Die Heilung  des einsamen Fürsten - Marianne Schwarz - E-Book

Die Heilung des einsamen Fürsten E-Book

Marianne Schwarz

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. »Ist das etwa Schloß Walchenberg?« fragte Witta Helmer und deutete aus dem Fenster des fahrenden Personenzuges. In dem hügeligen Gelände, nicht sehr weit entfernt von der Bahnstrecke, war gerade ein imposanter Gebäudekomplex ins Sichtfeld geraten. Flankiert von zwei mächtigen runden Ecktürmen mit Spitzdächern und überragt vom mehrstöckigen Hauptgebäude mit hohem steilen Dach und großen spätgotischen Giebelluken erhob sich das imponierende Bauwerk aus einem sanften Abhang und dominierte die grünenWälder eines malerischen Tales. Es saß nur noch eine ältere Dame mit in Wittas Abteil. Bisher hatten die beiden noch nicht miteinander gesprochen, doch jetzt, auf Wittas spontanen Ausruf hin, nickte die Ältere lächelnd und bestätigte: »Das ist in der Tat Schloß Walchenberg. Gefällt Ihnen unser Schloß? Wissen Sie, ich stamme hier aus der Gegend, mein Sohn führt die Apotheke im Städtchen. Früher war ich selbst die Apothekerin, und für uns hier ist Walchenberg einfach ›unser Schloß‹. Ich denke, wir sind alle ein bißchen stolz darauf, fühlen uns dem Schloß und der Fürstenfamilie zugehörig, obwohl ehrlich gesagt, da gar nicht so viele Kontakte bestehen. Aber wir leben eben mehr oder weniger unter den Türmen des Schlosses. Viele von uns sind hier aufgewachsen, also nennen wir es ›unser Schloß‹. Und es freut mich, daß es Ihnen zu gefallen scheint.« Die blonde junge Frau im schicken blauen Hosenanzug nickte. »Ich bin geradezu überwältigt. Zwar weiß ich, daß mich hier ein Schloß erwartet, aber an solch riesige Ausmaße habe ich denn doch nicht gedacht.« Die ältere Dame blickte überrascht. »Verstehe ich Sie richtig?« fragte sie. »Das Schloß ist das Ziel Ihrer Reise?

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Fürstenkinder – 94 –

Die Heilung des einsamen Fürsten

Unveröffentlichter Roman

Marianne Schwarz

»Ist das etwa Schloß Walchenberg?« fragte Witta Helmer und deutete aus dem Fenster des fahrenden Personenzuges.

In dem hügeligen Gelände, nicht sehr weit entfernt von der Bahnstrecke, war gerade ein imposanter Gebäudekomplex ins Sichtfeld geraten. Flankiert von zwei mächtigen runden Ecktürmen mit Spitzdächern und überragt vom mehrstöckigen Hauptgebäude mit hohem steilen Dach und großen spätgotischen Giebelluken erhob sich das imponierende Bauwerk aus einem sanften Abhang und dominierte die grünenWälder eines malerischen Tales.

Es saß nur noch eine ältere Dame mit in Wittas Abteil. Bisher hatten die beiden noch nicht miteinander gesprochen, doch jetzt, auf Wittas spontanen Ausruf hin, nickte die Ältere lächelnd und bestätigte: »Das ist in der Tat Schloß Walchenberg. Gefällt Ihnen unser Schloß? Wissen Sie, ich stamme hier aus der Gegend, mein Sohn führt die Apotheke im Städtchen. Früher war ich selbst die Apothekerin, und für uns hier ist Walchenberg einfach ›unser Schloß‹. Ich denke, wir sind alle ein bißchen stolz darauf, fühlen uns dem Schloß und der Fürstenfamilie zugehörig, obwohl ehrlich gesagt, da gar nicht so viele Kontakte bestehen. Aber wir leben eben mehr oder weniger unter den Türmen des Schlosses. Viele von uns sind hier aufgewachsen, also nennen wir es ›unser Schloß‹. Und es freut mich, daß es Ihnen zu gefallen scheint.«

Die blonde junge Frau im schicken blauen Hosenanzug nickte.

»Ich bin geradezu überwältigt. Zwar weiß ich, daß mich hier ein Schloß erwartet, aber an solch riesige Ausmaße habe ich denn doch nicht gedacht.«

Die ältere Dame blickte überrascht.

