Die Fährte des Mörders - G.F. Barner - E-Book

Die Fährte des Mörders E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Sam Denton liegt auf der Pritsche im Jail. Er hat die Schlinge fertig und lauscht. Der alte Ed Mills in der Nebenzelle pfeift immer, wenn er schläft. Ein seltsam unmelodisches Pfeifen, das manchmal in einem Gegurgel endet. Sam Denton sieht nichts mehr von den anderen. Das Licht ist aus, der Deputy hat es gelöscht wie sonst der Sheriff an jedem Abend. Doch Denton weiß, wo der Alte liegt. Wären die Gitter nicht zwischen ihnen, er könnte ihn im Dunkel der Nacht, die über der Stadt und diesem Jail liegt, erreichen – genau wie die anderen beiden – Stevens, den Gewohnheitsdieb und Säufer, oder Bunny Shields, den sie »das Häschen« nennen, weil er dauernd Angst hat. Hätte sie haben sollen, denkt Denton, als er mit ihnen Vieh stehlen ging und Stevens den Cowboy anschoß. Nun wird er ein halbes Jahr brummen. Denton lauscht. Jenseits des Ganges und der Wand bewegt sich etwas. Dann pfeift der Zug. Der langgezogene, schrille Jammerton kommt klagend durch die Nacht. Ein Uhr, der Güterzug, denkt Denton. Er bringt ihnen Schienen und das Material für die Brücke, deren Pfeiler ich noch entstehen sah. Sam Denton sitzt nun, nimmt den Hocker und stellt ihn auf die Pritsche. Denton kniet sich hin, greift unter die Decke und zieht den Strick heraus. Ein geflochtener Strick aus lauter schmalen Deckenstreifen.

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G.F. Barner – 320 –

Die Fährte des Mörders

G.F. Barner

Sam Denton liegt auf der Pritsche im Jail. Er hat die Schlinge fertig und lauscht.

Der alte Ed Mills in der Nebenzelle pfeift immer, wenn er schläft. Ein seltsam unmelodisches Pfeifen, das manchmal in einem Gegurgel endet.

Sam Denton sieht nichts mehr von den anderen. Das Licht ist aus, der Deputy hat es gelöscht wie sonst der Sheriff an jedem Abend. Doch Denton weiß, wo der Alte liegt. Wären die Gitter nicht zwischen ihnen, er könnte ihn im Dunkel der Nacht, die über der Stadt und diesem Jail liegt, erreichen – genau wie die anderen beiden – Stevens, den Gewohnheitsdieb und Säufer, oder Bunny Shields, den sie »das Häschen« nennen, weil er dauernd Angst hat. Hätte sie haben sollen, denkt Denton, als er mit ihnen Vieh stehlen ging und Stevens den Cowboy anschoß. Nun wird er ein halbes Jahr brummen.

Denton lauscht. Jenseits des Ganges und der Wand bewegt sich etwas. Dann pfeift der Zug. Der langgezogene, schrille Jammerton kommt klagend durch die Nacht.

Ein Uhr, der Güterzug, denkt Denton. Er bringt ihnen Schienen und das Material für die Brücke, deren Pfeiler ich noch entstehen sah. Sam Denton sitzt nun, nimmt den Hocker und stellt ihn auf die Pritsche.

Denton kniet sich hin, greift unter die Decke und zieht den Strick heraus. Ein geflochtener Strick aus lauter schmalen Deckenstreifen.

Er steigt hoch. Einen Augenblick stemmt er beide Hände gegen die rauhe Mauer. Der Hocker hat keinen richtigen Stand auf dem Stroh­sack.

Denton reckt sich, der geflochtene Strick baumelt an der Wand. Die linke Hand erwischt den äußeren Stab vor dem kleinen Fensterloch. Er steht nun auf dem Hocker, hat sich ausbalanciert.

Der Zug pfeift noch einmal. Die Freiheit ist draußen. Denton zieht den geflochtenen Strick um einen Stab und knotet ihn fest.

