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Mit dem Bau der Berliner Stadt- und Ringbahn entstand eines der innovativsten Verkehrssysteme des späten 19. Jahrhunderts. Die Betriebsabläufe mussten abweichend von den für den Eisenbahnbetrieb gültigen Normen vollkommen neu gedacht werden. Die Effizienz des 1881 entwickelten Konzepts wurde bis heute nicht wieder erreicht.
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Seitenzahl: 29
Veröffentlichungsjahr: 2022
Herausgegeben von Ronald Hoppeedition.epilog.de
Für diese Ausgabe wurden die Originaltexte in die aktuelle Rechtschreibung umgesetzt und behutsam redigiert. Längenangaben und andere Maße wurden gegebenenfalls in das metrische System umgerechnet.
Die Berliner Stadtbahn erhält zwei getrennt durchgeführte Gleispaare. Das nördliche Gleispaar ist für den Lokalverkehr bestimmt und wird voraussichtlich noch vor Ablauf dieses Jahres dem Betrieb übergeben werden. Auf dem südlichen Gleispaar sollen die Personenzüge der Dresdener, Potsdamer, Lehrter und Hamburger Bahn zum großen Teil, die der Ostbahn, der Niederschlesisch-Märkischen und der Wetzlarer Bahn sämtlich durch die Stadt geführt werden. Die Eröffnung des Betriebes auf letzterem Gleispaar ist erst im nächsten Frühjahr zu erwarten.
Wie in der Situations-Skizze angedeutet ist, schließen sich die Lokalgleise der Stadtbahn im Süden von Charlottenburg gabelförmig an die Ringbahn an, indem von der daselbst neu angelegten Station Charlottenburg ein Zweig nördlich nach dem Bahnhof Westend (bisher Charlottenburg-Westend genannt) und ein Zweig südlich nach dem Bahnhof Grunewald führt. Von Westen nach Osten fortschreitend folgen an den Lokalgleisen der Stadtbahn die Stationen: Zoologischer Garten, Bellevue, Lehrter Bahnhof, Friedrichstraße, Börse, Alexanderplatz, Jannowitzbrücke und Schlesischer Bahnhof (bisher gewöhnlich als Frankfurter Bahnhof bezeichnet). Von diesen Stationen werden nur die Bahnhöfe Charlottenburg, Friedrichstraße, Alexanderplatz und der Schlesische Bahnhof zugleich als Stationen für den durchgehenden Außenverkehr dienen. Von der Personenhalle des Schlesischen Bahnhofs aus finden die Lokalgleise der Stadtbahn ihre Fortsetzung in einem Gleispaar dieses Bahnhofs, welches unweit der jetzigen Station Stralau sich ebenfalls in zwei entgegengesetzt gerichtete Anschlusskurven spaltet. Die eine derselben leitet in die nördliche Richtung nach Friedrichsberg, die andere in die südliche Richtung nach Treptow über. In dem durch diese Anschlusskurven und durch die Ringbahn gebildeten Dreieck wird eine neue Station Stralau-Rummelsburg errichtet, welche an die Stelle der bisherigen Stationen Stralau und Rummelsburg tritt. Der große äußere Gleisring, welcher Berlin umspannt, wird somit durch die Stadtbahn in einen Nordring und einen Südring zerlegt.
Situations-Skizze der Berliner Stadt- und Ringbahn.
Der Verkehr der Züge auf diesem Gleis-System würde in verschiedener Weise eingerichtet werden können. Wollte man, wie es vielleicht als das Einfachste erscheinen möchte, auf dem äußeren Gleisring eine Anzahl von Zügen ununterbrochen kreisen und auf der Stadtbahn besondere Züge hin und her laufenlassen, welche den Übergang zwischen Stadt- und Ringbahn vermittelten, so würde dieser Übergang jedes Mal ein Umsteigen der Passagiere an den Anschlusspunkten nötig machen, was dem Verkehr zwischen der inneren Stadt und den äußeren Umgebungen Berlins nicht förderlich sein würde. Diese Erwägung führte zunächst dahin, sowohl auf dem Nordring für sich als auf dem Südring für sich einen Kreislauf von Zügen in Aussicht zu nehmen und denselben so zu regeln, dass behufs Aufrechthaltung der Verbindung zwischen den nördlichen und südlichen Ringbahnstationen an den Anschlusspunkten bei Charlottenburg und Stralau-Rummelsburg ein Übergang zwischen Nord- und Südring ohne größeren Aufenthalt möglich würde. Dadurch wurde nun freilich für diesen Übergang ein Umsteigen der Passagiere bedingt; da derselbe aber an dem westlichen Anschlusspunkt in sehr geringem Umfang stattfinden und am östlichen Anschlusspunkt immerhin hinter dem Übergang zwischen Stadt- und Ringbahn an Frequenz jedenfalls weit zurückstehen wird, so musste jener Übelstand als der verhältnismäßig kleinere mit in Kauf genommen werden.
Bezeichnet man die auf einem der Ringe kreisenden Züge, je nachdem der Kreislauf in rechts- oder linksdrehender Bewegung geschieht, der Kürze halber als ›Rechtszüge‹ (R) oder ›Linkszüge‹ (L), so kann man 4 Arten von Zügen unterscheiden, nämlich: