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1922 gelang es TELEFUNKEN als erster Firma, eine direkte Funkverbindung zwischen Java und Holland herzustellen, TELEFUNKEN eröffnete nach 1950 die erste Rundfunkgerätefabrik in Semarang auf Java, mit einem TELEFUNKEN-Sender wurden nach über 30 Jahren Sendepause in Indonesien die Amateurfunkbänder wieder aktiviert und TELEFUNKEN führte mit einem ersten UKW-Sender in diesem Archipel den FM-Rundfunk ein. Über Jahrzehnte war TELEFUNKEN ein Pionier der Funktechnik und Weltspitze. Horst H. Geerken, viele Jahre beruflich auf dem Gebiet der Starkstrom- und Nachrichtentechnik in Indonesien tätig und begeisterter Amateurfunker, zeigt anschaulich, welch herausragende Stellung deutscher Erfinder- und Pioniergeist im 20. Jahrhundert in der Funktechnik in Südost-Asien einnahm, von den Längstwellen-Sendern in Malabar über Rundfunk und Amateurfunk auf Kurzwelle bis zu FM-Radio auf Ultra-Kurzwelle.
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2025
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1. Dank
2. Vorgeschichte
3. Entscheidung für einen Hochfrequenz-Maschinensender von TELEFUNKEN
4. Die Funkstation Malabar auf Java
5. Die Gegenstation Kootwijk in Holland
6. Der Funkbetrieb
7. Malabar und seine Gegenstationen heute
8. Nach 35 Jahren Sendepause wieder Amateurfunk in Indonesien – und wieder war es TELEFUNKEN
9. Ausklang
10. Anlagen
Anlage 1: Schnelltelegraphie auf Großstationen von Dr. H. Verch.
Anlage 2: Über die Qualität ungedämpfter Wellen von Dr. Graf Arco, 1921
Anlage 3: TELEFUNKEN-Marconi Code AG
11. Namensregister
12. Sachregister
13. Literatur
Meinem langjährigen Freund Jürgen Graaff danke ich sehr herzlich für Informationen zur TELEFUNKEN-Sendetechnik. Wir kennen uns seit Ende der 1960er Jahre, als er in Indonesien für verschiedene TELEFUNKEN-Senderprojekte tätig war. Später wurde Jürgen Vertriebsdirektor und danach, bis zu seiner Pensionierung, Geschäftsführer der ‚TELEFUNKEN Sendertechnik GmbH‘.
Jürgen Graaff verwahrt eine wertvolle sogenannte ‚Historische Senderliste‘, die ich für meine Recherchen immer wieder einsehen durfte. Außerdem half er mir, alte Ausgaben der TELEFUNKEN-Zeitung aufzufinden und er stellte mir interne Berichte von Mitarbeitern zur Verfügung, die damals an dem Projekt Malabar beteiligt waren.
Ganz besonders dankbar bin ich Cornelia Biegler-König. Sie hat mir über spezielle Kanäle Unterlagen aus Archiven besorgt, die ich trotz intensiver Suche nicht finden konnte.
Auch danke ich allen indonesischen Funkamateuren, zu denen ich einen persönlichen Kontakt habe und die mir Informationen zum heutigen Zustand der Funkstation Malabar zukommen ließen.
Die TELEFUNKEN-Zeitung jener Tage war die wichtigste Quelle meiner Recherchen, zum Beispiel die Ausgabe Nr. 22 vom März 1921:
TELEFUNKEN-ZEITUNG
Abb. 1-1, TELEFUNKEN-Zeitung, Nr. 22 vom März 1921
Ich danke dem ‚Radio Museum‘1, weil es bereits einen großen Teil der alten TELEFUNKEN-Zeitungen digitalisiert hat und diese im Internet frei verfügbar sind, und dem Tropenmuseum in Amsterdam, aus dessen Archiv ich für dieses Buch viele alte Fotos über Radio Malabar erhalten konnte.
Mein besonderer Dank gilt auch Michaela Mattern und Barbara Bode, die mir – wie in den vergangenen Jahren – durch ihr Lektorat sowie mit Rat und Tat eine große Stütze waren.
