschen, die Wirtschaft und das gesamte politische System in Kauf genommen. Bei der Begründung der durchgeführten Maßnahmen wurde stets mit wissenschaftlichen Erkenntnissen argumentiert, um die Gefahr durch das Virus und die Notwendigkeit der Freiheitsbeschränkungen zum Schutze der Bevölkerung zu belegen. Dieses Buch untersucht die empirischen Entscheidungsgrundlagen, deren wissenschaftliche und politische Interpretation, sowie die mediale Aufbereitung und Kommunikation wissenschaftlicher Daten und Ergebnisse in der Corona-Krise. Es wird weiter aufgezeigt, welche psychologischen Mechanismen hierbei eine Rolle spielten und wie sich diese auf die Rezeption in der Bevölkerung ausgewirkt haben. Die vorgestellten Ansätze können einen Beitrag zur Erklärung leisten, warum die Verantwortlichen und die Bevölkerung so gehandelt haben, wie sie es taten. Auf Spekulationen über verdeckte Motive der Akteure und die direkte oder indirekte Einflussnahme Dritter soll hierbei verzichtet werden. Am Anfang eines jeden Kapitels steht zunächst die Vorstellung und Erklärung des Themas. Im Anschluss wird der jeweilige psychologische Mechanismus auf konkret beobachtbare Verhaltensweisen während der Corona-Krise angewandt und so mit anschaulichen Beispielen praxisnah erklärt. Dieses Buch ist ein Muss für alle, die die tatsächlichen empirischen Datenlagen im Verlauf der Corona-Krise nachvollziehen wollen und selbst zu einer wissenschaftlich fundierten Einschätzung der Regierungsmaßnahmen gelangen wollen. Dieses Buch ist weiter ein Muss für alle, die verstehen wollen, warum die Menschen in der Corona-Krise so gehandelt haben, wie sie es taten.

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Seitenzahl: 451

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Widmung

Dieses Buch ist allen Menschen gewidmet, welche ihre selbst verschuldete Unmündigkeit ablegen wollen und den Mut haben, sich selbständig ihres Verstandes zu bedienen.

„Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ (Immanuel Kant)

Dieses Buch ist allen Menschen gewidmet, welche nicht passive Sklaven der täglichen geleiteten Informierung und unbewussten Programmierung sein wollen, sondern aktive, freie Menschen. Die Gedanken sind frei. Zu diesem Zweck zeigt dieses Buch unter Anderem auf, wie diese unbewusste Programmierung funktioniert.

Dieses Buch ist allen Bürgern Deutschlands gewidmet, welche die freiheitlich demokratische Grundordnung verteidigen und den Mut haben, das auch tatsächlich zu tun. Allen Menschen, die den Mut haben, Sachen zu hinterfragen und auch offen „Nein“ sagen können.

Persönlich ist dieses Buch all jenen Personen gewidmet, welche mich schon seit Jahren darin bestärken, ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen.

Diese sind:

Erzpriester Valentin (München, Deutschland)

Archimandrit Stephan (Tschyhyryn, Ukraine)

Äbtissin Ekaterina (Tschyhyryn, Ukraine)

Liudmyla Rieger

Artem Rieger

Robert Steinberg

Die Corona-Krise 2020 – Massenhysterie oder Sieg der Vernunft?

Die Corona-Krise 2020 aus Psychologischer SichtPsychologische Mechanismen und Erkenntnisse

Diplom-Psychologe (Univ.) Richard Rieger

Psychologe im Psychologischen Dienst

Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychologischer Berater

Dozent für Psychologische Themen

Landshut, März – August 2020

© 2020 Richard Rieger

Autor: Richard Rieger

Umschlaggestaltung, Illustration: Richard Rieger

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay , überarbeitet von Richard Rieger

Verlag& Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN:

Paperback   978-3-347-12698-5

Hardcover   978-3-347-12699-2

e-Book         978-3-347-12700-5

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Verlauf und Maßnahmen in Deutschland

3. Indikation

4. Statistik

4.1 Absolute Zahlen

4.2 Relative Zahlen

4.3 Erwartungswert

4.4 Signifikanz

4.5 Stichprobe und Repräsentativität

4.6 Kausalität

4.6.1 Der Begriff "Kausalität"

4.6.2 "Corona-Tote"

