Ein Herz aus blutroten Rubinen - Marianne Schwarz - E-Book

Ein Herz aus blutroten Rubinen E-Book

Marianne Schwarz

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. Die wehende Fahne auf dem Dach von Schloß Kilianswerth verkündete die Anwesenheit des Großherzogs. Prächtig lag das Schloß auf der Höhe des langgezogenen Hanges am Strom, blickte mit seiner dem breiten Wasserlauf zugewandten Seite weit ins Land hinaus. Strahlendweiß und wie blankgeputzt waren seine Mauern. Ein freundliches Bild nicht nur bei Sonnenschein, sondern auch bei Regen. Aber heute drohte kein Regen. Die Sonne lachte vom blauen Himmel, sie ließ das vom Herbst gefärbte Laub noch farbenfroher, die Schloßmauern noch heller erscheinen. Es war geradeso, als wolle das Wetter das seine zu den allgemeinen Bemühungen dazutun; denn man rüstete zum Fest auf Schloß Kilianswerth. Großherzog Hubertus von Rauxenburg und seine Gemahlin Antoinette hatten zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus vielen Ländern zu einem Konzert eingeladen. Namhafte Solisten hatten sich für dieses bedeutende gesellschaftliche Ereignis zur Verfügung gestellt, und die meisten Geladenen hatten ihr Kommen zugesagt. Es waren Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur, vor allem aber sollte das Konzert zu einem glanzvollen Adelstreffen werden. Nebenbei war das Ereignis auch mit einem guten Zweck verbunden. Die erwarteten Geldspenden sollten der Großherzogin-Antoinette-Stiftung zufließen. Die Großherzogin hatte diese Stiftung bereits vor einigen Jahren ins Leben gerufen. Sie diente dazu, armen, bedürftigen und kranken Kindern zu helfen, ihnen Erholungsaufenthalte und eine angemessene Ausbildung zu vermitteln. Doch diese wohltätige Absicht geriet bei den Vorbereitungen fast ein wenig in den Hintergrund. Man dachte kaum daran, das bevorstehende Fest war Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Da wurde geklopft und gehämmert, Girlanden, Blumenschmuck und Fahnen sollten das festliche Ereignis auch nach außen hin sichtbar machen. Lieferantenautos fuhren in den Schloßhof und brachten tausenderlei Dinge, die für irgendeinen Zweck benötigt wurden, und obwohl das Schloß fast ständig bewohnt und daher auch immer in Ordnung war, wunderte man sich, wieviel Arbeit die Hofbediensteten und die Scharen der Helfer jetzt hatten. Nichts von all dem Trubel und Lärm drang jedoch in den Fürstensaal. Dort sollte das Konzert stattfinden, und die Vorbereitungen waren bereits abgeschlossen.

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Leseprobe: Das schönste Wort heißt Liebe

Viola Maybach´s Topseller. Alles beginnt mit einem Schicksalsschlag: Das Fürstenpaar Leopold und Elisabeth von Sternberg kommt bei einem Hubschrauberunglück ums Leben. Ihr einziger Sohn, der 15jährige Christian von Sternberg, den jeder seit frühesten Kinderzeiten "Der kleine Fürst" nennt, wird mit Erreichen der Volljährigkeit die fürstlichen Geschicke übernehmen müssen. Viola Maybach hat sich mit der reizvollen Serie "Der kleine Fürst" in die Herzen der Leserinnen und Leser geschrieben. Der zur Waise gewordene angehende Fürst Christian von Sternberg ist ein liebenswerter Junge, dessen mustergültige Entwicklung zu einer großen Persönlichkeit niemanden kalt lässt. Viola Maybach blickt auf eine stattliche Anzahl erfolgreicher Serien zurück, exemplarisch seien genannt "Das Tagebuch der Christina von Rothenfels", "Rosenweg Nr. 5", "Das Ärztehaus" und eine feuilletonistische Biografie. "Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.