»Verstehe ich Sie richtig?« fragte sie. »Das Schloß ist das Ziel Ihrer Reise? Halten Sie mich bitte nicht für neugierig, aber...«

Witta Helmer schob sich mit einer Hand eine der weich fallenden blonden Locken aus der Stirn und lächelte. »So wie ich das gesagt habe, mußte es ja wohl auch komisch klingen. Aber es ist tatsächlich so, ich bin unterwegs nach Schloß Walchenberg. Eigentlich kann ich es selbst nicht richtig glauben, und mir ist fast so, als träumte ich das alles. Aber ich sitze ja wohl wirklich hier in diesem Zug, da draußen in der langsam vorbeiziehenden Landschaft sehe ich zum erstenmal in meinem Leben Schloß Walchenberg, und dort erwartet man mich. Mich, Witta Helmer, gerade mal zweiundzwanzig Jahre alt und eben fertig geworden mit der Ausbildung als Erzieherin. Und mir will man dort auf dem Schloß eine kleine Prinzessin anvertrauen. Können Sie sich das vorstellen?«

»Nun, da darf man Ihnen wohl gratulieren, Fräulein Helmer. Ich bin übrigens Frau Hausmann, von der Apotheke im Ort, wie ich ja schon erwähnte. Wenn wir sozusagen Nachbarn werden, finde ich es schön, daß wir uns hier schon bekanntmachen können. Sie sollen also die Erzieherin werden für unsere kleine Prinzessin Saskia. Das freut mich.«

»Wieso? Sie kennen mich doch gar nicht, Frau Hausmann.«

»Nun ja, aber ich sehe Sie vor mir, und was ich da sehe, gefällt mir recht gut. Wissen Sie, ich denke da noch ein bißchen altmodisch. Bei dem Wort Erzieherin fällt mir unwillkürlich eine hagere, strenge Frau ein, mit straffem Haarknoten, hochgeschlossenen dunklen Kleidern und verbitterten, wenig freundlichen Gesichtszügen. Vielleicht habe ich früher auch mal ein Buch gelesen, in dem solch eine Erzieherin beschrieben wurde, ich weiß es nicht. Wenn ich da jetzt so Sie ansehe, hübsch und jung und mit blonden Locken – also, da könnten Sie fast eine Schwester von unserem Prinzeßchen sein. Saskia hat nämlich auch lange blonde Löckchen und ist ein ganz reizendes Kind, wenn auch...«, und jetzt wurde Frau Hausmann unvermittelt ernst, »wenn wir alle auch die Kleine ziemlich bedauern.«

»Sie bedauern die Prinzessin? Wieso denn das? Ist sie etwa krank? Ich weiß nichts davon, aber ich fände es doch gut, wenn ich vor Antritt meiner Stellung hier, die ja meine erste ist, wenn ich also da schon etwas wüßte über meine künftige Schutzbefohlene. Man hat mir nämlich überhaupt nichts mitgeteilt, müssen Sie wissen.

Ich wußte zunächst sogar nicht einmal, daß es sich um eine Prinzessin handelt, die in einem Schloß lebt und deren Vater ein Fürst ist. Ich habe mich lediglich auf eine Anzeige beworben, als meine Ausbildung sich dem Ende zuneigte und ich eine Stelle suchte. Ich habe meine Unterlagen eingeschickt, nachdem ich Antwort bekam, und als dann die Zusage kam vom Sekretariat des Fürsten von Walchenberg, als man mir mitteilte, daß meine künftige Schutzbefohlene die fünfjährige Prinzessin Saskia von Walchenberg sei ... da fiel ich doch tatsächlich aus allen Wolken. Ich wollte es erst überhaupt nicht glauben, und, wie gesagt, sogar jetzt kommt es mir fast noch wie ein Traum vor. Aber allmählich muß ich mich ja wohl auf die Tatsachen einstellen. Also sollte ich mich wohl auch dafür interessieren, warum Sie von der armen kleinen Prinzessin sprachen, die Sie bedauerten. Das sollte ich doch vielleicht wissen, meinen Sie nicht auch, Frau Hausmann?«

Witta blickte ihre Reisegefährtin fragend und fast ein bißchen hilfesuchend an, und Ilsedore Hausmann wurde dabei richtig warm ums Herz. Sie liebte ihren Sohn Andreas zwar sehr und war auch recht stolz auf ihn, aber sie hatte sich doch immer dazu noch eine Tochter gewünscht. Und die hätte genauso sein sollen wie diese nette junge Erzieherin, der sie schon jetzt fast so etwas wie mütterliche Gefühle entgegenbrachte. Diese Gefühle waren ihr zwar selbst noch nicht so richtig bewußt, aber sie spürte doch, daß ihr die junge Frau von Herzen sympathisch wurde.