4.6.3 Überlastung der Krankenhäuser

4.6.4 Wirkung der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen

4.7 Grenzwerte und Graphiken

4.7.1 Grenzwerte

4.7.2 Graphiken

5. Furcht und Angst

5.1 Furcht

5.2 Angst

5.2.1 Angst, Angstreaktion

5.2.2 Angst und Lust

5.2.3 Erscheinungsformen der Angst

5.2.4 Erleben der Angst und Zwangshandlungen

5.2.5 Theorien zur Angst

5.2.6 Angst und Bewertung

5.2.7 Wahn

5.2.8 Hysterie

5.2.9 Angst als gesellschaftliches Phänomen

6. Risikowahrnehmung und Risikoeinschätzung

6.1 Wahrnehmung

6.1.1 Definition

6.1.2 Subjektivität der Wahrnehmung

6.1.3 Einfluss von Emotionen anderer

6.1.4 Einfluss von Angst

6.2 Risiko

6.3 Risikowahrnehmung

6.3.1 Gesundheitliche Risiken der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen

6.3.2 Wirtschaftliche Risiken der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen

6.3.3 Risiko häusliche Gewalt

6.3.4 Risiko Sozialer Unfrieden

6.4 Risikoeinschätzung

6.5 "Normales" Risiko von Covid-19

6.5.1 Todesfälle und "normales Risiko"

6.5.2 Übersterblichkeit und COVID-19

6.5.3 Verbreitung von SARS-CoV-2

6.6 Zusammenfassung

7. Signal-Entdeckungs-Theorie

7.1 Antworttendenz

7.1.1 Falsch Negativ

7.1.2 Falsch Positiv

7.1.3 Antworttendenz und Corona-Krise

7.2 Sensitivität und Spezifität

7.2.1 Sensitivität

7.2.2 Spezifität

7.2.3 Prädiktiver Wert

7.2.4 Prävalenz

7.2.5 Sensitivität, Spezifität, Prävalenz und Corona-Test

7.2.6 R-Wert

7.3 Hauptgütekriterien und Validierung

7.3.1 Objektivität

7.3.2 Reliabilität

7.3.3 Validität

7.3.4 Validierung

7.3.5 Hauptgütekriterien und Corona-Test

8. Selektive Aufmerksamkeit

8.1 Aufmerksamkeit

8.2 Selektive Aufmerksamkeit

8.3 Konsequenzen

9. Kognitive Verzerrungen

9.1 Definition

9.2 Auswahl kognitiver Verzerrungen

9.2.1 Unterlassungseffekt

9.2.2 Zufriedenheit mit dem Suchergebnis

9.2.3 Bestätigungstendenz (Confirmation Bias, Prior Hypothesis Bias)

9.2.4 Angst vor Verlusten (Sunk Cost Fallacy)

9.2.5 Verfügbarkeitsfehler

9.2.6 Repräsentativitätsheuristik

9.2.7 Spielerfehlschluss

9.2.8 Selbstüberschätzung (Overconfidence Bias)

9.2.9 Selbstwertdienliche Verzerrung (Self-Serving Bias)

9.2.10 Prävalenzfehler

10. Bahnung (Priming)

10.1 Erklärung

10.2 Priming und Corona-Krise

11. Rahmen-Effekt (Framing)

11.1 Erklärung

11.2 Beeinflussung durch Darstellung der Konsequenzen

11.3 Beeinflussung durch Austausch eines Attributs

11.4 Beeinflussung durch Konsequenzen und Zeitdruck

11.5 Aufzeigen von Unsicherheit / Sicherheit

11.6 Moralisches Framing

11.7 Marken – Framing

11.8 Framing in der Corona-Krise

12. Dunning-Kruger-Effekt

12.1 Definition

12.2 Experiment

12.3 Ergebnis

12.4 Dunning-Kruger-Effekt und Corona-Krise

13. Persuasion

13.1 Theorien der systematischen Verarbeitung

13.1.1 Informationsverarbeitungsmodell

13.1.2 Modell der kognitiven Reaktionen

13.2 Zwei-Prozess-Theorien

13.2.1 Modell der Elaborationswahrscheinlichkeit (ELM)

13.2.2 Heuristisch-Systematisches Modell (HSM)

14. Konformität – Das Asch-Experiment

14.1 Definition

14.2 Das Asch-Experiment

14.2.1 Testdurchführung

14.2.2 Testergebnis

14.3 Drei Typen von Konformisten

14.4 Einflussfaktoren auf die Konformität

14.5 Konformität und Corona-Krise

15. Minoritätseffekt

15.1 Versuchsdurchführung und Ergebnis

15.2 Einflussfaktoren auf den Minoritätseffekt

15.3 Minoritätseffekt und Corona-Krise

16. Konversionstheorie

17. Gehorsamsbereitschaft – Das Milgram-Experiment

17.1 Hintergrund

17.2 Versuchsvorbereitung

17.3 Versuchsdurchführung

17.4 Ergebnis

17.5 Einflussfaktoren auf die Gehorsamkeit

17.6 Aktualität

17.7 Folgerungen für die Corona-Krise

18. Dissonanztheorie

18.1 Definition

18.2 Dissonanztheorie und Corona-Krise

18.2.1 Regierungsverantwortliche

18.2.2 Bevölkerung

19. Mainstream-Medien und Corona-Krise

19.1 Begriffsbestimmung

19.2 Das Spiel mit der Statistik

19.3 Das Spiel mit den Frames

19.3.1 Corona Faktencheck – Warum Sucharit Bhakdis Zahlen falsch sind

19.3.2 Ruhe vor dem Sturm - Kliniken im Krisenmodus

19.3.3 New York ruft um Hilfe

19.3.4 Nicht die Maßnahmen, sondern das Virus sei schuld

19.4 Das Spiel mit der Angst

19.4.1 Armee LKWs in Bergamo

19.4.2 Die „Zweite Welle“ und Ausbrüche in Schlachthöfen

19.4.3 SARS-CoV-2 breitet sich auf Organe aus

19.4.4 COVID-19 und Kawasaki-Syndrom bei Kindern

19.5 Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

Anhang

Literaturverzeichnis

Verweise

1. Einleitung

Das Auftreten des Coronavirus SARS-CoV-2 führte weltweit zu einem noch nie da gewesenen Maßnahmenkatalog nahezu aller Regierungen. Selbst in freiheitlich-demokratischen Ländern wurden die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger von einem Tag auf den anderen massiv eingeschränkt und quasi abgeschafft. Es wurden dabei gravierende Folgen für die Menschen, die Wirtschaft und das gesamte politische System in Kauf genommen.