Fürstenkrone – 165 –

Ein Herz aus blutroten Rubinen

Als Prinzessin Isabel die Liebe sucht

Marianne Schwarz

Die wehende Fahne auf dem Dach von Schloß Kilianswerth verkündete die Anwesenheit des Großherzogs.

Prächtig lag das Schloß auf der Höhe des langgezogenen Hanges am Strom, blickte mit seiner dem breiten Wasserlauf zugewandten Seite weit ins Land hinaus. Strahlendweiß und wie blankgeputzt waren seine Mauern.

Ein freundliches Bild nicht nur bei Sonnenschein, sondern auch bei Regen. Aber heute drohte kein Regen. Die Sonne lachte vom blauen Himmel, sie ließ das vom Herbst gefärbte Laub noch farbenfroher, die Schloßmauern noch heller erscheinen.

Es war geradeso, als wolle das Wetter das seine zu den allgemeinen Bemühungen dazutun; denn man rüstete zum Fest auf Schloß Kilianswerth.

Großherzog Hubertus von Rauxenburg und seine Gemahlin Antoinette hatten zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus vielen Ländern zu einem Konzert eingeladen.

Namhafte Solisten hatten sich für dieses bedeutende gesellschaftliche Ereignis zur Verfügung gestellt, und die meisten Geladenen hatten ihr Kommen zugesagt.

Es waren Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur, vor allem aber sollte das Konzert zu einem glanzvollen Adelstreffen werden.

Nebenbei war das Ereignis auch mit einem guten Zweck verbunden. Die erwarteten Geldspenden sollten der Großherzogin-Antoinette-Stiftung zufließen.

Die Großherzogin hatte diese Stiftung bereits vor einigen Jahren ins Leben gerufen. Sie diente dazu, armen, bedürftigen und kranken Kindern zu helfen, ihnen Erholungsaufenthalte und eine angemessene Ausbildung zu vermitteln.

Doch diese wohltätige Absicht geriet bei den Vorbereitungen fast ein wenig in den Hintergrund. Man dachte kaum daran, das bevorstehende Fest war Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.

Da wurde geklopft und gehämmert, Girlanden, Blumenschmuck und Fahnen sollten das festliche Ereignis auch nach außen hin sichtbar machen.

Lieferantenautos fuhren in den Schloßhof und brachten tausenderlei Dinge, die für irgendeinen Zweck benötigt wurden, und obwohl das Schloß fast ständig bewohnt und daher auch immer in Ordnung war, wunderte man sich, wieviel Arbeit die Hofbediensteten und die Scharen der Helfer jetzt hatten.

Nichts von all dem Trubel und Lärm drang jedoch in den Fürstensaal.

Dort sollte das Konzert stattfinden, und die Vorbereitungen waren bereits abgeschlossen.

Der große Saal mit den hohen Fenstern, den wertvollen Gemälden an den Wänden, den zahlreichen aus Marmor geschnittenen Bildnissen, die in Wandnischen ihren Platz hatten, und den aus zierlichen, goldenen Sesselchen im Rokokostil bestehenden Stuhlreihen diente jetzt den Künstlern für ihre Proben.

Adrian Erland, der berühmte Opernsänger, war gerade dabei, seiner beabsichtigten Darbietung den letzten Schliff zu geben. Er hatte sich ausbedungen, dabei ganz allein im Saal sein zu können. Die Begleitmusik kam von einem Tonbandgerät.

So hielt es der Künstler vor jedem Auftritt, denn nur so erlangte er vollste Konzentration.

Voller Inbrunst, mit ausgebreiteten Armen und halbgeschlossenen Augen sang er Lohengrins Worte:

Elsa, soll ich dein Gatte heißen, soll Land und Leut’ ich schirmen dir, soll nichts mehr wieder von dir reißen, mußt eines du geloben mir: Nie sollst du mich befragen, nach Wissens Sorge tragen, woher ich kam der Fahrt, noch wie mein Nam’ und Art!