Im Frühjahr 2022
Horst H. Geerken
1www.radiomuseum.org
Ab 1963 lebte ich 18 Jahre lang in Indonesien. Ich war als Resident Engineer für einen deutschen Konzern auf dem Gebiet der Starkstrom- und Nachrichtentechnik tätig. Eines Tages – es war Ende der 1960er Jahre – machte ich einen Ausflug in die Berge südlich von Bandung, um zu schauen, ob noch irgendwelche Überreste der Funkstation Malabar auf der Insel Java zu finden sind. Die Station wurde in den Jahren 1920 bis 1923 von TELEFUNKEN-Berlin für die niederländische Kolonialregierung errichtet. Durch meine Tätigkeit als Ingenieur der Hochfrequenztechnik und als passionierter Funkamateur war ich natürlich an allem interessiert, was mit Funktechnik zu tun hatte. Aber bevor ich auf meine Suche in einem späteren Kapitel zurückkomme, möchte ich zunächst etwas über die interessante Vorgeschichte der Funkstation berichten.
Heinrich Hertz hatte 1886 die Existenz von elektromagnetischen Wellen nachgewiesen und somit die Möglichkeit für eine drahtlose Telegrafie eröffnet. Anfang des 20. Jahrhunderts war diese junge Technologie spektakulär, da durch sie die störanfällige drahtgebundene Telegrafie über Seekabel und Überlandleitungen ersetzt werden konnte. Anfangs konnten allerdings nur Morsezeichen über kurze Entfernungen übertragen werden, Sprache nicht.
Es war der Deutsche Kaiser Wilhelm II., der anregte, dass die beiden Elektrokonzerne Siemens & Halske und AEG, die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, am 27. Mai 1903 in Berlin gemeinsam die ‚Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH., System TELEFUNKEN‘ gründeten. Grund dafür war, dass ein Telegramm des Kaisers von einer Marconi-Station auf der Nordseeinsel Borkum zurückgewiesen worden war. Die englische Gesellschaft ‚Marconi International Communication Company‘, die drei Jahre vor TELEFUNKEN gegründet worden war, vermietete Schiffs- und Landfunkanlagen einschließlich des Bedienungspersonals. Den Funkern war strengstens untersagt, Anrufe von Stationen mit Sendeeinrichtungen anderer Firmen zu beantworten. Aus diesem Grunde wurde auch das Telegramm des Kaisers nicht angenommen und weitergeleitet. Daraufhin wollte der Deutsche Kaiser der Marconi-Gesellschaft nicht das Monopol für die Funktechnik überlassen. Nach diesem Zwischenfall wurden in Deutschland alle Stationen mit Marconi-Geräten geschlossen und mit Geräten von TELEFUNKEN ausgerüstet. Es war ein harter Konkurrenzkampf zwischen Marconi und TELEFUNKEN, der zu einem langjährigen Patentstreit führte.
Abb. 2-1, Entstehung der TELEFUNKEN GmbH2
Abb. 2-2, TELEFUNKEN-Werbung, 19203
Professor Dr. Karl Ferdinand Braun und sein Schüler Dr. rer. nat. Jonathan Zenneck waren Mitbegründer der TELEFUNKEN-Gesellschaft. Beide reisten kurz vor dem Ersten Weltkrieg nach New York, um in den dortigen Verhandlungen im Patentstreit mit Marconi die Firma TELEFUNKEN zu vertreten.
Schon bald war der Name TELEFUNKEN für deutsche Funk- und Nachrichtentechnik auf der ganzen Welt bekannt, besonders als TELEFUNKEN bereits 1909 das Patent für Elektronenröhren von Robert von Lieben erwarb und nun mit Sendern auf dieser Basis experimentierte. Im selben Jahr erhielten Professor Dr. Braun von TELEFUNKEN und der Italiener Guglielmo Marconi als Anerkennung ihrer Verdienste um die Entwicklung der drahtlosen Telegrafie den Nobelpreis.
Außer der Konkurrenz mit Marconi gab es auch noch einen anderen Grund, weshalb sich der Kaiser für eine unabhängige deutsche Gesellschaft für Funktechnik einsetzte. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Deutschland noch Kolonien in Afrika und im Pazifik, deren engere Anbindung an das Heimatland mittels der von Seekabeln unabhängigen Funktelegrafie gewünscht wurde, denn zum Ärger des Deutschen Kaisers wurden die Seekabel meist von den britischen Konkurrenten verwaltet und kontrolliert. Das Deutsche Reich wollte nicht mehr auf den guten Willen einiger weniger Kabel-Monopol-Gesellschaften angewiesen sein. Allerdings konnten damals so große Entfernungen mit den zunächst entdeckten Längstwellen noch nicht überbrückt werden. Man kannte die physikalischen Prinzipien der Wellenausbreitung noch nicht. Die bisher noch unbekannten und ‚nutzlosen‘ Kurzwellen wurden Funkamateuren und Bastlern als ‚Spielwiese‘ überlassen.
Die TELEFUNKEN GmbH war Anfang der 1920er Jahre bereits weit verzweigt und auf der ganzen Welt vertreten. In vielen Ländern gab es bereits eigene Fertigungsstätten.