Bei der Begründung der durchgeführten Maßnahmen wurde stets mit wissenschaftlichen Erkenntnissen argumentiert, um die Gefahr durch das Virus und die Notwendigkeit der Freiheitsbeschränkungen zum Schutze der Bevölkerung zu belegen. Dieses Buch untersucht die empirischen Entscheidungsgrundlagen, deren wissenschaftliche und politische Interpretation, sowie die mediale Aufbereitung und Kommunikation wissenschaftlicher Daten und Ergebnisse in der Corona-Krise.

Es soll außerdem untersucht werden, welche psychologischen Mechanismen hierbei eine Rolle spielten und wie sich diese auf die Rezeption in der Bevölkerung ausgewirkt haben. Die vorgestellten Ansätze können einen Beitrag zur Erklärung leisten, warum die Verantwortlichen so gehandelt haben, wie sie es taten. Auf Spekulationen über verdeckte Motive der Akteure und die direkte oder indirekte Einflussnahme Dritter soll hierbei verzichtet werden. Diese Fragestellungen kann eine wissenschaftliche und auf psychologische Theorien basierende Arbeit nicht beleuchten und beantworten.

Ziel dieser Arbeit ist es, dazu beizutragen, eine möglichst objektive Sicht, insbesondere aus Sicht der wissenschaftlichen Psychologie, auf die Corona-Krise 2020 zu erhalten. Es gibt hierbei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern es soll versucht werden einen Überblick zu geben. Sicherlich existieren noch viele weitere psychologische Momente und Mechanismen, welche hier eine Rolle spielten. Diese würden wohl mehrere Buchbände füllen können. Allerdings gibt das Folgende einen guten Überblick über die aus Sicht des Verfassers wichtigsten psychologischen Erkenntnisse und Mechanismen. Diese werden zunächst allgemein erklärt. Am Ende eines jeden Kapitels wird dann eine Ableitung auf die verschiedenen beobachteten Verhaltensweisen während der Corona-Krise herausgearbeitet und erklärt.

Am Anfang dieses Buches stehen die Grundlagen psychologischen Arbeitens: Indikation und Statistik. Vorherwerden zunächst der Verlauf der Corona-Krise und die Maßnahmen in Deutschland aufgezeigt. Diese Vorgehensweise soll es jedem möglich machen, sich selbst ein Bild und eine Meinung von diesen in Verbindung mit den weiteren Kapiteln und Erkenntnissen aus diesen zu machen und zu bilden. Anschließend wird das Thema „Angst“ genauer beleuchtet. Schließlich war Angst ein allgemeines Phänomen während der Corona-Krise. Angst hat verschiedene Folgen und einen großen Einfluss auf Wahrnehmung, Einschätzung und Verhalten. Genau auf diese Punkte, Folgen von Angst, Wahrnehmung, Einschätzung und Verhalten, wird im Weiteren eingegangen. Ein weiteres Thema ist die Entscheidungsfindung. Dabei spielen auch verschiedene kognitive Verzerrungen eine Rolle, von denen einige behandelt werden. Im Anschluss wird gezeigt, welche sozialpsychologischen Mechanismen es gibt, um das Verhalten einer Person zu beeinflussen. Diese Mechanismen spielten während der Corona-Krise eine große Rolle. Dem folgen psychologische Theorien, welche erklären, wie sich ein Individuum eigene Verhaltensänderungen selber begründet. Abschließend wird die Rolle der Mainstream-Medien während der Corona-Krise beleuchtet. An einigen Beispielen werden dann die in diesem Buch erklärten psychologischen Mechanismen angewandt betrachtet.

Natürlich stehen diese Mechanismen in der komplexen Realität nicht alleine für sich. Es ist vielmehr so, dass die einzelnen Mechanismen zusammenspielen und sich gegenseitig bedingen bzw. verstärken. In diesem Buch wird versucht diese Komplexität zu vereinfachen, um nachvollziehbar zu machen, wie die einzelnen Mechanismen funktionieren und wie mit diesen die verschiedenen Verhaltensweisen sowohl der Regierenden, als auch der Bürger während der Corona-Krise erklärt werden können. Um die Komplexität dazustellen, werden in den einzelnen Kapiteln auch immer wieder Querverweise zu anderen Kapiteln gemacht. Dies dient einerseits zum tiefergehenden Verständnis und andererseits als Hinweis auf verstärkende Einflüsse durch andere Mechanismen. Ohne Fachbegriffe kommen wir dabei nicht aus. Diese werden aber erklärt und durch Beispiele veranschaulicht, so dass nahezu jeder das Folgende verstehen kann.

