Die Einsamkeit des Grenzlandreiters - Friedrich Schütze-Quest - E-Book

Die Einsamkeit des Grenzlandreiters E-Book

Friedrich Schütze-Quest

5,0

Beschreibung

Friedrich Schütze-Quest war in rund 60 Ländern unterwegs - auf allen Kontinenten; neben der Zeitfunk-Berichterstattung sind aus seinen oft monatelangen Recherchen überwiegend Hörfunk-Features für die ARD entstanden. Millionen Hörer kennen diese Reportagen. China, USA/Mexiko, Indien, Laos, Israel, Südafrika, Afghanistan, Australien, Russland, Südsee - Beiträge aus mehr las 60 Sendungen, ausgewählt unter dem Gesichtspunkt des Zeitnahen und Zeitlosen, liegen nun in gedruckter Form vor.

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Seitenzahl: 342

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Friedrich Schütze-Quest

Die Einsamkeit des Grenzlandreiters

Unterwegs als Auslandskorrespondent

Militzke Verlag

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Der Text folgt der neuen Rechtschreibung (Stand August 2006).

Copyright © 2009 by Militzke Verlag GmbH, Leipzig Alle Rechte vorbehalten.

Lektorat: Julia Lössl, Anna Winz

Umschlaggestaltung: Ralf Thielicke/Titelfoto: Peter Pfaffmann/pepe/Fotolia.com

Satz und Layout: Ralf Thielicke (Kartenabbildungen unter Verwendung einer Abbildung von photallery/Fotolia.com)

Umsetzung als EBook: Christian Strebel

ISBN 978-3-86189-795-8

Besuchen Sie den Militzke Verlag im Internet unter: http://www.militzke.de

| Unbekanntes China

Eine Reise in die Provinz einer Weltmacht

| Hoffentlich bleibt der Mann noch ein paar Tage gesund, dachte ich, als ich erfuhr, wie ich in das Zimmer gekommen war, in dem ich aufwachte, in einem chinesischen Krankenhaus. Ein winziger Ambulanz wagen – so klein, dass ich kaum noch Platz hatte neben der Ärztin, zwei Krankenschwestern und Ming – hatte mich im Hotel abgeholt, abends, mit vierzig Grad Fieber und Atembeschwerden.

Im Krankenhaus liefen die Leute zusammen, drängten in das Behandlungszimmer, um beim Blutdruckmessen und Brustabhören zuzuschauen. Sie berührten mich am Arm, zupften mich vorsichtig am Haar und befühlten meine Pelzjacke. »Lass sie«, meinte Ming, »sie haben noch nie einen Ausländer gesehen – der Arzt lässt sie ja auch «

Das Bett in der Notaufnahme hatte eine Matratze und ein Kopfkissen mit Sandfüllung, aber keine Decke. Ich lag angezogen auf dem Bett, neben mir ein Eisenständer, an dem eine Infusionsflasche hing; später wurde ich noch an eine Sauerstoffflasche angeschlossen, die auf einem Handkarren hereingerollt wurde. Auf dem anderen Bett in der Notaufnahme lag ein Mann mit blutigen Binden. Ich wusste nicht, was mit ihm los war. Als sie ihn wegholten in der Nacht, hatte ich Angst, dass er gestorben sein könnte.

Irgendwann haben sie mich umquartiert. Aufgewacht bin ich in einem Zimmer, das eine eigene Toilette und sogar eine Dusche hatte, und dort lag ich allein. Es war das Zimmer, das der Oberbürgermeister und Erste Sekretär der Kommunistischen Partei der Stadt Yangquan rund um die Uhr für sich reserviert hält. Hoffentlich bleibt der Mann noch ein paar Tage gesund, dachte ich

Aus dem Hotel hatte Ming Handtücher und Bettwäsche für mich organisiert, gegen eine Leihgebühr. Sie musste einen kleinen Elektrokocher besorgen und einen Kochtopf und einen Suppenteller kaufen, so dass wir Instant-Nudelgerichte warm machen konnten, und sie brachte Obst und Trinkwasser in die Klinik.

Für das Bett im Krankenhaus und die Arztvisite musste täglich im Voraus bezahlt werden.Auch für jede Arznei und Infusionsflasche, die der Arzt verschrieb, und für jede Röntgenaufnahme musste Ming im Krankenhaus umherlaufen, erst einmal Geld hinlegen und Stempel und Gebührenmarken besorgen – von selbst ging da gar nichts. Unseren Kochtopf hat Ming später der Nachtschwester geschenkt. Die erhält eine Zulage von siebzig Pfennigen pro Nachtschicht und bekommt – alles in allem – hundertvierzig Mark im Monat. Der Chefarzt der Klinik verdient zweihundertvierzig Mark im Monat.

Wenn Chinesen kein Deposit hinterlegen können, kommen sie gar nicht erst ins Krankenhaus hinein. Was aber, wenn jemand eine Blinddarmentzündung hat, oder bei einem Unfall schwer verletzt wird und bettelarm ist? Über diese Frage, von Ming gedolmetscht, war der Chefarzt Ren Li Ging nicht glücklich. Er schaute weg und ließ sich Zeit mit seiner Antwort. »Es gibt die Gesetze der Volksrepublik China«, sagte er schließlich, »die müssen wir beachten aber eines kann ich Ihnen versichern: Erste Hilfe leisten wir immer – wie Ärzte in jedem Land.«

Jeden Tag schaute Dr. Ren, ein zurückhaltender, doch äußerst liebenswürdiger Mann, auch mal allein zu mir ins Zimmer und versuchte neugierig – so neugierig, wie ich ja auch war – ein Gespräch mit mir. Englisch sprechen konnte oder wollte er nicht; aber wenn ich ihm etwas hingeschrieben oder besser aufgemalt hatte, in englischen Großbuchstaben, konnte er es verstehen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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