Der Sänger schien selbst dem letzten Klang seiner herrlichen Stimme nachzulauschen.

Da gab es im Zuschauerraum zwischen den zierlichen goldenen Stühlen ein häßliches Gepolter, und einer der Sessel stürzte um.

Sofort war die feierliche Stimmung verflogen, und der Sänger wurde aus dem Bann der Musik gerissen.

Wütend wandte er sich um.

»Himmeldonnerwetter!« schrie er in den Saal hinein. »Kann man denn in diesem Tollhaus nicht mal zehn Minuten Ruhe haben? Das ist ja zum Wahnsinnigwerden.«

»Entschuldigen Sie…«, kam von unten eine erschrockene Stimme, doch Adrian Erland hörte so schnell nicht auf, wenn er einmal zu schimpfen begonnen hatte.

»Gar nichts entschuldige ich!« brüllte er mit seinem vollen, geschulten Organ. »Und ich werde auch nichts entschuldigen. Das hier ist ein Konzertsaal und keine Rumpelkammer. Trampeltiere haben hier nichts verloren. Also raus hier, aber schnellstens!«

Wenn er geglaubt hatte, den Störenfried nun gründlich eingeschüchtert zu haben, so irrte Adrian Erland sich.

Ein fröhliches, helles Lachen antwortete ihm, und ein junges Mädchen, das bisher in einer der hinteren Reihen gesessen hatte, kam nun nach vorn.

Normalerweise wäre der Sänger bei diesem Anblick sicherlich besänftigt gewesen, denn das Mädchen war ausgesprochen hübsch. Es war zwar ein wenig schlaksig in einen viel zu weiten Pullover und in eine enge lange Hose gekleidet, aber trotzdem konnte man erkennen, daß es eine gute, rassige Figur hatte.

Das Gesicht war fein geschnitten, wenn die kleine Stupsnase auch nicht nur süß aussah, sondern auch auf eine gewisse Keckheit hinzudeuten schien.

Groß und neugierig, aber keinesfalls schüchtern blickten die rehbraunen Augen, und das lange silberblonde Haar fiel wie unfrisiert bis auf die Schultern.

»Auch Trampeltiere sollten die Möglichkeit bekommen, sich entschuldigen zu dürfen, großer Meister«, sagte das Mädchen und blinzelte übermütig. »Ich gebe ja zu, daß es unverzeihlich war, einen Stuhl umzuwerfen, als Sie so herrlich sangen. Sicher werden Sie es nicht glauben, wenn ich feierlich beteuere, daß ich es nicht mit Absicht getan habe.«

Überraschend nüchtern und sachlich antwortete der Sänger. »Gut, ich glaube Ihnen, und ich akzeptiere auch die Entschuldigung. Aber nun möchte ich Sie wirklich dringend bitten, liebes Fräulein, mich allein zu lassen. Die Probezeit ist ohnehin nur kurz bemessen.«

»Warum müssen Sie denn überhaupt noch proben? Sie können doch schon singen.«

»O heilige Einfalt, womit habe ich das verdient?«

Adrian Erland rang theatralisch die Hände.

»Ich muß proben, weil die Raumverhältnisse und die Akustik in jedem Saal anders sind. Außerdem brauche ich höchste Konzentration, um mich auf jeden Auftritt vorzubereiten. Doch wer weiß schon etwas davon. Man glaubt, ein Sänger könne sich einfach hinstellen, den Mund aufmachen und singen, basta. Nein, mein Kind, so einfach ist das nicht.«

»Entschuldigen Sie«, sagte das Mädchen. »So habe ich es nicht gemeint. Ich wollte Sie natürlich nicht kränken.«

»Gut, gut. Dann tun sie mir jetzt bitte den Gefallen und halten Sie mich nicht länger von meiner Arbeit ab.«

»Darf ich nicht bleiben? Bitte, ich setze mich ganz still in eine Ecke und werde Sie bestimmt nicht mehr stören.«