Ziel dieses Buches ist es weiter, zu einem kritischen und selbständigen Denken anzustoßen. Die Corona-Krise bietet hierfür lediglich eine aktuelle Grundlage. Die Leserinnen und Leser werden explizit dazu aufgerufen, auch dem Autor dieses Buches nicht einfach alles zu glauben, sondern das Eine oder Andere auch mal selbständig nachzuprüfen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

2. Verlauf und Maßnahmen in Deutschland

(Januar – Juli 2020)

Die Atemwegerkrankung durch das Coronavirus-SARS-CoV-2wurde zunächst Ende Dezember 2019 in der chinesischen Millionenstadt Wuhan in der Provinz Hubei gemeldet und im Januar 2020 zu einer Epidemie erklärt. Am 30.01.2020 rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die internationale Gesundheitsnotlage aus und erklärte die bisherige Epidemie am 11.03.2020 zur Pandemie.

Am 28.01.2020 wurde eine erste Infektion in Deutschland durch das Bayerische Gesundheitsministerium bestätigt. Ein Mitarbeiter des Automobilzulieferers Webasto hatte sich bei einer aus dem Unternehmensstandort Shanghai angereisten chinesischen Kollegin infiziert. Dreizehn weitere Webasto-Mitarbeiter oder deren Angehörige hatten sich ebenfalls infiziert. Bis Ende Februar 2020 wurden alle Infizierte als geheilt aus den Krankenhäusern entlassen.1 Während der Corona-Krise wurden die Begriffe „Infizierte“, „Erkrankte“ und „positiv Getestete“ nahezu willkürlich durcheinander gebraucht, was zu einer Verwirrung in der Bevölkerung führte und letzten Endes der Angsterzeugung diente. Dieser wichtige Unterschied hat in den weiteren Kapiteln dieses Buches Relevanz. Daher wird auf diesen Unterschied dort genauer eingegangen werden. Die nächsten positiven Testungen auf das Coronavirus SARS-CoV-2 wurden in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westphalen Ende Februar 2020 gemeldet. Die Zahl der Infizierten stieg in Deutschland in den nächsten Tagen und Wochen an. Am 16. März 2020 gab es über 4.838 bestätigte Fälle und 12 bestätigte Todesfälle in Deutschland.2

In Bayern wurden am 09.03.2020 alle Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern untersagt, am Freitag den 13.03.2020 alle Schulen, Kitas und Kindergärten geschlossen.3 Nach und nach wurde das öffentliche Leben immer weiter eingeschränkt. Am 16.03.2020 rief Bayern den Katastrophenfall aus. Veranstaltungen und Versammlungen wurden verboten, Einrichtungen der Freizeitgestaltung wurden geschlossen, ebenso Gastronomiebetriebe jeder Art und Ladengeschäfte des Einzelhandels.4 Auch in anderen Bundesländern wurde das öffentliche Leben nach und nach eingeschränkt. Am 21.03.2020 wurden in Bayern weitreichende Ausgangsbeschränkungen beschlossen.5 Das Verlassen der eigenen Wohnung war nur noch bei Vorliegen „triftiger Gründe“ erlaubt.

Am 12. März 2020 appellierte die Bundeskanzlerin Angela Merkel an die Bürger, „alle nicht notwendigen Veranstaltungen abzusagen und auf Sozialkontakte zu verzichten“.6

Am 18.03.2020 kündigte sie bereits Zwangsmaßnahmen an, sollte die Bevölkerung die von der Regierung empfohlenen Maßnahmen nicht umsetzen.7 In Bayern wurden bereits Jugendarrestanstalten geräumt um Platz für die Bürger zu schaffen, die diesen Anordnungen nicht nachkommen würden.

Am 22. März 2020 einigten sich Bund und Länder auf ein „umfassendes Kontaktverbot“, welches ab dem 23.03.2020 gültig war.8 Hierbei wurden die bereits in Bayern geltenden Regeln größtenteils übernommen. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen, die Menschen wurden vereinzelt.

Am 27.03.2020 beschloss der Gesetzgeber im Eilverfahren Änderungen des Infektionsschutzgesetzes. Damit stellte das Parlament eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ fest. Dieses Gesetz übertrug weitreichende Befugnisse auf den Bundesgesundheitsminister. Ohne Zustimmung des Bundesrates konnte er nun Rechtsverordnungen erlassen und Gesetze außer Kraft setzen. Die Gewaltenteilung wurde damit weitgehend aufgehoben.9

Am 01.04.2020 trat das „Infektionsschutzgesetz“ in Kraft.