Er hängt sich an den selbstgerissenen und geflochtenen Strick. Flechten kann er, das hat er gelernt. Sattler werden, das war einmal. Aber es hat gereicht, aus einer Decke Streifen zu reißen und sie in einer Nacht – genau in zwei Stunden – zu einem Seil zu drehen.

Fest…!, sagt Denton sich, als er hängt und leise atmet, es hält mich doch.

Seine Hände tasten über die Wand, er schwitzt leicht, die Handflächen sind feucht, der Kragen so eng, daß ihm die Luft schon knapp wird, ehe er noch die Schlinge fühlt.

Sam Denton dreht sich vorsichtig, den Rücken preßt er an die Wand. Und danach greift er hinter sich. Nun nimmt er die Schlinge, zerrt noch einmal am Kragen.

Morgen, denkt er, als er die Schlinge zuzieht, morgen werden sie ihre Sensation haben, wenn ich nicht mehr hier bin.

Der Hocker wackelt, er verlagert sein Gewicht etwas.

Und dann gibt er sich einen Stoß.

Unter seinen Stiefeln kippt der Hocker weg.

Der selbstgedrehte Strick hält. Er spielt ihnen allen einen Streich.

*

Der Alte fährt jäh hoch. Sein Pfeifen ist abgebrochen, er sitzt aufrecht und hört es nun ganz deutlich.

Etwas trommelt, klopft unregelmäßig und tackend gegen die Wand drüben.

Einen Moment ist er verwirrt, hat den Schlaf noch in den Augen, aber in den Ohren ist das Getrommel, das Scharren an der Mauer drüben.

Der Alte starrt in die Dunkelheit, gegen das schwache Licht einer Straßenlaterne, die nur wenig Licht durch das schmale Fenster oben in die Nachbarzelle wirft.

»Denton«, sagt er heiser. »Denton, he?«

»Was ist?«

Stevens’ Stimme japsend und erschrocken, der Junge links bewegt sich auch.

»Stevens, mach Licht, mit Denton stimmt was nicht! Da, hör doch.«

Stevens kauert auf seiner Pritsche, seine Hand tastet fahrig über die Kante zur Wand hin. Dort hat er Streichhölzer versteckt, genau sieben müssen es noch sein, die niemand in seinem Hosenfutter gefunden hat, als sie ihn durchsuchten. Aber wo sind sie denn nur?

Er hat endlich eins, hört das Scharren langsamer werden. Es hört sich an, als kratze einer mit einem Stein ganz bedächtig über die rauhe Wand des Jails. Und dann…

Stevens zuckt zusammen – der Junge, den sie Bunny nennen, preßt die Faust zwischen die Zähne. Ed Mills stiert entsetzt in die Dunkelheit, als der gräßliche Ton durch das Jail weht wie der Hauch des Todes.

Ein entsetzlicher Ton, langgezogen, gurgelnd, gräßlich abbrechend, mit einem Glucksen, das einem durch Mark und Bein geht.

»Deputy – Deputy, schnell! Denton hat sich aufgehängt! Deputy, mit Denton ist was!«

Im gleichen Moment, als der Alte losschreit, flammt das Streichholz auf. Der Alte stiert auf die Beine an der Wand. Dann entdeckt er den Hocker und weiß, was das Poltern zu bedeuten hatte: Der Hocker ist von der Pritsche gefallen. Denton hat sich auf den Hocker gestellt und dann…

»Deputy!«

Sie rufen nun alle drei. Das Streichholz in der Hand von Stevens flackert, als der Atem von Bunny die Flamme streift.

»Deputy!«

Drüben ist der Deputy – hinter der schweren Tür steckt er. Er heißt John Saylor, ist dreiundzwanzig Jahre alt und Sheriffgehilfe in dieser Town.

Er schreckt hoch und hört sie rufen.

Er springt auf, dreht blitzschnell den Docht der Lampe höher und stürmt auf die Tür zu, schließt auf und bleibt abrupt stehen. Lichtschein fällt in die Zellen. Er sieht im Lichtkegel der Laterne den Hocker am Boden – dann die Stiefel an der Wand. Blitzschnell wandert der Laternenlichtkegel nun hoch.