»Nein, zum Donnerwetter!« rief Adrian Erland, und er schien wieder nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. »Ich gebe kein Solokonzert, sondern ich probe. Dazu muß ich allein sein, verstehen Sie? Allein! Ich will Sie ja schließlich auch nicht bei Ihrer Arbeit beobachten und stehe nicht im Büro oder in der Küche herum oder weiß der Himmel, wo Sie arbeiten.«

»Im Stall, großer Meister«, sagte das Mädchen und warf mit einer etwas hochmütigen Geste das lange blonde Haar zurück. »Im Stall ist mein Arbeitsplatz. Ich bin nämlich das Gänseliesel.«

Damit wandte sie sich um und lief mit einem leisen Lachen zu einer Seitentür, durch die sie wohl eben auch unbemerkt hereingekommen war.

*

Als Prinzessin Isabel auf den Schloßhof traf, stellte sie mit einem Blick auf ihre Armbanduhr erschrocken fest, daß es höchste Zeit war, sich zum Mittagessen umzu­klei­den.

Dieses Umkleiden behagte ihr gar nicht, aber in dieser Beziehung waren ihre Eltern fest geblieben.

Sie erlaubten ihrer einzigen Tochter wohl die etwas saloppe Kleidung während des Tages, aber zu den gemeinsamen Mahlzeiten hatte die Prinzessin ordentlich gekleidet zu erscheinen.

Isabel hielt sich daran, denn sie wußte, in dieser Beziehung würde der Großherzog unerbittlich sein.

So lief sie jetzt flink über den Hof in den linken Seitenflügel des U-förmig gebauten Schlosses.

Dort hatte sie ihre Räume, eine entzückende Wohnung mit Wohnzimmer, Schlaf- und Ankleidezimmer, Arbeitsraum und Bad.

Im Ankleidezimmer, ganz in Weiß und Gold gehalten, warf sie ihre Sachen achtlos über einen Stuhl und verschwand dann im Bad, wo sie sich hastig frisch machte.

Viel Zeit blieb ihr wirklich nicht, denn Unpünktlichkeit bei Tisch war auch so eine Sache, die der Großherzog nicht duldete.

Zwar gab es keinen Tadel und keine lauten Worte, aber der stumme, vorwurfsvolle Blick des Familienchefs wurde von Isabel als noch schlimmer empfunden als offen ausgesprochenes Mißfallen.

Darum wählte sie jetzt auch nicht lange unter ihren Kleidern, sondern griff wahllos in den Schrank.

»Na gut, warum nicht«, murmelte sie vor sich hin, als sie das lichtblaue Jerseykleid mit dem aparten Nadelstreifeneffekt herausholte. »Ein Kleid ist doch gut wie das andere.«

Doch wenn Isabel sich die Mühe gemacht hätte, länger in den Spiegel zu schauen, dann hätte sie wohl auch bemerkt, daß sie reizend aussah in diesem Kleid. Es war hochgeschlossen und kniekurz, ihre schlanke Gestalt und die langen Beine kamen gut zur Geltung.

Doch daran dachte Isabel jetzt nicht. Sie fuhr rasch mit der Bürste durch das silberblonde Haar, puderte die Nase, die schon wieder so schrecklich glänzte, und schlüpfte in ein paar braune Schuhe mit flachem, modisch breitem Absatz.

Isabel hatte nichts davon gehört, ob schon Gäste eingetroffen seien.

Sie glaubte, mit den Eltern und den beiden Brüdern allein zu sein.

So war sie denn auch recht erstaunt, daß nicht nur die Familie bereits vollzählig versammelt war, als sie recht undamenhaft in den Raum stürmte, sondern es erhob sich auch ein junger Mann, den sie auf den ersten Blick nicht sogleich erkannte.

»Kennst du deinen Vetter Harald noch, Isabel?« fragte Großherzog Hubertus von Rauxenburg ruhig, während die Großherzogin in stummem Tadel unmerklich den Kopf schüttelte.