Abb. 2-3, Wie weltweit verzweigt TELEFUNKEN 1921 schon war, zeigt ein Ausschnitt aus der TELEFUNKEN-Zeitung vom März 1921
Bereits vor und während des Ersten Weltkriegs gab es einen verbissenen Patentstreit und großen Konkurrenzkampf zwischen Marconi und TELEFUNKEN, sowie einen Wettstreit über die Technik, mit der das beste Ergebnis zu erzielen sei. Die einen, wie Marconi, sahen die Zukunft in einem Lichtbogensender nach dem System Poulsen, die anderen, vertreten durch TELEFUNKEN, in Hochfrequenz-Maschinensendern. Nun habe ich schon mehrere Fachausdrücke erwähnt. Mit der Funktechnik wenig vertraute Leser finden in Anlage 2 einen Artikel, in dem Dr. Graf Arco die Unterschiede der verschiedenen Sendetechniken – Knallfunkensender, Lichtbogensender, Poulsen-Sender, Röhrensender – erläutert.
Mit Maschinensendern konnten nur niedere Frequenzen erreicht werden, Lichtbogensender hatten dagegen einen äußerst geringen Wirkungsgrad, konnten die Frequenz nicht stabil halten und hatten ein breites ‚schmutziges‘ Frequenzspektrum, sodass sich benachbarte Stationen gegenseitig störten. Trotz dieser Nachteile setzte man in den Vereinigten Staaten auf den Lichtbogensender, da mit diesen Frequenzen bis zu 280 Kilohertz erzielt werden konnten. Dies entsprach einer Wellenlänge von 1,07 Kilometern. Der Lichtbogensender wurde nach seinem Erfinder Valdemar Poulsen auch Poulsen-Sender genannt. 1915 verkaufte Poulsen sein Patent an die englische Firma Marconi. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Poulsen und Marconi Konkurrenten gewesen, auch diese beiden hatten sich um das Patent gestritten.
Am 15. September 1915 lautete die Schlagzeile in der ‚New York Times‘:
MARCONI ABSORBS RIVAL:
Poulsen Rights in England Acquired by Wireless Corporation.
When the suit of the Marconi Company against the United Wireless Telegraph Company for alleged infringement of patent rights was called for trial yesterday before Judge Hough in the United States District Court it was announced that in consequence of a settlement being reached between the two corporations the United concern would make no defense, and would consent to the granting of the decree in favor of the Marconi Company. […]
TELEFUNKEN gründete 1918 gemeinsam mit der AEG und Siemens & Halske die Aktiengesellschaft ‚TRANSRADIO, Drahtloser Übersee-Verkehr AG‘. Die Gesellschaft betrieb unter der Führung von TELEFUNKEN die Großfunkstation Nauen. Die Empfangsanlagen waren in Geltow bei Potsdam, in Westerland auf Sylt und in Eilvese bei Hagen. 1928 kam noch eine große Kurzwellenempfangsanlage bei Beelitz, südwestlich von Berlin, hinzu. Über den Transradio-Kooperationspartner in den Vereinigten Staaten, die Radio Corporation of America/RCA, wurde der gesamte Telegrammverkehr mit den USA abgewickelt, wie auch mit Argentinien, Brasilien, Ägypten, Siam, Chile, Mexiko und Japan. 1923 wurde der Firmenname in ‚TRANSRADIO-AG für drahtlosen Übersee-Verkehr‘ umgeändert.
Drahtloser Übersee-Verkehr A.-G.
Berlin SW 11, Hallesches Ufer Nr. 12. Fernsprecher: Lützow 3630
Transradio betreibt die Großfunkstellen Nauen und Eilvese. und befördert drahtlose Telegramme nach allen Teilen der Welt
Abb. 2-4, Firmenlogo der TRANSRADIO
Abb. 2-5, Aktie der TRANSRADIO über 600,- Reichsmark
Abb. 2-6, Aktie der TRANSRADIO über 1000,- Reichsmark
2 Aus der TELEFUNKEN-Zeitung Nr. 22 vom März 1921
3 Ibid.
Die niederländische Regierung verfolgte die Pionierarbeit von Marconi und TELEFUNKEN mit dem größten Interesse, da sie die Hauptinsel Java ihrer Kolonie Niederländisch-Indien mit drahtloser Telegrafie an das Mutterland anbinden wollte. Als Beispiel diente ihr dafür die von TELEFUNKEN errichtete ‚Funkstation Kamina‘ in der deutschen Kolonie Togo. Kamina diente als Knoten- und Vermittlungspunkt für alle deutschen Kolonien in Afrika.