Der Lichtschein trifft Dentons dunkelrotes Gesicht, die seltsam nach oben gerichteten Pupillen. Mehr sieht Saylor nicht, er muß etwas tun.

Der Kerl, denkt er, dieser verdammte, kaltblütige Schurke, der nie zum Reden zu bewegen war. Wo hat er das Seil her?

Ausgerechnet jetzt, wo der Sheriff nicht da ist, der hat es gemacht, damit ich Ärger bekomme, der verdammte Messerheld. Wenn er sich doch einen anderen Tag ausgesucht hätte.

Er ist in der Zelle, der Mörder hängt ganz still. In der linken Hand hat Saylor die Laterne, sieht sich um, stellt sie einfach zu Boden und geht dann auf die Pritsche zu. Das Messer heraus, den Mörder abschneiden.

Ein Satz, er ist auf der Pritsche, hat die Hand mit dem Messer hoch und sieht nun, daß der Strick aus geflochtenen Deckenstreifen besteht. Er reckt sich, das Messer funkelt, der Stahl säbelt den Wollstoff durch.

Es knirscht, das selbstgeflochtene Seil zerfasert sich, reißt dann durch. Neben Saylor fällt der Körper des Mörders auf die Pritsche, bleibt seltsam verdreht liegen.

Hinter dem Deputy sagt Ed Mills keuchend: »Bring ihn raus, bring ihn schnell weg, das ist die Hölle. Ich werde jede Nacht von ihm träumen, wenn ich keinen Whisky habe, um den Anblick zu vergessen. Whisky, bring einen Whisky, Deputy.«

»Halt das Maul, Mensch«, knurrt Saylor grob und dreht sich wütend um, als der Alte zu greinen beginnt wie ein Kind, das sich vor dem schwarzen Mann fürchtet.

Stevens kann in Dentons Gesicht blicken. Er sieht es und kann es doch nicht glauben: Genau in dem Moment, als sich Saylor umdreht, kommt die Wandlung. Sam Denton bewegt sich. Er zieht blitzschnell die Beine an.

Der Mann, der sich selbst ans Gitter gehängt hat, beginnt sich zu bewegen.

Er ist verflucht lebendig.

*

Es ist der Gesichtsausdruck von Stevens, der Saylor irgend etwas sagt, das er jedoch nicht versteht. Jenes ungläubige Staunen. Irgend etwas muß hinter Saylor sein, aber was?

Saylor will sich drehen, doch Denton tritt blitzschnell zu. Er erwischt den Deputy, ehe der sich auch nur weiter als bis zur Seite drehen kann, an der Hüfte.

Saylor spürt den wilden, stechenden Schlag und prallt mit voller Wucht an die Gitterstäbe.

Er greift sofort zum Revolver. Ehe er ihn aber erreicht, sieht er Denton kommen.

In der nächsten Sekunde prallt Denton mit angezogenen Knien dem Deputy in die Seite. Seine ausgestreckten Hände schließen sich wie zwei Klammern um Saylors Hals.

Denton keucht und drückt zu. »Da hast du es! Da hast du deinen Teil, Bursche!«

Feuer vor Saylors Augen – Blitze, zuckende Flammen, denen er sich plötzlich gegenüber zu sehen glaubt.

Saylor strampelt, versucht zu schlagen, will die Beine hochbringen und Denton von sich werfen. Als er austritt, geschieht es – der Stiefel trifft die Laterne und schleudert sie nach rechts. Scheppernd saust die Laterne über den Boden, prallt klirrend an einen der Trennstäbe zur Nachbarzelle. Danach zerbricht das Glas. Dann ist es dunkel im Jail.

Durch die Dunkelheit kommt das Schurren, das Trampeln von Stiefeln, deren Hacken gegen den Boden knallen. Irgendwo in der Nacht des Jails tastet eine Hand über den Boden.