Am 07.04.2020 meinte Bundesgesundheitsminister Spahn: „Wir dürfen uns nicht in falscher Sicherheit wiegen. Die Lage ist nach wie vor ernst.“10

Am 09. 04. 2020 rief Spahn in der Bundespressekonferenz die Bürgerinnen und Bürger auf, auch über Ostern die Kontakteinschränkungen einzuhalten. „Bleiben wir konsequent, wird die schrittweise Rückkehr zur Normalitätwahrscheinlicher. Werden wir nachlässig, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Verlängerung der Auflagen nötig wird.“ Es wurde die „Verordnung zur Beschaffung von Medizinprodukten und persönlicher Schutzausrüstung bei der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie“ geschaffen. Deutsche Unternehmen, die auf internationalen Märkten tätig sind, haben ihre Unterstützung bei der Beschaffung der dringend benötigten persönlichen Schutzausrüstung und Medizinprodukten angeboten. Von diesen Angeboten machte die Bundesregierung Gebrauch. Dafür war es notwendig, die Unternehmen als Vertragspartner der Bundesregierung vom Haftungsrisiko zu befreien.

Am 15.04.2020 wurden die Kontaktbeschränkungen bis zum 3. Mai verlängert.

Am 17.04.2020 kritisierte Ärztepräsident Klaus Reinhardt die von der Regierung beschlossenen Corona-Maßnahmen. Für die Fortsetzung der Kontaktbeschränkung bis zum 3. Mai gebe es keine konkrete wissenschaftliche oder medizinische Grundlage.11

Am 20.04 2020 gab Spahn bekannt, dass Deutschland seine europäischen Partner im Kampf gegen das Coronavirus unterstütze. „Die Bereitschaft und die Kapazität, bei Bedarf weitere ausländische Patienten aufzunehmen, ist da. Die Behandlungskosten übernimmt Deutschland - das ist unser Verständnis von europäischer Solidarität.“12 Kleine und mittlere Geschäfte bis zu einer Fläche von 800 Quadratmetern durften unter Auflagen wieder öffnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte weitergehende Diskussionen zu Lockerungen und sprach von „Öffnungsdiskussionsorgien“.13

Am 21.04.2020 meinte der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schaade; „Aber ernst ist die Situation dennoch immer noch. Es ist kein Ende der Epidemie in Sicht, die Fallzahlen können wieder steigen.“14 Auch wurde das Krankenhausentlastungsgesetz verkündet. Pro 20.000 Einwohner sollten 5er-Teams gebildet werden, die Kontaktpersonen von Infizierten nachverfolgen. Außerdem sollten die Gesundheitsämter über ein digitales Meldesystem mit dem RKI und mit der neuen Corona-App verbunden werden, sobald diese da sei.

Am 22.04.2020 genehmigte das Paul-Ehrlich-Institut die klinische Prüfung eines Corona-Impfstoffs. Am selben Tag meinte Bundesgesundheitsminister Spahn: „Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen.“15

Am 27.04.2020 trat bundesweit die „Maskenpflicht“ in Kraft. Die genaue Regelung war Ländersache. Je nach Bundesland galt sie beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr oder nur im öffentlichen Nahverkehr.

Am 04.05.2020 wurde beschlossen, 3 Millionen Covid-19-Antikörpertests an das deutsche Gesundheitswesen auszuliefern. Diesen produzierte die Firma Roche in Bayern. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bat den Deutschen Ethikrat um eine Stellungnahme zum geplanten Immunitätsnachweis für SARS-CoV-2. Ebenfalls fand an diesem Tag eine Geberkonferenz der EU statt, bei welcher 7,4 Milliarden Euro von Dutzenden Ländern und Organisationen für die Suche nach Impfstoffen und Medikamenten zusammengekommen sind. Mit einem Beitrag von einer Milliarde Euro trug die EU-Kommission selbst einen Großteil bei. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte für Deutschland 525 Millionen Euro zu.

Am 25.04.2020 und 07.05.2020 verfasste Oberregierungsrat Stephan Kohn, Mitarbeiter im Referat KM 4 des Bundesinnenministeriums, „Schutz Kritischer Infrastrukturen“, einen kritischen Bericht mit dem Titel „Coronakrise 2020 aus Sicht des Schutzes Kritischer Infrastrukturen – Auswertungen der bisherigen Bewältigungsstrategie und Handlungsempfehlungen“.16 Referat 4 hat den Auftrag, sich eine eigene Bewertung zum KRITIS-Schutz aufzubauen und auf dieser Basis Stellungnahmen eigeninitiativ und in Beteiligungsverfahren abzugeben. Am 08.05.2020 verschickte er den Bericht um 15: 34 Uhr an seine Vorgesetzten im Ministerium, an den Corona-Krisenstab und das Kanzleramt. Auch alle Landesregierungen erhielten eine Kopie.17