So lächelte sie Witta also zu und sagte verständnisvoll:

»Ich finde es ganz richtig, daß Sie sich Gedanken machen. Und da kann es wohl auch nichts schaden, wenn ich Ihnen ein wenig über den Fürsten und seine Familie erzähle. Im allgemeinen halte ich zwar nicht viel von sogenanntem Klatsch und Tratsch, aber darum handelt es sich in diesem Fall auch nicht. Was ich Ihnen erzählen will, ist allgemein bekannt, und es ist leider auch wahr und nicht bloß böswilliges Geschwätz. Sie müssen wissen, daß Fürst Lauritz von Walchenberg, Saskias Vater, allgemein überaus beliebt ist. Er wird als Fürst verehrt und geachtet, er bewirtschaftet die ausgedehnten Ländereien äußerst tüchtig und erfolgreich, wie auch die übrigen zum fürstlichen Besitz gehörenden Unternehmen. Der Fürst ist praktisch Arbeitgeber für den größten Teil der hiesigen Bevölkerung, und entsprechend wichtig ist er für uns alle. So lieben wir ihn nicht nur, sondern bewundern auch seine Klugheit und Tüchtigkeit, die schließlich lebenswichtig für die gesamte Region ist. Als wir dann vor Jahren erfuhren, daß Fürst Lauritz heiraten wollte, fanden wir das natürlich höchst aufregend, denn wir wünschten uns eine Fürstin, die wir genau so achten und lieben konnten wie unseren Fürsten. Ja, sehen Sie, meine Liebe«, sagte Frau Hausmann und seufzte so abgrundtief, als berichte sie von einem Unglück in ihrer eigenen Familie, »und gerade in diesem doch so wichtigen Punkt hat unser besonnener, kluger Fürst einen großen Fehler begangen. Jedenfalls sehen wir, praktisch die Nachbarn von Schloß Walchenberg, es so, und ich glaube auch nicht, daß wir uns sehr irren.«

»Wollen Sie damit andeuten, daß der Fürst die falsche Frau geheiratet hat?«

»Es klingt albern, wenn ein Außenstehender so etwas sagt, nicht wahr? Das ist mir völlig klar, Fräulein Helmer. Und doch spreche ich ganz bewußt aus, wovon wir alle hier überzeugt sind. Fürstin Danuta ist eine berückend schöne Frau, voller Rasse und Klasse, wie man wohl so sagt, mit ihren glänzenden schwarzen Haaren, dem edlen schmalen Gesicht und einer umwerfend guten Figur. Jedenfalls sagt man so. Ich selbst bezweifle, daß das alles so furchtbar wichtig ist. Für unseren Fürsten Lauritz aber scheint die Schönheit seiner Frau ziemlich ausschlaggebend gewesen zu sein. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, warum der Fürst sich an diese Frau gebunden hat, denn sie ist stolz, hochmütig und arrogant, dazu wohl auch noch oberflächlich und lieblos. Das ist sie sogar ihrem eigenen Kind gegenüber. Ja, ja, mein liebes Fräulein Helmer, das sage ich nicht nur aus eigener Beobachtung, wenn ich hin und wieder das reizende kleine Prinzeßchen in Begleitung ihrer fürstlichen Mutter gesehen habe. Süß anzuschauen zwar und herausgeputzt wie ein Püppchen, aber eben auch so wirkend wie eine steife Puppe. Da ist überhaupt nichts Kindliches an der Kleinen. Sie ist brav und artig, aber anscheinend immer voller Angst, der Mutter ja auch alles recht zu machen. Wie gesagt, das sind so Beobachtungen, und die Kleine tut mir wirklich leid. Sie wird von ihrem Vater zwar offensichtlich vergöttert, aber so ein Kind braucht doch liebevolle mütterliche Zuwendung, und daran fehlt es unserer Prinzessin Saskia mit Sicherheit.

Daß die Fürstin überhaupt Mutter geworden ist, scheint mir erstaunlich genug, denn sie wirkt doch so, als ob für sie nur sie selbst wichtig wäre. Aber immerhin, sie hat dem Fürsten die kleine Prinzessin geschenkt, und dafür ist er ihr mit Sicherheit dankbar. Aber ansonsten führt man auf Schloß Walchenberg wohl kaum eine glückliche Ehe.«

Frau Hausmann lächelte ein wenig versonnen.