In das Keuchen und Stöhnen hinein kommt die Stimme wieder, die drei Männer stocksteif auf den Plätzen sitzen bleiben läßt.

»Du hast mich lange genug geärgert.«

Sie sitzen auf den Pritschen der Alte hat die Füße am Boden, der Junge die Knie angezogen, die Faust noch immer zwischen den Zähnen. Stevens hebt die Hand halb hoch, als hätte er noch zu leuchten.

Drüben poltert es – jemand keucht scharf. In der Dunkelheit ist nichts zu sehen. Nur die Geräusche sind zu hören – seltsame Laute, die an den Nerven zerren. Es schurrt nun, etwas gleitet über den Boden.

Das Keuchen wird lauter, die Stille der anderen drei Männer ist vollkommen. Und dann knarrt die Tür aus Eisenstäben. Ein Geräusch, das ihnen allen durch und durch geht. Keiner kann reden, das Grauen preßt ihnen die Lippen zusammen.

Etwas schurrt, jemand geht, nachdem die Tür leise geknarrt hat, durch den Gang. Danach tastet eine Hand über die Wand, stößt an Holz. Die schwere Bohlentür mit den Eisenbändern knarrt ganz sacht. Füße tappen über die Dielen. Im Office poltert es, ein Stuhl scharrt.

Stevens, der durch die offene Tür das matt erleuchtete Rechteck des einen Officefensters sehen kann, glaubt einen Schatten zu erkennen und zuckt heftig zusammen.

Eine Schublade wird aufgezogen, das Geräusch des zu Boden polternden Schubkastens läßt drei Männer zusammenschrecken. Irgendwo dort drüben ist das Keuchen immer noch.

Und dann, als sie alle drei denken, daß es dem Deputy gelungen sein muß, Denton doch noch zu erwischen, daß der Deputy dort nach Streichhölzern sucht, flammt das Streichholz auf.

In jenem ungewissen Schein, der aus der Dunkelheit zuckt und wie ein Kreis die Schatten vertreibt, taucht das Gesicht auf: Das Gesicht des Mörders.

Ein unheimlicher, grauenvoller Anblick für drei Männer, ein Gespensterbild, ein Gesicht, das die Flammen des Streichholz von unten her beleuchtet und Schatten über die hervortretenden Wangenknochen des Mörders wirft, die die Augenhöhlen zu schwarzen, düsteren Flecken machen, den Mund größer erscheinen lassen. Haare, die Denton wild und zerzaust in die Stirn hängen, dunkles Haar, das sein Gesicht noch düsterer wirken läßt.

Sie hocken beklommen, von Grauen geschüttelt, auf ihren Pritschen und stieren zu ihm hin.

Drüben klirrt der Zylinder jener großen Hängelampe an den Haltern des grünen Schirmes. Das Streichholz erfaßt mit seiner Flamme den Docht und setzt ihn in Brand. Halbdunkel herrscht im Office – seltsam düsteres Zwielicht, in dem sich die Gestalt bewegt und stehenbleibt.

Danach sagt die Stimme, sie hat einen fremden, heiseren Klang: »Hast du nicht gedacht, Deputy, hast du nicht, wie? Sattler hättest du lernen müssen.«

Er hat gelauscht, denkt Ed Mills, der in dieser Sekunde nicht mehr an Schnaps oder an Spiritus denkt, den er auch schon durch seine Kehle gejagt hat, er hat nur deshalb stillgestanden, um zu hören, ob jemand käme, einer etwas gehört haben könnte, nur deshalb.

»Alles ruhig, was?« flüstert Denton und steht am Tisch, die rechte Hand am Hemdkragen, als sei ihm die Luft zu knapp geworden.

Plötzlich wendet er sich der Lampe zu und dreht den Docht höher. Das Handtuch, das er an sich gerissen hat und mit dem er sich über Gesicht und Hände gefahren ist, fliegt in die Ecke des Office. Nun kommt er auf die Tür zu, ein großer Mann mit eckigen, hochgezogenen Schultern. Einen Moment verdunkelt seine Gestalt den Eingang zum Jail, dann bleibt er vor dem Gitter stehen und starrt Mills an.