Die Anlage Kamina mit einem Löschfunkensender – einer Weiterentwicklung des Knallfunkensenders – und neun Antennenmasten, sechs davon 120 Meter hoch, wurde im Juli 1914 im Endausbau in Betrieb genommen. Bei den damals verwendeten Längstwellen waren die Antennenanlagen riesig. Die Gegenstation von Kamina war die TELEFUNKEN-Großfunkstelle in Nauen, nördlich von Potsdam in Brandenburg gelegen, die bereits 1906 den Probebetrieb aufnahm. 1911 gelang bei Versuchen ein erster Kontakt mit Kamina.
Abb. 3-1, Funkstation Kamina in Togo, 19144
Abb. 3-2, Deutsche Funkstationen in Afrika, 19145
Abb. 3-3, Die Großfunkstation Nauen, 19206
Die deutsche Kolonialregierung unterhielt in Togo keine Schutztruppen, um die Station Kamina zu schützen. Im Ersten Weltkrieg rückten die Briten in Togo immer weiter vor. Die Station war nur einen Monat offiziell in Betrieb. Während dieser Zeit wurden 229 Telegramme empfangen und gesendet und deutsche Handels- und Kriegsschiffe gewarnt, neutrale Häfen anzulaufen, um sie einem Zugriff der Entente-Mächte, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Russland, zu entziehen. In der Nacht vom 24. auf den 25. August 1914 wurde die Station von der deutschen Mannschaft zerstört, damit sie nicht in die Hände der Briten fiel. Die Funktürme wurden gesprengt und alle Apparaturen zerstört. Heute zeugen nur noch wenige Reste der Fundamente von der einst stolzen Station Kamina.
Aufgrund der positiven Erfahrungen mit der Station Kamina schlug der niederländische Ingenieur Dr. de Groot vor, eine Funkverbindung mittels einiger Relaisstationen mit dem fast 12 000 Kilometer entfernten Java, der Hauptinsel von Niederländisch-Indien, aufzubauen. Man glaubte damals, dass eine direkte Verbindung nicht möglich wäre. Man kannte die physikalischen Prinzipien der Wellenausbreitung noch nicht.
Während des Ersten Weltkriegs war die niederländische Kolonie Niederländisch-Indien vollständig vom Mutterland abgeschnitten worden, da die einzige Verbindung mit den Niederlanden ein britisches Seekabel war. Dieses Seekabel lief über Aden im Jemen und wurde von den Briten kontrolliert und überwacht. Später fiel es ganz aus, da der britische Knotenpunkt des Seekabels auf den australischen Cocos-Keeling-Islands, südwestlich von Java, durch ein Kommando des deutschen Kreuzers SMS Emden unter Kapitänleutnant Hellmuth von Mücke Anfang November 1914 zerstört wurde.7 Auch der Warenaustausch zwischen den Niederlanden und ihrer Kolonie Niederländisch-Indien war so gut wie unterbrochen. Es bestand somit der dringende Bedarf einer unabhängigen drahtlosen Verbindung zwischen Holland und Java, der Hauptinsel der Kolonie.
Es gab für die Verwirklichung der Überbrückung von 12 000 Kilometern mit den damals verfügbaren Mitteln noch keine direkte Lösung. 1913 plante man eine Verbindung von Holland mit Java mittels dreier Relaisstationen, und zwar in Malta und Tripolis am Mittelmeer, sowie Massaua am Roten Meer. Da bei dieser Planung verschiedene Staaten beteiligt und diplomatische Verwicklungen zu erwarten waren, wurde sie wieder verworfen.
Bei einer zweiten Planung sollte Holland auf dem Weg nach Westen mit Java durch Funktelegrafie verbunden werden. Dabei hätte man die von den Niederlanden besetzten Inseln in der Karibik und gleichzeitig die Kolonie Niederländisch-Guayana – heute das unabhängige Surinam – als Zwischenstationen mit einbeziehen können. Weitere Relaisstationen waren in den Vereinigten Staaten und in der Kolonie Deutsch-Neuguinea mit dem Kaiser-Wilhelm-Land und dem Bismarck-Archipel geplant. In Deutsch-Neuguinea sollten die Niederlassungen der Deutschen Südsee-Gesellschaft in Rabaul, Yap und auf der Insel Nauru mit einbezogen werden. Man wählte diesen Weg nach Westen, da man damals schon erkannt hatte, dass sich Längstwellen am besten über Wasser ausbreiten konnten. Dieses zweite Projekt hatte die größere Aussicht auf Verwirklichung, da der weitaus größte Teil der Strecke über Wasser ging. Es wurde aber bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu den Akten gelegt.