Ihre Tochter blieb unverbesserlich ein Wildfang. Dabei wäre es bei Isabels neunzehn Jahren doch bald an der Zeit, daß sie sich wie eine gesittete junge Dame benähme.

»Vetter Harald?« fragte Isabel sichtlich verblüfft. »Du meinst doch wohl nicht den Afrikaner?«

»Ganz recht, ich bin ein Afrikaner«, lachte der dunkelhaarige, auffallend braungebrannte junge Mann. »Wenn du damit zum Ausdruck bringen willst, daß ich mich mehrere Jahre in Afrika aufgehalten habe, liebes Kusinchen. Wer du bist, brauche ich natürlich nicht zu raten. Du bist das kleine Prinzeßchen Isabel, mit dem ich früher so gern herumtollte. Freut mich wirklich, dich wiederzusehen. Übrigens alle Achtung, du hast dich tüchtig herausgemacht.«

»Danke, Harald.« Isabel wußte selbst nicht, daß ihre Stimme jetzt ein wenig schnippisch klang. »Nett, daß du bemerkst, daß auch bei uns die Zeit nicht stillgestanden hat. Ich bin also jetzt nicht mehr dein Kusinchen und das kleine Prinzeßchen, sondern ich bin inzwischen erwachsen geworden.«

»Aha! Und das soll ich gefälligst respektieren, nicht wahr?« antwortete Harald. »Einverstanden, Kusinchen – ach entschuldige, ich meinte natürlich: liebe Isabel. Du siehst ganz entzückend aus in deiner jungen Erwachsenenwürde, wenn ich persönlich auch schöner fand, wie du mir früher jubelnd um den Hals geflogen bist.«

Eine leichte Röte überzog Isabels Gesicht, und die Großherzogin Antoinette kam ihr zu Hilfe.

»Nun, das wäre heute wohl nicht mehr recht schicklich«, sagte sie lä­chelnd. »Immerhin wäre es ­hübsch, wenn ihr beide euch heute genauso gut verstehen würdet wie früher – nur in etwas anderer Form natürlich.«

»An mir soll es nicht liegen«, schmunzelte der Mann, während Isa­bel schwieg.

Herzog Harald von Olzen war nur weitläufig mit dem Großherzog und seiner Familie verwandt, aber es hatte früher immer ein besonders nettes Verhältnis bestanden.

Harald war oft gern gesehener Gast auf Schloß Kilianswerth gewesen, und vor allem die drei Kinder des Großherzogs, Isabel und ihre beiden jüngeren Brüder, hatten den großen Vetter immer bewundert.

Isabel hatte Harald ganz fest in ihr Kinderherz geschlossen. Er brachte ihr viel mehr Verständnis entgegen als die Brüder, die nicht nur jünger waren als sie, sondern sie als Mädchen ohnehin nicht recht für voll nahmen.

Harald aber, der fast zehn Jahre älter war als sie, konnte sie von ihren kleinen Kümmernissen und Nöten erzählen, und – Harald hatte recht in seiner Andeutung – mit ihm hatte sie auch getobt und herumgetollt.

Doch wenn sie jetzt daran zurückdachte, so war es ihr peinlich und unangenehm.

Sie war eben nicht mehr das unbekümmerte Kind von damals. Sie war jetzt neunzehn Jahre alt.

Bei ihrer lebhaften Art fiel es ihr zwar manchmal schwer, sich immer wie eine junge Dame zu benehmen, aber von anderen wollte sie doch unbedingt als erwachsen respektiert werden.

*

Das Konzert wurde ein voller Erfolg.

Die Gäste waren alle pünktlich auf Schloß Kilianswerth eingetroffen.

Man hatte große Abendtoilette angelegt, wie es dem bedeutenden Ereignis zukam.

Großherzogin Antoinette war in einer weißen Seidenkrepprobe mit prachtvoller Schulterschleppe erschienen. Dazu trug sie ein außerordentlich wertvolles Kollier aus nußgroßen Saphiren und Brillanten, ein dazu passendes Diadem im Haar und lange Ohrgehänge.