Erste Inhalte des Berichts wurden am 10.05.2020 der Öffentlichkeit bekannt. Der Bericht zog die Strategie der Bundesregierung gegen die Corona-Pandemie massiv in Zweifel und sprach von einem „Fehlalarm”. „Durch den neuen Virus bestand vermutlich zu keinem Zeitpunkt eine über das Normalmaß hinausgehende Gefahr für die Bevölkerung“. „Der Kollateralschaden (durch die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen der Regierung) ist inzwischen höher als der erkennbare Nutzen.“ Als „nicht akzeptabel und mit den allgemeinen Pflichten im öffentlichen Dienst nicht vereinbar“ kritisierte das Ministerium, dass der Mann das mehrseitige Dokument unter Nutzung des Briefkopfs des Ministeriums und dienstlicher Kommunikationskanäle verbreitet hatte. Er wurde von seinen Dienstpflichten entbunden.18 Allerdings war genau das seine Dienstaufgabe: eigeninitiativ Stellungnahmen abzugeben. Zudem handelte es sich um einen internen Bericht zur Optimierung des Krisenmanagements. Dieses sowie die politischen Entscheider kritisierte er. Sie „könnten einen gigantischen vermeidbaren Schaden für unsere Gesellschaft anrichten, der das Potential des Coronavirus bei weitem übertreffen und unvorstellbares Leid auslösen kann. (…) Es drohen dem Staat hohe Schadensersatzforderungen wegen offenkundiger Fehlentscheidungen.“ Angela Merkel äußerte in einer Befragung des Bundestages am 13.05.2020, dass die Regierung die Einschätzung des Berichts nicht teile und „dass wir zu anderen Bewertungen gekommen sind.“19 Diese Bewertungen kamen allerdings zustande, da nur bestimmte Berater ausgesucht wurden, was im o.g. Bericht ebenfalls kritisiert wurde.

Am 08.05.2020 betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Tobias Hans, Ministerpräsidenten des Saarlands, dass die Corona-Pandemie noch nicht vorbei sei. „Wir müssen weiter aufeinander achten, Abstand halten, Hygieneregeln beachten und Alltagsmasken tragen. Da kommt es auf jeden einzelnen an. Wenn wir zusammenhalten, kreative Schutzkonzepte mit Leben erfüllen und Forschungfür den Alltag nutzen, können wir es diesem Virus im neuen Alltag möglichst schwer machen.“20

Am 14.05. 2020 beschloss der Bundestag das Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. SARS-CoV-2 Infizierte sollten damit schneller gefunden, getestet und versorgt werden. Außerdem sah das Gesetz umfassendere Meldepflichten für Labore und Gesundheitsämter vor. Spahn meinte: „Die Pandemie ist noch nicht vorüber. Jetzt kommt es auf jeden einzelnen an, durch sein Verhalten sich und andere zu schützen. Entscheidend ist, dass wir weiterhin Abstand halten, Hygieneregeln beachten und Alltagsmasken tragen.“21

Am 23.05 kündigte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow an, die allgemeinen Corona-Beschränkungen in seinem Bundesland ab dem 6. Juni aufzuheben. „Das Robert Koch-Institut habe ihm ursprünglich ein Rechenmodell vorgelegt, wonach er von bis zu 60.000 schwer erkrankten Thüringern habe ausgehen müssen. Davon sei man weit entfernt.“ 22 Dafür wurde er von den anderen Politikern massiv angegriffen.

Am 26.05.2020 beschlossen Bund und Länder die Verlängerung der Kontaktbeschränkungen bis zum 29. Juni. Maximal zehn Menschen oder Angehörige zweier Haushalte durften sich in der Öffentlichkeit treffen. Thüringen hielt sich jedoch abweichende Regelungen offen.

Am 30.05.2020 appellierten der Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Gerald Gaß und der Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Andreas Gassen sowie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an die Bürgerinnen und Bürger, Arztbesuche nicht aus Angst vor einer Covid-19-Infektion aufzuschieben. Grund für den Appell war der deutliche Rückgang von Facharztbesuchen in den vergangenen Wochen. Kardiologen und Onkologen hatten einen Rückgang der Termine von 30 bzw. 50 Prozent gemeldet.23

Am 03.06.2020 beschloss das Kabinett eine Reserve an medizinischer Schutzausrüstung aufzubauen. Auch wurde im Koalitionsausschuss der Regierungsparteien ein Konjunkturpaket beschlossen, in welchem 9,5 Milliarden Euro für die Stärkung des Gesundheitswesens und einen besseren Schutz vor zukünftigen Pandemien vorgesehen wurden. Das umfassende Konjunkturprogramm hatte ein Volumen von rund 130 Milliarden Euro.24

Am 04.06.2020 fand die Online-Geberkonferenz für die Impf-Allianz GAVI statt. Dabei wurden rund 7,7 Milliarden Euro gesammelt. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte in ihrer Videobotschaft an, dass sich Deutschland mit 600 Millionen Euro beteiligt.

Am 09.06.2020 trat rückwirkend zum 14. Mai eine neue Testverordnung in Kraft. Nun konnten auch Personen auf das Coronavirus getestet werden, wenn sie keine Symptome aufweisen. Bezahlt werden die Tests von den gesetzlichen Krankenkassen. Auch umfassende Tests in Pflegeheimen, Schulen oder Kindertagesstätten waren nun möglich. Alle Personen in diesen Einrichtungen können getestet werden, wenn dort ein COVID-19-Fall aufgetreten ist. In Pflegeheimen und Pflegediensten können auch unabhängig von aufgetretenen Fällen Tests durchgeführt werden.

Am 16.06.2020 startete die Bundesregierung die Corona-Warn-App. Mit der App können Menschen anonym und schnell darüber informiert werden, wenn sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben.