»Kommt Ihnen das wie das Geschwätz einer alten Frau vor? Sei’s drum. Sie sind jetzt wenigstens ein bißchen informiert. Und ich freue mich, daß man Sie als Erzieherin ausgewählt hat, wer immer das auch getan haben mag. Man sieht es ihnen schon an, daß Sie warmherzig und lieb sind. Sie werden der kleinen Saskia etwas von dem geben können, was sie bisher entbehren mußte. Machen Sie ein glückliches, fröhliches Kind aus unserer Prinzessin, Fräulein Helmer! Das ist eine große, aber auch eine schöne Aufgabe.«

Witta Helmer hatte ernst und aufmerksam zugehört.

»Ich will mich natürlich in jeder Hinsicht bemühen«, sagte sie zögernd.

»Natürlich habe ich auch meine eigenen Vorstellungen von der Aufgabe einer Erzieherin, aber ich kann selbstverständlich nicht gegen die Mutter arbeiten, ob sie nun eine Fürstin ist oder nicht. Ich kann und will meine Schutzbefohlene nicht der eigenen Mutter entfremden, und vor allem muß ich mich natürlich an die Anweisungen halten, die ich von den Eltern bekommen werde.«

»Natürlich, das ist alles richtig. Aber ich bin sicher, Sie werden, wenn Sie erst einmal auf dem Schloß sind, manches Mal an das denken, was ich Ihnen hier erzählt habe.

Und vielleicht wird das dann auch in diesem oder jenen Fall Ihre Handlungsweise ein bißchen beeinflussen. – Aber sehen Sie, jetzt laufen wir schon in den Bahnhof ein. Der Zug hat, wie Sie sicher bemerkt haben werden, einen großen Bogen um den Schloßberg machen müssen, um unser Städtchen zu erreichen. Wir sind also gewissermaßen um Schloß Walchenberg herumgefahren. Doch jetzt sind wir am Ziel. Werden Sie abgeholt?«

»Man hat mir mitgeteilt, daß man mir vom Schloß einen Wagen schicken wird.«

»Sehr gut. Sonst hätte ich meinen Sohn, der mich abholt, gebeten, Sie zum Schloß zu bringen. Ich wünsche Ihnen alles Gute, Fräulein Helmer. Einen guten Einstand und ein segensreiches Wirken an und mit der kleinen Prinzessin. Und im übrigen würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mich einmal besuchen kämen. Ich wohne noch im Apothekerhaus direkt am Markt, und ich fände es wirklich nett, wenn wir ein wenig in Verbindung blieben.«

»Ja, das denke ich auch, Frau Hausmann. Ich bin froh, Sie kennengelernt zu haben. Ich kann natürlich noch nichts versprechen, aber wenn es meine Zeit erlaubt, melde ich mich bestimmt einmal bei Ihnen.«

Die beiden Damen verabschiedeten sich und machten sich zum Aussteigen fertig. Witta sah noch, wie ein großer junger Mann Frau Hausmann lachend zuwinkte. Das war bestimmt ihr Sohn, der Apotheker. Dann mußte sie sich auf ihre eigenen Angelegenheiten konzentrieren. Vor dem Bahnhof sah sie eine große dunkle Limousine mit dem fürstlichen Stander stehen, und ein Chauffeur in grauer Uniform, die Mütze in der Hand, ging suchend an der Wagenreihe entlang.

Witta nahm ihre Handtasche und straffte sich unwillkürlich. Sie war angekommen.

*

Zur gleichen Zeit ungefähr ließ Frau von Weber sich im Arbeitszimmer des Fürsten melden. Aurelia von Weber war die Hausdame auf Schloß Walchenberg. Sie war die Vorgesetzte praktisch aller Schloßbediensteten, und sie führte ein strenges Regiment. Der Betrieb lief aber wie am Schnürchen, und es gab praktisch nichts, wor-über Frau von Weber nicht informiert war. Natürlich liebte das Personal sie nicht besonders, aber das bedrückte Aurelia von Weber nicht. Für sie gab es ohnehin keine persönliche Beziehung zum Personal. Ihrer Meinung nach lagen Welten zwischen ihr und den anderen Leuten, die im Schloß beschäftigt waren.