Die tiefblauen Saphire ließen ihre Augen noch schöner und strahlender erscheinen, und es gab wohl niemanden im Saal, der die Großherzogin nicht bewundernd angeschaut hätte.

War Großherzogin Antoinette eine Frau in reifer, voll erblühter Schönheit, so erntete Prinzessin Isabel nicht weniger Bewunderung.

Ihr Kleid war nicht so auf majestätische Wirkung bedacht, es unterstrich mehr ihren mädchenhaften Reiz. Es war aus St. Galler Allover-Stickerei auf Tüll in Zartgrün und Weiß gearbeitet, hatte glatte kurze Ärmel und einen doppelten Fransensaum.

Den kleinen Ausschnitt zierte das einzige Schmuckstück, das Isabel an diesem Abend trug. Es war ein Herz, aus mehreren blutroten Rubinen gearbeitet, während in der Mitte wie eine blitzende Flamme ein großer, mehrkarätiger Brillant saß.

Es war ein Schmuckstück, das schon seit mehreren Generationen in der Familie war und dessen Wert man nur schätzen konnte.

Isabel hatte den Schmuck von ihrer Großmutter geerbt.

Im allgemeinen machte sie sich noch nicht viel aus Juwelen, aber dieses Herz aus Rubinen liebte sie sehr.

Unumstrittener Star des Abends war Adrian Erland.

Seine wunderbare Stimme schlug alle Zuhörer in ihren Bann, als er einige der berühmtesten Wagner-Arien sang.

In vollkommener Ausgeglichenheit aller Stimmregister begann bei ihm die baritionale Tiefe mit wunderbaren, weitausschwingenden Orgeltönen, an die sich eine schlanke, geschmeidige Mittellage schloß. Diese diente als Bindeglied zur Baritonhöhe, in der bereits das tenorale Timbre bemerkbar wurde. Danach folgte die herrliche Tenorhöhe, die bei allen Zuhörern Erstaunen und Entzücken erregte.

So war es durchaus nicht nur Prinzessin Isabel allein, deren Blicke sich bewundernd an den Zügen des Sängers festsaugten, die keine Bewegung, keine Geste übersah und die hochgewachsene schlanke Gestalt im Frack geradezu anbetete.

Stundenlang hätte sie lauschen mögen. Dabei befürchtete sie nur, man könne ihr anmerken, wie erregt sie war, wie ihr Herz klopfte und wie ihr Gesicht sich manchmal mit einem roten Gluthauch überzog, wenn sie glaubte, der Sänger habe sie angesehen.

Doch alles, was schön ist, geht einmal zu Ende, und so machte schließlich auch Adrian Erland seine Abschlußverbeugung und bedankte sich für den sehr reichlich und herzlich gespendeten Beifall.

Großherzog Hubertus erhob sich von seinem Platz in der ersten Reihe, wo er neben seiner Gemahlin und Prinzessin Isabel gesessen hatte, und ging auf den Künstler zu. Er schüttelte ihm freundschaftlich die Hand und sagte:

»Ich möchte Ihnen danken für diese wunderbare Stunde, die Sie uns bereitet haben, lieber Adrian Erland. Es war ein Kunstgenuß, wie er einem nur selten beschert wird. Ich bin sicher, daß nicht nur ich, sondern auch unsere Gäste so denken.«

Lebhafter Applaus unterstrich diese Worte.

Während man im Saal noch klatschte, sagte Großherzog Hubertus:

»Ich möchte Sie nun meinen Damen vorstellen, Herr Erland. Gleichzeitig möchte ich Sie bitten, anschließend bei der Soiree unser Tischgast zu sein.«

»Es ist mir eine große Ehre«, antwortete Adrian Erland und machte eine leichte Verbeugung. Dann schritt er an der Seite des Großherzogs zur ersten Stuhlreihe.

Zunächst wurde er zur Großherzogin geführt.