Am 17.06.2020 kam es im Schlachtbetrieb bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück zu einem „Corona–Ausbruch“. Für die Kreise Gütersloh und Warendorf wurde ein Lockdown angeordnet.

Am 25.06.2020 sicherte Jens Spahn der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Kampf gegen das Coronavirus zusätzliche finanzielle Mittel sowie Schutzmasken und andere medizinische Ausrüstung für Länder zu, die diese dringend benötigen. Insgesamt umfasste die Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation durch das Bundesgesundheitsministeriums dieses Jahr über 500 Millionen Euro.

Am 01.07.2020 trat die Mehrwertsteuersenkung von 19% auf 16% für sechs Monate aus dem Konjunkturpaket in Kraft. Im Bundestag sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Es ist nicht die Stunde nach Beendigung der epidemischen Lage zu fragen.“25

Am 03.07.2020 stimmte der Bundesrat einer Verordnung zu, nach welcher Haustiere, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, künftig den Behörden gemeldet werden mussten.

Am 27.07.2020 beschloss die Bundesregierung, dass sich Reiserückkehrer aus Risikogebieten auf das Coronavirus testen lassen müssen.

3. Indikation

Sowohl im medizinischen, als auch im psychotherapeutischen Bereich gibt es den Begriff der Indikation. In der Medizin wie auch in der Psychotherapie wird damit der Grund für den Einsatz einer bestimmten therapeutischen Maßnahme, bzw. welche medizinische, bzw. therapeutische Maßnahme bei einem bestimmten Krankheitsbild angebracht ist, bezeichnet.26

Weitere Begriffe, die direkt mit der Indikation zusammenhängen, sind Indikationsprüfung, und Indikationsstellung. Bei der Indikationsprüfung wird überprüft, ob eine Maßnahme, welche möglich wäre, überhaupt durchgeführt werden muss. Müssen wir alles machen was wir können? Natürlich ist es möglich allen Menschen den Blinddarm zu entfernen, mit der Begründung, dass dann niemand mehr an einer Blinddarmentzündung erkranken würde. Doch ist dies sinnvoll? Ist eine solche Maßnahme indiziert? Der Indikationsprüfung folgt die Indikationsstellung. Hier entscheidet sich der Arzt, bzw. der Therapeut für eine bestimmte Maßnahme. Die Indikation ist zum Einen auf ein bestimmtes Behandlungsziel und zum Anderen auf einen bestimmten Patienten und seine aktuelle soziale Situation bezogen. Sie muss aktiv gestellt werden und hat rational, konkret und individuell zu sein.

Dr. med. Max Kaplan, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), kritisierte bereits am 07.03.2016 im Bayerischen Ärzteblatt, dass die Verrechtlichung der Medizin die Gefahr der Entwicklung einer Defensiv-Medizin birgt, welche zu einer Überdiagnostik führen könne. Gemeint hatte er den Trend der Minimierung des Patientenrisikos und gleichzeitigen Maximierung des ärztlichen Haftungsrisikos. Die Folge ist, dass Ärzte Maßnahmen durchführen, die medizinisch eigentlich gar nicht indiziert, also eigentlich sinnlos und im Extremfall sogar eher schädlich sind. Aus Angst vor möglichen juristischen Konsequenzen bei Nichtdurchführung dieser Maßnahme, wird sie trotzdem durchgeführt.

Weiter warnte Dr. med. Kaplan davor, dass die Indikation zu einer medizinökonomischen Indikation verkümmert. „Der heutige Medizinbetrieb läuft Gefahr, sich immer mehr an gewinnbringenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu orientieren.“27 Als Grundlage für das Vertrauensverhältnis zum Patienten nannte Dr. med. Kaplan den verantwortungsvollen Umgang des Arztes mit der Indikationsstellung.

Genauso verhält es sich analog mit „Indikationsstellungen“ im Großen, d.h. im konkreten Fall, in der Corona-Krise. Hier steht allerdings nicht nur das Vertrauen eines Patienten auf dem Spiel, sondern das ganzer Völker. Bevor Maßnahmen als indiziert betrachtet und umgesetzt werden, muss nach Standardvorgehen der Medizin und der Psychotherapie eine Indikationsprüfung durchgeführt werden. Hierbei sind alle bekannte Faktoren und mögliche Konsequenzen einzubeziehen und gegenseitig abzuwägen. In der Wirtschaft und der Politik wird dazu der Begriff „Risikomanagement“ verwendet. In Kapitel 6 wird auf Risikowahrnehmung und Risikoeinschätzung genauer eingegangen.

Wie oben bereits erwähnt, hat eine Indikation auch rational zu sein. Das Problem dabei ist, dass der Mensch grundsätzlich ein irrationales Wesen ist und daher hauptsächlich irrationale Entscheidungen trifft. Wenn nun auch noch Angst dazukommt, wird ein rationales Handeln nahezu unmöglich. Diese Themen werden in eigenen Kapiteln genauer behandelt. Daher sollte eine Indikation stets von Personen gestellt werden, die „vom Fach“ sind und Ahnung von ihrem Fachbereich haben. Politiker, welche mehr Angst um ihr Ansehen und um ihre Posten haben, sind naturgemäß dazu nicht geeignet.