Dafür aber war Aurelia von Weber besonders stolz darauf, daß sie sich die Vertraute der Fürstin nennen durfte, denn das gab ihr eine ganz besondere Stellung auf Schloß Walchenberg. Auch jetzt, als sie sich beim Fürsten melden ließ, kam sie im Auftrag ihrer Herrin, und es fiel ihr einigermaßen schwer, sich ihren heimlichen Triumph nicht anmerken zu lassen. Hatte Fürstin Danuta doch sie informiert, sie, die Hausdame Aurelia von Weber, und nicht etwa den Fürsten selbst, ihren Gemahl. War das nicht wieder einmal ein Beweis ihrer besonderen Stellung hier am Fürstenhof?

Fürst Lauritz war nicht sehr erfreut, als ihm Frau von Weber gemeldet wurde. Er erwartete gerade seine engsten Mitarbeiter zu einer Besprechung. Doch Frau von Weber hatte es dringend gemacht, er konnte sie nicht abweisen.

»Ich bitte mein unaufgefordertes Kommen zu entschuldigen, Hoheit«, sagte die Hausdame, nachdem der Diener die Tür hinter ihr geschlossen hatte.

Fürst Lauritz nickte. »Ich bin in der Tat sehr beschäftigt, Frau Weber. Also machen Sie es bitte kurz.«

»Das will ich gern tun, Hoheit.« Aurelia von Weber neigte den wohlfrisierten Kopf.

Sie war groß und schlank, irgendwo in den Fünfzigern, wie immer mit äußerster Sorgfalt gekleidet und von so vornehmer Haltung, daß es schon fast ein bißchen lächerlich wirkte.

Jedenfalls wurde auf Walchenberg hinter dem Rücken der Hausdame manches Mal gespottet und gelästert. Aber wen kümmerte das schon! Aurelia von Weber ganz bestimmt nicht.

»Also, was gibt’s?« fragte Fürst Lauritz mit leichter Ungeduld in der Stimme.

»Ihre Hoheit, die Fürstin, hat mich beauftragt, Ihnen mitzuteilen, daß sich ihre Heimkehr verzögert. Man möge sie erst in zwei bis drei Tagen zurückerwarten.«

Das Gesicht des Fürsten blieb unbewegt. Es war nicht zu erkennen, welche Gedanken sich hinter der hohen Stirn bewegten, ob er sich etwa darüber ärgerte, daß seine Frau nicht ihn, sondern die Hausdame verständigt hatte, daß sie noch keine Lust zur Heimkehr verspürte. Denn um nichts anderes handelte es sich ja im Grunde. Er kannte seine Frau schließlich, die überall lieber zu sein schien als auf Schloß Walchenberg, als in seiner Nähe.

»Gut«, nickte er also jetzt mit unbeteiligtem Gesicht. »Ich danke Ihnen, daß Sie sich herbemüht haben, Baronin.«

Für ihn war die Hausdame damit entlassen. Aber Frau von Weber entfernte sich noch nicht. »Da wäre noch etwas, Hoheit«, sagte sie zögernd.

»Ja, was ist denn noch?«

»Die Erzieherin der Prinzessin, Hoheit. Sie wird für heute erwartet. Sie wird schon bald hier sein, der Fahrer ist bereits unterwegs zur Bahn, um sie abzuholen.«

»Ach, das ist heute schon?«

»Ja, heute ist der festgesetzte Termin. Und die junge Dame müßte natürlich empfangen werden.«

»Das ist doch Sache meiner Frau«, sagte der Fürst unwillig. Doch dann verstand er. »Ach so, meine Gemahlin ist abwesend. Hat man sie nicht über die erwartete Ankunft der Erzieherin verständigt?«

»Fürstin Danuta hatte den Termin selbst festgelegt, Hoheit. Aber...«

»Na ja, ist schon gut. Können Sie nicht...«

»Ich werde die Dame selbstverständlich empfangen, Hoheit. Aber, wenn ich mir die Bemerkung gestatten darf, als Erzieherin sollte sie ihre Instruktionen doch eigentlich von zumindest einem Elternteil ihrer künftigen Schutzbefohlenen erhalten.

Jedenfalls sah ich es als meine Pflicht an, Sie zu informieren. Wenn Sie es allerdings zeitlich nicht ermöglichen können, Hoheit, werde ich selbstverständlich gern ...«

»Nein, nein, Sie haben schon recht, Baronin. Empfangen Sie die Dame zunächst einmal, zeigen Sie ihr die Räumlichkeiten, die für sie vorgesehen sind, und schicken Sie sie dann, sagen wir, in zwei Stunden, zu mir.«

»Sehr wohl, Hoheit.«