Er zerrt nun mit beiden Händen, ein brauner Ring wird sichtbar, den er im nächsten Augenblick hochhält, damit sie ihn auch richtig sehen können.

Ein Lederkragen, denkt der alte Mills, ein richtiger Lederkragen mit zwei Deckenstreifen daran. Mein Gott, er hat sich eine Halsmanschette gemacht, wie andere Leute einen Gummikragen zur Büroarbeit tragen.

Mills stiert auf die beiden Deckenstreifen, genauso geflochten wie jener Strick. Sie sind rechts und links am Kragen befestigt und müssen von Denton unter den Achselhöhlen durchgezogen worden sein. So haben sie der Halsmanschette den Halt und festen Sitz gegeben. Vorn an der Manschette und hinten glaubt Mills zwei Haken zu sehen – richtige Eisenhaken. Jetzt weiß er auch das – der Mörder hat den Strick um den hochgezogenen Hemdkragen gelegt, ihn unter jene beiden Haken gepreßt und konnte sich so niemals die Luft abschnüren.

»Siehst du, so einfach ist das«, sagt Denton kichernd. »Man muß Sattler gelernt haben und aus einem Nagel einen Dorn machen können. Vorn schabt man den Nagel rund, hinten platt, dann wird er zu einem Messer, verstehst du, Mills?«

Er scheint nur zu Mills reden zu wollen – vielleicht ist er instinktiv sicher, daß Mills der erfahrenste Mann unter den anderen Zellenbewohnern ist – vielleicht will er sich vor dem Alten mit seiner Erfahrung brüsten – Mills ahnt es undeutlich, daß er so etwas wie der Sprecher hier für Denton sein muß.

»Ich habe meine Stiefel abgeschnitten«, zischelt Denton spöttisch. »Es hat zwei Nächte gedauert, aus ihnen eine Krawatte zu machen. Ich mußte nähen, noch mehr Nägel aus der Pritsche graben, um die Haken zu bekommen. Diese Narren, sie sollten die Pritsche niemals nageln, sondern mit Holzpflöcken zusammenleimen. Sie müssen Nägel nehmen – Nägel, aus denen man allerhand machen kann, meinst du nicht, Mills?«

»Ja«, versichert Mills würgend, als der starre, glitzernde Blick des Mörders ihn noch nicht loslassen will. »Ja, ich verstehe, Denton.«

»Eine Arbeit von zwei Wochen – zwei langen Wochen, Mills«, murmelt Denton. »Ich hätte euch einweihen können, aber ihr hättet es mir auch verderben können, wie? Ist ihnen nicht in den Sinn gekommen, sich meine Stiefel mal anzusehen, daran haben sie nicht gedacht. Der auch nicht.«

Er wendet den Kopf und blickt in die linke Zelle, in der er vor weniger als zehn Minuten noch gehangen hat. Wie Marionetten, deren Glieder man durch Schnüre bewegen kann, sehen sich die anderen drei auch um – blicken in die Nachbarzelle, in die genug Licht fällt.

Der Deputy, denkt Stevens und fühlt, wie das Frieren wieder über ihn kommt. Das Messer, mit dem Saylor ihn abgeschnitten hat – das Messer.

Es würgt ihn erneut, er kauert mit angezogenen Knien auf seiner Pritsche und sieht Denton losgehen. Aus Dentons Hosentaschen lugt der Griff von Saylors Revolver. Als Denton sich bückt und die Schlüssel hat, folgen sechs Augen jeder Bewegung seiner Hand.

»Na?« fragt Denton spottend. »Na, Freunde? Was wird denn jetzt? Soll ich euch aufschließen oder wollt ihr in dem Käfig bleiben, bis sie euch holen kommen und die Jury zusammentritt, um euch zu verurteilen wegen Beihilfe, na?«