Worauf gründete in der Corona-Krise also die Indikationsstellung der einschneidensten Maßnahmen der Nachkriegsgeschichte (gemeint ist hier der 2. Weltkrieg)? Es wurde von einer großen Gefährlichkeit des Virus, von einer „ernst zunehmenden Gefahr“, von einer „noch nie da gewesenen Krankheit“, ja sogar von einem „Krieg“ gegen das Virus gesprochen. Aber auf welcher Basis? Was waren die Beweise für diese Aussagen? Was die Fakten?

Es wurden theoretische Modelle berechnet und präsentiert. Die Ausbreitungsrate müsse verlangsamt werden. Aber warum? Was war jetzt hier konkret anders als bei den jährlichen Virenausbreitungen in der Vergangenheit? Bei allen Viren haben wir - in einer bestimmten Phase der Verbreitung - immer eine exponentielle Ausbreitungsrate. Gegen kaum einen Virus gibt es Medikamente. Antibiotika sind gegen Viren wirkungslos, da damit nur bakteriell verursachte Infektionskrankheiten wirksam behandelt werden können.

Also ist das Sars-CoV-2 krankmachender und tödlicher als alles andere. Oder? Weswegen muss die Bevölkerung sonst davor geschützt werden? Dann dürfte es überhaupt kein Problem sein, das nachzuweisen. Die Indikation der gravierenden Maßnahmen muss ja leicht auf Grund der vorhandenen Daten rational gestellt werden können. Die Wissenschaft hat dafür spezielle statistische Methoden.

Im Zusammenhang mit der Indikation muss darauf hingewiesen werden, dass eine einmal getroffene Entscheidung für eine bestimmte Maßnahme im laufenden Prozess regelmäßig überprüft werden muss. Die Prozessdiagnostik oder Verlaufsdiagnostik in der Psychotherapie untersucht den gleichen Patienten zu verschiedenen Zeitpunkten, um mögliche Veränderungen zu erfassen.28 Damit wird die wahrscheinliche Wirksamkeit einer Maßnahme überprüft. Je nach Ergebnis muss eine Maßnahme im laufenden Prozess unter Umständen angepasst werden.

Im Zusammenhang mit der Corona-Krise bedeutet das, dass alle getroffenen Maßnahmen eigentlich einer stetigen Überprüfung unterzogen werden mussten. Besonders vor dem Hintergrund, dass diese Maßnahmen die elementaren Bürgerrechte, welche durch das Grundgesetzt geschützt sind, massiv beschränkten. Es war also eine stetige Indikationsprüfung durchzuführen, bei welcher alle neuen Informationen miteinbezogen werden müssten. Das betrifft die tatsächliche Gefährlichkeit des neuen Coronavirus, sowie die stetige Prognostik der Nebenwirkungen der getroffenen Maßnahmen. Möglich, dass am Anfang zu wenige Informationen vorlagen. Daher wurden zur Einschätzung der Bedrohungslage und die daraus folgenden tiefgreifenden, von den Regierungen durchgeführten Maßnahmen lediglich Modellberechnungen durchgeführt. Auf diesen basierten die Maßnahmen. Modelle sind angenommene, wahrscheinliche Verläufe. Grundsätzlich ist dagegen erst einmal nichts einzuwenden. Sind aber auf Grund neuer Informationen andere Einschätzungen möglich, so müssen die Maßnahmen angepasst, oder sogar komplett rückgängig gemacht werden, wenn es die wissenschaftliche Datenlage zulässt. Auch ein Eingeständnis überreagiert zu haben, da man das Eine oder Andere falsch eingeschätzt hatte, ist kein Problem. Das würde von einem verantwortungsvollen Umgang zeugen und Vertrauen aufbauen. Ein umgekehrtes Handeln führt zum genauen Gegenteil.

In diesem Buch werden bewusst Daten aus unterschiedlichen Zeitpunkten präsentiert, um den Prozess der Prozessdiagnostik zu illustrieren. Es sollen dadurch Hinweise gegeben werden, welches Wissen zu welchem Zeitpunkt vorhanden gewesen war und ob und wann man die ursprünglich als indiziert erachteten Maßnahmen hätte anpassen können, ja vielleicht sogar müssen. Dabei sollte immer im Hinterkopf bleiben, dass es sich um die gravierendsten freiheitsbeschränkenden Maßnahmen der Deutschen Geschichte seit dem 17.06.1953 handelte. In der Garnison Karl-Marx-Stadt erklärten damals der Garnisonsleiter Oberst Golew und der Militärkommandant Oberst Seliwerstow den Ausnahmezustand auf Grund des Volksaufstandes in der DDR. Theaterveranstaltungen, Kinovorstellungen und andere Vergnügungsveranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen wurden verboten. Der Verkehr und die Bewegung der Bevölkerung waren in der Zeit von 21 Uhr bis 5 Uhr morgens verboten. Allerdings durfte sich die Bevölkerung tagsüber frei bewegen. 29